Vierzehntes Kapitel: Zeit und Schicksal verlieren nie
In den folgenden Tagen passierte nicht viel. Legolas ritt noch einmal zu dem kleinen Waldstück, wo er die Schlange gefangen hatte und setzte sie dort wieder aus. Das Gift des Tieres hatte geholfen Pippin das Leben zu retten und Legolas fand es nur richtig dem Tier die Freiheit wieder zu geben.
Pippin erholte sich von dem Schlangenbiss und war bald wieder so munter, dass er die Häuser der Heilung verließ und ebenfalls bei Aragorn im Palast wohnte. Der Schnitt auf der Hand verheilte recht gut. Legolas prohezeite dem Hobbit zwar, dass wohl eine Narbe zurückbleiben würde, aber es störte Pippin nicht. Es war ein kleines Übel im Vergleich zu dem, was sonst geschehen wäre. Merry hatte fast den Eindruck, als wolle sein Freund all das essen, was er in den paar Tagen nicht gekonnt hatte. Er schien es regelrecht aufholen zu wollen, aber Merry hatte sich noch nie so darüber gefreut, wenn ihm Pippin sogar vor seinem Essen keinen Halt machte. Frodo beobachtete mit Freude, wie auch Pippins fröhliche Art bald wieder zurückkam. Der Hobbit beschwerte sich aus Spaß bei Merry, dass er von ihm nun, wo er gesund war, kein Essen mehr bekam und zwinkerte ihm fröhlich zu. Frodo wusste nur zu gut, dass diese kleinen Neckereien von Pippin keinesfalls ernst gemeint waren. Er war Merry unheimlich dankbar, dass er bei ihm geblieben war und ihm so viel Trost gespendet hatte. Er hatte sich um ihn gekümmert und hatte ihm beigestanden und Pippin wusste gar nicht, wie er es Merry je danken sollte. Ebenso verhielt es sich mit Legolas. Immer wenn er den Elb irgendwo sah, überlegte er angestrengt, wie er ihm danken könnte.
Pippin war das erste mal in seinem Leben an einen Punkt angekommen, an dem er einfach nur glücklich war leben zu dürfen. Er hatte insgeheim nicht mehr geglaubt je wieder auf die Beine zu kommen und je wieder fröhlich zu sein. Zum ersten Mal genoss er jeden einzelnen Tag, der ihm gegeben wurde und freute sich an allem was geschah. Frodo hatte beiahe den Eindruck, als sei er noch fröhlicher, als er davor war. Der einzige, der Frodo wirklich Sorge bereitete war Sam. Er hüllte sich oft in Schweigen, ging alleine spazieren und wirkte mit seinen Gedanken ganz woanders. In der Nacht hörte Frodo oft, wie er hochschreckte und lange einfach nur auf seinem Bett im Dunkeln saß.
Merry fiel Sams merkwürdiges Verhalten ebenfalls auf und er hatte erst den Verdacht, dass es an ihm liegen könnte, weil er als Pippin krank war seine Beherrschung verloren hatte und fast auf Sam losgegangen wäre. Aus diesem Grund ging er an einem Nachmittag auf ihn zu und entschuldigte sich in aller Form bei Sam, was dieser auch annahm, aber trotzdem änderte er sein Verhalten nicht. Frodo wusste nicht, ob er ihn nun darauf ansprechen sollte, oder nicht. Er war sich sehr unsicher und ließ es die erste Zeit bleiben.
Es wurde bei allen beschlossen noch für ein paar Tage in Minas Tirith zu bleiben. Legolas hatte erst vorgehabt aufzubrechen, doch er hatte es dann doch für besser gefunden zu warten, denn es ging ihm oft nicht gut und er wollte einen langen Ritt nicht riskieren. Er wollte der Sache erst auf den Grund gehen oder warten, bis es ihm besser ging. Gimli beobachtete ihn besorgt und kämpfte zeitweise mit argen Kopfschmerzen und so war er recht froh, dass er noch für ein paar Tage in Minas Tirith verweilen konnte.
An einem Morgen gingen Frodo und Sam zum Frühstück und wunderten sich, dass sie nur Merry, Pippin, Gandalf, Arwen und einen ziemlich brummigen Gimli antrafen.
"Wo sind denn Aragorn und Legolas", fragte Frodo in die Runde und erhielt von allen nur ein Schulterzucken, außer von Gimli und Arwen. Der Zwerg saß mit geschlossenen Augen am Tisch und rieb sich die Stirn.
"Wo Aragorn ist kann ich nicht sagen, aber ich weiß, dass Legolas wohl krank ist oder so. Er wollte nicht viel sagen, er meinte nur, er könne nicht aufstehen", brummte der Zwerg und Gandalf blickte zu den Hobbits.
"Ach was, Legolas auch? Aragorn ist nicht mal aus dem Bett gekommen heute morgen. Ihm ging es gar nicht gut, aber er wollte nicht, dass ich einen Heiler hole", sagte Arwen und blickte Gimli besorgt an.
Frodo senkte den Blick. Er wusste nur zu gut, wie quälend diese Erinnerungen sein konnten. Er erinnerte sich an die Nächte, in denen er mit Rückenschmerzen wachgelegen hatte und geglaubt hatte fast durchzudrehen. Und immer diese Ungewissheit, woher die Schmerzen so plötzlich kamen, war quälend gewesen.
"Ich verstehe das nicht. Das ist doch alles recht seltsam... Legolas ist ein Elb, er wird normalerweise nicht krank, trotzdem geht es ihm so schlecht, dass er nicht mal aufstehen kann. Aragorn geht es genau zur selben Zeit nicht gut und ich weiß nicht, ob es euch aufgefallen ist, aber ich bemerke schon eine ganze Zeit, dass er zeitweise hinkt. Und von meinen Kopfschmerzen möchte ich mal gar nicht sprechen...", murmelte Gimli und stützte seinen Kopf auf die Hand.
"Ich glaube, ihr solltet euch keine Sorgen machen, das vergeht wieder. Vertraut einem alten Zauberer", sagte Gandalf beschwichtigend.
Arwen und Gimli blickten sich nur fragend an, doch sie wussten, dass Gandalf das sicher nicht ohne Grund gesagt hatte. Zwar verflogen ihre Sorgen nicht, aber sie glaubten Gandalf, dass es bald vergehen würde.
Sam stand plötzlich auf und verließ den Tisch und Frodo folgte ihm schnell. Die anderen schauten ihnen teils verdutzt nach und frühstückten dann weiter.
Sam ging in sein und Frodos Zimmer, setzte sich auf sein Bett und strich sich unwirsch durch die Haare. Frodo kam ebenfalls langsam zur Tür rein und stellte sich vor seinen Freund. Nach einer ganzen Weile in der niemand etwas gesagt hatte, ergriff er schließlich das Wort. "Wann willst du es ihnen sagen? Glaub mir, die Erinnerungen sind leichter zu ertragen, wenn man es weiß!"
Sam blickte ihn mit leeren Augen an. "Wollen wir es ihnen überhaupt sagen?"
"Was meinst du?"
"Ich meine... Ich weiß es... und es zerreißt mich, Herr Frodo. Es frisst mich fast auf", flüsterte Sam und senkte den Blick.
"Aber wie kann das sein? Ich weiß es doch auch."
"Ich weiß nicht, ob das dasselbe ist. Weißt du Herr Frodo, ich glaube ich werde langsam verrückt..."
Frodo setzte sich neben Sam auf Bett und sah ihn auffordernd an.
"Weißt du, ich dachte immer, ich könnte wieder ein normales Leben führen, aber ich weiß, dass ich das niemals wieder kann. Mich verfolgt ständig diese Angst, dass etwas passieren könnte." Sam machte eine Pause, dann fuhr er fort: "Schau dir Pippin an. Man merkt förmlich, wie er sich über jeden Tag freut, der ihm gegeben ist. Und ich... Ich liege morgens im Bett und frage mich, welches Unglück vielleicht da draußen auf mich lauert... Wie kann ich je sicher sein, dass alles vorbei ist? Woher soll ich das wissen?"
"Sam, das kannst du nicht wissen, aber du solltest daran glauben."
"Daran glauben... Weißt du, ich bin hier in Minas Tirith und versuche euch möglichst alle im Auge zu behalten, damit euch nichts geschieht. Aber während ich das tue, frage ich mich, was im Auenland gerade geschieht. Ob es Rosie und den Kindern gut geht? Wie kann ich das wissen? Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich nach Hause kommen würde und dann..."
"... Sam, an so was solltest du nicht denken! Schau, als wir in dieser Höhle waren, da hast du geglaubt, du bist besiegt worden. Und? Nichts ist geschehen! Und als Pippin von der Schlange gebissen wurde, da hast du gedacht es ist alles vorbei und auch hier lagst du falsch! Vielleicht hast du einfach nur Angst und siehst in Allem etwas, das gar nicht da ist."
"Ja vielleicht... Aber genau das, was du da gesagt hast, verstehe ich nicht."
"Was meinst du?"
"Wieso haben sie uns nicht besiegt? Sie hätten so gute Möglichkeiten gehabt... Und hast du mal mit Gandalf gesprochen? Hast du gehört, was er erlebt hat? Es wäre so leicht für sie gewesen uns scheitern zu lassen, aber dennoch haben sie es nicht getan- Warum?"
Frodo stand auf und stemmte die Hände in die Hüften. "Vielleicht weil das nur Zufälle waren, vielleicht hatten sie auch Mitleid mit uns, oder was weiß ich... Die Gründe sind doch egal, wir sind alle hier, lebendig, und es gibt keine Anzeichen, dass sich daran irgendetwas ändert."
"Die gab es auch nicht im Auenland, bis Gandalf plötzlich vor der Tür stand und uns vom Tod der anderen berichtet hat... Frodo, ich könnte das nicht ertragen, wenn es irgendwann wieder an meiner Tür klopft und irgendwer zu mir kommt der mir dann sagt, dass irgendwas passiert ist."
Frodo wusste, dass Sam teilweise Recht hatte, aber er fand es unsinnig, dass Sam sich ständig den Kopf darüber zerbrach.
"Hör zu, Sam. Ich... Weißt du, ich kann deine Angst verstehen und glaub mir, wenn ich daran denke, dass ich jetzt eigentlich gar nicht leben würde, dann habe ich auch Angst. Sehr sogar. Aber ich weiß nicht, ob es gut ist, immer daran zu denken. Ich glaube, wir sollten das verdrängen und unser Leben leben. Auch Leute, die die Zeit und das Schicksal nicht als Gegner haben, erleiden Unglücke. Wir sollten versuchen nicht immer daran zu denken..."
"Ja und ich habe Angst, dass sie nur darauf warten. Wenn ich es vergesse, oder besser verdränge... Ich habe Angst, dass sie dann zuschlagen." Sam blickte Frodo traurig an. "Ich weiß, dass das verrückt ist, wenn man in jedem etwas Schlimmes sieht. Aber meine Ängste sind nicht unbegründet, Herr Frodo und das weißt du. Aber wie kann ich damit leben? Wie kann ich leben mit ständiger Angst? Weißt du was? Ich werde wieder zu Nevturiel gehen und sie danach fragen. Ich kann nicht bis an mein Lebensende ständig mit der Angst leben, dass irgendwas passiert."
"Und was glaubst du, wird sie dir sagen?"
"Vielleicht kann sie mir einfach nur beantworten, ob wir es geschafft haben oder nicht."
Frodo wusste, dass es hoffnungslos war. Sam würde keine Ruhe geben und er konnte ihm das nicht mal verübeln.
"Deshalb weiß ich auch nicht, ob die anderen es erfahren sollten... Nachher geht es ihnen noch wie mir. Bei jedem Handgriff bin ich mir unsicher, ich kann nichts mehr tun, ohne vorher über irgendwelche Konsequenzen zu grübeln. Ich bin mir in allem unsicher, was ich tue. Das ist schrecklich, Herr Frodo, ich will nicht, dass es ihnen genauso geht."
"Ich verstehe dich Sam. Aber denkst du nicht vielleicht auch, dass sie ein Recht darauf haben, es zu erfahren? Wir müssen ihnen ja nicht alle Details nennen, aber sie sollten schon wissen, warum es ihnen manchmal nicht gut geht. Sie sollten wissen, woher wir das mit Lhunroth wussten, denkst du nicht?"
"Lnunroth... Über den mache ich mir auch so meine Gedanken... Meinst du es ist von Vorteil, wenn Aragorn weiß, was er eigentlich getan hätte? Und wie ist das wohl für Legolas und Gimli wenn sie erfahren, dass dieser Mann sie eigentlich getötet hätte? Ich weiß nicht, ob ich damit zu recht kommen würde, wenn ich weiß, da steht jemand vor mir, der mich eigentlich ermordet hätte!"
"Das sind alles Fragen, die ich dir nicht beantworten kann. Ich kann dir nur sagen, dass mir es vielleicht Erleichterung verschafft hätte, wenn ich gewusst hätte, dass diese quälenden Rückenschmerzen nur eine Erinnerung sind. Aber ich mache es dir nicht zum Vorwurf, dass du mir das damals nicht gesagt hast. Du konntest es nicht wissen, aber wir sollten es jetzt den anderen sagen. Und was Lhunroth betrifft- Wir haben beide gehört wie er redet und was für eine Meinung er von Aragorn hat. Wenn wir den anderen erklären, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht, dann werden sie sich ihm gegenüber, glaube ich, nicht anders verhalten. Legolas und Gimli haben sowieso kaum was mit ihm zu tun und Aragorn kennt ihn und wird ihm jetzt kaum so eine Tat zutrauen. Und weißt du, was ich noch denke? Als wir bei Nevturiel waren, da haben wir sie doch gefragt, ob wir den anderen die Wahrheit erzählen sollen, und sie hat gesagt, wir sollen nur warten, bis sie ihre Erinnerungen erhalten haben. Die haben sie. Meinst du Nevturiel hätte das gesagt, wenn es völlig falsch wäre es ihnen zu sagen?"
Sam schwieg. Frodo hatte recht. Vielleicht würde es ihm sogar besser gehen, wenn er es den anderen erzählte. Vielleicht würde es ihm ein bisschen Erleichterung verschaffen, wenn er wusste, die anderen würden auf sich selbst auch etwas Acht geben, weil sie wissen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass sie alle noch leben. Auch Pippin sollte es endlich wissen, jetzt würde er ihnen mit Sicherheit glauben und es bestand nicht mehr die Gefahr, dass er es bloß für Hoffnungsmache hielt.
Sam nickte. "Ich mache mir vielleicht viel zu viel Gedanken."
"Und ich verstehe dich auch, aber ich möchte dich jetzt nicht dein Leben lang so zurückgezogen sehen." Frodo klopfte ihm auf die Schulter und Sam lächelte leicht.
Am Nachmittag begegneten sie Aragorn, der gerade ein Gespräch mit Lhunroth gehabt hatte und auf dem Weg nach draußen war. Die Hobbits liefen ihm regelrecht vor die Füße und hinderten ihn daran weiter zu gehen.
"Hallo Aragorn, geht es dir wieder gut", fragte Frodo und sah ihn aufmerksam an.
"Ja, seit heute Mittag. Ich bin etwas ratlos, was das war", antwortete er.
"Aragorn, ich glaube, ich muss dir, Legolas und Gimli etwas sagen... Wir sollten uns mal unterhalten und Merry, Pippin und Gandalf sollten auch dabei sein. Es ist wichtig...", murmelte Sam plötzlich und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
Aragorn blickte auf die beiden Hobbits hinab und sah in ihre ernsten Gesichter.
"Es ist wirklich wichtig, oder", fragte er und sah Sam tief in die Augen.
Sam nickte und Aragorn erkannte die Anspannung des Hobbits.
"Wir könnten uns heute Abend unterhalten, wenn du magst. Ich sage den Anderen Bescheid, wir könnten uns im Kaminzimmer treffen", bot Aragorn an.
"Nein, Aragorn. Das, was ich euch zu sagen habe, ist nicht für die Ohren von anderen Leuten gedacht. In dem Kaminzimmer läuft viel zu viel Personal durch und die Wände dort sind so hellhörig. Gibt es nicht irgendwo ein etwas abgelegenes Zimmer, wo nicht so viele Leute hinkommen", fragte Sam.
"Im hinteren Teil des Palastes ist ein Jagdzimmer... Da kommt eigentlich niemand durch, und es ist abgeschieden von den anderen Zimmern, in denen Leute sind. Meinst du so was?"
"Ja, so was wäre gut. Ich will nur sicher gehen, dass niemand zuhört."
"Ich glaube nicht, dass da jemand ist, der hintere Teil des Palastes ist sowieso weitgehend leer. Den Platz haben Arwen und ich und noch nie gebraucht."
"Kannst du uns sagen, wo das ist, dann kommen wir da hin", fragte Sam und ließ sich von Aragorn den Weg beschreiben. Aragorn versprach den anderen bescheit zu sagen und setzte dann seinen Weg nach draußen fort, nachdem er sich vorerst von den Hobbits verabschiedet hatte.
Aragorn ahnte bereits, dass das, was Sam ihm und den anderen erzählen wollte mit Sicherheit mit ihrem plötzlichen Auftauchen in Minas Tirith zusammenhing, doch konnte er nicht erraten, warum Sam es so geheim hielt. Doch er hatte jetzt keine Zeit sich weiter darüber Gedanken zu machen, er war auf den Weg zu den Ställen um mit den Stallburschen zu reden, die irgendwelche Probleme hatten.
Frodo und Sam gingen am Abend zu dem Teil des Palastes, den Aragorn ihnen beschrieben hatte. Es war recht dunkel hier, nur hier und da brannte irgendwo eine Kerze. Sie folgten einem kleinen Gang und standen dann vor einer großen hölzernen Tür, die sich knarrend öffnen ließ. Die Hobbits traten ein und schauten sich um. Der Raum war groß, doch hatte er nur ein Fenster an der Seite und eine Tür, durch die die Hobbits gekommen waren. Das Fenster befand sich direkt daneben. Der Boden bestand aus knarrenden, hölzernen Dielen, auf dem einige Teppiche lagen. Die Wände und die Decke waren ebenfalls aus Holz und an den Wänden hingen einige Stoffe mit Stickereien, die Tiere zeigten. Neben der Tür, befanden sich zwei Regale, auf denen zwei Kerzenhalter standen, die dem Zimmer mit ihren flackernden Kerzen eine gemütliche Atmosphäre verliehen. Das große Fenster an der Seite war jetzt zur Abendstunde mit Vorhängen verhängt, die sachte durch einen leichten Windzug hin und her wehten.
Die Wände waren geschmückt mit Geweihen, Fellen und ausgestopften Tieren, die vor langer Zeit schon erlegt worden waren. Auch waren an den Wänden hier und da Regale, auf denen Kerzen standen. An einer Wand fand sich zudem noch ein steinerner Kamin, in dem ein munteres Feuer brannte, das ebenfalls zu der gemütlichen Atmosphäre beitrug. Sam konnte erkennen, dass die Geweihe und die ausgestopften Tiere an der Wand ziemlich verstaubt waren. In der Tat kam hier wohl nur selten jemand hinein. Die Luft war etwas stickig und irgendwie trocken und Sam fand, dass der Raum, trotz seiner Gemütlichkeit auch irgendwo etwas unheimliches ausstrahlte.
Frodo und Sam gingen weiter hinein und fanden ihre Gefährten in der Mitte des Raumes vor. Sie hatten es sich in Sesseln bequem gemacht und verfolgten die Hobbits mit jedem Blick. Gandalf hatte seinen Zauberstab neben die Tür gestellt und saß mit gefalteten Händen in seinem Sessel. Gimli betrachtete sich scheinbar interessiert die vielen ausgestopften Tiere an den Wänden, während Legolas leicht gekrümmt und ziemlich blass in seinem Sessel kauerte. Sam konnte die Blässe sogar erkennen, trotzdem es nicht sonderlich hell war. Merry und Pippin unterhielten sich leise mit Aragorn und Frodo und Sam setzten sich stillschweigend daneben.
Sam musste sich eingestehen, dass ihm gar nicht wohl zumute war. Er fürchtete sich, alles zu erzählen und so zögerte er eine ganze Weile, bis schließlich Gandalf das Gespräch anfing. "Ich weiß, was Sam euch sagen möchte und es ist schwierig das zu glauben, das weiß ich selber. Doch ich kann euch sagen, dass es wahr ist und dass ihr ihm unbedingt glauben solltet! Sam fürchtet sich, genauso, wie wir, die es bereits wissen, uns alle etwas fürchten, wenn wir das Thema jetzt zur Sprache bringen, aber es ist vielleicht wichtig und ihr habt ein Recht alles zu erfahren."
Gandalf machte eine Handbewegung und forderte Sam auf zu erzählen. Sam zögerte wieder und überlegte wie er anfangen sollte. Er brauchte einige Versuche, bis er schließlich die richtigen Worte fand.
Stundenlang erzählte Sam. Er erzählte alles und Gandalf und Frodo unterbrachen ihn hin und wieder und ergänzten das ein oder andere. Fast schien es, als wolle Sams Bericht gar nicht enden. Zuerst behagten ihm die fassungslosen Blicke, die ihm die anderen zuwarfen, nicht, doch mit der Zeit gewöhnte er sich daran. Er erzählte alles, als sei es selbstverständlich und die anderen stellten nicht mal Fragen, sondern versuchten das zu begreifen, was der Hobbit da sagte. Sam erzählte von Frodo, von Nevturiel und Lhunroth, wobei er auf Aragorns Reaktionen achtete, doch dieser gab kaum welche von sich. Nur Gimli vergrub irgendwann das Gesicht in seinen Händen und schüttelte gelegentlich seinen Kopf. Sam erzählte weiter, er machte irgendwann kleinere Pausen und stellte sicher, dass die anderen ihm folgen konnten. Er erzählte, wie sie wieder die Zeit hatten zurückdrehen müssen und von der Gefahr, die die Zeit und das Schicksal nun darstellten. Er erzählte, wie Frodo, Gandalf, Merry, Pippin und er nach Minas Tirith aufgebrochen waren und wie sie sich beeilt hatten, um rechtzeitig dort zu sein, wo sie sein mussten. Sam berichtete auch von den Ängsten, die er gehabt hatte, als er mit den anderen Hobbits in der Höhle war, oder als Pippin von der Schlange gebissen wurde und schließlich berichtete Gandalf auch von seinen Erlebnissen auf dem Weg zu Gimli und Legolas. Irgendwann erzählte Sam dann von den Erinnerungen und erklärte, was genau es damit auf sich hatte.
Als er geendet hatte, war es bereits tief in der Nacht und alle saßen sich stumm gegenüber. Sam hatte nicht alle Details erwähnt, eine Menge hatte er ausgespart, weil er es für besser hielt. Eine beinahe bedrückende Stille legte sich in den Raum, und wollte anscheinend gar nicht fortgehen. Die Minuten wurden zu einer Ewigkeit.
Irgendwann begann Sam wieder von Lhunroth zu erzählen und dass jetzt keine Gefahr mehr von ihm ausging, doch als er auch damit geendigt hatte, legte sich diese Stille wieder in den Raum.
"Es tut mir sehr leid, ich habe das wirklich nicht gewollt", flüsterte Sam und senkte bedrückt den Kopf.
Ganz langsam, aber immer stärker schlich sich in die Köpfe der anderen die Erkenntnis, dass alles wahr war, was Sam da erzählte. Gandalfs bestätigende Worte ließen zuletzt jeden Zweifel verschwinden. Aragorns Gedanken überschlugen sich förmlich. Er wusste gar nicht worüber er zuerst nachdenken sollte. Über Lhunroth? Über Legolas und Gimli oder über seinen eigenen Tod?
Legolas hatte jetzt endlich seine Erklärung, warum er sich ständig mit Seitenstichen, Atemlosigkeit und allgemeinem Unwohlsein herumquälte, doch behagte ihm diese Erklärung nicht ganz, wie er merkte.
Gimli gab sich Mühe irgendetwas zu sagen, doch er stotterte nur irgendetwas unverständliches und gab es dann schließlich auf.
Erst nach einer ganzen weiteren Zeit, fanden alle ihre Worte wieder. Sie stellten Fragen und Sam beantwortete sie ihnen auch geduldig. Er war Gandalf sehr dankbar, dass dieser irgendwann noch ein paar ruhige Worte verlauten ließ, die den anderen sichtlich halfen ihre Fassung wiederzuerlangen. Irgendwann hatten sie alle begriffen, dass tatsächlich alles geschehen war, wie Sam es erzählt hatte. Der Hobbit blickte nervös in die Runde und erwartete vorwurfsvolle Blicke, immerhin trug er an allem die Schuld, so wie er fand. Doch nichts geschah. Niemand machte dem Hobbit einen Vorwurf, nicht einmal in seinen entferntesten Gedanken gab jemand Sam die Schuld.
"Also, das was geschehen ist... Ich meine, kann man das überhaupt so sagen? Immerhin sind wir ja jetzt alle hier. Das, was geschehen wäre... Ich frage mich, wie wichtig wir das in unserem Leben lassen werden... Denn eigentlich ist gar nichts geschehen, und ich frage mich, sollten wir ständig daran denken und uns damit beschäftigen", fragte Gandalf und sah die anderen erwartungsvoll an. "Wir haben es euch erzählt, damit ihr wisst, warum es euch manchmal schlecht geht und weil wir es irgendwo für richtig gehalten haben, aber ich weiß nicht, ob es so gut ist, wenn wir jetzt alle in tiefes Nachdenken versinken und uns über etwas Gedanken machen, was eigentlich nie eingetroffen ist. Sicher lässt es sich nicht ganz vermeiden, aber vielleicht ist es besser, wenn wir uns nicht zu viel mit dem Thema beschäftigen", fügte der Zauberer hinzu.
Die anderen nickten stumm und fühlten sich teilweise von den vielen Informationen etwas überfordert. Legolas hatte eh Mühe seine Konzentration nicht zu verlieren, denn er kämpfte mit üblen Seitenstichen, doch er brauchte sich jetzt keine Gedanken mehr über die Ursache machen, was ihm die ganze Sache etwas erleichterte. Jetzt wusste er auch endlich woher diese Müdigkeit kam...
Keiner jedoch fühlte sich jetzt in der Lage schlafen zu gehen, nach dem Gespräch und so forderte Aragorn Sam auf, etwas über die genaueren Gründe zu erzählen, wieso die Zeit und das Schicksal eigentlich gegen sie waren. Sam erklärte seine Vermutungen und erzählte das, was Nevturiel gesagt hatte. Sam erzählte, dass er sich vor diesem Gegner fürchtete und die anderen verstanden das nur zu gut. Man konnte ihn nicht angreifen und man wusste nicht, wann er zuschlug.
Die Zeit verging, und bald dämmerte der Morgen. Sam ahnte gar nicht, wie sehr er recht haben sollte mit seinen Ängsten. Er wusste, dass der Gegner tückisch war, doch ahnte er nicht, was die nächste grausame Absicht von ihm war, die schon längst, ohne, dass die Gefährten es gemerkt hatten, begonnen hatte...
Während sich die Gefährten unterhielten, war der Gegner näher als sie es jemals vermutet hätten. Legolas versuchte sein letztes bisschen Konzentration auf die Worte seiner Freunde zu lenken, und so entging seinen sonst so aufmerksamen Elbenohren ein Geräusch, dass sie alle ins Verderben stürzen würde. Auch die Anderen waren mit ihren Gedanken woanders und so hörte niemand das leise Klacken...
Ein Windstoß von draußen, ließ den Vorhang des Fensters nach vorne wehen, so weit, dass er den Kerzenständer berührte, der mit einem Klacken auf dem Regal umfiel. Ein kleines Feuer entstand, dessen Flammen nur winzig klein waren, nicht viel größer, als die Flamme der Kerze vorher gewesen war. So blieb es eine kurze Zeit, bis der Vorhang erneut nach vorne geweht wurde und mit der Spitze in die Flamme stieß. Ein Puffen war zu hören und der Vorhang stand lichterloh in Flammen, denn der Vorhang bildete den perfekten Nährboden für das Feuer. Die Flammen schienen immer größer und hungriger zu werden. Funken flogen und erreichten in Sekundenschnelle die Stoffe an den Wänden. Blitzschnell verbreitete sich das Feuer von einem Stoff zum nächsten, die Flammen griffen über und schlugen immer höher. Als die Gefährten wahrnahmen, dass in einer ungewöhnlich kurzen Zeit ein riesiges Feuer entstanden war, war es längst zu spät. Die Flammen hatten bereits einen Ring gebildet, der sich bedrohlich, immer weiter um sie schloss...
Aragorn sah aus den Augenwinkeln etwas helles und richtete sich überrascht in seinem Sessel auf. Er sah, dass der Vorhang in Flammen stand, doch ehe er noch etwas tun konnte standen schon die Stoffe an der Wand in Flammen und in Sekundenschnelle griffen die Flammen zum nächsten Stoff über. Ein Kreis aus Feuer entstand und die Flammen begannen alles zu verschlingen, was sie erreichten. Gandalf war der erste, der aufsprang und zu seinem Zauberstab eilte, doch die Flammen hatten ihn bereits derartig umschlossen, dass es dem Zauberer nicht möglich war ihn zu holen. Legolas war der zweite, der ungeachtet seiner Seitenstiche hochfuhr und fassungslos auf das Feuer starrte. "Wieso habe ich es nicht gehört", schoss es ihm durch den Kopf, doch er musste es wohl laut ausgesprochen haben, denn Sam sagte plötzlich: "Weil du es nicht hören solltest!"
"Das Feuer schließt uns ein", zischte Aragorn mit einem Mal, als er bemerkte, dass die Tür brannte. Sie war die letzte Chance nach draußen zu gelangen.
Sam blieb einfach nur sitzen, wo er war. Er sah, zu den anderen, die nacheinander voll Panik aufsprangen und sich etwas zuriefen.
"Ich komm nicht an meinen Zauberstab", hörte er Gandalf sagen.
"Das Fenster", dröhnte Gimlis Stimme durch den Raum, doch der Zwerg erkannte schnell, dass es kein Entkommen daraus gab. Viel zu hoch schlugen die Flammen davor. Während alle anderen mehr oder weniger ratlos im Raum standen stürmten Aragorn und Legolas zu den Wänden, griffen sich jeder ein Geweih und begannen damit auf die Tür einzuschlagen, die lichterloh in Flammen stand. Merry und Frodo warfen sich auf den Boden und versuchte zu erkennen, ob es möglich war, irgendwie durch den Kamin zu entkommen. Pippin zog seine Weste aus und versuchte mehrere kleine Flammen darunter zu ersticken, doch bald wurde seine Weste von den Flammen verschlungen.
Überall im Raum entstanden plötzlich kleine Feuer. Dicker, schwarzer Rauch bildete sich in dem Zimmer und ließ die Luft dünner werden. Die Wände brannten bereits alle und das Feuer griff nun auf die hölzerne Decke über. Bissiger Rauch stieg den Gefährten in die Lungen und ließ sie husten. Funken und Asche flogen durch den Raum, eine fast unerträgliche Hitze entstand.
Wie besinnungslos schlugen Aragorn und Legolas immer noch auf die brennende Tür ein, doch nichts geschah. Immer wieder wichen sie den Flammen aus, die nach ihnen zu greifen drohten, und ihnen die Geweihe, die sie in den Händen hielten regelrecht aus der Hand fraßen. Auf Aragorns Haut glänzte der Schweiß, als er immer wieder ausholte und mit aller Kraft auf die Tür einhieb. Dann plötzlich wich er mit einem Male zurück und blieb keuchend stehen. Fassungslos starrte er auf die Tür und auf Legolas, der sich bereits ein Stück seiner Tunika vor seinen Mund und seine Nase hielt, weil der scharfe Rauch in seiner Lunge schmerzte.
"Wir kommen hier nicht raus", sagte Aragorn mit einem Mal tonlos und blickte dem Elb tief in die Augen. Das Geweih, dass er in den Händen gehalten hatte, war fast völlig verbrannt und er ließ es neben sich zu Boden fallen.
Pippin stand vor einem Stück einer völlig verkohlten Wand und rief so laut er konnte nach Hilfe. Er nahm ein Tongefäß und schlug es so kraftvoll er konnte gegen die Wand, in der Hoffnung, dass irgendwer den Lärm hören würde.
Frodo wurde plötzlich von einer Welle der Angst ergriffen, als er sah, dass scheinbar alles scheiterte, was sie versuchten. Gandalf versuchte ungeachtet der Tatsache, dass es eigentlich unmöglich war, über ein großes Feuer hinwegzugreifen und irgendwie seinen Zauberstab zu erreichen. Eine kleine Flamme schnellte mit einemmal hoch und erreichte Gandalfs Hand. Der Zauberer zog sie blitzschnell zurück und erkannte, dass sich bereits einige Brandblasen auf seiner Hand gebildet hatten.
Überall im Raum begann es bedrohlich zu knacken, das Knistern wurde immer stärker und überall war ein Zischen zu hören. Die brennenden Stoffe fielen mit einem Rauschen zu Boden und steckten immer mehr in Brand. Die ausgestopften Tiere krachten von den Wänden und der Rauch im Raum wurde immer dicker.
Sam blickte empor und sah, dass die ganze Decke schon brannte und von oben bereits die ersten Holzteile hinabstürzten.
Doch Sam saß immer noch einfach da, so als würde es ihn alles nicht betreffen. Er sah sich alles an und fühlte im Moment gar nichts. Der Rauch brachte auch ihn zum Husten, seine Augen tränten, weil er so bissig war, doch es störte ihn alles nicht mehr. Erst als Frodo ihn schüttelte und ihm sagte, dass er endlich aufstehen sollte, erwachte er aus seiner Trance.
"Sam, hilf uns", schrie Frodo, der zusammen mit den anderen Hobbits versuchte Gegenstände, die auf dem Boden lagen beiseite zu räumen, damit das Feuer sie nicht erreichte.
Sam schüttelte nur den Kopf und Tränen rollten über sein ausdrucksloses Gesicht. "Es ist vorbei, was ihr da macht ist vergebens".
"Das wird sich zeigen", schrie Frodo zurück und fuhr hastig fort mit seiner Arbeit. Er merkte gar nicht, wie er schluchzte.
"Oh ja, wird es", sagte Sam so leise, dass Frodo es nicht hörte.
Gimli kam herbeigeeilt und half den Hobbits. Gandalf kam vom vorderen Teil des Zimmers angelaufen und Legolas und Aragorn wurden ebenfalls gezwungen weiter nach hinten zu gehen. Hustend sprangen sie über mehrere kleine Feuer hinweg und standen dann bei den anderen. Sam betrachtete sich seine Gefährten. Alle hatten so leere Augen. Hin und wieder stand der Schrecken ihnen kurzfristig im Gesicht geschrieben. Alle waren verschwitzt, hustete und keuchten, waren mehr oder weniger hoffnungslos, aber wollten einfach nicht aufhören zu kämpfen.
Wie ein Blitz durchfuhr es Sam, dass ihn wirklich für alles die Schuld traf. Er wusste nicht warum, doch er schüttelte mit einem Lächeln den Kopf und stand dann auf.
"Ein Zimmer, wo niemand hinkommt und niemand etwas hört, wie klug von mir", schrie er plötzlich und warf wütend ein Geweih, dass auf der Erde lag in die hungrigen Flammen.
"Was seht ihr mich alle so an", brüllte er als er die fragenden Blicke der anderen wahrnahm. "Wir werden alle hier sterben, weil ich so ein Narr bin! Wir brauchen bloß noch zu warten."
"Sam, komm wieder zu dir", fauchte Frodo.
"Ach was, Herr Frodo, willst du mir jetzt wieder erklären, dass alles nur ein Zufall ist? Wie viel muss noch passieren, damit du es endlich einsiehst?"
"Bis jetzt haben wir es immer geschafft. Wer sagt dir, dass es diesmal nicht so ist?" Obwohl Frodo selbst nicht recht dran glaubte, versuchte er Sam wieder zu überzeugen.
"Ich weiß es."
"Woher?"
"Sie lassen sich nicht besiegen, wie ich es schon immer vermutet hatte."
"Dann beweise es mir, Sam! Woher weißt du, dass es die Zeit und das Schicksal sind, die diesen Brand ausgelöst haben", schrie Frodo und wurde zornig.
Noch ehe Sam etwas antworten konnte, war plötzlich ein lautes Knacken zu hören. Im Kamin gab es auf einmal einen kleinen Knall und mehrere spitze Holzstücke flogen wie Geschosse durch den Raum. Gimli duckte sich und ein Holzteil flog nur Zentimeter weit über seinen Kopf hinweg. Legolas drehte sich blitzschnell und wich einem Stück Holz aus, dass sich in seine linke Seite gebohrt hätte. Aragon warf sich auf den Boden und ein spitzer Ast verfehlte nur knapp seine Schulter. Ein weiteres, riesiges Geweih stürzte von der Wand und bohrte sich um Haaresbreite neben seinem Oberschenkel in den Boden. Von der Decke lockerte sich mit einem Mal eine riesige Latte und Frodo tat erschreckt einen Schritt zur Seite, bevor sie mit voller Wucht seinen Rücken getroffen hätte.
Frodo blickte sich zitternd um. Nun wusste er, dass es kein Zufall war. Der Gegner hatte sich ganz klar zu erkennen gegeben, es gab keinen Zweifel mehr.
"Siehst du, sie haben es uns gezeigt", stotterte Sam.
Frodo schlug die Hände vor den Mund und ging zitternd in die Knie. Sam hatte recht, es gab kein entkommen mehr, sie würden alle hier sterben.
Aragorn rappelte sich wieder hoch und blickte an die Decke. Ein Krachen verriet, dass sie bald einstürzen würde. Das Feuer fraß sich immer weiter voran und bald würde es so viel zerstört haben, dass die beschädigten Balken die Decke nicht mehr halten würden. An einer Stelle fielen bereits kleine Hölzer hinunter und Aragorn wusste, dass dieses Stück mit Sicherheit zu erst einstürzen würde. Doch es war ohne Bedeutung. Vor diesem Stück konnten sie sich noch retten, aber der Rest würde nicht mehr lange halten und es gab keinen Platz, wo sie davor ausweichen konnten.
Aragorn wurde das Herz schwer. Er setzte sich auf den Boden und stützte hustend den Kopf auf seine Hände. Der Rauch raubte ihm die Kraft und sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sah, wie die Flammen immer näher kamen. Er musste plötzlich an Lhunroth denken. Es war schrecklich zu verbrennen.
Ein heller Schrei riss ihn plötzlich aus seinen Gedanken und sorgte dafür, dass er den Kopf hob. Merry stand in Flammen und der Hobbit sprang panisch hin und her als er die Hitze auf seiner Haut spürte. Pippin versuchte irgendwie seine Kleidung zu greifen und sie von Merry hinunterzuziehen, doch es wollte ihm nicht gelingen. Er verbrannte sich nur fast selbst und so musste er hilflos mit ansehen, wie Merry schreiend durch den Raum lief. Gandalf reagierte zu seinem Glück und warf seinen weißen Umhang auf den brennenden Hobbit, der die Flammen erstickte. Merrys Kleidung hing schwarz und in Fetzten von ihm herab, doch hatten die Flammen seine Haut wohl bis auf ein paar Stellen noch nicht erreicht. Rauch stieg von dem Hobbit auf und er blieb völlig verstört und hustend am Boden liegen. Pippin kniete sich zu ihm und zog ihn in seine Arme.
Gandalf sah nur mitleidig in den Raum und senkte dann den Kopf. Frodo kniete immer noch auf der Erde und spürte die Hitze auf seinem tränennassen Gesicht. Legolas lehnte sich mit dem Rücken an einen Sessel und rutschte kraftlos und nach Luft ringend hinunter. Der Rauch nahm ihm nahezu alle Luft zum atmen.
Gimli sah es, schlang seine Arme um Legolas' Brust und zog ihn an eine Stelle wo etwas weniger Rauch war. Er setzte sich neben den Elb und murmelte traurig etwas vor sich hin.
Als Sam seine Gefährten alle sah, wusste er, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis das unvermeidliche eintraf und die Schuldgefühle packten ihn mehr denn je. Wut stieg in ihm hoch und er ließ seinen Blick durch den vernebelten Rauch schweifen und erkannte so wie Aragorn das Stück Decke, das jeden Moment einzustürzen drohte. Mit Tränen in den Augen ging Sam zu der Stelle und stellte sich genau darunter. Frodo hob den Kopf und sah Sam traurig an. "Was machst du da", fragte er, obwohl er es schon wusste.
"Ich habe euch fast alle einmal sterben sehen. Ich kann das nicht noch mal sehen. Diesmal nicht. Es ist eh alles verloren. Ich zuerst..."
"Nein, das tust du nicht", zischte Frodo und sah, wie sich über Sam der erste Holzbalken bedrohlich senkte. Er erhob sich und lief zu Sam hinüber. Schnell packte er Sams Arm und zog ihn mit so viel Kraft wie möglich weg, doch Sam fiel nur auf die Knie. "Lass mich, Herr Frodo, es ist zu spät."
"Du wirst es ihnen doch nicht so einfach machen, Sam! Ich lasse das nicht zu, dass du hier vor unseren Augen stirbst."
So sehr Frodo sich auch anstrengte, er schaffte es nicht, Sam von dem Ort fortzubewegen.
Er kniete sich vor Sam und krallte sich in sein Hemd. "Dann bleibe ich auch hier. Wir haben so viel gemeinsam gemacht, dann wollen wir jetzt auch das gemeinsam machen", sagte er und schluchzte.
"Oh, Herr Frodo..." Sam umarmte ihn und seine Tränen tropften auf Frodos Kleidung. "Ich hoffe Rosie kommt darüber hinweg. Und die Kinder... Ich hoffe sie kommen auch ohne einen Vater zurecht. Nun werde ich niemals sehen, wie sie groß werden..."
"Ich bin sicher, sie werden einmal gute Hobbits. Sie sind ja schon jetzt so liebe Kinder", sagte Frodo und dachte an das Kinderlachen, das er nun nie mehr hören würde.
Frodo spürte wie Sam bebte. "Sie fehlen mir schon jetzt, Herr Frodo", schluchzte er und seine Worte wurden teilweise verschluckt. Frodo guckte nach oben und sah, wie sich die Holzbalken immer mehr senkten und das Knacken immer lauter wurde. Sie hielten sich gegenseitig nur noch ganz schwach und die Flammen fraßen immer mehr und sorgten dafür, dass sie sich nicht mehr lange halten konnten.
"Weißt du, dass die Zeit und das Schicksal jetzt wirklich gewonnen haben", fragte Sam plötzlich und sah Frodo aus verweinten Augen an. "Alle, die von dem Zeitrad wissen sind in diesem Raum hier. Es gibt niemanden mehr, der das was geschehen wird rückgängig machen kann."
Frodo sagte nichts. Er wusste nicht, was er hätte sagen sollen und so sahen sich die beiden Hobbits nur tief in die Augen. Plötzlich krachte es über ihnen laut und Sam zuckte erschreckt zusammen. Ihm wurde klar, dass es aus war und das nun der Zeitpunkt gekommen war, an dem sein Leben das Ende finden würde. Er spürte plötzlich einen festen Griff an seinem Kragen und dann wurde er zusammen mit Frodo an eine noch sichere Stelle geschleudert.
"Das könnt ihr doch nicht ernst meinen", zischte Aragorn und legte schützend die Hände über seinen Kopf, als die Decke an der Stelle einstürzte und auf die Erde krachte. Funken flogen und wie ein Lagerfeuer brannten nun die Hölzer der Decke auf der Erde weiter.
Als Sam sah, mit welch einer Wucht die Hölzer auf den Boden krachten, war er Aragorn dankbar, dass er sie beide in letzter Sekunde noch weggezogen hatte. Er senkte schuldbewusst den Kopf. Frodo legte den Arm um Sam und war froh, noch ein paar Minuten länger zu haben, obwohl er wusste, dass das jetzt auch nicht mehr von Bedeutung war.
So saßen sie alle da und warteten. Warteten auf den Tod. Die Flammen kamen immer näher, die Decke wurde immer instabiler und die Luft immer knapper. Ein Meer aus Flammen umschloss sie und jeder wusste, dass es vorbei war. Es gab keine Rettung mehr, und so dachte jeder an das, was ihm wichtig war.
Aragorn verabschiedete sich in Gedanken von Arwen. Er stellte sich vor, wie sie jetzt in ihrem Bett lag und friedlich schlief. Er wünschte sich, sie noch ein letztes Mal zu sehen, doch weil er wusste, dass er das nicht mehr konnte, versuchte er sie sich so deutlich wie möglich vorzustellen.
Legolas und Gimli dachten beide an das Meer. Sie lehnten sich gegenseitig aneinander und spürten gegenseitig, wie der Atem des anderen immer schwerer wurde. In Legolas stieg die Angst hoch, er wusste, er kannte das Gefühl nicht atmen zu können, und er fürchtete sich davor.
Sam dachte an seine Familie, genauso wie Frodo an Rosie und die Kinder dachte. Merry und Pippin waren mit ihren Gedanken im Auenland und Pippin weinte leise. Er war so froh gewesen leben zu dürfen, doch nun würde ihm diese Freude zerstört werden.
Gandalf musste an Schattenfell denken, diesmal würde das treue Pferd ihm nicht helfen können.
"Begraben in einem Meer aus Flammen", sagte Gimli plötzlich in Gedanken. Mit einemmal hatte er ein seltsames Gefühl. Aragorn blickte ihn fassungslos an, Sam hob mit weit aufgerissenen Augen den Kopf und Frodos Unterkiefer begann zu beben. Merry drehte den Kopf zu Gimli, ebenso tat es Pippin und Legolas öffnete die Augen und sah seinen Freund überrascht an. Über Gandalfs Gesicht huschte plötzlich ein Lächeln. Gimli war selbst wie versteinert, als er die Worte ausgesprochen hatte.
"Habt ihr gerade das selbe Gefühl wie ich", fragte Aragorn.
"Das ist unglaublich", sagte Gandalf leise und zu sich selbst.
Sam versuchte Worte zu finden. Die Gedanken überschlugen sich. "Ich kenne das! Gimli, was du da gerade gesagt hast... Ich... Ich glaube, ich kenne das, ich habe das schon mal erlebt!"
"Aber wie kann das sein, ich habe das selbe Gefühl", fragte Aragorn. Genauso ging es auch allen anderen, sie glaubten alle das was Gimli gesagt hatte, schon einmal gehört zu haben.
"Man erinnert sich manchmal, wenn die Zeit zurückgedreht wurde. Dann kommt es einem so vor, als hätte man eine Situation schon mal erlebt, was ja auch stimmt." Sam machte eine Pause und Hoffnung blitzte in seinen Augen auf. "Nevturiel hat die Zeit zurückgedreht", sagte er aufgeregt.
Kaum hatte er das ausgesprochen hörten sie entfernte Stimmen. Es krachte etwas gegen die Tür. Es polterte und alle sahen in die Richtung.
"Majestät", rief eine Stimme vor der Tür laut.
"Lhunroth", rief Aragorn zurück, als er die Stimme erkannte.
"Geht es euch gut", wollte Lhunroth wissen und wieder krachte es an der Tür.
"Ja, wir leben alle noch. Lhunroth, die Decke stürzt gleich ein...", antwortete Aragorn und lief ein Stück nach vorne.
"Wir versuchen die Tür aufzubrechen, gibt es dann eine Möglichkeit zu euch zu kommen?"
"Hier brennt es, aber das Feuer von der Tür bis zu uns ist nicht so hoch."
"Wir haben Wassereimer hier, vielleicht können wir das Feuer löschen um zu euch zu gelangen."
Aragorn drehte sich um und seine angespannten Züge lockerten sich.
"Ja, das ist möglich, aber ihr müsst euch beeilen", rief Aragorn zurück und hustete. Er hörte, wie Lhunroth etwas zu den anderen Männern sagte. Mit aller Kraft hieben sie auf die Tür ein und versuchten sie aufzubrechen.
Es dauerte seine Zeit. Immer noch war dieses beunruhigende Knacken überall zu vernehmen, der schwarze Rauch versperrte ihnen die Sicht und das Feuer breitete sich noch aus. Aragorn merkte bald, wie die Luft immer dünner wurde und wie es immer anstrengender wurde zu atmen.
Merry sank irgendwann in Pippins Armen zusammen und blieb regungslos liegen. Pippin schrak zusammen, doch erkannte er, dass Merry noch atmete, wenn auch recht flach. Sam fiel nach einer Zeit zur Seite weg und blieb mit halbgeöffneten Augen hustend auf der Erde liegen. Frodo tat es ihm nach kurzer Zeit gleich, die Luft war einfach zu dünn. Aragorn musste sich hinsetzten und sah durch einen Schleier, wie Gandalf sich ebenfalls setzte und keuchend gegen einen Sessel lehnte. Gimli sank der Kopf auf die Brust und Legolas lag röchelnd und mit geschlossenen Augen auf dem Boden.
"Bei den Valar, lass es nicht zu spät sein", schoss es Aragorn durch den Kopf. Kurz darauf polterte es laut und die Tür fiel nach vorne. Sie wirbelte Asche und Funken auf und erstickte einen kleinen Teil des Feuers unter sich. Lhunroth sprang in den Raum und goss den ersten Wassereimer auf den Boden aus. Qualmend erloschen die Flammen und mit Hilfe der anderen Männer kämpfte sich Lhunroth so immer weiter ein Stück voran. Der Mann fürchtete sich vor den Flammen. Wie viel Leid hatte ihm das Feuer schon zugefügt... Sein Atem war laut unter der Maske und er fuhr erschreckt zusammen, als die Flammen ihm manchmal nahe kamen. Es kostete ihn einige Überwindung weiter vor zu dringen.
Schließlich sah er Aragorn auf der Erde sitzen und stürmte zu ihm hin. "Den Valar sei Dank", keuchte Aragorn und ließ sich von Lhunroth auf die Beine ziehen. Aragorn schwankte und Lhunroth stützte ihn als er ihn aus dem Raum zerrte. Ein paar andere Männer liefen in den Raum, hoben Merry, Sam und Frodo auf die Arme und trugen sie hinaus. Einer stützte Gandalf und half ihm aus dem Zimmer. Pippin kroch auf allen Veren hustend durch den Raum und bemerkte mit Schrecken, wie über Legolas ein großes Stück Holz hinabzustürzen drohte. Der Elb bemerkte es und versuchte der Gefahr auszuweichen, doch er schaffte es nicht sich wegzubewegen. Pippin griff den Elben am Arm und zog ihn mit aller Kraft, die ihm noch verblieben war von der Gefahr weg. Keinesfalls zu früh, denn kaum hatte er den Elben weggezogen donnerte das Holz auf den Boden. Zwei Männer erschienen wieder im Zimmer und holten Gimli und Legolas hinaus. Pippin konnte weitgehend selbst gehen und schwankte hinterher.
Kaum waren alle draußen, war ein ohrenbetäubender Lärm zu hören. Die Decke stürzte hinab und begrub alles unter sich. Die Männer kämpften eisern gegen das bereits kleiner werdende Feuer und nach einigen Stunden hatten sie es mit Wasser weitestgehend zum Erlöschen gebracht. Überall stieg Rauch auf aber, er war nicht mehr schwarz und gefährlich. Das Zimmer war total verwüstet, aber der Brand hatte sich bis auf das Nebenzimmer nicht weiter ausgebreitet. Und dort war es auch bei weitem nicht so schlimm, viel Holz gab es dort nicht und so wäre das Feuer dort wahrscheinlich bald von selbst erloschen.
Aragorn saß hustend auf einem Sessel. Ein Heiler hatte sich seiner angenommen und verarztete ein paar kleinere Verbrennungen und Schürfwunden und suchte nach weiteren Verletzungen, die er nicht fand. Lhunroth saß vor dem König und wirkte erschöpft. Er war verantwortlich für die Rettung und hatte dafür gesorgt, dass mehrere Heiler gekommen waren. Er hatte beim Löschen des Brandes geholfen und war sehr zufrieden, dass er alles erfolgreich geschafft hatte.
"Ich bin dir so dankbar, Lhunroth", sagte Aragorn und sah den Mann vor ihm müde an.
"Ich habe es gerne getan", erwiderte er. Damit log Lhunroth nicht im Geringsten. Er hatte Angst vor dem Feuer und doch hatte er nicht eine Minute gezögert. Er hatte dem König das Leben retten wollen, genauso seinen Gefährten, zu denen wie er seit kurzer Zeit wusste auch die beiden Hobbits gehörten, die sich eigentlich als seine Diener ausgegeben hatten. Doch er war ihnen nicht böse. Er kannte zwar nicht den Grund dafür, aber er interessierte sich auch nicht sonderlich dafür. Er war den Hobbits sehr dankbar, dass sie ihn zu Aragorn geführt hatten und deshalb würde er ihnen die Lüge verzeihen.
Außerdem hatte Lhunroth das Gefühl, dass er es dem König und seinen Gefährten schuldig war. Er hatte etwas schlimmes tun wollen und er wusste, dass er so sein quälendes Gewissen beruhigen konnte.
"Du wirst noch einen ordentlichen Dank erhalten, meine Worte sollen nicht alles sein. Du bist ein guter Mann", sagte Aragorn und lächelte ihn an. Es war ohne Bedeutung, was Sam vorhin über den Mann gesagt hatte. Er glaubte Sam zwar, doch er hatte das Gefühl, dass dieser Mann sich verändert hatte. Er würde so etwas nie tun, das hatte er jetzt bewiesen. Hätte Aragorn unter Lhunroths Maske blicken können, dann hätte ein Lächeln gesehen. Lhunroth war glücklich. Nicht, dass er eine Belohnung bekommen würde, sondern weil er es geschafft hatte ein paar Leben zu retten. Das war ein gutes Gefühl.
Kaum war der Heiler mit Aragorn fertig, machte er Anstalten, um nach den anderen zu sehen.
"Es geht ihnen gut", sagte Lhunroth, als er erkannte, was Aragorn vor hatte.
Aragorn war schwindelig, er hatte viel zu viel Rauch eingeatmet, sein Kopf hämmerte und auch sonst tat ihm alles weh. So ließ er sich beruhigt im Sessel zurücksinken.
"Woher weißt du das", fragte er.
"Ich habe mit den Heilern gesprochen. Der Rauch hat einiges angerichtet, aber die Heiler meinten, sie würden sich alle mehr oder weniger schnell davon erholen. Drei der Hobbits, der Zwerg und der Elb sind bewusstlos und der Zauberer hat eine Verbrennung an der Hand. Ebenso hat einer der Hobbits ein paar leichte Verbrennungen. Den anderen geht es außer einem Husten recht gut. Sie werden alle wieder gesund."
Aragorn nickte erleichtert. Wenigstens sind alle einigermaßen heil bei weggekommen.
"Wie hast du uns eigentlich gefunden", fragte Aragorn dann und sah Lhunroth aufmerksam an. Dieser zögerte einen Moment, bis er schließlich sagte: "Das war sehr merkwürdig. Ich hatte Nachtschicht und bewachte draußen das Tor, als plötzlich eine Frau die Treppe hochgelaufen kam. Sie war verschleiert und als ich sie fragte, was sie zu so später Stunde wolle, da sagte sie nur, dass ihr und eure Gefährten in Gefahr seid. Sie berichtete mir, dass ihr in einem brennenden Raum eingeschlossen seid und sagte mir wo. Dann verschwand sie wieder und ich ging zu der Stelle, die sie mir beschrieben hatte. Ich sah sofort den Rauch und holte Männer zur Hilfe. Den Rest kennt ihr."
Aragorn lehnte sich müde in dem Sessel zurück, er hatte so eine Vermutung, wer die Frau gewesen war.
Kurz darauf ging die Tür auf und Arwen kam ins Zimmer gelaufen. Sie lief zu Aragorn und schloss ihn fest in die Arme. "Bei den Valar, ich dachte ich müsste sterben, als ich hörte, was geschehen ist. Ich war nur ein paar Zimmer entfernt, wenn ich mir vorstelle ihr wärt..."
"Sind wir nicht, dank Lhunroth", fiel Aragorn ihr ins Wort und küsste sie sanft auf die Wange.
Aragorn erklärte seiner Frau, dass es ihm und auch den anderen gut ginge und Arwen schien fast mehr erleichtert als Aragorn. Auch sie dankte Lhunroth und dieser verließ die beiden bald und ließ sie allein.
Arwen wollte Aragorn gar nicht mehr loslassen und dieser nahm sie glücklich in die Arme. Er war so froh, sie wieder sehen zu dürfen.
Es dauerte einige Tage, bis alle halbwegs wieder auf den Beinen waren. Jeder hatte irgendwo einige Beschwerden, aber im Wesentlichen ging es ihnen gut. Sam hatte das dringende Bedürfnis viel an der frischen Luft zu sein. Seine Lungen verlangten nach der kühlen Luft, nachdem sie so viel Rauch inhaliert hatten. Seine Haut brannte zeitweise und er schob es auf die enorme Hitze, die vielleicht irgendwie im Nachhinein ein Brennen auslöste, denn auch Frodo, Merry und Pippin klagten über dieses Brennen. Es war manchmal stärker, dann wieder schwächer, doch er ertrug es mit zusammengebissenen Zähnen.
Aragorn tat auch Tage danach oftmals alles weh, ebenso Gimli. Legolas und Gandalf hatten beide von Zeit zu Zeit mit Luftmangel zu kämpfen, doch der Elb kannte das mittlerweile schon und so beunruhigte ihn das nicht mehr allzu sehr. Er war Pippin sehr dankbar, dass er ihm bei dem Brand das Leben gerettet hatte und der Hobbit fand, dass es ein guter Dank war, dafür dass Legolas ihm bei dem Schlangenbiss das Leben gerettet hatte. So waren sie beide quitt und überaus glücklich, dass der andere zur rechten Zeit da gewesen war.
An einem Tag saß Sam in aller Frühe auf einer Wiese, vor dem Palast. Er konnte nicht schlafen und blickte auf die aufgehende Sonne. Er dachte an Rosie und die Kinder und wie gerne er jetzt bei ihnen wäre. Er würde bald wieder nach Hause gehen, dessen war er sich bewusst. Er dachte viel nach über das was geschehen war und konnte sich keinen Reim auf alles machen. Aragorn hatte ihm von einer Frau berichtet, die Lhunroth auf die Gefahr aufmerksam gemacht hatte, doch wusste er nicht ganz, wie das alles zusammenhing. Er hatte in dem brennenden Raum, als Gimli etwas gesagt hatte, das Gefühl gehabt, er hätte diese Situation schon mal erlebt. Doch konnte das sein? Und wenn ja, wie konnte das geschehen sein? Er wusste es nicht und er wusste auch nicht, ob er es jemals erfahren würde. Während er noch darüber nachdachte spürte er plötzlich eine Berührung auf seiner Schulter. Verdutzt drehte er sich um und wollte seinen Augen nicht trauen, als er die Person erkannte, die da vor ihm stand.
"Nevturiel", fragte er ungläubig.
"Hallo Sam", sagte sie freundlich und sehr zu Sams Überraschung setzte sie sich neben den Hobbit ins Gras. Ihr Gesicht war verschleiert, doch ihre smaragdgrünen Augen leuchteten unter dem Stoff hervor. Sie trug ein grünes Kleid und als sie sich zu Sam auf den Rasen setzte, fielen ihre hüftlangen, schwarzen Haare um sie herum und hüllten sie ein.
"Ich weiß von dem Feuer. Wie geht es dir", fragte Nevturiel den sprachlosen Hobbit, der sie immer noch unentschlossen musterte.
"Gut... Ich... Ich... Du weißt es", stotterte Sam.
Nevturiel nickte.
"Es geht mir gut".
Nevturiel schwieg, so als verlangte sie, dass Sam noch etwas sagte.
"Bis auf ein Brennen, was mir ab und zu etwas zu schaffen macht, aber es ist wohl eine Auswirkung der Hitze, die bei dem Feuer entstanden ist."
"Das ist keine Auswirkung, Sam", antwortete sie tonlos.
"Was ist es dann", fragte der Hobbit und wurde plötzlich sehr nervös.
"Eine Erinnerung", sagte Nevturiel ganz ruhig und Sams Unterkiefer begann zu zittern.
"Eine Erinnerung? Aber wie kann das sein", fragte Sam zitternd und hatte das Gefühl, als würde ihm jemand den Boden unter den Füßen wegnehmen.
"Ihr seid alle da drinnen gestorben. Niemand ist aus diesem Raum lebend herausgekommen."
"Das ist nicht möglich", wisperte Sam und das Herz schlug ihm bis zum Hals.
"Sam, gerade du müsstest wissen, dass es möglich ist", antwortete sie.
"Aber... Aber... Woher weißt du..."
"Der See. Ich habe es in dem See gesehen." Sie nahm ihren Schleier hoch und zum ersten Mal sah Sam ein junges, schönes Gesicht, das ihn ernst anblickte.
"Dann hast du doch die Zeit zurückgedreht?"
Nevturiel nickte.
"Wieso? Wer ist zu dir gekommen?"
"Niemand. Ich habe es selbst getan."
"Aber warum? Ich.. Ich... Als Pippin krank war, da hatte ich ernsthaft vor das Rad der Zeit zu zerstören. Ich war selbstsüchtig. Wie konntest du uns jetzt helfen?"
"Ich wollte es so. Ich sah dich scheitern bei deinem Kampf. Du hattest verloren und mit dir alle anderen auch. Aber du warst nicht selbstsüchtig, Sam! Zu keinem Zeitpunkt. Denn du wolltest das Rad nicht um deinetwillen zerstören, sondern um den Willen deines Freundes."
Sam schüttelte ungläubig den Kopf und schloss die Augen.
"Aber das war nicht der einzige Grund."
Der Hobbit horchte auf und sah Nevturiel tief in die Augen.
"Deine Freunde waren auch ein Grund." Sie machte eine kurze Pause, bevor sie fortfuhr. "Der See der Zeit zeigt mir nicht nur Bilder. Er zeigt mir auch Gedanken oder Gefühle, die jemand hat. Als du deinen Freunden erzählt hast, wie du die Zeit zurückgedreht hast und wie wegen dir manche von ihnen den Tod fanden, da hat dir keiner von ihnen, nicht im entferntesten Sinne, einen Vorwurf gemacht. Nicht mit einem Gedanken. Obwohl sie dir alle geglaubt haben. Und wie dann das Feuer ausgebrochen ist, hat dir niemand die Schuld gegeben, obwohl sie alle tief in ihrem Inneren wussten, dass sie sterben würden. Keiner hat dich für das verantwortlich gemacht, was geschah und das ist mehr als selbstlos!"
Sam musste lächeln. Er selbst hatte sich die Schuld gegeben, aber keiner seiner Freunde hatte es getan. Damit hatte er nicht gerechnet. Es berührte ihn und erwärmte ihm das Herz.
Nach einer ganzen Zeit sah der Hobbit zu der Herrin der Zeit auf. Ein Teil in ihm wollte die Frage nicht stellen, ein anderer verlangte aber nach der Antwort und so fragte er schließlich ganz leise: "Erzähl mir, was eigentlich geschehen wäre."
Nevturiel musterte ihn eingehend. "Willst du es wirklich wissen?"
Sam nickte, er wusste eigentlich nicht, warum er es tat.
"Ihr habt alle auf dem Boden gesessen. Das Feuer wurde immer größer...
Der Zauberer war der erste, der den Tod fand. Er ist einfach erstickt. Als Aragorn es merkte, stürzten Balken von oben herab. Sie erschlugen ihn und den Zwerg. Kurz darauf erstickte auch der Elb. Ihr Hobbits wurdet allesamt von den Flammen verschluckt. Am Morgen fand man nur noch das verwüstete Zimmer. Eure Leichen waren alle unter den Trümmern begraben. Als man sie geborgen hatte, wusste man nicht mal mehr welcher Körper zu wem gehörte. Man konnte nur noch euch Hobbits von dem Rest anhand der Größe unterscheiden. Man wusste jedoch nicht welcher von euch Hobbits wer war, der König ließ sich nicht von den Leichen des Elben und des Zauberers unterscheiden. Man begrub euch alle nebeneinander und setzte euch ein gemeinsames Denkmal."
Sam hörte zu und ohne, dass er es merkte, liefen Tränen über seine Wangen.
"Ich habe das alles in dem See gesehen. Ich drehte die Zeit zurück und kam hierher, um alles zu verändern."
"Aber was ist nun? Ist die Zeit und das Schicksal immer noch unser Feind", fragte Sam schweren Herzens.
"Weißt du was, ich denke, das werden wir in der Gegenwart deiner Freunde klären", antwortete sie und lächelte mild.
Sam nickte. "Dein Gesicht... Ich sehe es zum ersten Mal."
"Ja, ich weiß. Ich bin zur rechten Zeit gegangen, deshalb ist es jung, etwas später und es wäre vielleicht alt gewesen. Deshalb auch der Schleier. Ich wusste ja nicht, wie sich die Zeit entscheidet", erklärte Nevturiel und blickte Sam vergnügt an, so dass der Hobbit nicht mehr so eingeschüchtert von ihren Worten war, die sie vorher gesprochen hatte.
Am Mittag trafen sie sich alle in dem Kaminzimmer. Nevturiel wurde neugierig gemustert. Besonders Gimli ließ nichts, was sie tat, unbeobachtet. Sam machte sie miteinander bekannt und schließlich erzählte sie die ganze Geschichte von dem Brand noch einmal.
"Das ist ja nicht zu fassen, da bin ich schon zweimal tot und merk es nicht mal...", brummte Gimli. Dann blickte er zu Legolas und musterte ihn streng. "Wie war das? Du bist unsterblich", fragte er. "Scheint mir nicht so...".
Legolas warf ihm einen ärgerlichen Blick zu und Gimli murmelte dann, so dass nur der Elb es verstand: "Ich bin jedenfalls froh, dass ich beide Male vor dir den Tod fand, andersrum wäre es für mich mit Sicherheit schlimmer gewesen..."
Legolas finstere Miene schlug um in ein Lächeln und auch Gimli grinste leicht.
Nevturiel richtete irgendwann das Wort an alle. Sie stand auf, so dass jeder sie sehen konnte.
"Ich habe die Zeit zurückgedreht, nachdem ihr alle tot wart und Sam bei seinem Kampf verloren hatte. Ich bin hier nach Minas Tirith gekommen und habe euer Schicksal verändert und damit habe ich sozusagen gegen meine eigene Macht gekämpft. Und deshalb wird sie nun nicht mehr euer Gegner sein, denn keiner vorn euch hat an der Zeit drehen lassen, sondern ich selbst war es. Ich schenke euch Zeit. Euer aller Leben ist jetzt ein unbeschriebenes Blatt und ihr müsst weder die Zeit noch das Schicksal als Feind fürchten. Unglücke, die euch jetzt vielleicht widerfahren sind nicht mehr absichtlich gewollt. Doch, vertraut mir, nicht umsonst sagte ich, ich schenke euch Zeit..."
Nevturiel betrachtete sie sich und sah jedem tief in die Augen. "Ich weiß, einige von euch begehren zu erfahren, was genau geschah, nachdem Sam das erste Mal zu mir kam. Ich werde es euch zeigen, denn ihr müsst nun nichts mehr fürchten."
Sie holte eine kleine Flasche aus ihrer Tasche und Sam erkannte sie sofort wieder. Es war die, mit der sie einst Wasser aus dem See der Zeit geschöpft hatte. Sie ließ sich eine Schale mit Wasser bringen und füllte den Inhalt der Flasche dazu. Sofort entstanden Bilder in der Schüssel, die bunt schillerten. Alle, bis auf Sam, Frodo und Gandalf, die die Bilder schon kannten, knieten sich auf den Boden und blickten in das Wasser. Legolas und Gimli sahen sich selbst über den Hügel reiten, sie sahen, wie sie mit dem Schlafmittel überwältigt wurden und wie Aragorn kam. Alle, die in das Wasser blickten sahen jedoch nicht nur die Bilder. Sie hörten auf sonderbare Weise auch was sie sagten und spürten, was sie fühlten. Es waren jedoch keine Laute im Raum zu hören, vielmehr sahen sie die Bilder und in ihren Köpfen entstanden die Stimmen und Laute zu den Bildern. Das Wasser zeigte die Bilder weiter. Gimli starb und Legolas fing für Aragorn den Pfeil, wobei Aragorn vor der Schale zusammenzuckte. Legolas jedoch verzog seine Miene nicht im Geringsten, sondern betrachtete das Wasser, als wäre es selbstverständlich, was er da sah.
Aragorn sah seinen eigenen Tod und ihm zog sich alles zusammen, als er es sah. Die Bilder zeigten plötzlich etwas, was niemand zuvor gesehen hatte. Sie zeigten Arwen, wie sie auf einem Schimmel durch die Wälder ritt. Ihr Gesicht war von Trauer gezeichnet und in ihrer Hand hielt sie krampfhaft etwas, dass Aragorn als sein Messer erkannte. Sie ritt bis zu einem See und watete knietief in das Wasser. Tränen rannen über ihr Gesicht und das Pferd wieherte aufgeregt. Arwen umklammerte das Messer mit ihrer rechten Hand und setzte die Klinge an ihr linkes Handgelenk. "Nie will ich ohne dich sein, mein Geliebter. Verzeih mir, ich folge dir dorthin, wohin ich dich gebracht habe", flüsterte sie. Aragorn spürte Stiche im Herzen, als er sah, wie Blut in das Wasser des Sees tropfte. Dann sah man, wie Arwen nach einer Zeit zusammensank und in die Fluten stürzte. Ihr Körper trieb hinaus und um sie herum war das Wasser rötlich verfärbt. Dann zeigten die Bilder, wie Sam, Frodo und Gandalf zu Nevturiel kamen und wie die Zeit wieder zurückgedreht wurde. Dann endeten die Bilder, aber dennoch starrten alle noch ins Wasser, das nun ganz gewöhnlich war.
Aragorn kniff die Augen zusammen und verließ dann mit einem "Verzeiht" fluchtartig den Raum, Sam sah Nevturiel fragend an, doch sie sagte ihm, dass er sich keine Sorgen machen müsste.
Legolas folgte Aragorn mit schnellen Schritten, bis in sein Arbeitszimmer und trat dann langsam ein. Aragorn stützte sich auf seinen Tisch und fuhr sich unwirsch durch die Haare.
"Aragorn...", wollte Legolas anfangen, doch er wurde sogleich unterbrochen.
"Es ist nicht mein Tod, der mich erschauern ließ, so grausam er auch sein mochte. Es war deiner, Legolas."
Der Elb nickte und lächelte. "Nun Aragorn, was haben wir da eigentlich gesehen? Ist es überhaupt wichtig?"
"Ja, das ist es. Wir haben gesehen, was du getan hättest und so was darf nicht geschehen. Niemals."
"Aragorn, als ich da gerade in das Wasser geblickt habe, da habe ich, wie ihr alle auch, nicht nur gesehen, sondern auch gehört und gefühlt. Ich habe alles gefühlt, den Schmerz und die Angst und ich hätte nicht für möglich gehalten, dass die Angst mal mit solch einer Macht über mich kommen kann. Aber eines habe ich nicht gefühlt und das in keiner Sekunde." Legolas machte eine Pause und sah Aragorn fest an. "Ich habe nie Reue gespürt. Nicht mal in der letzten Minute meines Lebens habe ich es bereut was ich getan habe."
Aragorn schüttelte den Kopf. "Das mag sein, aber ich habe es bereut! Sehr sogar. So was darf nie passieren, ich will so was nie erleben!"
"Ich um ehrlich zu sein auch nicht, mellon nin. Aber hättest du es denn nicht andersherum auch getan?"
Aragorn sah ihn verblüfft an. "Ja, aber darum geht es nicht. Versprich mir, dass du es niemals tun wirst, egal, was geschehen wird!"
Legolas lächelte und fasste Aragorn an den Schultern. "Das kann ich nicht. Sollte je so etwas eintreten, dann werde ich es entscheiden. Erst dann."
"Aber du siehst doch, dass es nichts gebracht hat. Mein Ende war auch unumgänglich", beharrte Aragorn.
"Es wäre nicht so gekommen, wenn du auf mich gehört hättest und gegangen wärst, als ich es gesagt habe", gab Legolas zurück und Aragorn setzte einen resignierenden Blick auf.
"Du bist dem Zwerg in seiner Sturheit bald voraus", murmelte Aragorn.
"Ich weiß", gab Legolas lachend zurück und klopfte Aragorn auf den Rücken.
Sie gingen zurück und setzten sich schweigend wieder hin. Sie wurden aufmerksam gemustert, doch wie alle feststellten gab es keinen Grund zur Besorgnis.
"Aragorn, was Arwen da getan hat, hat sie wirklich nur aus Liebe getan. Mach ihr daraus keinen Vorwurf", sagte Nevturiel und Aragorn schüttelte ernst den Kopf.
"Ich weiß. Den einzigen Vorwurf, den ich ihr mache ist der, dass sie mir danach gefolgt ist. Das ist mein Leben nicht wert".
Nevturiel nickte. "Und was Lhunroth betrifft... Ihn müsst ihr nicht mehr fürchten. Genauso wenig seine Männer. Es geht keinerlei Gefahr mehr von ihm aus, das könnt ihr mir glauben. Nicht umsonst habe ich ihn ausgewählt um euch vor dem Feuer zu retten."
Niemand hatte noch etwas anderes geglaubt, aber sie nahmen Nevturiels Worte dennoch mit Freuden hin. Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile miteinander. Über Dinge, die sie gerade gesehen hatte, aber auch über entfernte Dinge aus der Vergangenheit, denn Nevturiel wusste nahezu alles über sie.
Am nächsten Tag verließ Nevturiel Minas Tirith. Alle hatten sich bei ihr mehr als genug bedankt und besonders Sam wollte gar nicht aufhören damit. Sie ritt in ihre Halle zurück und bewachte dort wieder das Rad der Zeit.
Die anderen machten sich nur zwei Tage später wieder auf den Weg zurück in ihre Heimat. Legolas und Gimli brachen wieder nach Düsterwald auf. "Ob wir jetzt da mal heil ankommen", brummte Gimli.
Gandalf wollte nach Rohan reiten, und die Hobbits freuten sich schon auf das Auenland. Nachdem sie sich alle herzlich voneinander verabschiedet hatten, ging jeder seiner Wege, doch blickten sie sich alle noch ein paar mal um, bis sie sich nicht mehr sehen konnten. Aragorn verfolgte ihre immer kleiner werdenden Gestalten von seinem Balkon aus und auch Arwen stand neben ihm.
"Ich liebe dich", flüsterte sie ihm ins Ohr und schmiegte sich an ihn.
"Glaub mir, das weiß ich", murmelte er und drückte sie ganz fest an sich. "Aber ich liebe dich noch mehr", sagte er schmunzelnd.
"Das ist nicht möglich", erwiderte sie lachend und folgte ihm hinein.
Legolas und Gimli erreichten nur wenige Wochen später den Düsterwald. Der Elb hörte sich geduldig Gimlis Maulen über seine Eile an. Der Zwerg bemitleidete sich selbst, weil er von Legolas so gehetzt wurde auf dem Weg. Legolas nahm es mit einem Lachen hin und bot ihm als Entschädigung ein richtiges Zwergenmahl mit Braten und Malzbier an.
Gandalf verbrachte den Winter in Rohan und begann im Frühjahr wieder mit seinen Streifzügen durch die Lande.
Die Hobbits erreichten das Auenland und trennten sich dort mit glücklichen Umarmungen, als sie alle in ihre eigenen Höhlen aufbrachen. Sam und Frodo kehrten zurück nach Beutelsend und wurden dort von R
osie
und den Kindern stürmisch empfangen. Die Kinder nahmen Sam
sofort Flocke ab und liefen mit ihr in den Garten zum Spielen.
Am
Abend blickte Sam gedankenversunken aus dem Fenster. Der Apfelbaum
war dabei seine Blätter zu verlieren und die Äpfel waren
fast alle fort.
"Hier hat alles angefangen", murmelte
Sam in Gedanken und merkte gar nicht, wie Frodo hinter ihm
stand.
"Ja, aber hier hört es nicht auf, sondern hier
geht es weiter", bemerkte Frodo und blickte ebenfalls nach
draußen.
"Es ist schön wieder hier zu sein",
sagte Sam und seufzte einmal laut.
"Es ist das schönste,
was es gibt, Sam", antwortete Frodo verträumt.
Die
Erinnerungen an den Brand verblassten bald und auch die Bilder aus
dem Wasser verloren bald ihre Schrecken. Keiner der Gefährten
dachte noch groß über das nach was geschehen war, denn es
war nichts passiert. Jeder war froh darüber noch Zeit in seinem
Leben zu haben und genoss jeden Tag. Nevturiel verfolgte oft ihr Tun
in dem See der Zeit. Sie beobachtete, wie die Leben der Gefährten
verliefen und sah mit Freuden, wie jeder seine ihm gegeben zweite
Chance so gut es ging wahrnahm.
