Kapitel 3: Staatsraison

"... und sei es auch nur für eine Nacht..."

Aragorns Worte hallten in Glorfindels Kopf, und als er die weichen Lippen seines Königs auf seinem Munde spürte, beschloss er, wach zu sein und sich der Morgenröte zu stellen, die sich in den blonden Locken seines Geliebten verfangen hatte.

"Ich liebe dich", murmelte der Elb verschlafen und zog Eomer in seine Arme.

Wortlos schmiegte sich der König der Rohirrim an den Elben und sog seinen Duft ein. Auch nach einem Jahr konnte er sein Glück kaum fassen und er umfasste den Noldo mit inniger Zärtlichkeit. Sein Elb. Seiner. Unausgesprochen, denn er hatte den Fehler nicht mehr gemacht. Es war einfach so, ohne ausdrücklich ausgeprochen zu werden. Das war sein Elb, seine Liebe, sein Freund, sein Gefährte.

Seiner.

Blaue Augen sahen ihn an und ließen tief in die alte Seele Glorfindels blicken. Und Eomer erkannte ganz im Inneren etwas, was er all die Wochen und Monate nicht gesehen hatte... Eifersucht.

Der König seufzte.

"Ich werde nicht drum herum kommen, mein Herz", hob er schließlich an, Glorfindels Gedanken lesend. "Es wird eine reine Staatsehe sein, nur einem Zwecke dienend..."

Glorfindel schloss seine Augen. "Und du wirst dein Kind gemeinsam mit ihr aufziehen, wirst sie mehr und mehr lieben für das, was sie dir geschenkt hat, und schließlich wird sie deine Königin sein... und ich-"

"Shhhhh.... sei ruhig, mein Liebling. Du weißt, dass es nicht so sein wird. Ich liebe dich. Doch ich werde es tun müssen. Aragorn hat es deutlich genug gesagt."

Glorfindel zog Eomer eng an sich und atmete tief und verzweifelt aus.

"Ich will es nicht", flüsterte er, "und doch muss ich dich lassen... doch bitte ich dich - warte noch ein Jahr ab. Bitte gib uns noch ein einziges Jahr. Und dann tue, was du tun musst."

Eomer lächelte und vergrub sein Gesicht in den blonden Locken seiner Liebe. "Ich bin noch jung, mein Herz. Und ich bin glücklich, weil ich bei dir sein darf und weil du bei mir bist. Ich bin Eomer Eadig, der, dessen Herz einem Elben gehört. Und das wird sich nie ändern, nie. Was auch immer geschehen wird."

Glorfindels Augen wurden dunkel, als er Eomer ansah.

Und dann liebte er seinen König... so, wie sie es das ganze Jahr über getan hatten... so, wie es Eomer angenommen hatte, so, wie es Glorfindel wollte... ohne dass Eomer jemals nachgefragt hatte, warum nur so, und ohne dass Eomer jemals anderes gefordert hätte.