Kapitel 4: Glorfindels Lächeln

Sie verbrachten den Tag zumeist in Schweigen.

Sowohl Eomer als auch Glorfindel vermieden es, das Thema anzusprechen, das ihnen so Sorgen bereitete. Der Vorschlag des Elben, ein Jahr zuzuwarten, fiel bei dem König auf mehr als fruchtbaren Boden, und so baute sich zwischen ihnen eine Stimmung auf, die zwischen reiner Liebe und purer Verzweiflung schwankte.

Glorfindel wurde zum ersten Mal mit der Tatsache konfrontiert, dass er nicht so einfach in ein Menschenreich gekommen war, wie er dies das erste Jahr über dachte. Alles war so gut gegangen, so überaus hindernislos... abgesehen von einigen Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem König der Rohirrim, doch dies war nicht von Belang, denn nie stand zur Frage, dass sie sich nicht liebten.

Und nun... diese drohende Wolke.

Ein Thronfolger.

Glorfindels Unsterblichkeit genügte nicht.

Es musste ein Mensch sein.

Ein kleiner, sterblicher Mensch.

Eomers Sohn.

Oder seine Tochter... Eomer war König, er konnte die Thronfolgeregelung ändern, wie es ihm beliebte.

Doch ein Kind des Königshauses musste es sein, und zwar ein Kind des Königs.

Ein Mal noch an diesem Tage hatte Eomer das Gespräch auf diese Frage gebracht, und er hatte vorgeschlagen, dass Glorfindel beim Zeugungsakt anwesend sein solle... doch Glorfindel hatte empört und mit gerötetem Gesichte abgelehnt. Nicht dieses. Dies wäre zu erniedrigend.

Nacht senkte sich über Rohan.

Und zärtlich strich der Elb mit den goldenen Locken über die bloße Haut seines Geliebten, als sie sich von des Tages Last in einer großen Wanne reinigten. Eng presste sich Glorfindel an seinen menschlichen Liebsten, und als er die Augen schloss, lächelte er.

`Liebe überwindet alle Ängste`, dachte er, und er entstieg der Wanne, reichte dem König ein Handtuch, trocknete sich selbst und führte Eomer zu ihrem breiten Bett, das mit verschlungenen Knoten in der Art Rohans verziert war.

Ehe Eomer wusste, wie ihm geschah, befand er sich in einem lange ersehnten Reich der Lust und der bislang nicht mit Glorfindel gekannten Seligkeit.

Noch nie hatte er ihn so lieben dürfen. Noch nie war er auf diese Art mit seinem Elben verschmolzen. Noch nie war er in den Körper seines Geliebten eingedrungen, und noch nie hatte er es gewagt, denn gleich in ihrer ersten Nacht hatte der Elb ihn gebeten, ihn nie auf diese Art zu lieben.

Noch nie.

Und heute... heute ward ihm Einlass gewährt in die Mitte seines Geliebten. Ohne Vorankündigung, ein Geschenk, von dem er nicht damit gerechnet hätte, es eines Tages doch zu bekommen.

Und in übergroßer Wonne verströmte sich die Liebe des Königs in dem, dessen Herz er hielt...

und Glorfindel lächelte.