Kapitel 8: Verdacht
Glorfindel war nach einer kurzen Phase ohne Bewußtsein wieder erwacht,. aber noch immer erschreckte Eomer die Blässe seiner Haut.
Die auch von sich auch schon helle, doch aber leicht rosige Haut des Elben schimmerte jetzt weiß wie Marmor. Sein Elb wirkt nun wirklich ätherisch und das machte Eomer Angst. Kurz nach dem Aufwachen hatte er leicht und müde lächelnd auf Eomers Befehl hin etwas Brühe getrunken und war dann in einen langen tiefen Schlaf gefallen, der von Eomer mit Argusaugen bewacht wurde. Mehr als einmal kontrollierte er, wie eine ängstliche Mutter bei ihrem Baby, die Regelmäßigkeit seiner Atmung und seinen Herzschlag.
Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Immer wieder ließ die Geschehnisse des Morgens durch seinen Geist wandern, um den Grund zu finden für die plötzliche Schwäche Glorfindels. Seine Worte. Sie ergaben wenig Sinn für ihn, aber er gestand sich ein, sich nie tiefer mit dem Glauben der Elben auseinandergesetzt zu haben. Was wusste er schon von ihren Gebeten?
Er wischte den Gedanken beiseite - damit hatte es nichts zu tun. Etwas bedrückte Glorfindels Seele - oder setzte seinem Körper zu, und er würde rausfinden, was es ist , das schwor er sich.
Ein leises Rascheln der Decken schreckte ihn schließlich aus seinen Gedanken und sein Blick fiel auf das lächende Antlitz Glorfindels. "Du bist wach." Glorfindel streckte sich und nickte, dann zog er Eomers Gesicht nahe an sich, sah in die besorgten grünbraunen Augen und ihre Lippen vereinten sich zu einem zaghaften Kuss, der rasch leidenschaftlicher wurde. "Guten Morgen, mein Liebster!" flüsterte Glorfindel, dem der überraschte, ja entsetzte Ausdruck in den Augen des Königs vollkommen entging.
Die weichen warmen Lippen löschten für einen Moment fast alle Sorgen aus. Eomer ließ sich in den Kuss fallen, gierig die Lebendigkeit Glorfindels Lippen genießend und lehnte sich über den Geliebten, ihn in die Kissen drückend. Ein leises Stöhnen des Elben aber brachte Eomer zu Besinnung. Er zuckte zusammen und löste sich ruckartig von Glorfindel.
"Oh Gott, es tut mir Leid. Wie geht es Dir? Du hast mich erschreckt." Seine Stimme war heiser und kratzig und zitterte leicht. "Was tut dir Leid? Und wieso hab ich dich erschreckt?" fragte Glorfindel verwirrt. Eomers Augen weiteten sich etwas. Er wusste es nicht? Sollte er ihn beunruhigen? "Du warst etwas schwach heute morgen." Dann lenkte er ab. "Wie geht es Dir jetzt?" Der Elb aus Imladris lehnte sich zurück in die Kissen und schloss halb die Augen, dann flüsterte er: "Ich bin so müde, Eomer... ich könnte gerade wieder schlafen... hab ich gestern viel Wein getrunken?"
Eomer strich ein paar Strähnen goldenen Haares aus der Stirn und zog die Brauen zusammen. "Nein", murmelte er, "nein, Du warst nicht betrunken. Alles war in Ordnung. Wir haben nur..." Er errötete und erst da fiel ihm auf, dass er eine Sträne des Haares noch hielt und versunken das seidige Gefühl zwischen Daumen und Zeigefinger rieb. Er lächelt, führte sie zu seiner Nase und atmete tief den zarten Duft nach Walderde und Blüten ein, den Glorfindel immer auszuströmen schien. Alles erschien ihm gerade unendlich wichtig und wertvoll, jede Kleinigkeit. Da merkte er, dass Glorfindel ihn mit seltsamem Gesichtsausdruck beobachtete und er errötete und ließ die Strähne von seinen Fingern gleiten.
Glorfindels Augen verdunkelten sich. Sein Geliebter benahm sich seltsam, irgendetwas musste vorgefallen sein. Nur... er konnte sich nicht erinnern. An gar nichts. Außer daran, dass er und Eomer - und plötzlich war Glorfindel klar, was geschehen sein musste. Nur, wusste es Eomer? Und, woher wusste er es? Was war geschehen, während er dachte, dass er schlief? Glorfindel beschloss zu schweigen und abzuwarten.
Noch konnte er es Eomer nicht sagen. Noch nicht.
Eomer sah, wie Glorfindel anhob, etwas zu sagen und es dann aber doch in sich verschloss.
Er hob die Finger, strich mit zwei Fingerkuppen zärtlich über den Mund, aus dem er sich eine Antwort erhofft hatte, eine Beruhigung seiner Angst. Dann wandte er abrupt den Kopf zur Seite, um seine aufsteigenende Tränen zu verbergen, erhob sich und sagte ohne einen weiteren Blick zu Glorfindel: "Ich werde nach einer Stärkung für Dich schicken!"
Er verließ den Raum, draußen lehnte er sich gegen Wand, denn sein Herz raste und er zitterte von einem entsetzlichen Gedanken, der ihm gerade gekommen war. Was, wenn alles seine Schuld war? Was, wenn sein Elb vor Kummer dahinschwinden würde... oder aus Scham davor, gegen seinen Willen genommen worden zu sein, von dem, dem er vertraute und liebte... von ihm, Eomer von Rohan...
