"Ein Squib...", Tante Branda hatte die Augenbrauen hochgezogen und las den Brief ein zweites Mal. Sie hatte Argus auf einen Stuhl in der Küche gesetzt und ihm Taschentücher gegeben. "Ich kann mir vorstellen, wie Miranda und Frederic reagiert haben. Sie waren ja so stolz auf ihren Sohn, der einmal ein großer Zauberer werden sollte." Sie seufzte und zog ein Blatt Pergament aus einem Stapel. "Jetzt werde ich deinen Eltern erst einmal schreiben, dass du bei mir bist. Sie machen sich sicher Sorgen." Argus gab einen erstickten Laut von sich. Tante Branda schrieb ein paar Zeilen, ging zu ihrer Eule und beauftragte sie, den Brief schnell zu Argus' Eltern zu bringen. Sie ging in die Küche und kam einige Minuten später mit zwei großen Tassen Kakao wieder.

Einige Stunden später öffnete sich die Tür und Argus' Eltern kamen hereingestürmt. Sein Vater lief auf ihn zu und wollte ihn umarmen, doch seine Mutter legte ohne Begrüßung los: "Argus! Komm her! Warum bist du weggelaufen?" Argus war aufgestanden und langsam zu seiner Mutter gegangen. Sie packte ihn am Arm und zog ihn zu sich. Ihre starke Hand drückte seinen dünnen Oberarm so sehr, dass er das Gesicht verzog und wieder zu Boden sah. "Sieh mich an, wenn ich mit dir rede! Und antworte gefälligst!" Argus versuchte ihr in die Augen zu sehen, doch das harte, eiserne Blitzen, das in ihren hellblauen Augen zu sehen war, schreckte ihn ab. Er begann zu stottern: "Ich, Mutter.." Tante Branda ging auf Miranda zu, legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte: "Miranda, lass ihn los. Es bringt nichts. Er weiß alles." Seine Mutter wurde blass und verschwand mit einem "Plopp".

Argus sah aus dem Fenster. Er saß neben seinem Vater in einem Zug, der sie zurück nach Hause bringen sollte. Frederic Filch hatte Angst vor dem, was Argus erwartete. Seine Frau hatte über seinen Kopf hinweg beschlossen, Argus nach Südfrankreich zu schicken. Dort sollte es eine Hexe geben, Madam Curie die solchen Problemkindern helfen konnte. Frederic war nicht davon überzeugt, dass es eine gute Entscheidung war, ihr einzigstes Kind an eine fremde Hexe in einem fremden Land zu geben. Eigentlich mochte er ihn so, wie er war.

Zu Hause angekommen stolperte Argus zuerst über eine große Tasche. Irritiert sah er seine Mutter an, denn er wusste noch nichts von seiner Reise nach Frankreich. "Miranda", sagte sein Vater "Bitte, lass uns noch einmal darüber reden!" Nun sah Argus zu seinem Vater. Früher hatte er nie versucht seine Mutter umzustimmen. Was hatten sie vor? "Nein Frederic, das Ticket ist schon bestellt, er wird morgen Abend nach Frankreich fahren. Keine Wiederrede." Seine Mutter lief in Richtung Küche davon und knallte die Tür zu. Argus sah seinen Vater mit großen Augen an, doch der schüttelte nur ungläubig den Kopf. Er ging in sein Zimmer, legte sich auf sein Bett und sah an die Decke. Was hatte seine Mutter von Frankreich gesagt? Hatte sie vielleicht gemeint, dass er nach Frankreich fahren sollte? Je mehr er nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass er gemeint war.

Am nächsten Abend standen die Filchs auf dem Bahnhof und warteten auf den Zug nach Südfrankreich. Als der Zug ankam trug der Vater ihm die Tasche in den Zug und stellte sie auf den Boden. "Pass auf dich auf", sagte er. Seine Mutter hatte sich nicht von ihm verabschiedet. Sie hatte ihm zwar viele Anweisungen gegeben, wie er sich zu verhalten hatte, aber die hatte er sich gar nicht alle merken können. Nun saß er im Zug und sah aus dem Fenster. In der Ferne flog ein großer Vogel mit ausgebreiteten Schwingen der untergehenden Sonne entgegen. Argus sah dem Tier nach, bis es nur noch als kleiner schwarzer Punkt zu erkennen war und schließlich ganz verschwand. Es wurde dunkel und Argus versuchte zu schlafen. Er war sehr aufgeregt. Er wusste nicht was ihn erwartete. Doch er sollte es bald erfahren.

Nach einer weiteren unruhigen Nacht kam er am späten Vormittag des folgenden Tages in Frankreich an. Ein Mädchen stand am Bahnhof. Sie war gekommen um ihn abzuholen. Ihr Gesicht war fast weiß, ihre Augen sehr klein und ausdruckslos. Sie hatte eine genaue Beschreibung von Filch erhalten und erkannte ihn sofort. "Komm mit", sagte sie mit gleichgültiger Stimme und ging los. Er zerrte seine Tasche hinter sich her und versuchte mit dem Mädchen Schritt zu halten. Das Mädchen musste etwa 12 Jahre alt sein. Sie lief sehr schnell und Argus stolperte fast über seine eigenen Füße. Sie drehte sich nicht um, schaute nicht, ob er hinterherkam. Sie lief auf eine Bushalte stelle zu und setzte sich auf die Wartebänke. Als Argus ankam kam gerade der Bus und sie stiegen ein. Die Fahrt dauerte sehr lange. Das Mädchen sah die ganze Zeit nur aus dem Fenster. Sie schien nachzudenken.

Eine Stunde später saß Argus auf einem Büschel Stroh, das auf dem kalten Boden eines Kerkers lag und hatte Tränen in den Augen. Kaum waren sie bei der Höhle angekommen wurde er schon einer alten, grauhaarigen Hexe übergeben, die genau die selben ausdruckslosen Augen hatte und genau so blass war wie das Mädchen. Die beiden wechselten ein paar Worte und die Hexe, Madam Curie, gebot ihm, seine Sachen zu nehmen und ihr zu folgen. Im Keller angekommen hatte sie seine Tasche nach verbotenen Dingen wie Spielsachen und Süßigkeiten durchforstet und ihn dann in diese kleine, kalte Zelle gesperrt. Dann war sie die Treppe hinaufgegangen und hatte ihn allein gelassen. Argus schlug mit der Hand auf das Stroh ein und weinte. Er war wütend auf seine Mutter, weil sie ihn hierher geschickt hatte, er war wütend auf seinen Vater, weil er sie nicht daran gehindert hatte und er war wütend auf die alte Hexe, die ihn hier unten gelassen hatte.

Einige Stunden später kam das Mädchen wieder und brachte ihm einen Teller, auf dem ein Kanten Brot lag und eine Schüssel mit Wasser. Argus sah verdutzt darauf und das Mädchen sage: "Abendessen" und ging die Treppen wieder nach oben. Argus trank das Wasser, doch den Brotkanten rührte er nicht an. Er lehnte sich an die Wand und weinte weiter. Bald war er eingeschlafen, doch bevor es Morgen wurde kam das Mädchen und weckte ihn. Sie befahl ihm mitzukommen und ging die Treppe hinauf. Total verschlafen folgte Argus ihr. Sie liefen die Treppe hinauf und gingen einen Gang entlang. Sie kamen in eine Kammer, in der Madam Curie schon auf sie gewartet hatte. Außer ihr waren noch 7 Kinder in dem Raum, sie mussten alle in Argus' Alter sein. Sie standen in einer Reihe und sahen die alte Hexe ängstlich an. Argus stellte sich hinten an. Die Hexe befahl dem ersten Mädchen vorzutreten. Sie machte einen zaghaften Schritt nach vorne. Die Hexe sagte einen Zauberspruch, das Mädchen zuckte zusammen. Langsam schwebte das Mädchen an die Decke. Plötzlich zog die Hexe ihr Zauberstab zurück und das Mädchen viel zu Boden. Sie schrie laut auf, stand aber bald wieder auf. Nun gebot die Hexe Argus einen Schritt nach vorne zu machen. Er zitterte am ganzen Körper, doch nach kurzem Zögern ging er, aus Angst vor der Hexe einen kleinen Schritt nach vorne. "Argus Filch. Er ist nun einer von euch. Argus, du weißt, dass du ein Squib bist, eine Schande. Hier werden wir aus dir einen echten Zauberer machen, wenn du stark genug bist." Bei dem Wort Squib zuckte Argus zusammen."Und nun weiter!" Einen nach dem anderen lies sie an die Decke schweben und dann nach unten fallen. Einige fielen wie Steine auf den Boden, schrieen auf und blieben für einige Zeit liegen, wieder anderen schien der Aufprall nicht viel auszumachen. Sie standen gleich wieder auf und gingen hinaus. Argus war der letzte, der noch im Raum war. "Argus", sagte die Hexe "Nun bist du an der Reihe. Jetzt werden wir ja sehen, wie viel Magie in dir steckt! Wingardium Leviosa" langsam erhob sich Argus vom Boden und schwebte zur Decke. Sein Kopf berührte fast die steinerne Decke, als die Hexe ihn plötzlich fallen lies. Argus schrie, verkrampfte sich, fiel zu Boden, stieß einen Schrei aus und griff sich an den Arm, auf den er gefallen war. Der Boden war hart, die Steine, aus denen er gemacht war, uneben. Tränen traten in seine Augen, die Schmerzen waren kaum zu ertragen. Er wimmerte, ihm wurde schwarz vor Augen. Er blieb liegen, Madam Curie verlies den Raum, ohne noch einmal nach ihm zu sehen.

Ein stechender Schmerz lies in einige Zeit später wieder aufschrecken. Er konnte sich nicht genau erinnern, was geschehen war. Er sah sich um, doch er konnte nicht viel erkennen, er sah alles verschwommen. Er versuchte sich aufzusetzen, sank jedoch wieder zurück auf den Boden. Er lag auf Stroh. Sie hatten ihn zurück in seinen Kerker gebracht. Er hatte am ganzen Körper blaue Flecken, die ihm das Aufstehen erschwerten. Er wusste nicht, wie spät es war. Er blieb liegen, bewegte sich nicht, versuchte die Schmerzen zu ignorieren. Auch als das Mädchen ihm wieder etwas zum Essen brachte, bewegte er sich nicht. Ihm war alles egal. Er wollte weg, raus aus dieser Höhle, zu seiner Tante. Doch das schien unmöglich.

Am nächsten Morgen wurde er wieder in aller Frühe geweckt und musste, trotz der blauen Flecken mitkommen. Er stützte sich an der Wand und taumelte die Treppe hinauf. Die Stufen schienen kein Ende zu nehmen. Die Abstände zwischen den Stufen kamen ihm riesig vor. Er stolperte oft, schlug sich mehrere Male den Kopf an der Wand an, doch irgendwann kam er oben an. Es drehte sich immer noch alles, doch Argus blieb stehen. Die anderen Kinder standen schon in einer Reihe vor einem großen Becken. Eines nach dem anderen wurde hineingeschmissen. Als Argus an der Reihe war, stolperte er ins Wasser. Mit kleinen Schockzaubern stieß Madam Curie ihn immer wieder hinunter. Er schnappte nach Luft, doch schon war er wieder unter Wasser. Kurz darauf kam er wieder an die Oberfläche, hustete und wurde schon wieder hinunter gedrückt. Er glaubte zu ersticken. Alles drehte sich, bald verlor er das Bewusstsein.

"Aus dir wird nie ein richtiger Zauberer!", Madam Curie hatte sich vor ihm aufgebaut und lies einen Wörterschwall auf ihn herab, von dem er nur die Hälfte verstand. Er atmete schwer und hatte die Augen geschlossen "Argus Filch, ich weiß, dass du wach bist! Du bemühst dich nicht genug! Oh nein, was sage ich! Du sträubst dich geradezu gegen alle Bemühungen, auch nur einen Funken Magie zu zeigen! Wir hatten bisher schon mehre solche Fälle und ich sage dir, sie sind alle nicht lange hier geblieben und was ihre Eltern mit ihnen gemacht haben, brauche ich dir gar nicht zu sagen! Und dir wird es nicht besser ergehen!" Wir werden dir noch eine Chance geben! Und jetzt komm mit." Als Argus nicht aufstand verpasste sie ihm erneut einen Schockzauber und Argus sprang unter Schmerzen auf und taumelte hinter ihr her. Das Mädchen, das die ganze Zeit daneben gestanden hatte lief hinter ihm her. Diesmal ging es nicht die Treppe nach oben, sondern nach unten. "Die anderen Kinder sind zwar schon ein bisschen länger da als du, aber sie haben viel früher Erfolge gezeigt. Schon bei der ersten Übung hättest du nicht so plump auf den Boden fallen dürfen! Keiner der anderen ist so lange auf dem Boden liegen geblieben! Du bist nicht nur faul, du bist auch noch wehleidig! Ich kann verstehen, warum deine Mutter dich loshaben wollte! Eine Schande! Du wirst jetzt hier bleiben." Unsanft beförderte sie ihn wieder an die Decke. Er erschrak, als sich plötzlich eiserne Handschellen um seine Handgelenke legten. Einen Augenblick später nahm Madam Curie den Schwebefluch von ihm und er baumelte von der Decke. Die beiden verließen den Kerker und gingen die Treppe hinauf. Argus sah ihnen nach. Er konnte nicht mehr weinen, die Schmerzen waren zu stark, nahmen ihm alle Kraft. Seine Handgelenke schmerzten. Bald verlor er das Zeitgefühl. Nach einer halben Ewigkeit kam Madam Curie wieder, diesmal ohne das Mädchen, und sah ihn kalt an. Wieder legte sie einen Schwebezauber auf ihn. Die Handfesseln lösten sich. Argus spürte nichts, er war wieder bewusstlos.

Argus drehte sich langsam zur Seite und verzog sofort das Gesicht. Er lag wieder in der Zelle mit dem Stroh. Ihm war kalt, er schmeckte Blut. Sein Arm tat weh. Er machte die Augen auf, doch er sah immer noch alles sehr verschwommen. Er blieb liegen, bewegte sich nicht mehr. Er wusste nicht, wie lange er so dagelegen hatte, konnte sich nur noch düster an den Kerker mit den Fesseln an der Decke erinnern. Je länger er so da lag, desto klarer sah er, doch auch die Schmerzen wurden stärker. Es gab kaum eine Stelle, die nicht weh tat. Er sah einen Stein an, der heller war als die anderen. Einige Zeit später kam das blasse Mädchen die Treppe runter und brachte ihm eine Schale mit Wasser. Er rührte sie nicht an. Sie stand zu weit entfernt und er wollte die Schmerzen nicht noch schlimmer machen, als sie eh schon waren. Er blieb liegen.

Er wusste nicht, wie lange er wach gelegen hatte, wie lange er geschlafen hatte. Ab und zu kam das Mädchen, brachte ihm einen Brotkanten oder eine Schale Wasser. Das Brot rührte er nicht an, doch das Wasser trank er. Seinen linken Arm konnte er vor Schmerz kaum bewegen. Auch sein linkes Bein tat weh. Im Gesicht, am Rücken und an den Armen hatte er Schrammen oder Wunden, auf denen sich langsam eine Kruste bildete. Argus wartete auf das Mädchen, doch sie kam nicht. Stattdessen kam Madam Curie und Argus wich sofort in eine Ecke des Kerkers. Madam Curie packte ihn am rechten Arm und zog ihn hoch. "Sofort fährst du nach Haus! Kein Funken Magie ist in dir! Du solltest dich schämen!" Sie lies Argus los, er fiel unsanft zurück auf den Boden. Langsam stand er wieder auf. Madam Curie befahl ihm, die Treppe rauf zu gehen. Er stütze sich an der Wand und hüpfte auf einem Bein Stufe für Stufe hinauf. Oben standen seine Eltern. Sein Vater sah ihn entsetzt an. Er nahm ihn auf den Arm und trug ihn, gegen den Willen seiner Mutter, zum Kamin. Sie reisten mit Flohpulver.

Zu Hause angekommen legte Argus' Vater ihn aufs Sofa. Seine Mutter schrie: "Argus, so etwas hätte ich nie von dir erwartet! Ich habe viel Geld bezahlt. Du hättest dich ruhig ein bisschen mehr anstrengen können!" Sein Vater schwieg und holte seinen Zauberstab. Zuerst schiente er sein Bein und den Arm, dann versorgte er die Wunden. Sofort ging es Argus besser.