Kapitel 2
Rückblick
Moria
„ Die Hobbits sind müde, wenn wir noch weitergehen ohne Rast zu halten, werden sie uns zusammenbrechen!"
„Wir können hier nicht zulange verweilen, es ist gefährlich.."
„Wenn es nicht sicher wäre, hätten die Zwerge nicht solange unter der Erde überlebt." Darauf bedacht, dass Gimli sie nicht hörte, senkte sie ihre Stimme, doch den energischen Klang verlor sie nicht. „ Hier unten sind wir wenigstens vor Orks und Größerem geschützt, diese Tatsache sollten wir für eine längere Rast ruhig ausnutzen, bevor wir wieder die Oberfläche erreichen, vertrau mir, nicht alle haben die Ausdauer eines Elben!"
„Na gut,wie du meinst, ich glaube dir, auch wenn ich etwas spüre, was mir Unbehagen bereitet, werde ich Aragorn zu einem längeren Verweil hier überreden." Sie schaute noch kurz Legolas hinterher, wie er in Richtung der Menschen davon ging, besann sich dann aber, nichts mehr zu sagen und gesellte sich lieber zu den Hobbits, denen die lange Dunkelheit deutlich ins Gesicht geschrieben war. Legolas musste doch wissen, dass sie am Ende ihrer Kräfte waren, warum wollte er dann um jeden Preis weiter? Ihr war klar, dass es nicht so sicher war, wie sie es vielleicht gesagt hatte, aber schließlich mussten sie auch an sich selber denken.
„Hier, Sam, trink dies, es ist elbisch und wird sich wie eine wohlige Wärme in deinem Innern ausbreiten."
„ Nein, Frau Élwen, die Flasche ist beinahe leer. Vor uns steht noch eine zu lange Reise, als dass ich wagen würde, den Rest zu trinken."
Élwen seufzte, er hatte Recht, der Vorrat an elbischem Wegbrot und Getränken, der besonders den kleinen Leuten oft wieder zu neuen Kräften verhalf, ging langsam aber sicher zur Neige. Wenn sie Moria hinter sich hatten, war Lorien ihr nächstgelegenes Ziel. Trotzdem hatten sie genug Zeit um einen Tag zu rasten, dann würden sie den Rest des Weges sehr schnell hinter sich bringen können. Aragorn erklärte sich einverstanden, auch wenn ihm ebenfalls nicht ganz geheuer war, aber nachdem ihm Élwen gebeten hatte, doch auf die Hobbits Rücksicht zu nehmen, blieben sie den Rest des Tages in dem Raum, der früher als Schlafgemach den Zwergen gedient hatte.
Die anderen schliefen noch tief und fest, als Élwen aufstand und ihr langes Krummschwert anlegte. Wie gern hätte sie ein Bad genommen um ihre braunen Haare zu waschen, doch das Wasser war sehr knapp, also legte sie ihre Locken nur hinter die Schultern und band das Deckhaar mit einem Lederband zusammen. Sie spürte, dass es bereits Tag sein musste und weckte vorsichtig Aragorn auf, dem es offensichtlich unangenehm war eingeschlafen zu sein.
Während des raschen Marsches an diesem Tag unterhielt sie sich mit Gandalf. Sie kannten sich schon seit ihrer Geburt und manchmal dachte sie, er existierte schon seit Beginn der Zeit. Als einer der Istari war er ein sehr oft und gern gesehener Besuch in Bruchtal und ihr ein enger Freund geworden. Er war einer der Wenigen, außer Aragorn und Legolas, der sie ebenso als Elbin als auch als Kriegerin sah und respektierte und nicht nur die Frau in ihr.
„Du weißt, dass dein Vater nur das Beste für dich will, Élwen. Er empfindet kein Mitleid mehr für die Menschen und sieht nicht ein, warum man ihnen helfen sollte."
„ Du kennst Elrond länger als ich, Gandalf. Er hängt zu sehr an alten Traditionen fest, ich bin mir sicher, dass er immer noch versucht, Arwen dazu zu überreden in den Westen zu ziehen. Die Meinungen, die nicht seinen eigenen entsprechen, hält er für falsch und nichtig. Er stellt sich als Hochelb über die gesamte Menschheit und meint über sie urteilen zu können."
„ Die Valar mögen vergeben, wie du über deinen Vater sprichst. Im Moment beherrscht noch die Wut über die geplante Verlobung deine Zunge, mein Kind. Aber das wird sich legen und deine elbische Vernunft wird wieder die Oberhand gewinnen. Ich weiß nicht, was du auf dieser Reise suchst, das musst du selber rausfinden, aber sie hilft dir nicht, Problemen aus dem Weg zu gehen, die nach einer Lösung verlangen. Du bist unsterblich, mein Kind, du kannst nicht auf ewig durch Mittelerde wandeln, ohne deinem Vater noch einmal zu begegnen."
Élwen musste schmunzeln, da Gandalf sie immer noch Kind nannte, obwohl sie nun schon seit fast 3000 Jahren als Elbin war. Ich habe soviel gesehen, ging es ihr durch den Kopf, obwohl ich noch nie weiter als Lothlorien gereist war. Wie lange muss ein Wesen leben um sich als weise bezeichnen zu können?
Gandalf schien wie so oft ihre Gedanken zu erraten. „ ich habe nicht die Fähigkeit, deine Zukunft zu sehen, wie sie dein Vater besitzt, aber ich glaube kaum, dass du noch über sie zweifeln wirst, wenn wir unsere Mission überstehen sollten." Mit einem sorgenvollen Blick schaute er nach rechts, wo sich eine Kammer auftat, in der ein einzelner Mondschein auf einen Podest fiel, als plötzlich Gimli mit einem Aufschrei hinein lief...
„Gandalf, neeeeein!!"
Sie spürte nichts, nicht den harten Griff Legolas, der sie mit aller Kraft nach draußen zerrte und auch nicht das Blut, dass ihr über den Arm lief.
Sie sah nichts, nicht den schreienden und zappelnden Frodo, der in Boromirs Armen lag und auch nicht die vielen orkischen Pfeile, die nur wenige Millimeter neben ihrem Auge in die Wand schlugen.
„Élwen, komm, los, raus, es ist zu spät!"
Sie bewegte sich nicht, kein anderer wäre in der Lage gewesen, sie da raus zu ziehen, nur Legolas elbische Kraft konnte sie vor sich her schieben.
Sie hörte nichts , nicht das markerschütternde Gebrüll der Orks, nicht das verhallende Dröhnen des Balrog, dessen Feuerschein immer noch in der Dunkelheit schimmerte.
„ Wir hätten nicht solange bleiben dürfen.", sagte Boromir mit einer verzweifelten Stimme und einem gewollten oder ungewollten seitlichen Blick auf Élwen, die es trotz ihrem Schluchzen hörte und die nicht versiegen wollenden, bitteren Tränen runterschluckte.
