Kapitel 26

Nachdem die Sonne aufgegangen war, standen sie auf und gingen mit einer letzten Umarmung zu ihren Zelten, um sich für den langen Ritt zu rüsten. Dies war das erste Mal, dass Élwen von ihren Gefährten getrennt war, unter anderen Umständen hätte sie nichts davon abhalten können, mit Aragorn, Legolas und Gimli unter die Erde zu gehen, aber hier war ihr Platz, an der Seite der Rohirrim, des Volkes Rohans, der Heimat ihrer Mutter und die ihres Herzens.

Sie blieb erstaunt stehen, da dieses Gefühl in ihrer Brust vollkommen neu und unerwartet für sie war. Die hellen Zelte, Pferde und Feuerstellen betrachtend, die Reiter, welche sich fertig machten und die Frauen des Hofes, die sich von ihren Gemahlen verabschiedeten, alles in Trubel ausbrechend, während vereinzelte Sonnenstrahlen auf Rüstungen und Waffen fielen, inmitten dieses Lagers stehend, fühlte Élwen nichts als Ruhe.

Nichts als selige und tröstende Ruhe...

Sie atmete tief die frische Morgenluft ein und lächelte, jetzt wusste sie, wie sich Krieger fühlten, die ohne Furcht vor dem Tode für ihr Land und ihre Liebsten starben. Auch sie war nun bereit dazu und die Wehmut, die ihr noch kurz zuvor die Brust zugeschnürt hatte, wich einer Leidenschaft, die sie zu allem bereit machte.

In ihrem Zelt traf sie Éowyn, die sie erwartungsvoll musterte. Élwen wusste nicht, warum, doch dann fiel ihr Blick auf ihr Feldbett, wo eine Rüstung Rohans auf sie wartete. Sie betrachtete das glänzende neue Leder und hob das Brustschild hoch. Genauso wie das Kettenhemd war es kleiner und zierlicher, als die massiven Rüstungen der breitschultrigen Rohirrim.

„König Théoden persönlich hat diese Rüstung für dich anfertigen lassen, Élwen, damit du als echte Rohirrim mit ihnen in den Kampf ziehst. Ich denke, Éomer hat mit ihm geredet...", hörte sie Éowyn traurig und leise reden, während sie immer noch mit den Fingern über das glänzende Metall fuhr. Sie ließ den Panzer zurück auf ihr Bett fallen, drehte sich zu Éowyn um und fasste sie an den Schultern. Tränen standen in den Augen der Freundin, Tränen der Wut und der Trauer, dass sie sie verlassen würden.

„ Und ich werde nicht die einzige Frau in diesem Heer sein...", flüsterte sie ihr verschwörerisch zu.

Élwen blickte an sich herunter. Sie hatte nicht viel Zeit zum Ankleiden gehabt, aber das Ergebnis sagte ihr zu. Über dem Kettenhemd und dem Brustpanzer, welche ihr wirklich wie angegossen passten, hatte sie ihren alten, dunkelroten Mantel angezogen, dass letzte Zeichen ihrer Abstammung, neben ihrem elbischen Äußeren und dem Krummschwert an ihrer Seite. Sie lächelte Éowyn an, die nicht wieder zu erkennen war, da sie ebenfalls wie ein Rohirrim gerüstet war, aber in einer Rüstung von oirginaler Größe, so dass niemand auf den Gedanken kommen würde, eine Frau vor sich zu sehen.

„Nimm Merry mit dir. Ich wünsche euch viel Glück..." Die beiden Freundinnen umarmten sich noch einmal.

„Pass auf dich auf, Éowyn..."

„Und du auf dich, Élwen."

Als sie das Zelt verließen, hatten sich Wolken vor die Sonne gedrängt und verdeckten das wärmende Licht. Was für eine passende Stimmung für solch einen Tag, dachte Élwen, während sie auf Faire stieg. Den Hals der Stute beruhigend tätschelnd, flüsterte sie ihr aufmunternd zu. Sie spürte die Nervosität des Pferdes.

„Wir passen aufeinander auf, Faire, fürchte nicht den Tod."

Der König ritt an ihr vorbei und blieb vor ihr stehen. In seiner Rüstung sah er majestätischer denn je aus und sie schenkte ihm und Éomer ein sanftes Lächeln.

„Meine Herrin, ihr wisst, dass ich euch nicht verbieten kann, mitzureiten, doch auch, wenn ich die Befugnis hätte...mein Gewissen und meine Ehre würden es mir untersagen. Ich bin stolz, dass ihr an unserer Seite als Rohirrim in diese Schlacht zieht."

Sie nickte ehrerbietungsvoll.

„Ich danke euch, mein König.", neben Éomer reihte sie sich ein und drehte nur noch kurz den Kopf, um gerade noch mitzubekommen, wie Merry plötzlich von einem Reiter aufs Pferd gezogen wurde und unter einem Mantel verschwand. Als sie Dunharg verließen, dröhnten Élwens Ohren von dem Donnern der zahlreichen Hufe, sie wusste, dass sie nur eine kleine Streitmacht darstellen würden, aber mit an der Spitze galoppierend dankte sie den Valar, daran teilhaben zu dürfen.