Kapitel 34

Die Kraft kehrte schnell in Élwens Körper zurück. An jenem Tag schickte sie Éomer in sein Gemach, damit er sich ausruhen konnte. Nachdem sie ihm versicherte, dass es ihr wieder vollends gut ginge, hörte er auf zu protestieren und holte sich seinen wohlverdienten Schlaf.

Ioreth brachte ihr Mittagessen, doch Élwen wollte sich erst anziehen und ihre Schwester und Aragorn suchen. Sie fand die beiden in der Thronhalle zusammen mit Gandalf, ihrem Vater und einem gondorianischen Hauptmann. Sie staunte nicht schlecht, als sie die große Steinhalle erblickte, die ihr vorher kalt und leer vorgekommen war und nun nur so vor Leben sprühte. Menschen mit glücklichen Gesichtern begegneten ihr und verbeugten sich im Vorbeigehen.

„Arwen!" Ihre Schwester stand an Aragorns Arm mit dem Rücken zu ihr und als sie Élwens Stimme vernahm, drehte sie sich strahlend um. Sie liefen aufeinander zu und fielen sich in die Arme. Ein Jahr lang hatten sie sich nicht gesehen und auch wenn diese Zeit für Elben nichts bedeutete und ihre mentale Verbindung nie geendet hatte, mildern tat es nicht die Freude ihres Wiedersehens, dass an solch einem dünnen Faden gehangen hatte.

„Meine Schwester, ich wusste, dass dich adar nicht daran hindern würde, dass zu tun, was du willst. Das liegt bei uns im Blut..."Die tiefe Stimme Arwens hatte einen ungewohnten heiteren Unterton. Élwen betrachtete ihre Schwester. Sie hatte noch nie so schön ausgesehen. Das Glück stand ihr ins Gesicht geschrieben und ein warmes Strahlen hüllte ihre Aura ein.

„Ich bin froh, dich vor mir zu sehen, Arwen, ich hatte Angst um dein Wohlergehen, aber du siehst wundervoll aus."

Arwen lächelte kurz.

„Das Glück lässt mich strahlen. Denn nun werde ich den Bund mit Aragorn eingehen."

„Das ist wunderbar.", Élwen drückte sie ein letztes Mal, bevor sie zusammen sich dem Thron näherten. Sie begrüßte ihren Vater und umarmte freudig Aragorn und Gandalf.

Aragorn sah majestätisch aus in der gondorianischen Tracht, die er trug, so dass Élwen nicht anders konnte, als eine Verbeugung vor dem König anzudeuten. Doch er fasste sie schnell an den Schultern.

„Nein, nein, Élwen. Erstens verbiete ich es meinen Gefährten, sich vor mir zu verbeugen und zweitens bin ich noch nicht offiziell König."

„Wann findet die Krönung statt?", fragte sie und Gandalf antwortete.

„Wir erwarten, dass Frodo heute noch aufwacht. Nach dieser Besprechung werden wir uns auf dem Weg zu ihm machen. Die Feierlichkeiten beginnen in zwei Tagen und werden drei Tage dauern. Am ersten Tag wird Aragorn gekrönt und am zweiten heiratet er seine Königin."

„Schon in zwei Tagen? Was ist mit dem Gefolge, dass länger hierher braucht, die Elben Düsterwalds und die Herrin Galadriel?"

„Du hast vergessen, dass du ein paar Tage verpennt hast, Élwen!", dröhnte Gimli hinter ihr. Er und Legolas hatten gerade den Thronsaal betreten. Nachdem sie Legolas begrüßt hatte, duckte sie sich, um Gimli kurz an sich zu drücken.

„Gut siehst du aus, meine Liebe, welche Medizin hat dir besser geholfen, die deines Vaters oder Éomers?", rief er mit einem Zwinkern.

„Beide haben zur Genesung beigetragen, Herr Zwerg.", erwiderte sie mit einem Schmunzeln.

„Kommt nun, Frodo soll doch bekannte Gesichter sehen, wenn er aufwacht.", unterbrach Gandalf sie und winkte zum gehen.

Als sie die Häuser der Heilung betraten, sprang Merry Élwen entgegen. Über die Freude, den Hobbit unversehrt vorzufinden, musste sie sich eine Träne wegwischen. Pippin fuhr sie kurz durch die Haare, bevor sie sich an den Hobbit an seiner Seite wendete. Sam war furchtbar abgemagert und seine Haut schimmerte, abgesehen von ein paar roten Kratzern, fast so weiß wie der Marmor der Stadt. Élwen kniete sich nieder und neigte den Kopf.

Sam fühlte sich sichtlich unwohl und stotterte.

„Meine.. meine Herrin...".

Doch als sie wegen der unangebrachten Höflichkeit zu lachen anfing, taute auch er auf und fiel kurz darauf in ihr Lachen ein.

Trotz seiner Blässe war die Haut warm, als sie ihm die Hand kurz auf die Wange legte. Bei vielen Wesen brauchte sie keine Worte, um ihre Freundschaft kund zu tun und dies galt auch für den Hobbit.

Gandalf fragte Sam nach Frodos Befinden.

„Oh, ich glaube, er wacht jeden Moment auf, Gandalf, seine Lider zuckten eben schon ein wenig."

Auch Élwen sah die Bewegungen des schlafenden Hobbits.

„Schaut, Frodos Geist scheint von uns angelockt worden zu sein..."

Tatsächlich schlug er einige Augenblicke später zaghaft die Augen auf. Den ersten, den er wahrnahm, war Gandalf, welcher an seinem Fußende stand und mit einer Geste auf die restlichen Besucher zeigte. Langsam wurde sich Frodo bewusst, dass er nicht tot war und seine Freunde ebenso wenig. Um sich dessen bewusst zu sein, nannte er sie beim Namen und die ein oder andere Träne lief nicht nur Élwen die Wange herab.