Noch völlig fasziniert von den Bildern des Filmes streckte sich Lucas durch. Er war zu Ende und das Licht im Saal ging an. "Und wie fandest du ihn, Tony?", fragte er und wandte sich gleichzeitig zur Seite, doch da saß niemand. Genausowenig wie auf dem Platz neben Bridger. Der Captain blickte ebenfalls ratlos auf den leeren Stuhl.

"Oh nein.", stöhnte Angie auf. "Wahrscheinlich müssen wir ihn jetzt aus dem Gefängnis abholen. Oder kannst du mich irgendwie nach Hause bringen.", fragte sie schüchtern an Lucas gewandt. Der war von der Frage völlig überrumpelt, denn bis gerade eben reichte seine Vorstellung noch dazu, dass er Ben mit Blessuren übersäht zu Bridgers Insel schleifen musste.

"Lasst uns die beiden erst einmal suchen gehen." Der Captain erhob sich und winkte die beiden Teenager zu sich. Oritz befand sich bereits auf dem Weg nach draußen. Sie quetschten sich an den ausströmenden Personen vorbei und suchten im Vorraum die beiden Vermissten. Keiner konnte sie sehen.

"Das hat so keinen Sinn!", sagte Miquel. "Selbst wenn sie hier sind, dann sind noch viel zu viele Leute hier, als dass wir sie auf die Schnelle finden und auseinander bringen können."

"Sie glauben doch wohl nicht wirklich, die beiden prügeln sich?", zweifelte der Captain.

"Oh doch, wenn Tony einmal wild gemacht wurde, dann bringt ihn nichts davon ab.", bestätigte Angie. Solange sie Lucas nicht direkt ansah oder sich seiner Anwesenheit nicht völlig bewusst war, konnte sie durchaus sprechen. Leider hatte sie auch das Gefühl ständig in ein Schweißbad auszubrechen, wenn seine wunderschönen Augen auf sie fielen.

Der Teenager sah sie aber nicht an, sondern kaute auf seiner Unterlippe herum. "Ben ist auch jemand, der sich durchaus mit jemanden schlagen würde."

"Und ihr zwei seid euch wirklich sicher, dass er demnächst wieder auf die seaQuest zurück kommt?"

Synchrones Nicken von Lucas und Oritz bestätigte die Frage Bridgers. Leicht verzweifelt seufzte der ältere Mann auf. Das konnte ja eine tolle nächste Fahrt werden.

"Dann lasst uns raus gehen und warten bis sich der Raum hier geleert hat. Danach können wir die beiden immer noch suchen." Die drei vor sich her schiebend verließen sie das Kino durch die Glastür. Sehr weit mussten sie aber nicht gehen, denn sie wären beinahe über die Gesuchten gestolpert, die sich mit einem Mal wirklich bestens verstanden.

"Schade, dass ihr jetzt eine neue Ärztin habt, die letzte hat manchmal ihre Experimente in den Kühlschrank in der Kombüse gestellt und ich muss sagen, das war durchaus lecker."

"Wenn man mal von der kleinen Magenverstimmung absieht, die sie nach einem dieser Experimente bekommen haben.", sagte hinter Ben eine wohl vertraute Stimme. Er sprang auf, als würde er salutieren wollen. "Captain? Ich, ... wir... also... Der Film war nicht so ganz nach meinem Geschmack und wir haben uns mal kurz von distanziert."

"Der Film war einsame spitze, Ben!", sagte Lucas. "Du bist doch gleich zu Anfang raus, wie kannst du da sagen, der war nicht gut?"

"Ganz ruhig, Jungchen. Ich kann ihn mir ja jederzeit wieder ansehen."

"Und wie? Wir müssen morgen Abend auf dem Boot sein. Bis dahin schaffst du das nicht mehr mit dem Kino." Oritz verschränkte die Arme vor der Brust.

Krieg ertappte sich dabei zu einer Antwort ansetzen zu wollen, doch da vor ihm Bridger stand, der von dieser nicht so begeistert sein könnte, verschloss er schnell den geöffneten Mund wieder. "Was soll's? Ein neuer Landurlaub kommt bestimmt bald."

Lucas musterte seinen Freund mit zusammen gekniffenen Augen.

Tony war zu Angie gegangen, die seit sie aus dem Gebäude gekommen waren, nicht mehr aufhörte Lucas anzustarren. "Gehen wir jetzt dann noch zum Bowlen? Ich habe die Bahn gemietet und möchte die nicht einfach so ungenutzt lassen."

"Hach, genau!" Ben sprang die wenigen Stufen auf den Gehweg hinunter. "Lasst uns los gehen, der Meister der Strikes wird euch beibringen, wie man richtig spielt." Er ging bereits los.

"Die Bowlinghalle liegt in der anderen Richtung.", erwähnte Picollo mal kurz, da er das Gefühl hatte, seinem neuen Freund ein wenig Nettigkeit entgegen zu bringen.

"Klar, das habe ich gewusst. Wir haben ja zuvor noch drüber gesprochen in welche wir gehen wollten. Was ist nun? Wieso steht ihr alle da oben so rum? Komm mit, Lucas! Wird Zeit, dass dich mal jemand in das Leben einführt." Er packte den Teenager am Arm und zerrte ihn mit sich. "Du musst jetzt ganz stark sein, denn was ich dir zu sagen habe, könnte ein schlimmer Schock für dich sein. Also: Computer und Delphine sind nicht das Universum, sondern das hier, was du gerade erlebst. Es tut mir so leid, dass du es auf die Art erfahren musst, aber besser von mir als von jemand anderem. Aber sieh es auch von der guten Seite. Ich bin derjenige, der dich in die Geheimnisse einweihen wird und auf dich aufpasst!"

Kopfschüttelnd folgten die anderen ihnen. Bridger konnte sich ein Lächeln einfach nicht verkneifen. "Sie beiden haben nicht zufällig die Bar des Kinos leer getrunken, während wir uns den Film angesehen haben?", fragte er an Tony gewandt.

"Nein, wir haben keinen Schluck genommen. Wir sind Anfangs kurz aufeinander los gegangen, dann war es aber doch interessanter zu erfahren, was ..." Er unterbrach sich schnell. Man konnte schließlich nie wissen, was dabei raus kam wenn man sich in Gegenwart des Captains verplapperte.

Nathan rollte innerlich mit den Augen. Die zweite Person, die sich zusammen riß, um sich nicht zu verraten. Das konnte ja eine gute Zeit werden, jetzt da er die zwei gemeinsam an Bord hatte. Picollo war um einiges handlicher als Krieg gewesen, doch er wusste nicht, wie sich das alles noch ändern konnte.

Nicht unweit des Kinos entfernt überquerten sie die Straße. Galant spielte Ben ganz den großen Gentlemen und hielt Angie die Glastür auf und auch für alle anderen.

Tony stieg die Wendeltreppe voran, hinab. Im ersten Stockwerk führte eine Tür in eine Billardhalle und im zweiten waren die Bowlingbahnen. Das hohle Geräusch, wenn die Kugel auf die Kegel traf, erfüllte den Raum. Fast alle Bahnen waren besetzt. Von Teenagern bis zu älteren Gesellschaften, war alles vertreten.

Mehrere Tische standen zwischen dem Eingang und den Bahnen. Hier und da hatte sich eine Runde von Poker spielenden Männern eingefunden, die nebenbei ein Bier tranken und sich von den Wischmopp, auch Ehefrau genannt, in dieser Umgebung erholten.

Rechts vom Eingang standen vor der Bar zwei Billardtische hintereinander, doch beide waren im Moment besetzt. An der einen Wand der Bar hingen zwei Automaten, an denen man sein Glück versuchen konnte.

Die neu angekommenen Besucher interessierten sich aber nicht für die anderen Arten der Beschäftigung. Tony huschte sofort zu der größeren Theke links vom Eingang und nannte seinen Namen.

"Hey, kommt her! Wir brauchen noch Schuhe.", rief er den anderen zu, die alle nur da standen und dem Treiben zu sahen.

"Am besten sie nehmen eine Nummer kleiner, die Schuhe fallen recht groß aus.", sagte der Mann hinter der Theke zu ihnen. Somit ließ sich jeder Schuhe in einer kleineren Größe geben.

"Warum erwische eigentlich immer ich die, die überhaupt nicht zusammen passen?", fragte Lucas und sah dabei auf seine beiden Schuhe, die zwei verschiedene Farben hatten. "Na ein Glück, dass keiner mit einem Fotoapparat rum läuft."

Ein Aufblitzen nicht unweit von ihm, ließ ihn hoch schrecken. Sichtlich erfreut über diesen tollen Schnappschuss, ließ der Captain seine Kamera in die Tasche zurück gleiten. "Ich würde sagen, zu früh gefreut, mein Junge."

"Das wird bestimmt ein tolles Bild. Du hast gerade so richtig schön blöd geguckt. Das glaubt uns kein Mensch, wenn wir das Foto jetzt nicht hätten. Nimm's locker! Mit etwas Glück erwischen wir den Captain, wie er gerade auf der Bahn ausrutscht." Aufmunternd klopfte Miquel ihm auf die Schulter, bevor er Tony hinterher machte, der anscheinend von dem Mann hinter der Theke erfahren hatte, welche ihre Bahn war.

"Ganz große Klasse!", stöhnte Lucas auf.

Ganz in seiner Nähe stand Angie. Sie machte einen unsicheren Eindruck.

"Alles in Ordnung?", fragte er sie. Er hätte es lieber sein lassen, denn wie es schien, brach sie in dem Moment in starken Schweißausbrüchen aus.

"Äh, wie.. ja klar, ähm..."

"Sicher?", hakte er dennoch nach. Man konnte ja nie wissen. Am Ende war gar nicht er der Grund für ihre Nervosität.

"Mir glaubt das bestimmt keiner, aber ich habe noch nie gebowlt."

Lucas legte den Kopf leicht schief. "Das ist doch kein Problem. Als ich das erste Mal gespielt habe, bin ich gleich zweiter geworden. Sieh einfach genau zu wie ich das mache, dann solltest du keine Probleme haben. Nur nicht nervös werden, dafür gibt es keinen Grund. Es gibt schlimmere Sportarten, bei denen ist es nicht so einfach, das erste Mal zu verbergen." Er schenkte ihr ein siegessicheres Lächeln.

Angie errötete wie ein überreifer Apfel und drehte sofort ihr Gesicht in Richtung der Bahnen. Die beiden hatten die anderen aus den Augen verloren.

"Mist, jetzt sind die einfach ohne uns abgezischt." Mit den Schuhen in der Hand lief er langsam die Halle nach links ab, denn auf dieser Seite waren die anderen verschwunden. Ganz dicht hinter ihm folgte Tony's Cousine.

Sie hatten die vorletzte Bahn am linken Ende. Die anderen waren gerade dabei sich die Schuhe anzuziehen.

"Wo bleibt ihr denn?", fragte Tony sie. "Wenn ihr zwei unbedingt allein sein wollt, dann verabredet euch ein andern Mal, heute ist ein Bowlingabend und wir bilden zwei Teams! Ben ist in meinem!"

"Ach echt?", fragte Krieg ihn.

"Klar, du bist doch mein neuer Kumpel!"

"Ich glaube da haben sich zwei Kumpels gefunden.", lächelte Bridger in sich hinein. Er konnte es nicht fassen, welch eine Wendung dieser Abend genommen hatte. Eigentlich wollten sie nur ins Kino gehen und sehen, wie sich das alles letztendlich entwickelte und nun standen sie hier in einer Bowlinghalle bereit, gleich ein paar heiße Kugeln über die Bahn zu werfen. Er stand auf. Die Schuhe passten. Neben ihm warf Lucas seine Jacke auf den Sitz. Er nuschelte etwas verächtlich von Tony und seine Witze, bevor er sich hinsetzte und ebenfalls daran machte, die Schuhe zu wechseln.

"Soll ich für dich auch eine Kugel suchen gehen?"

Lucas sah auf. "Was? Ach so, nein, das mache ich lieber selber."

"Sind sie ein guter Bowler, Captain?", fragte Krieg.

Nathan drehte sich zu dem Versorgungsoffizier herum. "Ich würde mich eher als Durchschnitt bezeichnen denn als gut. Außerdem habe ich schon eine ganze Weile nicht mehr gespielt." Er trat an Lucas vorbei und suchte in den angrenzenden Regalen, die zwischen den Bahnen und den Sitzplätzen standen, eine für ihn geeignete Kugel.

"Und du, Lucas?", fragte Ben weiter.

"Die Antwort vom Captain passt fast haargenau auch auf mich zu."

"Dann bist du noch mit in unserem Team, Oritz!", bestimmte Tony und setze sich hinter das Schaltpult, um die Namen der beiden Teams in den Computer einzugeben. Vorher würden sie nicht anfangen können.

Schüchtern trat Angie zu der anderen Seite. Sie wusste ganz genau, warum ihr Cousin sie nicht in seinem Team haben wollte. Weshalb auch? Ihr war es nur recht, so nah und so viel bei ihrem Schwarm sein zu können, wie nur möglich.

Bridger kam mit einer roten und einer grünen Kugel zurück. "Zwei Schuss und zwei Kugeln. Ich habe was für mich."

Der Teenager verzog leicht das Gesicht. "Ach stimmt, das ist ja nicht so einfach, da was zu finden. Hoffentlich haben die was, bei dem ich mir nicht die Finger breche. Mein Arm ist noch mehr als lädiert."

"Stimmt, kannst du mit dem Arm überhaupt spielen?" Der Captain setzte sich auf den zweiten Stuhl, der direkt auf die Bahn zeigte und gegenüber des Computers war. "Der ist doch immer noch gebrochen."

"Das geht schon, das soll echt nicht das Problem sein. Notfalls hau ich mit links die Kugel über die Bahn."

Besorgt sah ihn Bridger weiter an und auch Ortiz blickte zu ihnen herüber. "Ist das gut mit einem gebrochenen Arm ein solches Gewicht zu heben, wie die Kugeln teilweise haben?"

"Ich denke nicht. Leider habe ich auch nicht daran gedacht, als wir hierher gekommen sind." Nathan ärgerte sich selbst über seine Nachlässigkeit.

Lucas saß da und verstand die Welt nicht mehr. "Soll das heißen, ich habe mir jetzt umsonst die Schuhe angezogen und mich auf eine Partie gefreut? Ihr verbietet mir zu spielen, weil mein Arm noch nicht ganz verheilt ist?"

"Verbieten will ich es dir nicht, aber ich halte es nicht für sonderlich gut. Schließlich ist er noch nicht ganz zusammen gewachsen und ich weiß nicht wie der Bruch aussah. Außerdem bin ich kein Arzt.", sagte der ältere Mann ihm gegenüber. Die beiden Kugeln legte er vorsichtig auf den Boden, damit er sie nicht die ganze Zeit im Arm halten musste.

"Soll ich schnell Dr. Westphalen anrufen und mir ihr Okay holen?"

"Lieber nicht, das kommt nur alles wieder zu mir zurück.", meinte Bridger.

"Außerdem kann er nicht einfach so aussteigen!", ging nun auch Tony dazwischen. "Das ist doch dann nicht mehr fair. Wir müssen drei gegen drei sein, anders ist das nicht ausgeglichen."

Nathan zeigte auf Angie und dann auf sich. "Wir zwei könnten doch für Lucas, falls es nötig ist, einspringen."

"Ne, auf gar keinen Fall, Captain!", sagte Ben. Er war mit diesem Vorschlag überhaupt nicht einverstanden. "Das ist dann ja wieder nicht ausgeglichen. Was ist wenn sie oder die Kleine ziemlich gut sind? Das macht doch dann einen enormen Vorteil aus! Lucas, was ist? Meinst du, du kannst spielen?"

"Ich habe die ganze Zeit über kein einziges Mal daran gezweifelt! Ihr seid diejenigen, die hier Panik schieben und da das nichts bringt, gehe ich mir jetzt eine Kugel suchen!" Er stand, jede weitere Diskussion von sich weisend auf. Angie folgte ihm, auf einen Wink von seiner Hand.

"Am besten versuchst du es mit einer Achter Kugel, die sind die leichtesten."

Sie sah ihn total verstört an. "Da sind Zahlen auf den Kugeln. Du musst gucken, ob deine Finger in die Löcher passen, ist das nicht der Fall, musst du eine andere Suchen. Je nach Farbe sind die Löcher verschieden groß. Manchmal muss man leider auf eine höhere Zahl aus weichen, weil die Löcher einfach überall zu klein sind. Ich frage mich manchmal echt, wie Leute mit dicken Fingern das machen. Meine sind ja recht dünn und ich habe schon Probleme."

Suchend streifte sein Blick durch die Regale. Hier und da holte er eine heraus und probierte mit seinen Fingern, ob die Löcher passten für diese. Es dauerte nicht lange und er hatte auch zwei geeignete gefunden. Dann half er Angie, die noch Probleme hatte.

"Muss ich auch zwei nehmen?"

"Nein, das macht man normalerweise nicht, aber ich hasse es blöd rum zu stehen, während ich darauf warte, dass meine Kugel zurück kommt."

Als auch sie mit entsprechenden Kugeln ausgerüstet war, kamen sie zu den anderen zurück. "Wir haben dich als ersten Spieler eures Teames eingesetzt.", verkündete Ben ihm.

"Wieso ich?"

"Frag lieber nicht. Die haben das nach Papier, Schere, Stein entschieden. Ich bin auch der erste, weil von den beiden Feiglingen keiner wollte.", sagte Miquel mit einer leicht gehobenen Augenbraue. Die beiden Teams würden immer abwechselnd spielen. Zuerst einer aus Lucas' Team und dann einer aus dem von den beiden neuen Busenfreunden.

Wie ein Dackel folgte Angie ihm zu der Vorrichtung, kurz vor der Bahn, an der die Kugeln wieder zurück befördert wurden, nachdem sie in den kleinen Schacht hinter den Kegeln gefallen waren. Sie legten beide ihre Kugeln hinein und wollte zurück gehen, als Ben pfiff und ihm ein Zeichen gab stehen zu bleiben. "Du kannst gleich los legen!"

Etwas verdutzt sah er zu Bridger. "Probier' einfach mal wie das mit deinen Arm geht und falls nicht, dann werden ich oder Angie für dich einspringen."

Auf gar keinen Fall, dachte der Teenager sich. Wie schnell würde er wieder dazu kommen zu bowlen? Notfalls musste die linke Hand ran, wozu hatte er denn zwei Arme, wenn die sich nicht bei der Arbeit mal abwechseln konnten? Also nahm er seine Kugel wieder auf. Er stellte sich vorne an die Linie, fixierte eine Bahn und holte Schwung. Die Kugel rollte schief und erwischte nur zwei Kegel an einer Seite. Buh – Rufe von der Tony-Ben-Fraktion war sein Applaus.

"Wie freundlich! Ich werde mich dran erinnern, wenn einer von euch dran ist." Grinsend holte er sich die zweite Kugel. Bis jetzt machte sein Arm noch gut mit und er hatte auch keine Schmerzen. An der Linie wartete er bis die Kegel von der Maschine, bis auf die zwei umgeworfenen, wieder standen, dann machte er das selbe Spielchen wie zuvor. Suchte sich eine Bahn, schwang den Arm und setze die Kugel langsam auf der Bahn ab.

Dieses Mal rollte sie in der Mitte, doch es fielen nicht alle Kegel um. Vielleicht hätte er mit mehr Schwung gleich einen "Spare" schaffen können. Alle Kegel bei der zweiten Runde umzuwerfen. Nun zeigte sein Punktekonto acht.

Zufrieden mit seiner Leistung kam er zu der Sitzecke zurück.

"Alles in Ordnung?", fragte ihn der Captain sofort.

"Ging alles glatt. Keine Probleme!"

Nun war Oritz dran. Er versaute seinen ersten Wurf sofort, denn als er Schwung holte, setzte er die Kugel unglücklich auf der Bahn auf und sie rutschte in die Rille, neben der Bahn. Bei dem zweiten Wurf erwischte er nur sechs Kegel. Lucas' Team war somit in Führung. Bridger war der nächste und das wäre beinahe ins Auge gegangen, denn als er Schwung holte, flutschte ihm die Kugel von den Fingern und rollte auf Lucas zu, der zum Glück mit Angie nicht zu weit vorn saß.

"Das tut mir leid! Ist auch nichts passiert?", fragte Nathan besorgt, als er zu ihnen eilte.

Der Teenager übergab ihm die Kugel. "Alles in Ordnung, aber die Bahn liegt da vorn und nicht hier hinten."

"Sind sie sicher, genug Kraft zu haben?", fragte Krieg mit einem bösen Grinsen.

"Für sie immer, Lieutenant! Sie wissen doch, sie müssen ganz vorsichtig mit mir sein, denn es könnte sich auf ihre Beziehung zu mir auswirken und ich denke nicht, dass ihnen das gut tun würde, wenn wir wieder auf dem Boot sind."

Sofort verstummte der Mann und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

"Muss man Anlauf nehmen?", fragte Angie ihn flüsternd, als Bridger sich bereit machte seinen ersten Wurf zu wiederholen.

"Nein, und schon gar nicht als Anfänger. Du hast doch gesehen, ich selbst werfe wie ein langweiliger Sportmuffel, aber leider ist das recht erfolgreich. Zumindest komme ich ganz gut damit klar. Bei Anlauf kannst du leicht übertreten und die Kugel nicht so recht plazieren. Ich muss zielen können, das kann ich nicht, wenn ich das mit Anlauf mache." Er konnte ein Grinsen nicht verkneifen, weil er an etwas denken musste, was bei einem Bowlingabend mit seinen Freunden passiert war. "Außerdem hat es mich dabei mal geschmissen, seit dem nehme ich vom Anlauf lieber Abstand."

Sie nickte. Jede Information war wichtig für sie, denn ihre Feuerprobe rückte immer näher.

"Bloß sechs.", ärgerte sich der Captain. Er winkte eine Kellnerin zu ihnen. "Wollt ihr beiden auch etwas? Ich lade euch ein."

"Cola!", verlangte Lucas sofort und Bridger bestellte Wasser für ihn. "Du trinkst das Zeug einfach zu oft. Wusstest du, dass man damit sogar Rost entfernen kann? Ich weiß nicht, ob das auf die Dauer gut ist."

"Schon mal das selbe Spielchen mit Magensäure probiert? Das Zeug ist genauso ätzend!", konterte das Computergenie.

Bridger blieb jedoch hart und Lucas musste sich mit dem Wasser zufrieden geben. Angie bekam einen Orangensaft und als nächstes war dann Tony an der Reihe. Er selber schaffte jedoch auch nicht alle Zehn und musste sich nur mit einer Punktezahl von neun zufrieden geben.

Mit zitternden Knien stand Angie auf. "Viel Glück!", wünschten Bridger und Lucas ihr.

Sie nickte ihnen ängstlich zu. Sie hatte das Gefühl als würde wirklich jeder in der Halle nur auf sie sehen. Um sie herum spielte keiner mehr, denn jeder wollte sehen, wie sie sich hier bis auf die Knochen blamierte.

Mit schweißnassen Händen nahm sie eine der Kugeln auf. Sie versuchte diese ganz unauffällig abwechselnd an ihrer Hose trocken zu reiben. Sie stellte sich wie Lucas nah an die Linie. Anfangs stützte sie die Kugel in ihrer rechten Hand mit der linken ab. Angie schloss die Augen, um sich zu sammeln. Bevor sie hier aber komplett erstarrte, fasste sie sich ein Herz und schwang den Arm. Die Kugel setzte sauber auf und schlich langsam auf die Kegel zu. Scheppernd fielen die nach einer halben Ewigkeit zu Boden. Sie hatte fünf erwischt.

Völlig überrascht hielt sie sich mit beiden Händen den Mund zu.

"Los, mach sofort deinen zweiten Wurf. Mit Glück erwischt du die restlichen auch noch.", ermunterte der Captain sie.

Das konnte jedoch nichts mehr werden, denn sie hatte in der Mitte abgeräumt und zu beiden Seiten standen die Kegel noch.

Auf gut Glück nahm das Teenagermädchen eine von Lucas' Kugeln. Sie machte es wie zuvor und traf nochmals drei Kegel. Sie hatte die selbe Punktezahl wie Lucas. Überglücklich und beschwingt vor Freude, kam sie zu ihrem Platz zurück. Die Getränke wurden geliefert und sie war froh über den gekühlten Saft.

"Gut gemacht!", lobte ihr Schwarm sie.

Sie spürte schon wieder, wie die Röte in ihr Gesicht zurück schoß.

"Pha, ihr seid nur knapp in Führung. Nun lasst mal den Meister ran.", prahlte Ben und als er sich Ärmel hochkrempelnd der Bahn näherte, hätte er das genauso gut auch sein lassen können, denn jeder seiner Würfe war eine Niete gewesen. Einmal ging die Kugel links von der Bahn ab und beim zweiten Mal rechts.

"Da ist ran rum manipuliert worden!", behauptete er danach.

Lucas beachtete ihn nicht weiter, sondern machte sich auf zu seinem nächsten Wurf. Ein Spare war auch dieses Mal nicht drin, denn er schaffte sofort bei seinem ersten Wurf einen Strike. Damit musste er kein zweites Mal werfen und Miquel konnte seinen Zug machen. Die nächste Punktezahl von Lucas würde somit doppelt gezählt werden. Jetzt stand da noch achtzehn, aber egal was er beim nächsten Mal warf, es würde das doppelte darauf gerechnet.

Oritz versaute seinen ersten Wurf und bei dem zweiten warf er nur sechs Kegel um. Am Ende führte das Team Bridger und in den letzten beiden Runden schaffte sogar Angie hintereinander Strikes zu werfen.

Der große Abräumer des Abends war jedoch Lucas, der sich mit Bridger in der Revancherunde einen schieren Kampf um die meisten Punkte lieferte. Innerhalb von vier Runden schaffte er zwei Strikes und zwei Spares. Die Sieger standen im zweiten Durchgang eindeutig fest.

"Ich hätte mir denken können, dass wir Lucas nehmen sollten.", sagte der schlechte Verlierer Ben.

Der Blick von Tony sagte jedoch was anderes. Er hatte alles getan, um seinen Zimmergenossen möglichst in der Nähe von seiner Cousine zu wissen. Natürlich grämte ihn das verlorene Spiel ebenfalls.

"Akzeptieren wir es wie es ist. Ihre Cousine sieht schon aus, als würde sie im stehen einschlafen, Tony. Ich halte es für eine gute Idee, wenn wir alle nach Hause gehen.", unterbrach Bridger die Überlegungen jetzt noch ein drittes Spiel zu beginnen. Die Uhr über der Theke zeigte schon ein Uhr morgens und mehrere von den Bahnen begannen sich zu leeren.

"Genau, gehen wir nach Hause. Ich muss morgen noch für die nächste Kreuzfahrt packen und habe Abends gleich Dienst. Da muss ich wirklich nicht total fertig auf der Brücke sitzen." Oritz begann die Schuhe zu wechseln.

Lucas selbst war schon fleißig dabei die Kugeln wieder zurück zu stellen. Oritz half ihm und schon bald fanden sie sich alle vor der Bowlinghalle in der angenehmen Kühle der Nacht wieder.

Angie stützte sich an Tony und gemeinsam mit Oritz stiegen sie dann in ein Taxi, da dieser die Nacht wieder in seinen eigenen vier Wänden verbringen wollte und wie er sagte, nicht die ganze Zeit dem Captain auf der Tasche liegen. Ben wurde auf dem Weg von Bridger und Lucas ebenfalls bei sich zu Hause abgeliefert, denn dieser hätte zwar die Couch für eine weitere Nacht bekommen können, doch so war es für alle am Besten.

Todmüde fiel Lucas in sein Bett. Er nahm sich noch nicht einmal die Zeit, sich umzuziehen.

Nach dem Zähne putzen sah Nathan in das Zimmer seines Mitbewohners, da noch Licht brannte. Als er aber sah, wie dieser schon tief schlief, konnte er nur den Kopf schütteln. Die Schuhe hätte er sich wirklich selbst ausziehen können. Er erbarmte sich und befreite ihn von seiner Fußbekleidung und dem Hemd, bevor er die Decke über ihn zog. "Guten Nacht.", flüsterte er, bevor er das Licht ausschaltete.

- - - - - - - - -

Ein starker Schmerz ließ ihn ziemlich früh aufwachen. Stöhnend drehte er sich auf den Rücken. Blinzelnd öffnete er die Augen und versuchte sich darauf zu konzentrieren, weshalb oder vor allem eher was ihm da weh tat. Dann fiel es ihm ein. Sein Arm war es, der sich hier sehr stark bemerkbar machte. Lucas versuchte es zu ignorieren und weiter zu schlafen, doch es ging nicht. Letztendlich stand er schließlich auf.

Von Darwin war draußen noch nichts zu hören, aber sobald er raus kam, würde dieser bestimmt da sein. Er suchte sich ein paar frische Sachen heraus. Warum er noch das vom Vortag an hatte, fragte er sich besser nicht.

Leise schlich er sich aus seinem Zimmer und am Ende des Flurs die hölzerne Wendeltreppe hinab. "Was machen sie denn hier?", fragte er die Frau, die soeben das Haus betrat. Sie hatte einen Korb mit sich, dessen Inhalt von einem karierten Tuch verdeckt wurde.

"Guten morgen!", begrüßte Dr. Westphalen Lucas fröhlich. "Ihr müsst doch heute weg und wann sollte ich denn sonst noch eine Möglichkeit erhalten, euch ein richtiges Frühstück zu bereiten."

Er rieb sich die noch vom Schlaf gequollenen, müden Augen. "Kriegt Darwin auch etwas?"

Sie sah ihn mit einem ihrer besonderen Blick an, die bis in das Innerste zu bohren schienen. "Darwin ist ein Delphin, der kann sich sein Frühstück selber fangen."

"Soll ich ihm das so ausrichten?"

"Tu das, aber er bekommt trotzdem nichts."

"Das ist gemein, das wissen sie?"

Sie schenkte ihm ein liebevolles Lächeln und verschwand mit ihrem Korb in der Küche. Lucas ging ihr nach, denn seine Schmerzmittel befanden sich ebenfalls dort. Dass es keine gute Idee sein könnte, diese in der Gegenwart der Ärztin zu nehmen, fiel ihm erst auf, als es zu spät war.

Sie nahm die Dose mit den Pillen in die Hand und las, was das für Medikamente waren. "Wozu nimmst du Schmerztabletten."

Schnell setzte er das Glas an die Lippen und schluckte die Tabletten runter. Die Frau brachte es fertig und verlangte von ihm, diese wieder auszuspucken. "Für meinen Arm.", sagte er anschließend.

"Sollte der nicht langsam verheilt sein?"

"Ja, nach meiner letzten Untersuchung sah es gut aus. Der Knochen wächst gut zusammen. Ich hatte nur heute morgen eben so starke Schmerzen."

"Das ist ungewöhnlich, darf ich mal sehen?"

Er zog seinen Arm aus ihrer Reichweite. "Ich glaube nicht, dass das nötig ist."

Sie stemmte streng die Hände in die Hüften. "Du wirst mir jetzt auf der Stelle deinen Arm zeigen, junger Mann!"

Was sollte man darauf schon antworten? Trotzig hielt er ihn ihr hin und zog bei der ersten Berührung die Luft ein.

"Tut das weh?", völlig überrascht betastete sie den Arm. Sie hatte ihn kaum berührt gehabt.

"Ein wenig.", log er.

"Setzt dich hin." Sie führte ihn zu dem Küchentisch. Sein Arm ruhte auf der Tischplatte. Kristin suchte in den Schubladen nach einer Schere, sobald sie eine hatte, setzte sie sich zu ihm und begann vorsichtig den Verband zu lösen. "Hast du irgendwas gemacht mit dem Arm? Ihn stark belastet?"

"Nein, gar nichts. Wir waren gestern Abend im Kino, beim bowlen und es gab keine Probleme."

"Beim Bowlen? Bist du wahnsinnig? Mit einem gebrochenen Arm geht man doch nicht zum Bowling! Da brauchst du dich wirklich nicht zu wundern, Schmerzen zu haben." Den Verband hatte sie schnell gelöst und betastete den Arm, doch sie musste damit aufhören, denn der Teenager zuckte bei jeder festeren Berührung zusammen.

Dr. Westphalen seufzte auf. "Zieh dich an, ich werde dich ins Krankenhaus fahren, damit wir den Arm röntgen können."

"Warum? Das geht schon! Ich habe zwei von den Tabletten genommen und in ein paar Tagen ist alles wieder in Ordnung."

"Nichts da!" Ihre Stimme war strenger geworden. "Du wirst mit mir mitkommen und wenn ich dich schleifen muss." Das war keine Bitte, sondern ein Befehl. Widerworte wurden nicht geduldet. Lucas hatte sich zu fügen und mit an die Brust gedrückten Arm, schlurfte er nach oben in sein Zimmer, um sich um zuziehen und die nötigen Papiere für einen Besuch im Krankenhaus heraus zu suchen.

- - - - - - - -

Als Nathan aufwachte und in die Küche ging, waren die beiden noch nicht zurück. Er sah den Korb und auch, dass jemand hier Frühstück machen wollte, nur konnte er die betreffende Person nirgends finden. Vielleicht wusste ja Darwin was. Der schnatterte draußen am Steg schon eine ganze Weile vor sich hin. Wo zum Teufel steckte denn Lucas? Der lumpte sich doch sonst auch nicht, wenn es darum ging, den Delphin Gesellschaft zu leisten.

Gut, wenn der Teenager nicht wollte, dann würde er eben nach draußen gehen. Mit Glück fand er dort den fleißigen Frühstückmacher.

Der Vocoder lag im Wohnzimmer, er nahm ihn mit sich zum Steg. Freudig mit Wasser spritzend erwartete Darwin ihn bereits. "Guten morgen!"

"Darwin langweilig. Will spielen."

"Ja, und ich würde ganze gerne erst etwas essen."

"Später essen, erst spielen. Keiner da, der spielen könnte."

"Was soll das denn heißen?"

"Lucas mit Doktor weg, Darwin und Bridger allein. Muss spielen mit Darwin."

"Doktor Westphalen?"

Der Delphin nickte. "Ja."

"Weißt du wo sie hin sind?"

"Nein. Doktor mit Lucas weg von Insel."

Bridger setzte sich an den Steg hin. Irgendwie wurde er aus dem Gesagten von Darwin nicht schlau. "Sind sie schon lange weg?"

"Früh weg, Lucas nicht spielen mit Darwin." Das hörte sich ja fast an, als würde der Meeressäuger dem Captain Vorwürfe machen, weil sein bester Freund noch nicht einmal mit ihm gespielt hatte.

"Wenn keiner von uns beiden weiß, was hier gespielt wird, muss ich wohl leider für deinen Freund einspringen. Kann ich dennoch ein kurzes Frühstück raus handeln?"

Darwin spritzte Wasser aus seinem Blasloch. "Nicht essen. Zu dick, muss abnehmen."

"Woher hast du das denn schon wieder."

"Lucas sagt, Darwin immer nur fressen und Fisch von Mannschaft. Ist zu dick, muss mehr schwimmen."

Bridger schlug sich die Hände vor das Gesicht. Es stimmte, auf der seaQuest wurde Darwin wirklich etwas zu sehr von der Crew mit Fisch verwöhnt, doch warum war eigentlich immer er, der dann die Folgen zu spüren bekam. Wenn Lucas den Delphin auf Diät setzte, warum musste er jetzt hier dafür sorgen, dass diese auch zum Erfolg führte. Konnte sich der Teenager da nicht selbst drum kümmern? Wieso war er mit Kristin weg?

Ein Boot näherte sich der Insel. Er hörte das Motorengeräusch und sah auf. Darwin schwamm sofort auf dieses zu, damit er auf den Bugwellen reiten konnte. Es war ein kleines Motorboot, das sich die Person, die es fuhr, geliehen hatte. An der Seite war die Aufschrift des Verleihs.

"Morgen, Captain!", grüßte sein neuer und alter Versorgungsoffizier.

"Schon ausgeschlafen?", fragte er zurück.

"Ja doch, hätte länger sein können, aber ich bin wach. Hoffen wir der Commander wird gnädig mit mir sein und mich nicht ebenfalls für den Nachtdienst einteilen. Ist Lucas auch schon auf?"

"Ist er, doch ich weiß nicht wo. Darwin sagt, er hat vor einiger Zeit die Insel verlassen."

"Wie? Der ist gar nicht da?"

Bridger konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es war einfach zu komisch zu sehen, wie enttäuscht der Mann war, seinen Freund nicht anzutreffen. "Dann muss ich wohl warten."

Das kam jemanden gut gelegen. "Sehr schön, dann können sie ja während sie warten, etwas mit Darwin spielen. Ich würde ganz gerne frühstücken."

Völlig überrumpelt blieb Ben nichts anderes übrig und er musste mit dem Delphin spielen, ob er wollte oder nicht.

In der Küche widmete er sich als allererstes dem Korb und dessen Inhalt. Ganz ohne Frage stammte dieser von Kristin. Frische Brötchen waren darin und auch saftiges Obst. Allem Anschein nach für ihn. Er hoffte es, denn ihren Zorn wollte er nicht erleben. Die Zeitung hatte sie auch mitgebracht. Unter diesen Umständen machte er es sich wenig später mit dem Essen im Wohnzimmer gemütlich.

"Ich kann es einfach nicht glauben.", lachte Ben, als er zusammen mit Dr. Westphalen und Lucas eine Weile später ins Haus kam.

"Glaub es einfach und lass mich in Ruhe.", motzte Lucas rum. Er hatte schlechte Laune.

"Sind die verschwundenen Personen doch wieder aufgetaucht. Einen Zettel hättet ihr schon da lassen können oder wenigstens Darwin Bescheid geben. Ich wusste gar nicht was los war."

"Das kann ich dir sagen." Kristin trat an seine Seite, ihre Stimme hatte einen seltsamen Unterton. "Euer kleiner Bowlingabend ist für den jungen Mann nicht besonders gesund gewesen. Sein Arm ist wieder kaputt. Auf den Röntgenbildern war der Bruch ziemlich deutlich zu sehen, als wäre dieser nicht schon zwei Wochen her."

Grummelnd ließ sich Lucas in den Sessel sinken. Nun konnte Bridger sehen, dass dieser wieder einen festen Gips hatte. "Ich glaube das ist meine Schuld gewesen. Ich hätte ihn davon abhalten sollen zu spielen."

"Gestern Abend hatte ich ja auch noch keine Probleme, das kam alles erst heute morgen." Er nahm die Fernbedienung vom Tisch und schaltete den Fernseher an. Ihm war die gute Laune vollends vergangen.

Krieg grinste vor sich hin. "Das kann auch wirklich nur unser Lucas hinbekommen."

"Ha, ha!", machte Lucas sich bemerkbar. Er zappte durch das Vormittagsprogramm und blieb bei einer Doku über Vulkane hängen, die ihn zu interessieren schien.

Dr. Westphalen setzte sich auf die Lehne des Sessels zu ihm und drückte den Teenager. "Jetzt mach nicht so ein Gesicht. Das ist nicht so schlimm. Der Knochen wächst wieder gut zusammen. Ich hoffe ihr habt noch keine Bowlingbahn auf der seaQuest, denn dann wird alles noch schneller gehen. Am besten du isst erst einmal eine Kleinigkeit. Ich habe dich sofort ins Krankenhaus geschleift. Aber eins musst du mir lassen, deine Schmerzen sind bei weitem nicht mehr ganz so groß, nun da der Arm wieder ruhig im Gips liegt."

Das Computergenie verkniff sich einen Kommentar und fixierte seine Aufmerksamkeit lieber weiterhin auf die Dokumentation.

Mit einem Mal sprang Ben von seinem Platz auf dem Boden auf. Er hatte es sich dort gemütlich gemacht gehabt. "Ich vergesse ja wieder das wichtigste!"

Erschrocken blickten ihn drei Augenpaare an.

"Bin gleich wieder zurück. Muss nur schnell etwas aus dem Boot holen gehen." Schon eilte er nach draußen.

"Mit dem Mann auf dem Boot, wird es nicht mehr so schön ruhig sein, wie wir das jetzt immer hatten.", seufzte Nathan.

Kristin schenkte ihm einen wissenden Blick. "Ich gehe dir was zum Frühstück machen.", sagte sie anschließend zu Lucas, der murrend da saß.

Der Captain sah ihn mitleidvoll an. Es war seine Schuld, dass der Arm wieder schlimmer geworden war. Er hätte ihn eben nicht spielen lassen dürfen. "Ist mit dir wirklich alles in Ordnung?"

Betrübt sahen ihn die blauen Augen an, bevor ein kurzes Nicken folgte. Krieg war zurück und hielt etwas in Geschenkpapier eingewickeltes unter die Nase des Teenagers. "Ich habe nicht vergessen, dass einer vor kurzem Geburtstag hatte. Alles Gute nachträglich."

Völlig überrascht von der Aktion, starrte Lucas auf Ben und das Geschenk. "Danke.", sagte er verwundert und nahm mit der linken Hand es entgegen.

Neugierig rutschte Bridger zu ihm, da er sehen wollte, was er bekommen hatte. Sobald das Papier ab war, kam ein Buch zum Vorschein.

"Ben....", begann Lucas, auf dessen Gesicht sich ein Hauch von Freude abzuzeichnen begann. "das ist wirklich toll von dir. Vielen Dank!"

"Naja, nachdem du damals immer bei mir im Quartier warst und das nicht nur, weil du in meinem Sachen hofftest etwas zu finden, sondern dieses Buch zu lesen, dachte ich mir, es könnte eine gute Idee sein, dir dein eigenes Exemplar zukommen zu lassen."

"Darf ich sehen?", fragte Nathan und bekam das Buch. Es war "Die Schatzinsel" von Robert Louis Stevenson. "Hast du was dagegen, mir es eines Tages zu leihen? Ich wollte dieses schon seit langem lesen, bin aber nie wirklich dazu gekommen, es mir zu kaufen oder habe es einfach nicht gefunden."

"Natürlich! Ich habe mich schon oft gefragt, warum wir das nicht bei uns in der Schiffsbibliothek haben. Die ganz großen Klassiker findet man sonst immer in einer gut ausgesuchten Bibliothek, doch nicht bei uns an Bord. Alle Bücher von Stephen Kind ist da kein Problem, aber wehe man will etwas lesen, das schon kultig ist."

"Das müsst ihr mir jetzt aber erklären, wie ihr den wieder zu guter Laune gebracht habt!", kam Kristin mit einem Tablett ins Wohnzimmer zurück. Das erste was ihr aufgefallen war, war das Lachen im Gesicht ihres Sorgenkindes.

Alle drei fingen sie an zu lachen und die arme Ärztin konnte dem nur zusehen, da hier keiner Anstalten machte sie einzuweihen.

ENDE