Liebe Leonel, einen Kniefall musst du nicht gleich machen. ;-)

Stareyes: Ja, dieser Boromir hat einen weichen Kern hinter seinen rauen Schale. Wie im Film halt. ;-)

Viertes Kapitel: Elydriths Pläne

Boromir erzählte, was er gehört und gesehen hatte. Die Bauern sahen ihn mit angstgeweiteten Augen an. Sie hatten nicht gedacht, dass noch Schlimmeres auf ihre Familien zukommen könnte.

„Wir müssen die Räuber daran hindern, wieder nach Minharg zurückzukehren", erklärte Boromir gefasst.

„Auja!", rief Elydrith vorlaut. „Wir lauern ihnen aus einem Hinterhalt auf und bringen sie dann um!"

„Törrichtes Mädchen!", stieß Margond erzürnt hervor, der auch bei der Truppe dabei war. „Wir sind Bauern und keine Soldaten".

Elydrith wurde knallrot. Sie spürte an den Blicken der Männer, dass sie zu weit gegangen war.

„Das mit dem Hinterhalt ist gar keine so schlechte Idee", sagte Boromir plötzlich lächelnd.

Das Mädchen sah ihn dankbar an.

„Allerdings werden wir nicht warten, bis die Räuber erneut nach Minharg aufbrechen, sondern wir werden sie im Schlaf überraschen". Erklärte Boromir und die Bauern wurden plötzlich wieder ängstlich und verzagt.

„Wir sind nicht in der Lage, ein Räuberlager zu überfallen", seufzte Margond kopfschüttelnd.

„Keine Bange", beruhigte ihn Boromir. „Ihr werdet vielleicht gar nicht kämpfen müssen".

Als es Mitternacht war, führte Boromir seine Truppe durch den Firienwald. Bald schon sahen sie das kleine Tal mit der Höhle. Es gab nur zwei Wachposten, die jedoch eingenickt waren. Boromir lächelte kalt. Er schlich sich alleine zum Lager, um die beiden Wachposten zu überwältigen. Ein paar kräftige Hiebe mit einem Knüppel auf dem Kopf genügten. Dann sprang Elydrith herbei und fesselte die Kerle. Nun wagten sich die Bauern heran. Auf Boromirs Geheiß schichteten sie dürres Holz und Gestrüpp vor dem Eingang der Höhle hoch, und setzten das Ganze dann in Brand. Als der Haufen lichterloh brannte, wies Boromir die Männer an, noch mehr Holz zu holen.

„Wir müssen den Kerlen da drinnen tüchtig einheizen, damit ihnen Hören und Sehen vergeht!"

Das ließen sich die Bauern nicht zweimal sagen. Schon bald hörten sie die Räuber in der Höhle ächzen und husten.

„Lasst uns heraus!", brüllten sie, soweit sie es noch konnten. „Wir ersticken!"

Doch Boromir ließ sie noch eine Weile zappeln. Er wollte sicher gehen, dass die meisten von den Kerlen tatsächlich kampfunfähig wurden. Inzwischen schickte er Elydrith und zwei Männer in die nahe Stadt Maerburg am Meringstrom, um von dort Soldaten zu holen. Kurz darauf war der Holzhaufen ziemlich heruntergebrannt . Jetzt erst gebot er den Bauern, die Flammen zu löschen. Es gab noch einmal viel Rauch. Aber die Husterei in der Höhle war schon viel leiser geworden. Offensichtlich waren viele der Räuber ohnmächtig geworden.

„So, ihr könnt jetzt herauskommen!", rief Boromir in die Höhle.

Er wies die Bauern an, ihre Bogen zu spannen. Es kamen nur wenige Räuber aus der Höhle herausgestolpert: sie husteten entsetzlich und ihre Augen tränten. Ihre Gesichter waren alle rußgeschwärzt. Sie leisteten keine Gegenwehr und ließen sich bereitwillig von den Bauern fesseln. Der Rest von ihnen war bewusstlos oder tot.

Endlich traf Elydrith mit den Soldaten ein. Birmod, der Hauptmann, trat zu Boromir.

„Ich wollte es kaum glauben, aber dieser freche Junge hier"– er wies auf Elydrith – „hatte behauptet, Ihr hättet all die Räuber gefasst, die schon seit Monaten diese Gegend unsicher machen".

„Und jetzt seid Ihr ganz erstaunt, weil der Junge die Wahrheit gesprochen hat", entgegnete Boromir ruhig und zwinkerte Elydrith zu, die ihre Kapuze wieder aufhatte, damit sie aussah wie ein Junge.

Einer der Soldaten trat auf Birmod zu und raunte ihm etwas ins Ohr, während er auf Boromir blickte. Birmod ging plötzlich vor Boromir auf die Knie.

„Ihr seid Boromir, der Sohn des Truchseß, habe ich soeben vernommen", stammelte er unterwürfig. „Verzeiht mir!"

„Nun steht schon auf, Hauptmann", sagte Boromir etwas genervt.

Auch die Bauern verneigten sich ehrfürchtig vor ihm. Margond wusste vor Verlegenheit gar nicht mehr, was er sagen sollte.

Während die überlebenden Räuber in die Stadt Maerburg von den Soldaten gebracht wurden, geleiteten Boromir und Elydrith die Bauern in ihr Dorf zurück. Sie hatten sich aus der Räuberhöhle wieder ihr gestohlenes Hab und Gut genommen, und hatten sogar noch einiges an Geld dazubekommen, um ihr Dorf wieder aufbauen zu können. Die Bauern wollten Boromir und Elydrith zu Ehren ein Freudenfest veranstalten. Doch Boromir hatte es eilig weiterzukommen. Nach einigen Stunden Rast brach er zusammen mit Elydrith wieder auf.

Sie überquerten den Meringstrom nahe der Stadt Maerburg und erreichten so nun endlich Rohan.

„Das ist die sogenannte Ostfold von Rohan", erklärte Boromir dem Mädchen. „Noch 2 Tage, dann sind wir in Edoras".

Die Landschaft veränderte sich spürbar: nach den schattigen Wäldern und Hügeln Anóriens folgten nun die grasigen Savannen der Ostfold. In der Ferne konnten sie das Gebirge sehen. Boromir zeigte Elydrith die einzelnen Leuchtfeuerberge. Er wusste zu ihrem Erstaunen jeden Bergnamen. Als sie ihn dafür lobte, schenkte er ihr ein warmes Lächeln. Elydrith merkte, dass ihr Herz jedes Mal schneller klopfte, wenn er sie ansah.

Die Dörfer, durch die sie jetzt kamen, wirkten anders als die in Gondor. Der Baustil der Holzhütten war von der Kultur der Rohirrim geprägt. Die Menschen in Rohan sahen für Elydrith auch sehr exotisch aus: die meisten von ihnen hatten blonde oder rote Haare und sehr helle Haut. Elydrith hatte außer Boromir noch nie Menschen mit so hellen Haaren gesehen. Staunend und mit aufgerissenen Augen ritt sie Boromir durch die Dörfer nach.

Endlich sahen sie am Horizont den Berg, auf dem Edoras, die Hauptstadt von Rohan, lag.

Elydrith wurde von Stunde zu Stunde bedrückter, je näher sie der Stadt kamen.

„Was hast du?", wollte Boromir wissen, der solch eine Schweigsamkeit von dem Mädchen nicht gewohnt war.

„Jetzt sind wir ja bald da", begann Elydrith zögernd.

„Freust du dich etwa nicht mehr?", fragte Boromir etwas ungehalten. „Du wolltest doch unbedingt nach Edoras. Wenn du heim nach Gondor willst, solltest du besser gleich umkehren".

„Ich will aber nicht nach Gondor!", protestierte Elydrith und wurde knallrot. „Ich will, ich will – bei dir bleiben".

„Was, du willst mit nach Bruchtal reiten?", machte Boromir vollkommen perplex. „Du bist wohl völlig verrückt geworden!"

Elydrith senkte den Kopf, damit man ihre Tränen nicht sah. Er wollte sie also unbedingt loswerden. Dabei hatte sie sich unsterblich in Boromir verliebt. Sie würde es nicht überwinden, wenn er sie in Rohan zurückließ.

Ein Trupp Rohan-Soldaten begegnete ihnen auf dem Weg nach Edoras. Angeführt wurde der Trupp von Hauptmann Hama.

„Was sucht Ihr hier in der Riddermark, Fremder?", fragte der Rohirrim Boromir argwöhnisch.

„Wir sind Freunde – aus Gondor", erklärte Boromir besonnen. „Ich bin Boromir, Sohn des Denethor. Wir sind auf der Durchreise nach Bruchtal".

Hama musterte Boromir von Kopf bis Fuß: seiner vornehmen Kleidung und seinem Gebahren nach konnte es wohl stimmen, dass er von edler Herkunft und aus Gondor war.

„Und das ist wohl Euer Knappe?", fragte er Boromir weiter und deutete auf Elydrith.

Das Mädchen zog sofort die Kapuze tiefer ins Gesicht und senkte das Haupt.

„Ja, das ist mein Diener", erklärte der Gondorianer etwas barsch. „Ich verstehe Euer Misstrauen nicht, Hauptmann. Menschen aus Gondor wurden in der Riddermark stets wie Freunde behandelt".

„Die Zeiten haben sich geändert, Herr Boromir", entgegnete Hama sorgenvoll. „Dunländer und allerlei Gesindel aus Isengart suchen unsere Dörfer an den Grenzen heim".

„Das hört sich nicht gut an", murmelte Boromir mehr zu sich selbst als zu dem Rohirrim.

„Ich bringe Euch am besten zu König Theoden und Gríma Schlangenzunge, seinem engsten Berater", erklärte Hama schließlich.

Boromir fragte sich im Stillen, was es mit diesem engen Berater wohl auf sich haben mochte. Theoden war bekannt dafür, seine Entscheidungen stets alleine zu treffen. Irgendetwas stimmte da nicht.

Die Reitertruppe setzte sich mit den zwei Reisenden in Bewegung. Elydrith ritt Boromir mit unglücklicher Miene hinterher.