Leonel: Vielen Dank für deine fleißigen, lieben Reviews. Es ehrt mich, dass meine Story gänsehautverursachend ist. Das spornt an zum Weiterschreiben. Knuddel

Stareyes: Ich danke auch dir wieder für dein Review. Mal sehen, was Boro noch alles vorhat. Elydrith weiß jedenfalls, was sie will.

Kapitel 6: Die Reise geht weiter

Elydrith konnte es nicht fassen, dass Boromir sie küsste. Doch nur nach wenigen Sekunden hielt Boromir inne.

„Verzeih", sagte er mit heiserer Stimme und wandte sich zum Gehen.

„Boromir!", rief Elydrith ihm verzweifelt hinterher.

Doch in diesem Moment betrat Éowyn den nächtlichen Hof. Elydrith verstummte und versuchte die Tränen zurückzuhalten. Boromir drehte sich noch einmal zu ihr um. Er wirkte sehr traurig. Aber dann verschwand er schnellen Schrittes in der Halle.

„Elydrith", sprach Éowyn das Mädchen freundlich an. „Boromir hat mir erzählt, dass du gerne hier in Rohan bleiben möchtest. Ich suche eine neue Kammerzofe, da meine bisherige Zofe Morwen kürzlich geheiratet hat. Es wäre schön, wenn du für mich arbeiten würdest. Vielleicht können wir auch Freundinnen werden".

Elydrith wusste, dass sie dieses Angebot unmöglich ausschlagen konnte. Kammerzofe am Hofe Rohans war für sie als ehemaliges Straßenkind das Beste, was ihr passieren konnte. Sie würde nicht schwer arbeiten müssen, und würde doch genug zu essen und zu trinken haben und ein Dach über dem Kopf. Sie ahnte, dass Boromir diese Sache eingefädelt hatte, um sie loszuwerden.

„Nun?", fragte Éowyn erstaunt. „Du sagst gar nichts, Mädchen. Willst du nicht für mich arbeiten? Du siehst so betrübt drein".

„Doch, ich will schon für Euch arbeiten, Herrin", erwiderte Elydrith schließlich verzagt.

„Aber?"

Das Mädchen schlug die Augen nieder. Es hatte keinen Zweck, länger um den heißen Brei herumzureden.

„Ich liebe Boromir und ich dachte, er liebt mich auch", gestand sie Éowyn mit brennenden Wangen. „Und ich dachte, er nimmt mich mit nach Bruchtal".

„Boromir hat recht, wenn er dich hierläßt, Mädchen", sagte Éowyn besorgt. „Der Weg nach Bruchtal ist sehr gefährlich. Die Pforte Rohans wird von Unholden aus Isengart kontrolliert. Das ist keine Reise für eine Frau".

Elydrith wollte aufbegehren, aber sie traute sich dann doch nicht. Éowyn behandelte sie so freundlich, dass ihr nichts anderes übrigblieb, als das Angebot anzunehmen.

Bereits am nächsten Morgen wollte Boromir aufbrechen. Erschrocken sah Elydrith zu, wie er sein Pferd sattelte.

„Boromir, du willst doch nicht tatsächlich ohne mich losreiten", sagte das Mädchen unter Tränen.

Boromir sah ihr in die Augen und seufzte.

„Die Rohirrim haben mir gesagt, dass der Weg nach Norden sehr gefährlich ist. Ich kann dich unter keinen Umständen mitnehmen".

„Aber wir sind doch mit den Räubern im Firienwald auch fertiggeworden", rief Elydrith empört. „Ich habe keine Angst vor Feinden".

„Elydrith, an der Pforte Rohans hausen Uruk-Hai und Dunländer", fuhr Boromir ungehalten fort. „Das sind schreckliche und grausame Unholde. Dagegen sind diese Räuber harmlose Tölpel".

„Und ich dachte du liebst mich", schluchzte das Mädchen leise.

„Ich habe gestern abend einen Fehler gemacht", murmelte Boromir. „Ich hätte dich nicht küssen dürfen. Nein, ich liebe dich nicht".

Elydrith wusste genau, dass er log. Und das schmerzte sie umso mehr. Er wollte sie in dem Glauben zurücklassen, dass er sie nicht liebte, um sie zu schützen.

Weinend rannte das Mädchen in das Gebäude zurück. Boromir sah ihr fassungslos nach. Er schüttelte den Kopf über sich selbst : er hätte es niemals soweit kommen lassen dürfen.

Theodred und Éomer traten zu ihm hin.

„Pass gut auf dich auf, Boromir", sagte Theodred besorgt. „Noch ist die Pforte von Rohan einigermaßen passierbar. Doch wahrscheinlich wirst du einen anderen Rückweg von Bruchtal aus nehmen müssen. Über den Fluß".

Grima kam aus der goldenen Halle heraus. Er lächelte selbstgefällig vor sich hin, während er zusah, wie Boromir davonritt.

Theodred wandte sich mit finsterem Blick zu ihm um.

„Euch scheint es zu gefallen, dass Boromir in die Gefahr reitet, was?"

„Nein, mein Prinz, ich bin sehr besorgt um seine Sicherheit", erwiderte Grima scheinbar erschüttert. „Euer Vater hat übrigens angeordnet, dass Ihr mit einem Trupp Soldaten die Gegend

um Helms Klamm nach Feinden absuchen sollt".

„Warum denn bei Helms Klamm?", fragte Éomer argwöhnisch. „Dort ist doch noch alles ruhig, soviel ich weiß".

„Für Euch, vorlauter Marschall, habe ich einen anderen Befehl", erwiderte Grima hochmütig.

Boromir war keinen halben Tag fort, als Elydrith es nicht mehr länger in Edoras aushielt. Man war freundlich zu ihr und behandelte sie gut. Doch sie liebte nun mal Boromir und sie wollte bei ihm sein, mit ihm sterben, wenn es sein musste. Sie beschloß, ihm nachzureiten.

Als es dunkel wurde, schlüpfte sie wieder in ihre Waldläufertracht und zog die Kapuze über den Kopf. Sie wartete, bis alle in Meduseld schliefen. Dann schlich sie sich zu den Ställen und sattelte Ondoher. Der Schimmel wieherte freudig, als er das Mädchen erkannte.

„Ist ja gut, mein Treuer, wir brechen endlich auf", sagte Elydrith beruhigend zu ihm.

Minuten später galoppierte sie zum hölzernen Tor von Edoras hinaus.

Sie ritt die ganze Nacht hindurch. Schließlich hatte Boromir schon einen ziemlichen Vorsprung. Im Morgengrauen gönnte sie Ondoher und sich eine Rast. Sie verspürte überhaupt keine Müdigkeit, auch keinen Hunger. Sie dachte nur an Boromir und dass sie ihn so schnell wie möglich einholen wollte. Nach zwei Stunden, in denen sie keinen Schlaf gefunden hatte, ritt sie weiter.

Boromir hatte inzwischen ein kleines Dorf namens Roodgar in der Westfold erreicht. Eigentlich hatte er vorgehabt, länger in Edoras zu verweilen, doch die Sache mit Elydrith hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er schalt sich selbst einen Narren, wenn er daran dachte, dass er sie geküsst und dabei Hoffnungen in ihr geweckt hatte. Er wünschte sich, er hätte das Mädchen unter anderen Umständen kennengelernt. Ja, er hatte sich auch in sie verliebt. Das spürte er ,und er begann sie zu vermissen.

Leise seufzend betrat er das einzige Gasthaus im Dorf. Er hatte Hunger und er wollte sich auch ein Zimmer zum Übernachten nehmen. Er konnte sich Zeit lassen. Hauptsache, er war erst einmal weg von Edoras und von Elydrith. Nur so würde er über das Mädchen hinwegkommen.

„Verdammt", fluchte er leise vor sich hin und starrte in seinen Bierkrug.

Wie schnell konnte man sich doch an einem Menschen gewöhnen und ihn lieb gewinnen.

Elydrith sah am Nachmittag das Dorf Roodgar vor sich liegen. Sie merkte jetzt, wie erschöpft sie war. Auf einmal hörte sie hinter sich Hufgetrappel und Geschrei. Erschrocken merkte sie, wie eine Schar fremdländisch aussehender Männer, die bis an die Zähne bewaffnet waren, auf sie zukamen. Sie trieb Ondoher voran. So schnell wie möglich musste sie das schützende Dorf erreichen.

Boromir saß immer noch in der Dorfschänke. Er hatte gegessen und trank gerade das zweite Bier. Plötzlich hörte er draußen aufgeregte Stimmen. Dunländer griffen das Dorf an! Sofort stürmte Boromir aus dem Gasthaus und sah die Reiter, die sich dem Dorf näherten. Ihnen voran sprengte ein Schimmelreiter. Er traute seinen Augen kaum, als er den Reiter erkannte.

„Elydrith", murmelte er fassungslos.

Das Mädchen sah bestürzt, dass der Abstand zwischen ihr und den Dunländern immer kürzer wurde. Pfeile zischten an ihr vorbei. Dann traf sie ein Pfeil von hinten in die Schulter.