Stareyes und Leonel: Vielen Dank für euere Reviews! knuddel Es ist schon ziemlich tragisch, dass Boromir Elydrith für tot hält. Jetzt geht es spannend weiter....

Kapitel 8: Das Horn Gondors

Inzwischen befand sich Boromir mit der Ringgemeinschaft bereits auf dem Weg nach Süden. An dem Tag, wo Elydrith aufbrach, durchwanderten die neun Gefährten gerade die Minen von Moria.

Boromir hatte die Trauer um Elydrith tief in seinem Herzen vergraben: für ihn zählte jetzt nur noch der Eine Ring. Er musste ihn unbedingt an sich nehmen – für Gondor. Nur so konnte er sein Land retten. Tag und Nacht zermarterte er sich das Hirn, wie er Frodo am besten den Ring abluchsen konnte.

Elydrith kam auf dem Pony nur langsam voran. Sie ritt den Weg entlang des Nebelgebirges nach Norden. Irgendwann – so hoffte sie – würde sie Bruchtal dann erreichen. Das Pony wieherte leise, als sie eine Gruppe Reiter vom Norden her näherte. Elydrith stieg vorsichtshalber ab und führte sich und das Pony in Deckung. Schon bald merkte sie, dass es sich bei den Reitern um Elben handelte. Es waren die ersten Elben, die sie in ihrem Leben zu Gesicht bekam.

Sie beobachtete von ihrem Versteck aus, wie die schönen Wesen an ihr vorüberzogen. Dann gewahrte sie die beiden Pferde, die sie mit sich führten.

„Ondoher!", schrie sie aufgebracht, als sie ihren Schimmel entdeckte und stürmte aus ihrem Versteck.

Die Elben zogen erschrocken ihre Schwerter, doch ihr Anführer gebot Einhalt. Verwundert sahen die Elben, wie das Mädchen den Hals des prächtigen Pferdes umschlang. Auch Boromirs Hengst Elphros trottete zu ihr hin und stubste sie mit seiner Nase an.

Elladan, der Anführer der Elben, betrachtete Elydrith nachdenklich.

„Du musst das Mädchen sein, von dem Boromir berichtet hat", sagte er zu Elydrith. „Aber wie es das möglich: du bist doch eigentlich tot?"

Elydrith wandte sich mit Freudentränen in den Augen zu dem Elben und erzählte, was ihr zugestoßen war.

„Aber was habt Ihr mit den Pferden vor, und wo ist Boromir?", fragte das Mädchen schließlich aufgeregt, als es mit seinem Bericht fertig war.

„Boromir hat uns vor seiner Abreise aufgetragen, die edlen Rösser nach Edoras zu bringen", sagte Elladan in seiner elbisch-zurückhaltenden Art. „Er reist mit der Ringgemeinschaft nach Mordor, um den Einen Ring zu zerstören".

„Ich muß unbedingt zu Boromir!", sagte Elydrith eifrig.

„Bist du denn der Ringgemeinschaft unterwegs nicht begegnet?", fragte Elladan erstaunt.

„Sie haben wahrscheinlich den Weg über das Gebirge genommen und werden östlich des Nebelgebirges am Großen Strom entlangwandern", meinte ein anderer Elb namens Ciranthir.

„Dann muß ich so schnell wie möglich das Gebirge überqueren", erwiderte Elydrith und schwang sich auf Ondoher.

„Diese Reise ist zu gefährlich für dich, Menschenkind", sagte Elladan kopfschüttelnd. „Du solltest mit nach Bruchtal kommen und dich dort ausruhen."

„Ich muß aber zu Boromir", rief Elydrith verzweifelt und die Tränen stiegen in ihre Augen.

„Ich liebe ihn doch", fügte sie leise hinzu.

Ciranthir hatte Mitleid mit dem Mädchen.

„Laßt mich sie begleiten, Herr Elladan", bat er seinen Gebieter.

Elladan zögerte, doch dann nickte er schließlich.

„Wir sehen uns in Edoras wieder, wenn alles gut verläuft".

Und so hatte Elydrith einen neuen Begleiter und Beschützer gefunden.

Der Weg über das Nebelgebirge war beschwerlich. Außerdem lag bereits Eis und Schnee. Das Mädchen war dick vermummt, um sich gegen die Kälte zu schützen. Dem Elb schien das alles nichts auszumachen. Er trug nur einen Umhang mit Kapuze und machte immer eine freundliche Miene. Der Schnee wurde immer tiefer. Ondoher kam kaum noch voran: der Schnee reichte bereits bis zu seinem Bauch.

„Bitte, Ondoher!", flehte Elydrith den Tränen nahe. „Du musst es schaffen!"

Der Elb war von seinem Pferd abgestiegen und lief leichtfüßig über den Schnee, während sich sein Pferd durch den Schnee grub. Das Mädchen beneidete Ciranthir, weil er sich so unbeschwert fortbewegen konnte.

Einen Tag später hatten sie das Schlimmste überstanden: der Gebirgspass war jetzt weniger schneereich und es ging allmählich wieder bergab.

Die Ringgemeinschaft befand sich inzwischen in Lorien. Boromir wartete immer noch auf eine günstige Gelegenheit, um sich den Einen Ring verschaffen zu können. Aber hier in Lorien bei den Elben war es schier unmöglich. Er hatte an diesem Abend ein langes Gespräch mit Aragorn geführt und hatte ihm von Minas Tirith, von seinem Vater und seinem Bruder erzählt. Boromir wollte vorfühlen, wie Aragorn zu Gondor stand. Vielleicht war es am besten, wenn die ganze Ringgemeinschaft nach Gondor wanderte. Dann würde es nicht mehr schwer sein, den Ring Frodo abzunehmen und ihn seinem Vater auszuhändigen. Aber Aragorn schien nicht begeistert von dem Vorschlag zu sein, nach Gondor zu gehen.

In dieser Nacht träumte Boromir von Elydrith: sie erschien ihm im Traum und sah ihn traurig an.

„Warum bin ich am Leben und du bist tot?", fragte sie leise. In ihren Händen hielt sie sein Horn: es war gespalten.

Erschrocken fuhr Boromir hoch. Er keuchte. Er wusste, dass er in seinen Träumen oft die Zukunft sah – auch Faramir hatte diese hellsichtige Gabe.

Das kann nicht sein, dachte er erschrocken. Elydrith ist tot. Und ich werde nicht sterben.

Trotzdem ließ ihn dieser Traum nicht mehr los.

Einige Tage später reisten sie mit den Elbenbooten auf dem Anduin weiter.

Elydrith und Ciranthir hatten die östliche Seite des Nebelgebirges endlich erreicht. Sie waren jetzt wieder ziemlich weit im Süden. Den Fangornwald hatten sie umritten und nun das Hügelland, auch Wold genannt, erreicht.

„Vielleicht haben wir sie verfehlt", sagte Elydrith schließlich zweifelnd.

„Das kann ich mir nicht vorstellen", erwiderte der Elb gelassen. „Ich vermute, dass Mithrandir sie nach Lothlorien gebracht hat, damit sie sich dort eine Weile in Galadriels Obhut ausruhen können. Ich denke, dass sie nun mit Booten den Fluß hinabfahren. Wir sollten zu den Rauros-Fällen reiten und dort auf sie warten".

Sie erreichten die Raurosfälle einen Tag vor der Ringgemeinschaft. Am Amon Hên rasteten sie schließlich. Während Elydrith schläfrig am Lagerfeuer saß, wirkte der Elb recht beunruhigt. Ständig verschwand er im Wald und erschien dann wieder. Seit Gesicht wurde von Mal zu Mal besorgter.

„Mach schnell das Feuer aus, Elydrith!", forderte er das Mädchen plötzlich auf. „Im Wald lauern Uruk-Hai. Sie sind auf Menschenjagd."

Elydrith wurde ganz blaß, während sie das Feuer austrat. Ciranthir holte inzwischen die Pferde.

„Wir müssen den felsigen Weg an den Rauros-Fällen hinabsteigen", sagte der Elb. „Mein Herz sagt mir, dass wir dort unten sicher vor den Feinden sind".

Sie brauchten fast die ganze Nacht, bis unten im Tal ankamen.

„Ich habe keine Ahnung, wo wir hier überhaupt sind", meinte Elydrith unsicher. „Ist es von hier noch weit nach Gondor?"

„Nein, wir sind bereits ganz im Osten Rohans", erklärte der Elb. „Nur wenige Meilen flussabwärts kann man bereits die Wälder Nord-Ithiliens sehen".

Sie legten sich hin, um eine Weile auszuruhen. Als Elydrith erwachte, sah sie erschrocken, dass es bereits fast wieder Abend war. Plötzlich hörte sie den Ton eines Hornes. Immer wieder erscholl das Horn. Es kam aus der Richtung vom Amon Hên.

„Das Horn Gondors", sagte Ciranthir tonlos und trat neben sie. „Die Ringgemeinschaft ist in Not".

„Wir müssen ihnen helfen!", rief Elydrith entsetzt.

Ciranthir zauderte und überlegte. Plötzlich sahen sie Gestalten, die den felsigen Weg herabrannten.

„Die Uruk-Hai fliehen", sagte der Elb mit gedämpfter Stimme. „Schnell, wir müssen in Deckung gehen!"

Doch es war schon zu spät: schwarz-gefiederte Pfeile zischten an ihnen vorbei. Die schrecklichen Unholde hatten sie entdeckt.

„Lauf!", befahl Ciranthir plötzlich.

Elydrith wollte widersprechen, doch da sah sie, dass der Elb bereits von mehreren Pfeilen getroffen wurde. Blind vor Tränen rannte sie davon. Sie kämpfte sich durch das Unterholz, bis sie die Verfolger abgeschüttelt hatte. Irgendwie schienen die Uruk-Hai sie auch nur recht halbherzig verfolgt zu haben. Den Grund sah sie bald: die schwarzen Kerle trugen zwei kleine Halblinge bei sich. Die Beiden schienen irgendwie eine besonders kostbare Beute zu sein.