Titel: Todesengel; Kapitel1

Disclaimer: siehe Anmerkungen vor dem Prolog

Hinweis: „Todesengel" ist die Fortsetzung von „Das letzte Geheimnis?"  

A/N: Ich wusste ich würde was vergessen!!!! *argh* Ok, an alle, die mit „Todesengel" angefangen und „Das letzte Geheimnis?" nicht gelesen haben (falls es solche Leser gibt): es gibt noch einige Dinge, die ihr wissen solltet *Kopf gegen die Wand schlägt*

Während „Das letzte Geheimnis" haben die Todesser auf Voldemorts Befehl hin Hogwarts und zeitgleich ein Krankenhaus der Muggel in London angegriffen. Bei dem Angriff auf Hogwarts sind insgesamt siebzehn Schüler ums Leben gekommen, darunter Seamus Finnigan, Angelina Johnson und Justin Finch-Fletchley. Fred Weasley ist schwer verletzt worden, doch er hat sich erholt.

Am Ende von „Das letzte Geheimnis?" ist Dumbledore von Fudge suspendiert worden, da das Ministerium und die Schulräte ihn auf Grund der neunzehn toten Kinder (Cedric und Ginny mitgerechnet) nicht mehr für fähig halten, die Sicherheit der Schüler zu garantieren. Bis das Ministerium einen neuen Direktor für Hogwarts bestimmt hat, übernimmt Minerva McGonagall Dumbledores Posten, Snape wird bis auf Weiteres ihr Stellvertreter.

Und falls ihr euch gewundert habt, dass ich nichts davon geschrieben habe, was mit Sorcery passiert, nachdem er Ginny umgebracht hat: natürlich ist er nicht auf Hogwarts geblieben, sondern sofort nach dem Mord spurlos verschwunden. Harry trifft ihn erst an Ginnys Grab wieder und genau hier endete der Epilog von „Das letzte Geheimnis?" und beginnt das 1.Kapitel von „Todesengel".

So, ich glaube, jetzt hab ich wirklich alles gesagt. Und wenn nicht: siehe zweites Kapitel, wenn's dann mal hochgeladen ist *gg*.

Und damit ihr nicht verwirrt seid: das erste Kapitel von „Todesengel" beginnt am 24.12.1995.

Und jetzt viel Spaß!

 

* * * *

Ein neuer Anfang

* * * *



„Hallo, Harry.", sagte Malidotus Sorcery kalt, während ein boshaftes Lächeln seine Mundwinkel umspielte.

Harry Potter taumelte einen Schritt zurück. Er glaubte nicht, was er sah, traute seinen Augen nicht. Dort stand er. Er, der ihm Ginny genommen hatte, der sie so gewissenlos ermordet hatte. Urplötzlich und als hätten diese Gefühle nur auf einen Grund zum Ausbrechen gewartet, flammte eine unbändige Wut in ihm auf, ein grenzenloser Hass. Er wollte sich auf seinen Bruder stürzen, nichts außer dem Wunsch, ihn umzubringen, in seinen Gedanken. Doch Sorcery hob nur die Hand und Harry war gezwungen, stehen zu bleiben.

„Du hast sie umgebracht!", schrie Harry ihn an.

Sorcery zuckte nur ungerührt die Schultern. „Und?"

Harry versuchte mit aller Macht, gegen Sorcerys Zauber anzukämpfen, doch er schaffte es nicht, ihn zu durchbrechen.

„Spar dir die Mühe, Harry . . . Sie hat ein schönes Grab.", bemerkte Sorcery mit einem Blick auf Ginnys verschneiten Grabstein.

„Wag es ja nicht, von ihr zu reden!", fauchte Harry.

Sorcery lächelte spöttisch. „Aber es soll den Menschen doch angeblich helfen, über ihre Schuld zu reden."

Harry fuhr mit einer jähen Bewegung zurück und starrte seinen Bruder an. Sag es mir nicht.

„Oder willst du etwa behaupten, ihr Tod sei nicht deine Schuld gewesen?", fuhr Sorcery gelassen fort. Er nahm den Zauberspruch von Harry und trat auf seinen Bruder zu.

Hastig versuchte Harry, nach seinem Zauberstab zu greifen, doch er war nicht da. Da er in den Ferien ohnehin nicht zaubern durfte, hatte er ihn im Fuchsbau gelassen. Mit dieser Erkenntnis überkam ihn eine seltsame Ruhe. „Es war nicht meine Schuld.", sagte er fest. Glaub daran, glaub einfach daran!

„Darf ich dich daran erinnern, dass wir vor ihrem . . . unglücklichen Tod miteinander gesprochen haben? Du warst nicht sonderlich begeistert, was meine Anliegen betraf. Und ich mag es nicht, wenn man sich meinen Wünschen widersetzt.", Sorcerys Stimme war seidig weich. Doch das unheilvolle Funkeln in seinen schwarzen Augen strafte seine Stimme Lügen.

„Ich werde mich dir nicht anschließen. Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht.", Harry versuchte, selbstsicher zu klingen, doch er glaubte es selbst nicht.

Würde er wirklich nicht aufgeben, wenn Sorcery ihm alles nahm, was ihm wichtig war? Er wusste, dass seine Freunde in Gefahr waren. Und das allein aus dem Grund, weil sie seine Freunde waren. Würde er nicht wirklich alles tun, um sie zu beschützen?

„Dann lerne, mit den Konsequenzen zu leben.", Sorcery sah ihn beinah ungerührt an. „Aber . . . ich will dir keine falschen Hoffnungen machen: die Prophezeiung wird sich erfüllen, ganz gleich, was du tust."

Harry schüttelte den Kopf und ballte die Fäuste. „Es wird keine Erfüllung der Prophezeiung geben!", spuckte er aus. Das Gefühl des Selbstzweifels in ihm war nun von einem bebenden Zorn ersetzt worden. Sorcerys Selbstsicherheit machte ihn rasend. Er wollte nichts lieber tun, als sich auf ihn zu stürzen und ihn mit bloßen Händen umzubringen, doch er wusste, dass ihm das nicht möglich war. Noch nie in seinem Leben hatte er einen Menschen mehr gehasst, als in diesem Moment seinen Bruder. Noch nicht einmal Voldemort war in der Lage gewesen, ein solches Gefühl in ihm auszulösen.

Sorcery lächelte jetzt, doch ein bösartiges Licht war in seine Augen getreten. Langsam hob er die Hand und strich mit den Fingerspitzen über Harrys Narbe. Harry wich nicht zurück, sah seinem Gegenüber nur hasserfüllt in die Augen.

„Noch bist du Der Junge Der Lebt.", sagte Sorcery leise. „Fragt sich nur, wie lange noch."

„Du wirst mich nicht umbringen.", erwiderte Harry fest, denn zumindest dessen konnte er sich sicher sein.

Sorcery ließ die Hand sinken. „Glaub mir, man kann auch tot sein, wenn man noch am Leben ist.", seine Stimme war eiskalt. Noch einen Augenblick lang schaute er Harry an, dann wandte er sich ab und verließ gelassen und selbstsicheren Schrittes den Friedhof.

Harry sah ihm hinterher und wurde sich erst jetzt dem Schmerz in seiner Narbe bewusst. Doch er beachtete ihn kaum. Hatte er wirklich das Richtige getan? Wie lange würde es dauern, bis Sorcery einen weiteren Menschen aus seinem Leben riss? Bis er seine Aufmerksamkeit auf Ron, Hermine oder Sirius richtete?

Er würde es nicht ertragen, sie zu verlieren. Er würde es nicht ertragen, eine weitere Beerdigung zu besuchen und zu wissen, dass er die Schuld trug. Er würde es nicht noch einmal ertragen, in zwei tote Augen zu blicken und zu wissen, wer ihr Leben beendet hatte.

Nicht noch einmal . . .


* * * *


Remus Lupin war zu spät. Er hatte Besorgungen in der Winkelgasse gemacht und eilte nun, nachdem er außerhalb der Schlossmauern appariert war, durch die Gänge von Hogwarts. Heute war ein Treffen des Phönixordens angesetzt. Diese Treffen hatten sich schon durch das gesamte letzte Halbjahr gezogen; und heute würde es zum ersten Mal ohne Dumbledore stattfinden. Als er endlich im Südturm ankam, begegnete er Minerva McGonagall, der Professorin für Verwandlung.

„Guten Abend, Minerva.", begrüßte Remus die Lehrerin.

„Hallo, Remus. Bist du ebenfalls zu spät?", sie lächelte nachsichtig.

Remus erwiderte ihr Lächeln. „Ich musste mir in der Winkelgasse neue Bücher und einen Umhang kaufen und habe dabei etwas die Zeit vergessen."

Sie betraten nun einen Raum, in dem lediglich ein runder Tisch aus schwarzem Holz stand. Eine Seite des Raumes bestand komplett aus Fenstern, die den Blick auf den dämmrig-trüben Himmel freigaben. An der gegenüberliegenden Wand hing ein Gemälde, auf dem ein Phönix mit strahlend schönem Gefieder in allen Farbtönen von Gelb bis Rot abgebildet war, der gerade aus seiner Asche auferstand.

Die anderen Mitglieder waren schon anwesend, darunter alle Lehrer von Hogwarts, Arabella Figg, Mundungus Fletcher, Arthur Weasley, der Rest der Alten Kämpfer und alle neuen Mitglieder des Phönixordens.

Remus setzte sich an seinen Platz neben eine junge Hexe namens Emily Richardson. Minerva, seit Dumbledores Abwesenheit das Oberhaupt des Ordens, ließ sich am Kopf des Tisches nieder.

„Ich begrüße euch alle. Obwohl jeder von euch an einem Tag wie heute eigentlich bei seiner Familie sein sollte, habe ich euch zusammengerufen. Und zwar aus einem Grund, den ihr euch sicher alle denken könnt.", mit diesen Worten legte sie die neueste Ausgabe des Tagespropheten auf den Tisch.

Die Schlagzeile lautete Dumbledore in Askaban!

„Idioten.", grummelte Arabella. Sie war eine ältere Dame, groß und dünn mit beinah weißen Haaren und wachen, blauen Augen. Trotz ihres Alters war sie noch immer eine fähige Hexe.

„Der Meinung sind wir alle, doch die Frage ist: was tun wir dagegen?", fragte Minerva.

„Dum- . . . Dumbledore ist in Askaban?", unterbrach Arthur Weasley fassungslos.

Minerva sah ihn erstaunt an. „Sie wissen es nicht?"

Mr. Weasley schüttelte den Kopf. Er war schneeweiß im Gesicht. „Die Zeitung kam erst kurz bevor ich den Fuchsbau verlassen habe. Ich hatte keine Gelegenheit mehr, sie zu lesen."

„Fudge hat Dumbledore nach Askaban gebracht, da er ihn für die toten Schüler von Hogwarts verantwortlich macht. Es gab keinen Prozess.", erklärte Remus.

„Fudge benimmt sich wie ein Gott. Er tut, was immer ihm als richtig erscheint.", quiekte der kleine Professor Flitwick.

„Dass es meist vollkommener Irrsinn ist, was er tut, ignoriert er dabei," fügte Remus hinzu.

„Und . . . was tun wir dagegen?", fragte Mr. Weasley. Noch immer stand ihm der Schock ins Gesicht geschrieben.

„Versuchen, ihn da rauszuholen," erwiderte die junge Hexe neben Remus, Emily.

So ein Kommentar hätte auch von Sirius stammen können, fuhr es Remus durch den Kopf.

„Und wie wollen Sie das anstellen, Miss Richardson?", spottete ein leise Stimme.

Remus warf seinem Gegenüber einen tadelnden Blick zu. Fahlgesichtig, hakennasig und zynisch wie üblich – warum wunderte er sich eigentlich jedes Mal aufs Neue über Severus Snape? Der Meister der Zaubertränke hatte die Arme vor der Brust verschränkt und interessiert eine Augenbraue in die Höhe gezogen. Neben ihm saß eine hübsche, etwa gleichaltrige Hexe mit dunkelbraunem Haar, die ein höhnisches Lächeln auf den Lippen hatte. Ihr Name war Meg.

In Emilys Augen blitzte es, als sie Snape wütend anfunkelte. „Ich habe nicht bemerkt, dass Sie einen besseren Vorschlag gemacht haben, Professor Snape," giftete sie.

Oh ja, sie ist eine jüngere Version von Sirius, Snape wird sich freuen, dachte Remus leicht schadenfroh.

Snape zog die Augenbrauen noch etwas weiter hoch und wollte gerade etwas sagen, als Minerva dazwischen ging.

„Es hilft uns nicht, wenn wir darüber streiten. Tatsache ist, dass Fudge Dumbledore aufgrund der neunzehn toten Schüler nach Askaban geschickt hat. Er macht ihn dafür verantwortlich. Tatsache ist aber auch, dass die Dementoren Askaban verlassen haben, wir brauchen uns also zumindest keine Sorgen um Dumbledores geistigen Zustand machen."

„Großartig.", sagte Snape sarkastisch. „Dann können wir ja zur Tagesordnung übergehen."

„Severus, wenn du nichts Produktives beizutragen hast, dann halt den Mund.", entgegnete Minerva scharf, doch das hatte keine sonderlich große Wirkung auf Snape, er lächelte nur.

„Wir können zur Zeit nichts für ihn tun, er wird bewacht wie ein Schwerverbrecher," ließ sich Mundungus Fletcher vernehmen, ein kleiner Mann in Minervas Alter mit schon etwas lichterem braunen Haar, einer runden Brille vor den hellen Augen und einem nicht zu übersehenden Bauchansatz. Doch er besaß noch immer eine Wendigkeit und Schnelligkeit, die man ihm auf den ersten Blick gar nicht zutraute.

„Aber wir müssen doch etwas tun, um ihm zu helfen!", warf Emily heftig ein.

Arabella warf ihr einen warmen Blick zu. „Wir würden ihm alle gerne helfen, doch es ist im Moment einfach nicht möglich.", bei diesen letzten Worten richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf Minerva.

Diese nickte nach einem kurzen Moment zögerlich, aber man sah, dass sie sich nur ungern von diesem Thema abwandte. „Severus, kannst du etwas Neues berichten?"

Snape sah sie ausdruckslos an. „Nein. Ich habe es schon gesagt und ich sage es noch einmal: Voldemort vertraut mir nicht mehr. Aus diesem Grund wusste ich nichts von der Prophezeiung und weiß auch bis heute nicht, wo Malidotus Sorcery sich aufhält."

Remus sah ihm nachdenklich in die Augen. Augen so schwarz, leer und kalt wie dunkle, endlose Tunnel. Er fragte sich, an welchem Punkt Snape sich entschlossen hatte, ein Todesser zu sein. Und an welchem Punkt er erkannt hatte, dass er es nicht mehr sein wollte. Und warum Dumbledore ihm so bedingungslos vertraute. Snape war ein Spion; er war es schon vor Voldemorts Sturz gewesen und er war es nun wieder. Genaugenommen war er der Einzige, der es ihnen ermöglichte, zumindest einige Anschläge des Dunklen Lords zu vereiteln. Doch Remus traute ihm nicht. Nicht so wenig, wie Sirius es tat, aber er war misstrauisch.

„Was ist mit den Dementoren?", unterbrach Minerva seine Gedanken.

„Voldemort hält sie zurück. Sie sind unruhig, aber er versorgt sie immer wieder mit Menschen, deren Seele sie aussaugen können. Noch hält er sie damit ruhig, aber sie sind ein Pulverfass. Sie lassen sich nicht beherrschen.", antwortete Snape.

„Könnte man irgendetwas tun, um diese armen Menschen zu retten, bevor sie ihre Seele verlieren?"

Snape schüttelte den Kopf. „Nur die Todesser, die Voldemort am nächsten stehen, wissen, wo die Dementoren und ihre Opfer sich aufhalten. Und selbst wenn wir es wüssten: wir könnten nichts dagegen tun. Oder willst du verantworten, dass sich ein paar hungrige Dementoren auf die unkontrollierte Jagd nach menschlichen Seelen machen?"

Minerva musste ihm widerwillig Recht geben und wandte sich an Remus: „Wo ist Sirius?"

„Er arbeitete immer noch an dem Auftrag, den Dumbledore ihm gegeben hat. Außerdem hat ihn die Weiße Rose wieder eingestellt und ich nehme an, dass er am recherchieren ist.", erklärte Remus.

„Er verbringt Weihnachten bei Ihnen, Arthur, nicht wahr?"

Mr. Weasley nickte. "Er wollte heute Abend ankommen."

„Natürlich, wir machen die Arbeit und Black nimmt sich frei.", bemerkte Snape sarkastisch.

„Ich glaube, dass es in diesen Tagen sehr wichtig ist, dass Harry jemanden hat, der für ihn da ist, Severus.", Minerva klang, als sei ihre Geduld so gut wie ausgeschöpft.

Doch Snape ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er sah aus, als sei er mit sich und der Welt vollkommen zufrieden.

Minerva schüttelte resigniert den Kopf und massierte sich die Schläfen. „Gut, was ist mit dem neuen Direktor?"

„Noch so ein Punkt, bei dem Fudge seine Unfähigkeit zum Ausdruck gebracht hat.", stellte Remus fest.

„Trotz allem müssen wir mit ihm zurecht kommen."

Arabella schnaubte. „Ich wünsche dir viel Spaß dabei, Minerva."

Minerva schaute sie tadelnd an. „Glaub mir, ich bin ebenso wenig erfreut wie du, aber Hogwarts kann es sich derzeit nicht leisten, noch mehr Aufmerksamkeit und Groll auf sich zu ziehen. Und wir müssen an die Schüler denken."

„Das tue ich! Und genau aus diesem Grund sollten wir so einen Schulleiter nicht akzeptieren!"

„Minerva hat Recht. Wir sollten zunächst abwarten und schauen, was auf uns zukommt.", stimmte Mundungus der Verwandlungslehrerin zu, woraufhin Arabella spöttisch lächelte.

Remus bemerkte, wie Snape die Stirn runzelte und etwas sagen zu wollen schien, es sich schließlich aber anders überlegte und schwieg. Neben ihm schüttelte Meg den Kopf, sagte aber ebenfalls nichts.

„Nun, dann haben wir für heute alles geklärt. Wir treffen uns nach Schulbeginn, ihr werdet eine Nachricht von mir erhalten.", schloss Minerva.

Es brach zustimmendes Gemurmel aus, Stühle wurden gerückt und Snape knallte die Tür gegen die Wand, als er sie schwungvoll aufstieß, um mit schnellen Schritten in Richtung Kerker zu verschwinden. Meg folgte ihm.

„Er ist unmöglich!", stieß Emily aus und strich sich mit einer unterstreichenden Geste die dunkelblonden Haare aus dem Gesicht.

Remus lächelte. „Er war schon immer so. Du könntest dich mit Sirius zusammentun, ihr hättet Gesprächsstoff für Stunden."

„Ich kann ihn vollends verstehen. Snape ist so . . ."

„ . . . anders?", schlug Remus diplomatisch vor.

Jetzt war es an Emily, zu lächeln. „Genau."

In diesem Moment trat Mr. Weasley zu ihnen. „Remus, wie geht es Ihnen?"

„Gut, danke der Nachfrage. Und Ihnen?"

„Wie es eben so geht, nicht wahr?", Mr. Weasley lächelte.

„Ich werde mich dann mal auf den Weg nach Hause machen. Bis zum nächsten Mal, Remus, Mr. Weasley.", sagte Emily, die bemerkt hatte, dass die beiden Männer alleine sein wollten.

„Bis dann, Emily.", entgegnete Remus und Emily verließ den Raum.

„Ich kann das immer noch nicht fassen. Dumbledore in Askaban . . .", Mr. Weasley schüttelte den Kopf.

„So ging es mit auch, als ich heute Morgen den Tagespropheten gelesen habe. Es ist unglaublich, was Fudge sich erlaubt.", gab Remus ihm Recht, während sie langsam den Raum verließen und die Treppen nach unten gingen.

„Er wirft den mächtigsten Zauberer der Welt ins Gefängnis! Glaubt er denn wirklich, so könne er Du-weißt-schon-wen aufhalten?!", polterte Mr. Weasley.

Remus lächelte. „Fudge ist vollkommen überfordert. Er weiß nicht, was er tun soll. Nach den Überfällen auf Hogwarts und das Muggel-Krankenhaus erwarten die Menschen Handlungen von ihm."

„Und als Reaktion sperrt er Dumbledore ein. Wie inkompetent kann man eigentlich sein?"

„Bei Fudge kennt es augenscheinlich keine Grenzen."

Mr. Weasley seufzte. "Gehen Sie nach Hause, Remus?"

Remus nickte. „Ja, ich werde zurück nach Brighton apparieren."

„Wollen Sie nicht mit in den Fuchsbau kommen? Sie sollten den Abend nicht alleine verbringen und sicher würden Sie sich freuen, Sirius wiederzusehen, oder?"

„Ich will Ihnen keine Umstände machen.", Remus war wie immer zu höflich, um solch ein Angebot ohne Widerrede anzunehmen.

„Ob wir nun einen Gast mehr oder weniger haben, ist nicht ausschlaggebend. Und Molly wird sich freuen, Sie zu sehen.", widersprach Mr. Weasley.

Remus überlegte einen Moment. Dann lächelte er. „Ich würde mich freuen, Weihnachten bei Ihnen zu verbringen. Doch dann lassen Sie uns noch kurz nach Hogsmeade gehen. Ich möchte Ihrer Frau wenigstens einen Strauß Blumen mitbringen, wenn ich ihr schon einen zusätzlichen Esser beschere."

Mr. Weasley lachte. „In Ordnung, gehen wir nach Hogsmeade."


* * * *


Als Harry den Friedhof verließ, war er so in Gedanken versunken, dass er nicht bemerkte, wie es wieder anfing zu schneien. Noch immer dachte er an sein Gespräch mit Sorcery. Er wusste, dass das, was er getan hatte, richtig gewesen war; und trotzdem fühlte er sich schuldig.

Er hatte die Sicherheit all der Menschen aufs Spiel gesetzt, die ihm etwas bedeuteten.

Mit einem Mal huschte ein bitterer Ausdruck über sein Gesicht. Hatte er wirklich geglaubt, mit Ginnys Tod sei alles vorbei und Sorcery und die Prophezeiung würden sich in Luft auflösen? Wie naiv man doch sein konnte . . .

In seinem Blickfeld tauchte nun der Fuchsbau auf und Harry musste trotz seiner dunklen Gedanken unwillkürlich lächeln. Das Haus der Weasleys sah aus, als sei es direkt aus einem Märchen entsprungen. Vollkommen verschneit und so windschief, dass es nur durch Zauberei am Zusammenbrechen gehindert wurde. Überall waren bunte Lichterketten aufgehängt und auch die große Tanne im Vorgarten war mit weißen Lichtern bestückt. Es war so, wie Harry sich Weihnachten immer vorgestellt hatte.

Bei den Dursleys hatte das ganze Haus vor Kitsch nur so getrieft. Eine Krippe mit dem Jesuskind und Maria und Josef hatte im Garten gestanden, auf dem Dach war alljährlich ein Schlitten mitsamt Weihnachtsmann und Rentieren aufgebaut. Alles natürlich aus Plastik und in grell leuchtenden Farben.

Weihnachten bei den Weasleys war anders. Das ganze Haus verbreitete solch eine Wärme und Geborgenheit, dass Harry sich beinah vorstellen konnte, er würde wirklich nach Hause kommen, um mit seiner Familie Weihnachten zu feiern.

Langsam betrat er den Garten, seine Füße hinterließen Spuren auf dem frischen Neuschnee. Bis zu dem Zeitpunkt, als er vor wenigen Stunden das Haus verlassen hatte, waren sie eingeschneit gewesen. Erst, als es aufgehört hatte zu schneien, hatte Mr. Weasley einen Schneeräumzauber angewandt und Harry war sofort und unbemerkt nach draußen geflüchtet.

Langsam schob Harry nun das Fenster der Eingangstür hinunter, öffnete die Tür von innen und trat in die kleine Küche.

„Harry?", hörte er eine besorgte Stimme und keine Sekunde später kam eine aufgeregte
Mrs. Weasley in die Küche gewuselt. „Gott sei Dank, da bist du ja!", mit diesen Worten zog sie ihn in eine schraubstockfeste Umarmung.

„Ich war nur kurz spazieren.", sagte Harry beruhigend und versuchte, sich aus den Armen der erleichterten kleinen Frau zu befreien.

„Kurz? Du warst zwei Stunden weg!", erwiderte Mrs. Weasley tadelnd und drückte ihn auf einen Stuhl.

„Es tut mir Leid, ich wollte Ihnen keine Sorgen machen. Wo sind die anderen alle?"

„Sie sind dich suchen gegangen. Aber sie sind erst vor kurzem verschwunden, es wird kein großes Problem sein, ihnen Bescheid zu geben, dass du wohlbehalten wieder hier bist.", mit diesen Worten zog sie ihren Zauberstab aus der Schürze, richtete ihn auf die Uhr, die an der Wand hing und tippte nacheinander auf alle dort abgebildeten Familienmitglieder, während sie ein paar leise Worte murmelte.

Harry bemerkte, dass der Zeiger aller Weasleys – außer dem von Arthur Weasley – auf 'Auf der Suche' deutete. Und dass Ginnys Platz auf der Uhr leer war.

Schmerzlich wandte er den Blick ab. Obwohl er glaubte, ihren Tod akzeptiert zu haben, so kam dieser unerträgliche Schmerz unregelmäßig und immer dann, wenn er ihn am wenigsten erwartete, zu ihm zurück und dann fühlte er sich, als würde ihm plötzlich die Luft zum Atmen fehlen.

„So, das wäre erledigt, sie dürften bald alle zurück sein.", riss Mrs. Weasley ihn aus seinen Gedanken und Harry zwang sich zu einem Lächeln.

„Ist Sirius schon da?", fragte er.

Mrs. Weasley nickte. „Ja, er kam, kurz nachdem du verschwunden bist."

In diesem Moment ging die Tür auf und drei Gestalten wirbelten in die Küche. „Oh Gott, Harry, da bist du ja!", hörte er Hermine Grangers Stimme undeutlich unter einem Wollschal hervorklingen. Ihre Haare waren weiß vor Schnee und ihr Gesicht war gerötet. Sie stürmte auf Harry zu und zog ihn fest in ihre Arme.

„Hermine, mir geht's gut.", versuchte Harry seine beste Freundin zu beruhigen, doch das bewirkte nur, dass Hermine ihn noch fester an sich drückte.

„Ich bin echt froh, dass dir nichts passiert ist.", sagte auch die andere Gestalt, die sich mittlerweile als Harrys bester Freund Ron Weasley entpuppt hatte. Schmelzender Schnee tropfte aus seinen roten Haaren und seine blauen Augen leuchteten vor Erleichterung.

Als die dritte Person ihre Mütze abgenommen und den Schal von ihrem Gesicht gewickelt hatte, erkannte Harry Rons ältesten Bruder Bill. Seine langen roten Haare waren zu einem Zopf zusammengefasst und er trug eine dicke Jacke aus einem lederartigen Stoff, der Harry an eine Drachenhaut erinnerte.

Hermine hatte ihn mittlerweile wieder losgelassen und betrachtete ihn argwöhnisch. „Wo warst du?"

„Spazieren.", wich Harry aus.

Erneut ging die Tür und Fred und George Weasley betraten die Küche.

„Du hast echt Nerven, weißt du das?", fragte Fred grinsend und zog sich die Handschuhe aus.

„Leute, ich war nur kurz spazieren. Ich bin, glaub ich, alt genug, um das zu tun, oder?", Harry wurde langsam leicht ärgerlich. Er verstand ja, dass sie sich Sorgen gemacht hatten, doch seiner Meinung nach übertrieben sie es ein wenig.

„Es ist nur so, dass du hättest Bescheid sagen können.", erklärte Bill ruhig.

Unter seinem Blick fühlte Harry ein schlechtes Gewissen in sich aufsteigen. „Es tut mir Leid. Es wird nicht wieder vorkommen.", sagte er leise.

„Wo ist Sirius?", schaltete sich Mrs. Weasley ein.

„Ich bin hier.", mit diesen Worten betrat Sirius Black, Harrys Patenonkel, die Küche, die langsam aber sicher etwas zu klein für all die Leute wurde.

Während er sich eine schwarze Mütze vom Kopf zog sah er Harry prüfend an. „Wir reden später darüber, okay?"

Harry nickte, schaffte es aber doch nicht ganz, seinem Patenonkeln so offen wie er es gerne gehabt hätte, in die Augen zu schauen.



* * * *


Meg war Severus durch die Gänge von Hogwarts gefolgt. Es war immer wieder ein seltsames Gefühl, nach so langer Zeit wieder hier zu sein. Hier, wo sie den größten Teil ihrer Jugend verbracht hatte. Sie hätte den Weg zu den Kerkern auch im Schlaf gefunden, war sie doch selbst eine ehemalige Slytherin.

Severus war ihr sozusagen davongelaufen, doch sie wusste, wo sein Büro lag. Und sie wusste, dass er wusste, dass sie ihm gefolgt war.

Meg stieß ein leichtes Seufzen aus. Warum war er nur so verdammt kompliziert? Sie kam zu dem Gang, in dem seine Räume lagen und musste lächeln, als sie sah, dass er die Tür zu seinem Büro aufgelassen hatte. Leise trat sie ein. Severus stand mit dem Rücken zu ihr an der Feuerstelle für seine Zaubertränke. Im Kamin flackerte ein kleines Feuer, das den Raum in wohlige Wärme tauchte. Auf dem steinernen Boden lagen schwarze Teppiche, eine Wand war vollkommen mit Regalen bedeckt, die sich unter den vielen Büchern zu biegen schienen, die Möbel waren aus dunklem Eichenholz und an den Raum grenzten zwei weitere Türen, von denen Meg vermutete, dass sie ins Bad und das Schlafzimmer führten.

Das auffallendste im ganzen Raum war aber sicherlich der kleine Tisch, der in der Mitte einer Sofagarnitur stand: er war aus Stein und der Sockel bestand aus drei Schlangen, die sich gegenseitig umwanden.

Meg richtete ihren Blick wieder auf Severus. Er hatte ihr noch immer den Rücken zugewandt und schien sie nicht bemerkt zu haben. Doch sie wusste es besser: er wusste, dass sie hinter ihm stand.

Und er hielt es nicht für nötig, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken. Erneut seufzte sie.

„Du weißt schon, dass du Minerva mit deinen Kommentaren zur Weißglut treibst, oder?", fragte sie schließlich.

„Und?", entgegnete er ungerührt.

Meg verdrehte daraufhin entnervt die Augen. Doch hatte sie mit etwas anderem gerechnet? Nein.

„Willst du darüber reden?"

„Über was?"

„Darüber, was dir auf der Seele liegt.", sie kannte Severus mittlerweile schon lange genug, um zu wissen, wann es ihm schlecht ging. Noch schlechter als üblich. Meist zeigte sich das in seinem übertriebenen Sarkasmus und einer besonders schlechten Laune.

Sie konnte beinah fühlen, wie Severus ob ihres Kommentars höhnisch lächelte. „Welche Seele?", entgegnete er, die Stimme voller Zynismus.

Meg schüttelte resigniert den Kopf. „Jetzt sind wir also wieder an dem Punkt."

Ihr Gegenüber schwieg beharrlich.

„Severus, ich kann verstehen, dass du wütend bist, weil Dumbledore in Askaban ist. Aber daran sind weder ich noch die anderen Mitglieder im Orden Schuld! Also lass deine Wut nicht an uns aus, sondern geh zu Fudge und bind' es dem auf die Nase!", forderte Meg heftig.

„Würdest du mich jetzt bitte allein lassen, ich muss den Trank für den Werwolf fertig machen.", Severus wirkte weiterhin vollkommen unbeteiligt, als habe er ihre letzte Bemerkung überhaupt nicht registriert.

„Du bist so ein Sturkopf!", fuhr Meg ihn an.

Doch als er auch daraufhin nichts erwiderte, wandte sie sich wutschnaubend ab, verließ sein Büro und knallte die Tür dabei laut hinter sich ins Schloss.


* * * *


Mit einem leisen Lächeln im Gesicht, von dem man nicht sagen konnte, ob es Anerkennung oder Amüsement entsprang, blätterte er durch die dünne Zeitschrift in seinen Händen. Sein Lächeln verwandelte sich allerdings in eindeutigen Spott, als er eine der Überschriften las: Lord Voldemort wieder auferstanden – was wir dagegen tun können.

Manche Menschen bildeten sich tatsächlich ein, etwas gegen den Dunklen Lord unternehmen zu können. Und er hatte sich in den letzten Tagen schon oft gefragt, ob vielleicht auch er –

„Master Malfoy, Ihr Tee, Sir.", quiekte eine hohe Stimme und riss den Jungen damit aus seinen Gedanken.

Draco Malfoy hob den Kopf und strich sich das helle blonde Haar aus dem Gesicht. „Stell ihn auf den Tisch.", befahl er dem Hauselfen, der der Aufforderung sofort nachkam, mit einem kalten und verächtlichen Blick in den schiefergrauen Augen.

„Wünscht Master Malfoy noch etwas, Sir?", fragte der Hauself ängstlich und schaute seinen Herrn demütig an.

Draco lächelte ob der panischen Verschrecktheit in den Augen des kleinen Dienstboten. „Nein, lass mich allein."

Mit einer letzten tiefen Verbeugung wandte der Hauself sich um und verließ die Bibliothek, in die Draco sich zurückgezogen hatte.

Mit einem gelangweilten Seufzen wandte sich Draco wieder dem Heft zu. Es mochte vielleicht ganz amüsant sein, die Dienerschaft in Angst und Schrecken zu versetzen, doch auf die Dauer wurde auch das langweilig. Er schlug das Heft zu.

Die Weiße Rose. Eine Widerstandsgruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Dunklen Lord öffentlich anzugreifen und ihre Hassparolen gegen ihn in alle Welt hinauszuposaunen. Im Gegensatz zum Tagespropheten, dessen Redakteure oftmals zu ängstlich waren, sich richtig gegen Voldemort auszusprechen, war die Weiße Rose die einzig wahre Widerstandszeitung der magischen Welt. Und ihre Mitglieder lebten in Anbetracht von Voldemorts Rache in ständiger Gefahr.

Seine Vater Lucius hatte die Zeitung nach Voldemorts Wiederaufstieg sofort abonniert, um zum einen den Schein eines angesehen Ministeriumsmitarbeiters zu wahren, zum anderen, um immer über den Widerstand auf dem Laufenden zu sein.

Draco stand auf und warf die Zeitung in den Papierkorb.

Dann wanderte er durch die Reihen der unzähligen Bücherregale in der hauseigenen Bibliothek von Malfoy Manor. Sein Vater war der Meinung, jede angesehene Familie müsse eine eigene Bücherei besitzen und im Grunde genommen war dieser Raum der schönste im ganzen Haus.

Die Tische und Regale waren aus Kirschholz; die Sessel und Sofas aus schwarzem Leder, der Parkettboden war mit schweren, dunkelgrünen Teppichen ausgelegt und alle Kerzen, die den Raum erleuchteten, standen in Haltern aus dunkel angelaufenem Silber. An den Wänden hingen Gemälde vorheriger Generationen, die Decke war mit Szenerien aus Voldemorts früherer Schreckensherrschaft bemalt (die natürlich nur dann offen zu sehen waren, wenn es keine Folgen nach sich ziehen würde) und eine große Treppe führte zu einer Empore, auf der weitere Bücherregale standen und auf der sich, gut versteckt, der Eingang zu den Räumen befand, die die Familie Malfoy ohne Wenn und Aber als Schwarze Magier ausgezeichnet hätten.

Alle Bücher hatten ausnahmslos mit Schwarzer Magie und der Geschichte der magischen Welt zu tun.

Draco hatte endlich das Buch gefunden, das er gesucht hatte und zog es aus dem Regal. Es war grün eingebunden und goldene Buchstaben verkündeten den Titel des Buches: Avada Kedavra.

Er setzte sich an den nächsten Tisch, öffnete das Buch und las das Vorwort:

Mühevoller Tod

Wie leicht kannst du sein

Grünes Licht

Kein Geräusch

Auf leisen Sohlen wandelt das Ende

Schwärzester Fluch

Von machtvoller Hand gesprochen

Bereitest du den Weg

In Himmel und Hölle



Sein Vater hatte ihn dazu aufgefordert, bis zum Ende der Weihnachtsferien zumindest zwei der drei Verbotenen Flüche zu beherrschen. Den Imperius-Fluch hatte er bereits erlernt, er war nicht weiter schwierig gewesen.

Doch die anderen beiden bereiteten ihm Probleme. Aus Gründen der magischen Unfähigkeit, wie Lucius vermutete. Draco lachte innerlich höhnisch aus. Magische Unfähigkeit! Und das ihm, Draco Malfoy! Eigentlich sollte er jedoch froh sein, dass sein Vater die wahren Gründe nicht kannte. Solange er nur davon ausging, dass sein Sohn zu untalentiert war, die Flüche zu beherrschen, blieb er wenigstens noch am Leben.

„Draco?", ertönte plötzlich die Stimme seiner Mutter Narcissa.

Draco verdrehte die Augen zur Decke und schlug das Buch zu. „Ich bin hier, Mutter."

Dann stand er auf und ging um die Regale herum wieder nach vorne. Narcissa stand in einem Kleid aus rotem Samt in der Tür, im Gesicht denselben scharfen und arroganten Blick, den auch Draco so gut beherrschte.

„Was machst du, Draco?", fragte sie. Ihre blauen Augen blickten ihren Sohn misstrauisch an.

„Ich lese. Das Buch über den Todesfluch.", erklärte Draco.

Und nun lächelte Narcissa. Doch es war kein warmes und liebvolles Lächeln, sondern ein Lächeln, aus dem nur kalter Stolz sprach. „Gut. Dein Vater kommt bald nach Hause. Und ich erwarte, dass du beim Abendessen anwesend bist. Er hat Neuigkeiten."

Draco nickte und war froh, als seine Mutter ihn wieder allein ließ. Sie war eine Todesserin, ebenso wie sein Vater ein Todesser war und sie waren stolz darauf. Sehr stolz, um es genau zu sagen. Und Draco war stolz auf sie. Denn war man nicht immer stolz auf seine Eltern?

Doch seit Beginn der Ferien . . .

Draco unterbrach seinen Gedankengang mit einem energischen Stopp. Er war stolz auf seine Eltern. Und er brachte ihnen Respekt entgegen.

Die Tatsache, dass er seit Beginn der Ferien gezwungenermaßen hatte anfangen müssen, nachzudenken, ignorierte er.


* * * *


„Harry, kannst du bitte die Teller ins Wohnzimmer tragen, Hermine, nimm bitte das Besteck und du Ron, kümmere dich um die Gläser.", Mrs. Weasley rannte geschäftig in der Küche auf und ab, rührte einmal in dem Topf, nahm einmal den Deckel von einem anderen, und sah aus, als stünde sie kurz vor einem Herzinfarkt.

Die drei Freunde kamen ihrer Aufforderung deshalb ziemlich schnell nach und trugen Teller, Besteck und Gläser ins Wohnzimmer des Fuchsbaus, wo Bill gerade damit beschäftigt war, den Tisch so zu verzaubern, dass alle an ihm Platz hatten, während Fred und George ihm altkluge Tipps gaben.

„Du musst das anders machen, Bill, so haben wir doch keinen Platz! Denk dran, dass Dad auch noch kommt.", sagte Fred gerade und George grinste nur, als er Bills verzweifelten Blick bemerkte.

„Ich frage mich echt, wie ich es so lange mit euch unter einem Dach ausgehalten habe! Nächstes Jahr mache ich es wie Charlie und Percy und bleibe einfach in Ägypten!", erwiderte Bill, augenscheinlich vollkommen entnervt.

„Wo sind Charlie und Percy eigentlich?", fragte Harry und stellte die Teller auf den Tisch.

„Percy meint, das Ministerium käme in keinem Fall ohne ihn aus . . .", antwortete George sarkastisch.

„ . . . Und Charlies Drachen in Rumänien sind gerade in der Brunftzeit. Er kann sie nicht alleine lassen.", fuhr Fred fort.

„Ist eigentlich schade, dass Charlie nicht da ist.", fand Ron.

„Und Percy hätte ich auch gerne wiedergesehen.", meinte Hermine, worauf ihr die anderen entsetzte Blicke zuwarfen. „Was?", fragte sie unschuldig.

Fred schüttelte den Kopf. „Sie will Percy wiedersehen . . . Hast du Fieber, Hermine?"

Hermine lächelte. „Nein, aber ich mag ihn."

Harry bemerkte Rons Blick, den dieser ihr daraufhin zuwarf und grinste in sich hinein. Wenn man es nur irgendwie arrangieren könnte, dass die beiden unter dem Mistelzweig landeten . . .

In diesem Moment betrat Sirius das Zimmer. „Soll ich euch helfen?", fragte er.

„Sie können mir in der Küche helfen, Sirius.", entgegnete Mrs. Weasley, die gerade ins Wohnzimmer gewuselt war und eine Schüssel voller Schokoladenpudding auf den Tisch gestellt hatte.

Sirius nickte und folgte der kleinen Frau in die Küche, während man von dort die Tür aufgehen hörte und die Stimme Arthur Weasleys erklang. „Sie können Ihre Jacke hier hinhängen, Remus.", sagte er.

Harry warf Ron und Hermine einen irritierten Blick zu. Remus? Doch seine beiden Freunde zuckten nur die Schultern.

Die drei gingen in die Küche und sahen, wie ihr Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste Mrs. Weasley gerade einen Strauß Blumen überreichte.

„Danke, Remus, aber das wäre wirklich nicht nötig gewesen.", meinte Mrs. Weasley daraufhin und Harry hätte schwören können, dass sie dank dem Lächeln auf Remus' Gesicht ein wenig errötete.

„Remus! Was machst du hier?", fragte Sirius nun erstaunt und zog seinen Freund in eine überschwängliche Umarmung.

„Ersticken, wenn du mich nicht gleich loslässt.", entgegnete Remus nach Luft schnappend und Sirius ließ ihn grinsend wieder los.

„Also?"

„Arthur hat mich eingeladen.", erklärte Remus, dann wandte er seine Aufmerksamkeit Harry, Ron und Hermine zu. „Hallo, ihr Drei."

Während die Drei noch seinen Gruß erwiderten, ertönte aus dem Wohnzimmer ein ohrenbetäubender Lärm und kurze Zeit darauf das Lachen der Zwillinge und Bills wutschnaubende Stimme. „Fred! George! Könnt ihr eure verdammten Scherzartikel nicht woanders liegen lassen?!"

Als Harry und die anderen das Wohnzimmer betraten, bot sich ihnen das pure Chaos: Fred und George kugelten sich beinah auf dem Boden, so sehr wurden sie von Lachanfällen geschüttelt und Bill lag mitten in einem Durcheinander aus Tischdecken, Tellern, Gläsern, Bestecken und zerbrochenem Holz.

„Was ist hier los?", donnerte Mr. Weasley und augenblicklich verstummten die Zwillinge. Nur ihre hochroten Köpfe und ein unterdrücktes Prusten wies darauf hin, dass sie ihr Lachen nur mühsam zurückhalten konnten.

„Fred und George haben einen ihrer Zaubererscherze auf dem Boden liegen lassen.", informierte ihn Bill.

„Und du bist darüber gestolpert und in den Tisch gefallen.", fuhr Sirius fort und Harry warf ihm einen schnellen Blick zu. In Sirius Augen blitzte es und man erkannte, dass auch er nur mühsam ein Lachen zurückhielt. Harry grinste. Als ehemaligem Marauder konnten ihm die Scherze der Zwillinge nur Recht sein.

„Du hast es erfasst.", erwiderte Bill sarkastisch und stand auf.

„Ich mache mir hier die Arbeit, bereite alles vor und gebe mir Mühe, alles so perfekt wie möglich zu machen und ihr habt nichts Besseres zu tun, als das alles mit einem eurer unnützen Scherze zunichte zu machen?!", polterte Mrs. Weasley mit einem Mal und Harry war wieder einmal erstaunt, wie wütend die kleine Frau werden konnte.

„Mum, es tut uns Leid, wir . . .", begann Fred, doch seine Mutter unterbrach ihn.

„Ihr geht jetzt sofort nach draußen und befreit die Wege vom Neuschnee! Ohne Magie! Wenn das Essen fertig ist, könnt ihr wieder rein kommen!"

Fred und George sahen sich kurz an und kamen wohl zu dem Schluss, dass ein Widerspruch nichts bringen würde, außer die Wut ihrer Mutter noch mehr zu steigern und so fügten sie sich.

„Wir werden dieses Chaos in Ordnung bringen, kümmern Sie sich nur um das Essen, Molly.", warf Remus ein und Mrs. Weasley warf ihm einen dankbaren Blick zu.

Harry sah Ron grinsend an. „Also eins steht fest: Weihnachten bei euch ist alles, nur nicht langweilig."


Wenig später saßen sie alle an dem großen, festlich gedeckten Tisch, der sich beinah bog unter den vielen Speisen, die Mrs. Weasley zubereitet hatte.

Fred und George saßen ruhig nebeneinander und bekamen immer wieder funkelnde Blicke von Mrs. Weasley zugeworfen, doch mittlerweile konnte auch sie über den Anblick lachen, den Bill geboten hatte.

Mit einem Mal legte Mr. Weasley sein Besteck sinken und sah einmal in die Runde. Er wirkte plötzlich unbehaglich und als fühle er sich nicht wohl in seiner Haut.

„Arthur, was ist denn?", fragte Mrs. Weasley besorgt, als sie den Blick ihres Mannes bemerkte.

„Hat . . . einer von euch heute schon den Tagespropheten gelesen?", fragte er und bekam als Antwort allgemeines Kopfschütteln.

Als Harry darauf hin die Gesichter vor Sirius und Remus sah, wusste er, dass etwas passiert sein musste.

„Ich habe es in dem Durcheinander ganz vergessen, aber . . . sie . . . haben Dumbledore nach Askaban gebracht."

Ungläubiges Schweigen legte sich über den Tisch und Harry, der die entsetzten Blicke der anderen sah, wusste, dass er nicht minder geschockt wirkte.

„Wie bitte?!", fragte Bill.

„Sie haben Dumbledore nach Askaban gebracht?!"

„Warum?!"

„Das können sie doch nicht machen!"

Mr. Weasley schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, du hast Unrecht, Ron, sie können es. Und sie haben es getan. Dumbledore wird für die verstorbenen Schüler in Hogwarts verantwortlich gemacht. Und Fudge hat das Erste getan, was ihm in den Sinn kam."

„Die Dementoren haben Askaban aber verlassen, oder?", wollte Harry wissen.

„Ja.", antwortete Remus. „Sie stehen unter Voldemorts Kommando."

„Und was wird getan, um ihn da rauszuholen?", wollte Mrs. Weasley wissen.

„Wir sind dabei, alles zu tun, was in unserer Macht steht. Aber Fudge lässt nicht mit sich reden und momentan wird Dumbledore noch zu sehr bewacht, als das wir in mit Gewalt herausholen könnten.", antwortete Sirius.

„Wer wird unser neuer Schulleiter?", warf Hermine ein.

Mr. Weasley und Remus sahen sich unbehaglich an. „Es ist besser, wenn ihr das noch nicht wisst und es erst mit den anderen Schülern erfahrt.", wich Mr. Weasley aus.

„Aber, Dad . . .", begann George.

„Nein, George. Der Phönixorden hat angeordnet, dass es niemand erfährt, und dabei bleibt es."

George wirkte beleidigt, sagte aber nichts mehr.

Die restliche Zeit des Essens verlief ruhig, jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach.

Harry konnte immer noch nicht richtig fassen, was Mr. Weasley ihnen vor wenigen Minuten erzählt hatte. Es war schon unverantwortlich gewesen, Dumbledore als Direktor von Hogwarts zu entlassen, doch ihn auch noch in das berüchtigtste Gefängnis der magischen Welt zu sperren, grenzte beinah schon an Wahnsinn.

Als die anderen fertig mit Essen waren und sie Mrs. Weasley noch in der Küche geholfen hatten, wollte Harry gerade mit Ron und Hermine nach oben gehen, als sein Blick auf Sirius fiel, der ihm mit einem leichten Kopfnicken bedeutete, ihm zu folgen.

„Geht schon mal hoch, ich komme gleich.", meinte Harry zu seinen beiden Freunden und schnappte sich noch seine Jacke, als er bemerkte, dass Sirius nach draußen ging.

Er fand seinen Patenonkel auf einer Bank im verschneiten Garten der Weasley und setzte sich zu ihm.

„Es geht um vorhin, nicht wahr?", begann Harry nach einer Weile.

Sirius sah ihn an. „Du warst auf dem Friedhof?"

Ein trauriges Lächeln huschte über Harrys Gesicht und er nickte. Hatte er geglaubt, Sirius etwas vormachen zu können? Ausgerechnet ihm?

„Ich . . . musste einfach dorthin. Zu . . . ihr . . . verstehst du das?", fragte Harry leise.

„Ja.", erwiderte Sirius. „Ich verstehe dich. Aber . . . du kannst nicht gehen, ohne überhaupt jemandem Bescheid zu sagen, dass du gehst.", fuhr er kopfschüttelnd fort.

Harry richtete seinen Blick auf seinen Patenonkel und ein ärgerlicher Ausdruck hatte sich in seine grünen Augen gelegt. „Sirius, ich bin glaube ich alt genug . . ."

„Nein, verdammt noch mal, du bist scheinbar noch nicht alt genug!", explodierte Sirius mit einem Mal, sprang von der Bank auf und funkelte Harry wutentbrannt an. „Sonst würdest du nicht so verantwortungslos handeln und einfach verschwinden, ohne jemandem zu sagen, wohin du gehst!"

Und obwohl Harry die Sorge in Sirius' Augen erkennen konnte, aus der dessen Wut resultierte, war er nicht bereit, nachzugeben. Er war nicht bereit, sich wie ein kleines Kind behandeln zu lassen. „Ich war nur spazieren! Was hätte ich denn sagen sollen?! 'Ich geh mal kurz zum Grab meiner Freundin und bin in zwei Stunden wieder da'?!", schrie Harry zurück.

„Du warst weg! Alleine! Kannst du dir vorstellen, welche Sorgen wir uns um dich gemacht haben?! Du bist Teil einer Prophezeiung, die unsere Welt zerstören kann und du hast zwei Todfeinde, die dich lieber heute als morgen in ihre Finger bekommen würden! Waren dir die letzten Monate denn nicht Warnung genug?!"

„Ich lasse mich nicht von euch in einen goldenen Käfig sperren! Du kannst mir nichts befehlen, Sirius, du bist nicht mein Vater!"

Sirius fuhr mit einer jähen Bewegung zurück und nach einem kurzen Augenblick legte sich plötzlich eine angespannte Ruhe über seine Gesichtszüge. „Wenn du das so siehst, ist ja alles geklärt.", sagte er mit einer erzwungenen ruhigen Stimme, wandte sich ab und verschwand in der Dunkelheit.

Harry sah ihm nach und konnte nicht fassen, was er eben gesagt hatte.


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tbc . . .

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Sodele, das war's wieder. Wäre lieb von euch, wenn ihr mir ein kurzes Feedback schickt *lieb guckt*. Und vielleicht auch – an alle, die „Das letzte Geheimnis?" gelesen haben – was ihr von dem veränderten Stil mit den verschiedenen Blickwinkeln haltet. Ich fands irgendwie interessanter, als alles immer nur aus Harrys Sicht zu schreiben. Bis zum nächsten Kapitel!