Gedanken eines Augenblicks – eine Kurzgeschichtensammlung
1. Euphorie des Augenblicks
Leer wurde es um sie herum und die Kühle der Nacht nagte an ihr. Sie stand noch immer wie versteinert da, konnte sich kaum rühren. Ganz langsam wurde ihr bewusst, dass es vorbei war, doch keiner warf einen Augenmerk auf die junge Frau...
Vorbei.
Die grausamen Seiten der Dunkelheit hatten sich endgültig verzogen und hinterließen Gefühle der Freiheit, die der Verstand noch nicht fassen konnte. Nicht in dieser bizarren Situation, in der sich das Schlachtfeld am Fuße des Schlosses langsam leerte, in der keiner weiter Augenmerk auf die junge Frau warf, die soeben ihren langjährigen Freunden ein mattes Lächeln hinterhergeworfen hatte, ihnen versprochen hatte gleich nachzukommen - den Sieg zu feiern...
Sie blickte gedanklich zurück auf die letzten Stunden des Kampfes, in dem sie im Grunde nur eine nebensächliche Rolle gespielt hatte. Ließ die Szenen erneut durch ihren Kopf rauschen, die schrecklichen Schreie, die mutigen Reaktionen und waghalsigen Taten, während sie in die Unendlichkeit des Nachthimmels starrte. Ihr Blick verlor sich zwischen den Sternen, entdeckte immer weiter entfernt glimmende Punkte, die sich zu einer unzähligen Gesamtheit entwickelten und keiner warf einen Augenmerk auf die junge Frau...
Die Nacht war schon weit fortgeschritten. Warum fanden Endkämpfe immer in kalten Nächten statt? War die Kälte boshaft? Sie richtete ihren Kragen auf und zog das grobe Material des Mantels näher an ihren Körper, auch wenn er ihr nur noch nachlässig Schutz bot, da die Spuren des Kampfes auch an ihm nicht achtlos vorübergezogen waren. Frühlingsnächte können erschreckend sein, ganz im Gegensatz zu den duftenden Tagen, an denen die Welt neu erblühte. Neu erblühen – das würde sie in ihrem letzten Schuljahr stärker den je, doch in diesem Moment warf keiner einen Augenmerk auf die junge Frau...
Euphorie suchte sich schleichend Wege zu ihrem Bewusstsein, was ihr das erste Lächeln seit Tagen auf das Gesicht zauberte, dass sie erstrahlen ließ, dass ihre Atmung verschnellerte und Adrenalin in ihre Adern pumpte. Adrenalin, welches sich wie eine berauschende Welle in ihr ausbreitete, doch niemand bemerkte es, denn keiner warf einen Augenmerk auf die junge Frau...
Irrtum.
Jemand tat es, denn entgegen ihrer Erwartung war sie nicht allein. Allein in der Euphorie des Augenblicks. Plötzlich war es ganz natürlich, dass sie sich an einen männlichen Körper, den sie zuvor noch nie berührt hatte, schmiegte. Euphorie. Plötzlich machte es einen Sinn, dass sie ihre Hände in eine schwarze Flut von Haaren versenkte. Euphorie. Plötzlich gab es keinen Widerspruch, als sie ihren Kopf hob und seine Lippen suchte.
Stumm lotste er sie durch einen Hinterausgang zu seinen privaten Räumen. Sie wollte es. In diesem Augenblick wollte sie ihn und sie ließ es geschehen, als er sie von ihrer Kleidung befreite, kaum war die Tür hinten ihnen ins Schloß gefallen. Sie wollte es und konnte nicht länger warten, als sie unter ihrer entblößten Haut die massive Tischplatte des Schreibtisches fühlte. Sie wollte es, als seine Hände über ihre verlangende Haut strichen und sie ihre Zähne in seine Schulter versenkte. Seine Roben würden Spuren verdecken, wie sie immer alles verdeckten, was sie gerade nur schemenhaft in dem schlecht beleuchteten Raum sah, jedoch deutlich fühlte, mit jeder einzelnen Körperfaser, durch die die anhaltende Ekstase strömte.
Die Kälte der Umgebung bescherte ihr eine prickelnde Gänsehaut, die sich mit dem Gefühl von euphorischem Verlangen mischte. Nein, Kälte war nicht boshaft, dass wusste sie in diesem Augenblick.
Er stellte es nicht in Frage, warum sie sich gerade ihn ausgesucht hatte. Er genoß es, als er ihre Hände an den sensibelsten Punkten seines Körpers spürte. Er genoß es und gab ihr was sie verlangte, als er seine Zunge über ihre Haut streifen ließ. Er genoß es, während er ihre weiblichen Kurven erkundete, dass sie ihn den ganzen interessierten Jungen ihres Alters vorzog. Er genoß ihre fordernde Art und Weise, die man auch in ihren nicht enden wollenden Fragestellungen erkannte. Sie war nicht mehr unerfahren. Nein, das konnte er fühlen, als er in sie eindrang. Es zauberte ein Lächeln auf seine Lippen und es setzte diese junge Frau, die gerade ihre Beine um seine Hüften schlang und seinen Rhythmus so perfekt vervollständigte, in ein anderes Licht. Es veranlasste ihn zu weiteren Phantasien, gab ihm Spielraum und entfesselte um ein weiteres seine Leidenschaft, in der sie in seinen Augen maßlos an Schönheit gewann.
Hermione Granger, mit dem unbändigen Durst nach Wissen – nicht nur nach Wissen – das konnte Severus Snape in diesem Moment am eigenen Körper erfahren, als ihre Euphorie in zitternde Schauer explodierte und die Luft aus ihren Lungen presste, ihrer Atmung eine erschreckende Pause gab.
Ihre Beine noch immer um seine Hüften geschlungen, trug er sie in sein Schlafraum und genoß es, dass sie es wollte...
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Morgen werden sie sich den ganzen Tag aus dem Weg gehen. Sie werden auch auf der großen Siegesfeier nicht miteinander sprechen und sie werden kein Wort über diese Stunden in seinen Kerkern verlieren, zu keinem. Selbst die Gedanken daran werden sie versuchen bei Seite zu schieben. Dennoch wird sie sich morgen Nacht, wenn sich die Feierlichkeiten dem Ende neigen, zu seinen Räumlichkeiten schleichen. Sie werden sich erneut berühren und es wird kaum ein Wort fallen. Nur ihr Name, denn er wird sie Hermione nennen, was sie verblüffen wird und ihr die Bestätigung gibt, das jemand einen Augenmerk auf sie warf...
