kapitel 19
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Meine Hände umklammern weit entfernte Träume.
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Als Snape am nächsten Morgen erwachte war irgendetwas anders als sonst. Er war sich sofort der Tatsache bewußt, daß das Zimmer in dem er lag, sonnendurchflutet war - ganz im Gegensatz zu den üblichen Lichtverhältnissen seiner Räume in Hogwarts - aber das war es nicht.
Er horchte in sich hinein, um den Grund für sein erstaunliches Wohlbefinden zu finden.
Und dann wurde ihm plötzlich klar, daß er viele Stunden am Stück geschlafen hatte. Traumlos. Erholsam. Tief...
Während er die wohlige Schläfrigkeit, langsam räkelnd und streckend, ablegte, gingen seine Gedanken zum gestrigen Abend zurück.
Er hatte kein einziges Mal an den Lord gedacht, oder den Orden, oder Hogwarts, die Schüler, die Kollegen, seine Pflichten - es war so unendlich angenehm gewesen, einmal einen ganzen Abend mit den Gedanken nur bei einer angenehmen Tätigkeit zu sein.
Hermine hatte viel gelacht und ihn mit ihrer unbeschwerten Freude, über das gemeinsame Klavierspiel, angesteckt.
Auf der einen Seite beneidete er sie um die Leichtigkeit mit der sie die Gefahren, in denen sie alle schwebten, aus ihren Überlegungen streichen konnte.
Auf der anderen Seite war ihm das allerdings gestern, wie ihm jetzt erst wirklich bewußt wurde, durch ihre Gegenwart ebenfalls gelungen.
Aaah... so fühlte es sich also an, ausgeschlafen zu sein. Ein herrliches Gefühl!
Er stand auf und streckte sich noch einmal ausgiebig, bevor er sich den Morgenmantel überwarf und ins Badezimmer ging.
Es gab in der ersten Etage, nur ein Badezimmer und als er es betrat lag noch der Duft von Hermines Cremes und Seifen in der Luft. Die Wanne war hinter dem Duschvorhang nass.
Auf dem Waschbecken stand allerdings nichts, was auf ihre Gegenwart hindeutete. Lediglich eine geschlossene, dunkelrote, samtene Kulturtasche stand auf dem kleinen Schränkchen im Raum. Sogar das Handtuch das sie benutzt hatte, hatte sie neben ihrer Tasche zum Trocknen aufgehängt und ein frisches, unbenutztes neben das Waschbecken gelegt.
Ihr Versuch, sich so 'unsichtbar' wie möglich zu machen? Er hatte ein schlechtes Gewissen, daß er ihr so überdeutlich klar gemacht hatte, daß er sie nicht hatte dabeihaben wollen. Aber der Gedanke, daß sie herausfinden könnte, warum er wirklich hier war, war schrecklich für ihn. Ihn wunderte sowiso, warum sie ihn noch nicht darauf angesprochen hatte, daß er keine Magie anwandte, seit sie Hogwarts verlassen hatten. Es konnte ihr unmöglich nicht aufgefallen sein. Es war dumm von ihm gewesen, sie nicht das Tor bei ihrer Ankunft mit einem Zauber öffnen zu lassen, anstatt es selbst ohne Magie zu tun. Aber er hatte es schon so oft getan, daß er nicht darüber nachgedacht hatte.
Wie er viel zu oft, in Hermines Gegenwart, einfach nicht vernünftig nachdachte...
Er seufzte und hoffte, daß sie davon ausging, daß es einfach eine exzentrische Manie von ihm war, wenn er sich in der Muggel-Welt bewegte.
Er sah einen Moment unbewegt sein Spiegelbild an, zog sich dann selbst eine Grimasse und ging zur Wanne, um sich ebenfalls zu duschen.
Als er nach unten kam, stand sein Frühstück bereit. Hermine war nicht zu sehen.
Als er sich bei Mrs. Janney nach ihr erkundigte, erfuhr er, daß sie schon sehr früh aufgestanden war, um die Umgebung ein wenig zu erkunden.
Er frühstückte in Ruhe und tat es ihr dann gleich. Die Wahrscheinlichkeit, daß sie den gleichen Weg einschlagen würden war gering und so stellte er sich auf einen ungestörten Spaziergang durch das Waldgebiet ein, in dem die Lodge lag.
Er war noch keine Viertelstunde unterwegs, als er ein Rufen hörte.
Kein Hilferuf, einfach nur ein lautes, langgezogenes "Haaalloo! Ist da jeeemand?!" - es war eindeutig Hermines Stimme.
Warum um Himmels willen brüllte sie hier so durch die Highlands? Er beschleunigte seine Schritte. Je näher er kam, desto deutlicher konnte er sie fluchen hören. Es waren Worte dabei, die er aus ihrem Munde nicht erwartet hätte und ein Schmunzeln kräuselte seine Lippen. Was immer geschehen war, es passte ihr ganz und gar nicht.
Als er sie endlich gefunden hatte, konnte er ihr ihre Schimpftirade nicht verübeln.
Sie war offenbar bei einer kleinen Kletterpartie, den Hügel hinunter, ausgerutscht oder gestolpert - jedenfalls war sie, wie man an der Spur über den Waldboden gut erkennen konnte, den steilen Hang ungebremst hinabgefallen und lag nun eingeklemmt, zwischen den Ausläufern einer großen Baumwurzel. Sie schien sich etwas verrenkt oder verstaucht zu haben, da sie sich, über ein dickes Wurzelteil hinübergreifend, das Fußgelenk des Beines festhielt, das in der Wurzel feststeckte.
Ihre Kleidung war verdreckt und an einigen Stellen kaputt - ihre Haare waren gespickt mit Blättern und erstaunlich zerzaust.
Jetzt ließ sie das Fußgelenk wieder los und streckte sich vergeblich nach etwas, das einige Meter von ihr weg, den Hang hinab, auf dem Boden lag.
Snape setzte vorsichtig einen Fuß nach dem anderen auf dem glatten Laub-Teppich auf, der Hermine zum Verhängnis geworden war und arbeite sich Meter für Meter zu ihr herab.
Sie hörte ihn natürlich und gab einen erleichterten Laut von sich, als sie ihn kommen sah.
"Oh, Merlin sei dank, daß du mich gehört hast."
Er sah sie nicht an, sondern achtete sorgfältig auf seine Schritte.
"Du warst ja nicht zu überhören. Hast du dich verletzt?"
"Nichts Schlimmes, denke ich, ich fürchte ich habe mir den Knöchel verrenkt, aber sonst bin ich ok."
Noch einige Schritte und er war bei ihr.
Er sah sich die Szene an und schüttelte den Kopf.
"Wie hast du den Fuß nur SO da reinbekommen?"
Sie grinste verlegen und zuckte mit den Schultern.
"Als ich hier unten ankam, steckte er da drin - keine Ahnung wie - und mein Zauberstab ist mir nicht nur aus der Hand geflogen und außerhalb meiner Reichweite gelandet...", sie zeigte zerknirscht auf den Stab etwa zwei Meter weiter ".... sondern ist wohl auch noch kaputt gegangen - ich glaube, ich bin darauf gelandet und er ist dann weitergeflogen."
Ihr Gesicht war dreckig, sie hatte sich mit den schmutzigen Händen hindurchgewischt. Eine nicht tragische, aber breite Schürfwunde zog sich über ihre Schläfe. Und Snape konnte sehen, daß mindestens einige wenige Tränen helle Spuren in ihrem hinterlassen hatten. Vermutlich hatte sie ihrer Wut freien Lauf gelassen, vermutete er. Aber jetzt ließ sie sich nichts anmerken. Er fragte sich, wie lange sie hier wohl schon festsaß.
Wie bekam er sie jetzt hier heraus? Und viel wichtiger - wie bekam er sie dann zur Lodge zurück?
"Kannst du bitte diese Wurzel aufmachen, oder wegmachen oder weichmachen - oder was auch immer dir einfällt, damit ich den Fuß wieder herausbekomme?"
Denke, Severus, denke!, klang es in seinem Hirn.
"Tut mir leid, Hermine, ich habe meinen Zauberstab nicht dabei - das werden wir wohl auf die handwerkliche Art machen müssen."
Hermine legte den Kopf schief und sah ihn mißtrauisch an. Professor Severus Snape, Mitglied des Ordens des Phönix, paranoidester Zauberer Hogwarts sollte seinen Zauberstab nicht dabei haben? Sie sagte nichts, aber sie bemerkte durchaus, daß sein Interesse unter anderem deshalb so stark auf die Wurzel gerichtet war, weil es damit am einfachsten war, zu vermeiden, sie anzusehen.
"Dann hol ihn doch eben...", sagte sie gedehnt und beobachtete genauestens seine Reaktion.
Er sah sie weiterhin nicht an, sondern suchte einen dicken Ast, den er als Hebel benutzen konnte.
"Damit ich die ganze Strecke nochmal gehen muß und du noch eine Ewigkeit hier, auf dem Waldboden sitzt? Nein, nein, das kriegen wir auch so hin."
"Dann nimm doch meinen Zauberstab - für so eine kleine Sache wird er schon reichen. Bei mir ist es sicher zu gefährlich, aber bei der Erfahrung die DU hast...", keine Regung entging ihr.
"Diesmal liegst du Alleswisserin wirklich daneben. Der Stab ist kaputt, das hast du selbst richtig erkannt - wer weiß, was er produziert, wenn man ihn jetzt benutzt - selbst wenn man viel Erfahrung hat. Nein, lieber nicht. Ich benutze keinen Stab außer meinem eigenen. Da mußt du jetzt wohl mal ohne magische Hilfe durch. Das lehrt dich vielleicht auch mal wieder, sie nicht als selbstverständlich anzusehen.", sein Gesicht war betont gelassen, aber seine Stimme war gereizt.
"Tyrann", warf sie ihm gemurmelt entgegen, hielt sich aber mit verständlicher gesprochenen Beleidigungen zurück, da sie ihm ohne weiteres zutraute, sie noch eine Weile hier schmoren zu lassen, wenn er noch gereizter werden würde.
Schnell hatte er gefunden, was er gesucht hatte, setzte den dicken Ast an einer logischen Stelle an, und einen Atemzug später konnte Hermine ihren Fuß befreien.
Sie erhob sich stolpernd und wäre beinahe wieder ausgerutscht, aber Snape hielt sie.
Er sah jetzt abwechselnd den Hügel hinauf und an Hermines Bein herab. Der Knöchel war dick angeschwollen, aber Hermine konnte ihn bewegen. Gebrochen war er wohl nicht.
Snape hatte ihren Zauberstab geholt, dessen Spitze ein wenig gesplittert war und ihn ihr in die Hand gedrückt. Sie würde ihn bei Olivanders reparieren lassen müssen. Jetzt jedenfalls konnte sie ihn nur unter ihre Kleidung stecken.
"Komm jetzt", etwas ruppig faßte er sie und stützte sie. Gemeinsam erreichten sie, Stück für Stück, wieder den Weg.
Oben angekommen war Hermine von der schmerzhaften Hüpferei bereits völlig erledigt. Aber noch während sie überlegte, wie sie es wohl am besten zur Lodge zurückschaffen könnte, hatte Snape sie am Rücken und unter den Knien gepackt und hochgehoben. Sie legte ihre Arme um seinen Hals, um es ihm irgendwie leichter zu machen. Die Situation erschien ihr äußerst beschämend, aber ihr Geist war weniger damit beschäftigt, als vielmehr mit dem jetzt unübersehbar auffälligen Verhalten Snapes.
Er zauberte nicht... er tat es wirklich nicht...
Ihr Gewicht schien für ihn keine große Last zu sein, aber seine Miene war versteinert. Bis zum Haus zurück sprach er kein Wort. Als sie ankamen, war er dann doch ein wenig außer Atem. Er rief nach Mrs. Janney, die ihnen erschrocken die Türe öffnete und sofort den Weg bis ins Wohnzimmer freimachte.
"Wie ist das denn passiert?", fragte sie besorgt.
"Miss Granger ist im Wald ausgerutscht und einen Hügel hinuntergestürzt. Haben Sie etwas im Haus, womit wir den Knöchel kühlen können?"
Er setzte Hermine, mit einem leisen Keuchen, in einen der großen Sessel und ließ sich in den zweiten Sessel fallen.
Er schwieg, bis er wieder bei Atem war, dann zischte er ungehalten: "Was bitteschön hattest du vom Weg ab in diesem Waldstück zu suchen?"
"Was bitteschön veranlaßt dich, ohne Zauberstab das Haus zu verlassen?", fragte sie, um Gelassenheit bemüht, zurück.
Er ließ, mit einer genervten Geste, den Kopf nach hinten gegen die weiche, hohe Lehne des Sessels fallen.
"Warum sollte ich nicht einmal das Haus ohne Zauberstab verlassen?"
"Dann hol ihn doch jetzt aus deinem Zimmer und kühl bitte den Fuß auf magischem Wege. Es tut sehr weh."
Er blitzte sie giftig an.
"Du hast es durchaus verdient, daß du dich auf die langsame Weise behandeln lassen mußt. Du wirst nicht daran sterben."
"Severus, du kannst ablenken wie du willst - über dir prangt ein Schild auf dem in blinkender Leuchtschrift geschrieben steht ‚keine Magie'! Oder willst du das bestreiten?"
Sie lehnte sich etwas vor, darauf achtgebend, daß sie den Fuß nicht zu stark belastete.
"Selbst wenn ich dir deinen Zauberstab jetzt in die Hand drücken würde, würdest du ihn nicht benutzen, oder? Und nicht, damit ich zur Strafe auf Muggelweise behandelt werde... Du fährst Auto, du öffnest Tore auf umständliche Weise, du hast gestern abend sogar das Kaminfeuer noch einmal von Hand in Gang gebracht und jetzt gerade hast du mich ins Haus ‚getragen'..."
Er antwortete nicht sondern schloß die Augen, den Kopf weiter nach hinten gelehnt. Die Anspannung in seinem Körper strafte die gelassene Kopfhaltung allerdings Lügen.
"Warum zauberst du nicht?"
Er antwortete nicht.
"Severus!", ihre Stimme wurde strenger.
Er öffnete die Augen und starrte, deutlich aufsteigende Wut kaum unterdrückend, einen imaginären Punkt an der Wand an.
Hermine ließ nicht locker und ihre Stimme knallte durch den Raum, wie man es sonst nur von dem Zaubertrankmeister gewohnt war: "WARUM?"
Er sprang plötzlich mit einer so schnellen Bewegung auf, daß Hermine erschrocken in ihrem Sessel zurückwippte. Zorn blitzte jetzt offen funkelnd aus seinen Augen. Und er schrie es ihr laut entgegen: "WEIL ES NICHT GEHT!!! WEIL ICH ES NICHT KANN!!! WEIL ICH WEGEN POPPYS ZEUG IM MOMENT KEINERLEI MAGISCHE FÄHIGKEITEN HABE! WEIL ICH BIS MORGEN EIN VERDAMMTER, MAGIETAUBER MUGGEL BIN! UND DAS KOTZT MICH AN! ZUFRIEDEN?!!!"
Hermine war blaß geworden. Sie hatte etwas in der Art vermutet, aber es schockierte sie trotzdem, es jetzt aus seinem Mund zu hören. Er konnte also nicht zaubern. Sie versuchte nachzuvollziehen, was das für ihn bedeuten mußte. Jeder andere Magier den sie kannte, hätte es vielleicht mit einem Achselzucken abgetan und den Tag abgewartet - nun ja - unter dem Strich war das ja wohl auch genau das, was Snape hier tat - aber bei ihm war das etwas anders... das war ihr klar...
Ihr wurde klar, daß er das schon unzählige Male erlebt haben mußte. Poppy hatte davon gesprochen, daß es schon seit Jahren regelmäßig geschah, daß sie ihm diese Arznei geben mußte. Und sie erinnerte sich rückblickend auch daran, daß Snape auch mitten in den Schuljahren manchmal für ein oder zwei Tage einfach weggewesen und von einem Kollegen vertreten worden war. Sie ahnte, daß er diese Tage regelmäßig in der Lodge verbracht hatte. Sicher vor Voldemort, sicher davor, daß einer der Schüler, oder wer auch immer, entdecken könnte, daß er, wenn auch nur kurzzeitig, magietaub war.
"Setze dich wieder hin.", sagte sie ruhig, auch wenn sie innerlich nicht ruhig war.
Snapes Brustkorb hob und senkte sich kräftig, aber ansonsten war der Zauberer sofort wieder zu seinem beherrschten Äußeren zurückgekehrt.
Er wartete noch einige Atemzüge lang, dann setzte er sich, zu ihrer Überraschung, tatsächlich wieder hin.
Er lehnte sich vornüber, stützte die Ellenbogen auf die Knie und legte sein Gesicht in seine Hände.
Die schwarzen Haare fielen links und rechts an seinen Händen vorbei nach vorne.
So blieb er sitzen.
"Ist das der Grund, warum du über das Mal jetzt nicht gerufen werden kannst, weil es ebenfalls davon betroffen ist?"
Er nickte leicht mit dem Kopf, ohne die Haltung zu verändern.
Hermine pfiff auf die Schmerzen in ihrem Knöchel. Sie ließ sich von ihrem Sessel herabgleiten und kniete sich vor ihm hin. Mit beiden Händen umfaßte sie erst seinen Kopf, dann seine Schultern, und zog ihn an sich heran - und er ließ es zu.
Er löste sogar seine Hände von seinem Gesicht und schlang stattdessen seine Arme um sie herum. Vergrub sein Gesicht nun an ihrem Hals. Sein Atem ging so tief und ausgeprägt, wie bei jemandem, der damit erfolgreich verhinderte, daß er weinte aber vielleicht war es auch nur die Wut, die in ihm darüber brodelte, daß er in dieser, für ihn unerträglichen Situation war.
Sein Gesicht fühlte sich heiß an auf ihrer Haut.
Sie blieb einfach vor ihm gekniet und hielt ihn, streichelte ihm über den Kopf, immer und immer wieder, so wie er es bei ihr getan hatte, als er nach dem schrecklichen Traum in ihr Zimmer gestürzt gekommen war. Sie küßte ihn auf seine schwarzen Haare und nach einer langen Zeit des Schweigens und des Haltens und Gehalten werdens, konnte sie fühlen, wie sein Körper, unter ihren Armen, langsam die Anspannung verlor.
Und als er sich zögernd und vorsichtig aus ihrem Arm löste, war es an ihr, ihm ihren Zeigefinger unters Kinn zu legen und sein Gesicht zu ihrem hochzuheben, wie er es tags vorher, im Garten, bei ihr getan hatte.
"Warum sagst du so etwas nicht? Warum teilst du das nicht mit jemandem, von dem du weißt, daß du ihm trauen kannst - mit mir?"
"Das kann ich nicht.", preßte er leise heraus.
"Warum nicht? Weil du Angst hast vor dem, was dann passiert? Was ist denn jetzt passiert wo ich es weiß? Nichts! Außer daß ich mich jetzt nicht mehr bei jeder Gelegenheit bei der du nicht zauberst, darüber wundere."
"Aber..."
"Nichts aber. Du redest völligen Unfug, wenn du dich jetzt selbst als Muggel bezeichnest." ihr Blick zeigte ihm, daß sie ein wenig wütend war. Aber plötzlich erheiterte sich ihr Ausdruck.
"Sieh es doch als eine Art Zauberer-Grippe", sie grinste ihn an.
Er verdrehte die Augen, aber seine Züge entspannten sich merkbar.
"Zauberer-Grippe...", er zog eine Grimasse bei dem Wort.
"Genau."
Sie nahm sein Gesicht jetzt in ihre Hände und sah ihn eindringlich an.
"Du heilst, Severus! Das ist ein Heilmittel, das da gerade bei dir wirkt, ist dir das eigentlich klar? - und es wird einen Grund haben, weshalb es gleichzeitig verhindert, daß du zauberst. Ich habe mitbekommen, wie Poppy erklärt hat, daß es fatal ist, gute Magie anzuwenden, um das zu lindern, was Voldemort seinen Opfern antut. Jeder andere wäre vermutlich immer noch ein Fall für die Krankenstation, aber du machst schon wieder Rundreisen durch die Highlands." Sie ließ sein Gesicht los und griff stattdessen nach seinen Händen, hob sie aneinandergedrück hoch und preßte sie fest an sich.
Er sah jetzt verlegen aus. Ein Ausdruck, den Hermine noch nie vorher bei ihm gesehen hatte. Er ließ ihn beinahe jungenhaft erscheinen.
"Und ich würde sagen, daß die Wirkung des Opiums schlechter für dich ist, als die des Pranakrautes, meinst du nicht? Jetzt bist du wenigstens voll da, wenn man mal von deinen Zauberfähigkeiten absieht."
Er sah sie erschrocken und gleichzeitig misstauisch fragend an und Hermine hätte sich am liebsten geohrfeigt, dafür, daß ihr das herausgerutscht war.
Sehr kurz überkam sie jetzt ebenfalls Verlegenheit, aber dann entschied sie, daß es nichts gab, wofür sie sich schämen mußte.
"Ja, ich war da - ich habe auf der Krankenstation gesehen, was los war und danach war ich in deinem Quartier - bei dir - die ganze Nacht." Seine Augen wurden mit jedem ihrer Sätze größer.
"Ich habe die Auswirkungen dessen gesehen was Voldemort mit dir getan hat, und ich habe gesehen, wie dein Körper auf die Heilmittel reagiert hat. Ich habe dich im Opiumrausch gesehen und ich weiß, wie sehr Poppy darunter leidet, daß sie dir immer mehr und mehr geben muß. - Severus - ich weiß soviel mehr von dir, als du glaubst!" ihre Stimme wechselte, von selbstsicherer Bestimmtheit, zu einen beinahe flehentlichen Ton "bitte - bitte laß mich ein Teil deines Lebens sein! Schließ mich nicht daraus aus, wie all die anderen. Ich bin nicht wie all die anderen. Verstehst du elender, starrköpfiger Narr das nicht? Verstehst du nicht, was du für mich bedeutest? Begreifst du immer noch nicht, was ich für dich empfinde?"
Fassungslosigkeit machte sich in seinem Gesicht breit, und er schluckte hart, aber er unterbrach sie nicht. Sah einfach nur mit großen, dunklen Augen in ihre leuchtenden Bernsteine, aus denen so unfassbar viel Gefühl leuchtete.
"Severus, ich liebe dich..", sagte Hermine leise aber eindringlich. Und sie sagte dies mit einem Paradoxon, das nur sie zustandebrachte. Sie sagte es mit einem ernsten Lächeln. Und irgendwo, an einer tief verborgenen Stelle in Severus, brachte dieses Lächeln einen Punkt endlich zum schmelzen, der vor langer Zeit zu Eis geworden war.
Hermine dehnte sich noch ein kleines Stück weiter zu ihm und hauchte ihm einen zarten, weichen Kuß auf die Lippen.
Er sagte gar nichts. Aber die Stille war eine andere, als noch vor wenigen Minuten. Sie konnte wieder diesen zärtlichen Schein in seinen Augen sehen, der ihr schon einmal verraten hatte, was er meinte, als er sagte, er könne sie nicht vor dem dunklen Lord verbergen.
Aber Severus Snape war außerstande, das Gefühl, das diesen Schein verursachte, in Worte zu fassen. Also sah er sie nur schweigend an.
Doch es reichte Hermine, was er ihr mit seinen Augen sagte.
Erst jetzt ließ sie ihn wieder los und wollte sich auf ihre Hacken setzen.
Aber der schmerzvolle Stich aus ihrem Knöchel, der wie eine lange, heiße Nadel in ihr Bein schoß, machte das unmöglich.
Sie verzog das Gesicht und stützte sich mit, einem leisen Fluch, auf seinen Knien ab.
Erschrocken erwachte er aus seiner Starre und hielt sie fest. Er faßte sie, erhob sich, mit ihr auf dem Arm und brachte sie, den einen Schritt, zu ihrem Sessel zurück.
Dann zog er seinen eigenen Sessel dicht vor ihren und setzte sich ihr gegenüber, so nah, daß ihre Beine sich berührten.
Er lehnte sich nach vorne, griff ihre Hände und stützte seine Ellenbogen dabei wieder auf seinen Knien auf.
Hermine hatte Angst, er könne sie Dummheiten fragen, wie 'ob sie sicher sei', oder ihr etwas von dem Altersunterschied zwischen ihnen erzählen.
Aber das tat er nicht.
Stattdessen machte er diverse Ansätze, etwas zu sagen, stoppte allerdings immer wieder, noch bevor der erste Ton über seine Lippen gekommen war. Er schien sich nicht sicher zu sein, ob die Worte die richtigen waren.
Hermine ließ ihm die Zeit, die er brauchte und irgendwann hörte sie ihn stockend sagen: "Ich versuche es."
Als es einemal heraus war, schien es leichter zu sein und er setzte flüssiger hinterher: "Ich verspreche dir, daß ich es versuche."
Hermine lächelte. Er brauchte nicht deutlicher zu werden, er brauchte ihr nicht erklären, was es war, das er versuchen wollte. Sie verstand ihn auch so...
"Das ist mehr, als ich erhoffen konnte."
Er sah sie etwas unsicher an.
"In diesem Punkt, sind die Plätze von Lehrer und Schüler wohl vertauscht."
Sie drückte seine Hände etwas fester und er erwiderte den Druck.
In diesem Moment betrat Mrs. Janney den Raum, in der Hand eine Wärmflasche mit kaltem Wasser, dem sie Eiswürfel beigefügt hatte und eine Tube mit Muggelsalbe, die für diesen Zweck gedacht war und die Hermine aus ihrem Elternhaus gut kannte.
Bevor Mrs Janney ihr die Salbe auf das Fußgelenk tun durfte, griff Snape sich die Tube und laß sich durch, was an Zutaten darin war. Er wiegte den Kopf etwas skeptisch hin und her, meinte dann aber: "Es wird zumindest nicht schaden." und reichte der Hausherrin das Mittel wieder zurück.
urz danach war Hermine versorgt. Ihr Fußgelenk war eingerieben mit der Salbe, umwickelt mit einem Handtuch und lag hochgelegt auf einem kleinen Hocker auf dessen Sitzfläche die Wärmflasche lag, die jetzt eine kühlende Funktion hatte.
Snape hatte sich nach der Eule erkundigt, die Hogwarts an die Lodge geschickt hatte und war kurz verschwunden. Als er wiederkam, hatte er die Schokoladentafeln in der Hand die sie am Tag vorher gekauft hatten.
"Wie geht es dem Fuß?"
"Ach, es geht schon. Ich fürchte nur, daß ich keine langen Spaziergänge machen kann." Sie seufzte. "Schade, es ist hier so schön."
"Wir werden sehen..." murmelte er, während er, wieder neben ihr im Sessel sitzend, die erste Tafel auspackte und in Stücke brach.
Hermine hatte gerade das erste Stück im Mund, als Mrs Janney hereinkam.
"Sie haben Besuch, Professor." - an ihrer Seite stand Poppy Pomfrey.
Snape erhob sich mit einem erleichterten Laut und ging auf sie zu.
"Ich danke dir, daß du so schnell gekommen bist, Poppy!"
"Aber Severus, wenn Du schreibst, daß es ein Notfall ist!", sie lächelte ihn an. Sie hielt allerdings nicht einmal bei ihm an, sondern ging direkt durch, zu Hermine.
"Na, was haben wir denn da?", lächelte sie und zückte ihren Zauberstab.
Selten war Hermine so froh gewesen, einen Zauberstab zu sehen.
Es dauerte nur wenige Augenblicke und sie konnte den Fuß wieder auswickeln und mit dem Handtuch die Salbenreste von ihrem Fuß reiben. Es war, als sei der Knöchel nie verletzt gewesen.
"Vielen Dank, Poppy."
Snape bemerkte die Vertraulichkeit zwischen den beiden Frauen sofort. Und sah interessiert zwischen ihnen hin und her.
"So, so... da haben sich also zwei Verschwörerinnen gesucht und gefunden, richtig?"
Er stand, die Arme verschränkt, den Kopf schief gelegt vor ihnen und sah auf sie herab.
Hermine und Poppy grinsten beide übertrieben, ohne etwas zu sagen.
Snapes Mundwinkel zuckten, aber er blieb ernst.
"Hermine hat mir bereits gesagt, daß sie vorgestern nacht in meinem Zimmer war, es gibt also keinen Grund für Heimlichtuereien."
"Hat sie das?", Poppy grinste noch breiter. "Und warum glauben Männer immer, daß sie alle Geheimnisse kennen, wenn sie EINS mal herausgefunden haben?"
Sein Gesichtsausdruck wurde etwas unsicherer, was Hermine zu einem Heiterkeitsausbruck verleitete, den sie allerdings höchst schnell wieder unter Kontrolle brachte, als sie Snapes Blick sah. Sie räusperte sich noch einmal, dann hatte sie ihre Fassung wieder.
"Und was macht ihr zwei heute noch so?", fragte die Medihexe völlig vertraulich und als sei überhaupt nichts dabei.
"Was sollen wir schon tun", fragte Snape irritiert "wir werden hier sitzen, lesen und warten, daß die Zeit vergeht - wie immer, wenn ich hier bin."
Hermine erhob keinen Einspruch.
Poppy sah ungläubig zwischen den beiden hin und her.
"Warum unternehmt ihr denn nicht irgendetwas? Wenn ihr schon unfreiwillig zwei Tage frei habt, dann nutzt diese doch bitte auch! Daß man dir...", dabei ging ihr Blick speziell zu Snape "...sowas immer sagen muß!"
"Unternehmen?", auch Hermine konnte sich, außer einem Spaziergang, nicht viel vorstellen, das man hier unternehmen konnte.
"Himmel", Poppy sah zur Zimmerdecke. "Inverness ist doch nur einen Katzensprung entfernt - sogar mit dem Auto, es ist Wochentag, das heißt alles hat geöffnet - fahrt da hin, unternehmt etwas und vergrabt euch hier nicht in den Büchern!"
Sie räumte ihren Zauberstab in die Tiefen ihres Umhangs ein und ging dann Richtung Ausgang.
"Ich sehe euch dann morgen abend wieder in Hogwarts."
Snape hob zustimmend und verabschiedend zugleich die Hand, ohne etwas zu sagen.
Hermine winkte ihr hinterher.
Die Türe schloß sich hinter ihr und schon war sie wieder weg.
Snape starrte ihr kopfschüttelnd nach und kam dann zu seinem Sessel zurück. Aber bevor er sich wieder setzte, sah er Hermine an. Er überlegte und fragte dann etwas zögernd: "Möchtest du nach Inverness?"
Mit dieser Frage hatte Hermine nicht gerechnet. Sie war davon so überrascht, daß sie nicht sofort antwortete. Aber als er sich bereits mit einem gemurmelten "Eine dumme Idee", setzen wollte, sagte sie: "Ja, gerne."
Er blieb stehen und sah sie mit einem Audruck an, der deutlich zeigte, daß er sein spontanes Angebot eigentlich lieber wieder zurücknehmen wollte.
Aber er tat es nicht.
"Dann ziehe ich mich jetzt eben um." Er ging zur Treppe und verschwand nach oben. Auf halber Strecke hörte sie ihn amüsiert hinterhersetzen: "Das solltest du auch tun. "Und als er schon nicht mehr zu sehen war, hörte sie von oben ein noch belustigter klingendes "Und du solltest irgendwas wegen deiner Haare unternehmen."
Hermine sah an sich herunter und griff gleichzeitig in ihre Haare hinein.
Daß sie schmutzig war, hatte sie natürlich gesehen, aber ihr war nicht klar gewesen, wie es um ihre Haare stand. Als sie diverse Blätter darin stecken fühlte, wurden ihre Augen groß und sie beeilte sich, in ihr Zimmer zu kommen.
Als sie kurz danach im Auto saßen, hatte Hermine auch dem Badezimmer einen schnellen Besuch abgestattet, um den Schmutz aus ihrem Gesicht und von ihren Armen und Händen zu waschen. Ihre Haare waren gekämmt, von Blättern befreit und zu einem lockeren Zopf nach hinten zusammengenommen.
Snape, der über das Kaputzenshirt das er heute trug noch ein schwarzes Jackett angezogen hatte sah sie verwundert von der Seite an. Die Haare aus dem Gesicht weg zu tragen, ließ sie älter aussehen, eleganter - und sehr attraktiv...
Ein unerwünschtes Ziehen in seinem Inneren spielte ihm diese letzte Erkenntnis zu, die er sofort wieder verdrängte.
Er startete den Wagen und steuerte ihn vom Hof.
Kurz danach befanden sie sich wieder auf der Hauptstraße, die nach Inverness führte.
"Es gibt eine sehr gute Buchhandlung in der Stadt, sollen wir da mal hin?"
Hermine nickte heftig.
"Sehr gerne, ich komme sonst immer nur in den Ferien in Muggel-Buchläden, dabei gibt es dort, auch ohne Magiebücher, so viel zu entdecken!"
Irgendwie war ihm klar gewesen, daß Hermine Granger auch ihre Ferien mit Büchern verbrachte. Aber ihm ging es da ja nicht anders. Noch vor wenigen Wochen hätte er rundweg abgestritten, daß es zwischen ihm und ihr Ähnlichkeiten gab. Inzwischen war er sich da nicht mehr so sicher - im Gegenteil - ihm fielen immer mehr Dinge auf, in denen sie völlig übereinstimmten.
Im Gegensatz zur Fahrt vom Vortag, schwiegen sie in der halben Stunde bis zur Stadt keineswegs. Sie unterhielten sich über Bücher die sie gelesen hatten, darüber wieviel korrekte Informationen man aus Muggel-Fachbüchern zum Thema Pflanzen und Kräutern herausholen konnte und ehe sie sich versahen, standen sie auf einem kleinen Parkplatz in der Innenstadt von Inverness.
Als Snape den Wagen ausmachte und dadurch auch das Radio verstummte, kehrte einen Moment Stille ein und sie sahen sich an.
"Es ist schön, daß du hier bist", sagte er ruhig.
Dann stieg er aus.
Die Buchhandlung übertraf Hermines Erwartungen! Sie war urgemütlich und gut sortiert. Auf mehreren Ebenen fanden sich Bücher zu allen Themen die sie sich nur vorstellen konnte. Aber obwohl sie die Bücher faszinierten und sie stundenlang darin hätte herumstöbern können, konnte sie sich nicht völlig darauf konzentrieren. Immer wieder wurde ihr Blick gefangen genommen von Snape, der sich hier, in dieser anderen Umgebung, so völlig anders bewegte. Erst hatte sie geglaubt, es sei die andere Kleidung, aber schnell erkannte sie, daß es mehr war. Sie hätte gewettet, daß er sich in der Muggelwelt mißtrauischer und vorsichtiger bewegen würde als in der Welt der Zauberer - aber es schien anders zu sein. Er stöbert in den Regalen der Buchhandlung herum, ohne sich auch nur ein einziges Mal irgendwohin umzusehen, immer mal wieder griff er sich mit den Fingern in die Haare und strich sie über die Stirne nach hinten, weil sie ihm beim Lesen ins Gesicht fielen. Sein schlanker, und, wie sie inzwischen ja aus erster Hand wußte, durchtrainierter, Körper wurde durch die normale Hose und das Jackett betont und Hermine konnte nicht verhindern, daß ihr die Szene in seinem Schlafzimmer wieder in den Sinn kam. Ein wohliger Schauer durchlief sie.
Als er auch noch, ausgerechnet in diesem Moment, von dem Buch in seinen Händen hoch und zu ihr herübersah, mußte sie schlucken. Als sein Blick fragend wurde, räusperte sie sich und wandte sich mit einem Schmunzeln schnell wieder ihrem Buch zu.
Als ihr Herzschlag gerade endlich wieder normal ging, erstarrte sie, angesichts der Stimme, die plötzlich von schräg hinter ihr flüsterte: "Du liest jetzt schon seit einer Ewigkeit, die leere Vorschlagseite dieses Buches - blättere doch mal um."
Wie um alles in der Welt war er jetzt so schnell hierher gekommen?
Snapes Atem streichelte ihren Nacken. Und als seine Finger folgten, sog sie die Luft scharf ein. Ihre Knie wurden weich. Das konnte doch jetzt wirklich unmöglich gerade geschehen.
Trotzdem konnte sie nicht verhindern, daß sie sich ein wenig nach hinten bog, wodurch sie sich automatisch an ihn lehnte. Und als er noch einen winzigen Schritt näher in ihre Richtung machte, standen sie dicht an dicht. Sie fühlte seine Wärme und schloß genießend die Augen.
Sie waren zwar nicht alleine in dem Teil der Buchhandlung, in dem sie standen, aber die ältere Dame die wenige Meter von ihnen entfernt stand, kümmerte sich nicht um sie, sondern war in einen dicken Band über Gartenblumen vertieft.
Severus legte seine Arme von hinten um sie und dann fühlte sie seine Lippen an ihrem Hals. Der zarte Kuß ging ihr durch und durch und als er sie neckisch sanft biß, gab sie einen Laut von sich, der die ältere Dame irritiert hochsehen ließ. Als sie die beiden sah, machte sie ein empört amüsiertes Gesicht und wandte sich, kopfschüttelnd, wieder ihrem Buch zu.
"Was tust du?", keuchte Hermine kaum hörbar.
"Wonach fühlt es sich denn an?", fragte er ebenso leise und fuhr fort, ihren Hals und ihren Nacken zu liebkosen, die durch den Zopf den sie trug, offen dalagen.
"Aus dir werde einer schlau - vorhin noch der Herr Schüchtern - und jetzt... Was ist mit unserer Abmachung?"
"Was soll damit sein?" Seine Zungenspitze hatte ihre Nackenbeuge berührt und es kostete Hermine alle Beherrschung, nicht zu stöhnen.
"Was damit sein soll?", ihre atemlose Stimme bekam einen leicht hysterischen Unterton.
Sie hörte ihn leise lachen - was sie noch weiter erregte.
"Wir befinden uns in einer Buchhandlung, verflucht nochmal!", zischte sie leise.
"Das ist mir durchaus bewußt, und?"
"Sowas macht man nicht in einer Buchhandlung!"
"Wo denn?"
"Was weiß ich - im Bett - aber nicht in einer Buchhandlung!"
Er lachte wieder leise.
"Im Bett.... hmmm... soweit hatte ich eigentlich gar nicht gedacht - aber jetzt, wo du es erwähnst."
Das konnte doch nicht wahr sein.
"Kannst du mir mal verraten, was in dich gefahren ist?"
Die Situation, so erregend wie sie auch sein mochte, wurde ihr unheimlich. Sie wollte sich aus seinen Armen lösen, aber er hielt sie fest.
"Severus, laß mich los." Ihre Bemühungen wurden energischer, aber sein Griff wurde es ebenfalls.
Sie bekam Angst. Warum tat er das?
Sie hatte den Gedanken noch nicht zuende gedacht, als Snape leise etwas murmelte und sie spürte, wie ein Ziehen in ihrer Magengegend ankündigte, daß sie apparierten!!!
Snape stellte das Buch über "Hausgemachte Salben" zurück ins Regal und suchte Hermine im Raum. Er sah sie nicht. Sie war wohl eine Abteilung weitergegangen.
Er lächelte innerlich. Es war so anders als sonst, mit ihr hier zu sein. Wie oft war er in diesem Laden schon durch die Regale gewandert. Aber stets waren seine Gedanken nur von der Wut über die unsägliche Situation erfüllt gewesen, im besten Falle von Gleichgültigkeit darüber. Heute fühlte er sich wohl. Interessanterweise war er durch dieses Gefühl auf andere Regale zugesteuert als sonst und hatte einige vielversprechende Titel gefunden, die sich jetzt in dem Korb befanden, den man sich an der Kasse geben lassen konnte, wenn man mehr als ein Buch suchte.
Er überlegte, ob er Hermine vorschlagen sollte, gemeinsam in das Musikgeschäft einige Häuser weiter zu gehen, das, wie er wußte, über eine große Auswahl an Klaviernoten verfügten. Die Idee gefiel ihm.
Er nahm den Korb und machte sich auf die Suche nach Hermine.
Aber er fand sie nicht.
Als er sicher war, alle Abteilungen duchgesehen zu haben, fragte er an der Kasse nach ihr. Aber auch dort hatte man sie nicht gesehen. Eine ältere Dame, die gerade zahlte, meinte allerdings zu ihm: "Das letzte Mal habe ich sie gesehen, als sie dort oben..." Sie zeigte eine Ebene höher, dorthin wo er Hermine zuletzt gesehen hatte "mit ihr... nun ja... als sie", sie grinste leicht "na, Sie wissen schon." Die Kassiererin sah jetzt ebenfalls sehr interessiert aus.
Snape überkam eine ungutes Gefühl.
"Als ich mit ihr - was?", frage er langgezogen.
"Herrgott, als sie sie umarmt haben.", gab die Dame zur Antwort und betonte dabei das Wort ‚umarmt' auf eine Weise, die klar machte, daß sie einen harmlosen Ausdruck gewählt hatte, um mehr zu beschreiben.
Snape stellte den Bücherkorb ab wo er stand und lief mit großen Schritten aus dem Geschäft heraus. Er sah links und rechts die Straße hinab, aber sie war nirgendwo zu sehen.
"Verdammt!", preßte er zwischen seinen Lippen hervor und rannte in den Laden zurück.
Die Kassiererin stieß einen kleinen, erschrockenen Schrei aus, als er mit einem Satz hinter der Kassentheke neben ihr stand und sich ohne zu fragen einen Stift und einen Zettel griff.
In Windeseile schrieb er die Telefonnummer der Bearnock-Lodge auf und drückte das Blatt der Kassiererin in die Hand.
"Sollte die junge Frau, Miss Granger, wider Erwarten doch wieder hier auftauchen, sagen Sie ihr, sie soll hier anrufen und bescheid sagen."
Er hatte sie so funkelnd dabei angesehen, daß sie völlig verschüchtert nickte.
Als er den Laden mit großen Schritten verlassen hatte, stand der Korb, mit den ausgesuchten Büchern, vergessen vor der Kasse auf dem Boden.
