kapitel 23
-.-.-
-.-.-
Now I can't go on - I can't even start
I've got nothing left - just an empty heart
I'm a soldier - wounded so I must give up the fight
There's nothing more for me - lead me away...
Or leave me lying here
-.-.-
Es dauerte auch im Inneren nicht lange, bis den Zauberern bewußt wurde, was geschehen war. Und die Freunde blieben in der Mitte des Parkes, auf offener Fläche, einfach stehen und sahen sich um.
"Die Locke...", sagte Harry plötzlich mit vor Entsetzen krächzender Stimme.
"...die hat sie sich nicht selbst abgeschnitten...", sprach Ginny weiter.
"...und die Eule...", sagte McGongagall
"...hat auch nicht sie selbst geschickt.", sprach Dumbledore den Satz zuende.
"Wir sind so unglaublich leichtgläubig gewesen", ächzte Harry, während er, wie die anderen auch, wie alle Zauberer und Hexen auf dem Gelände, seinen Zauberstab krampfhaft umfaßt hielt.
"Aber das, was wir da gerade aus dem Haus haben kommen sehen, das war keine Illusion, das war tatsächlich Hermine.", sagte Snape mit Bestimmtheit.
"Woher wollen Sie das wissen?", fragte Harry, aber als er dabei seinen Blick dem Professor zuwandte, wußte er plötzlich woher.
"Weil ich es überprüft habe." , sagte Snape, während sein Zaubstab noch leicht nachglimmend in die Richtung zeigte, in der Hermine gerade verschwunden war.
Harry hätte in all den Jahren oftmals eine Menge dafür gegeben, Snape seiner magischen Fähigkeiten beraubt zu sehen. Aber heute, jetzt und hier, war er überglücklich, daß er sie wiederhatte.
Der Regen wurde stärker und nahm nun langsam ein Maß an, das tatsächlich die Sicht behinderte und sie hörten ein Grollen in der Ferne, das ein Gewitter ankündigte. Weder der Regen, noch das Gewitter schienen einen natürlichen Ursprung zu haben. So kam es ihnen jedenfalls vor. Allerdings schien das Unwetter sich über die ganze Gegend zu ziehen, sofern man das von dem abgeschirmten Gelände aus beurteilen konnte.
Und als der erste Blitz auf den Boden zwischen den Zauberer aufschlug, waren sie da.
Todesser.
Viele...
Mehr, als Snape je im Kreise Voldemorts gesehen hatte!
Es konnten unmöglich alles Todesser sein - er kannte alle -und viele von diesen gehörten nicht dazu, aber an ihren verzerrten Fratzen, an ihrer Gier nach Tod und Leid in den Augen, konnte man deutlich sehen, daß sie ihrem Herrn, dem dunklen Lord treu ergeben waren.
Und sie hoben ihre Zauberstäbe.
Und die Schlacht begann...
Der Trank den sie gefertigt hatten, funktionierte hervorragend! Albus und Harry waren neben Snape die bevorzugten Ziele der schwarzen Zauberer, aber wann immer einer von ihnen mit einem Fluch beschossen wurde, mußte der Zauberer der ihn abgefeuert hatte selbst mit der Wirkung leben - oder halt nicht...
Dadurch daß die schlimmsten Flüche an ihnen so unmittelbar abprallten konzentrierte sich der Zorn der Gegenseite immer stärker auf sie. Auch Ginny und Minerva warfen sich in das Zentrum des Kampfes, und auch ihnen konnten die dunklen Flüche nichts anhaben.
Anstatt es mit einfacheren Sprüchen zu versuchen, fuhr die Gegenseite permanent stärkere Geschütze auf, mit einer für sie immer verheerenderen Auswirkung.
Snape erkannte, daß die vier momentan keine Hilfe brauchten. Er mußte Hermine finden und rannte in den Bereich des Parks in dem er sie hatte verschwinden sehen. Aber dazu hatte er dem Kampf den Rücken zukehren müssen.
Ein Fehler, wie er unmittelbar feststellen mußte.
Ein Cruciatus traf ihn unvermittelt von hinten und schlug ihm regelrecht die Beine unter dem Körper weg. Er überschlug sich und stürzte auf den nassen Boden. Und während er sich wieder aufrappelte, kam Bellatrix näher auf ihn zu, den Zauberstab ausgestreckt auf ihn gerichtet.
"So begegnen wir uns also wieder, Severus?"
Er schaffte es, wieder aufzuspringen, bevor sie einen zweiten Fluch auf ihn schickte, und er streckte nun selbst den Zauberstab drohend in ihre Richtung.
"Verschwinde, Bellatrix."
"Aber nein, Severus, ich habe hier noch etwas zu erledigen. Ich muß die kleine Schlampe loswerden, die der Meinung ist, daß sie dich haben kann. Sie ist uns leider gerade eben da drinnen entwischt und deshalb muß ich mir die Mühe machen und ihr hier heraus folgen. Geh mir also aus dem Weg. Ich will dir nicht weh tun."
Snape fragte sich, was lauter rauschte, das Blut in seinen Ohren oder der Regen, der immer heftiger auf den Boden prasselte.
"Was geht es dich an, wer mich haben kann?"
"Aber Severus, ICH erhebe Anspruch auf dich!", sagte sie mit einem leicht irren Zittern in der Stimme. "Warum hätte ich sonst das Schlammblut hierher bringen sollen? Ich hätte sie Draco schenken können, aber ich wollte sie aus dem Weg haben. Und wenn sie erst einmal dem Meister als Opfer von dir dargebracht wurde, dann wird er dir auch vergeben und verzeihen. Er ist gnädig, weißt du? Und du bist verwirrt, von diesem Zeug, daß dir der alte Mann und Seinesgleichen eingeflüstert haben. Du weißt nicht, was gut für dich ist."
Angewidert und fassungslos starrte Snape Bellatrix an.
"DU erhebst Anspruch auf mich?"
"Natürlich. Und der Meister hat gesagt, daß er mir dich zum Geschenk machen wird, wenn ich dich in seine Reihen zurückhole."
"Wovon träumst du eigentlich nachts, Bella? Ich kann gar nicht zu euch zurückkehren, denn ich habe nie auf eurer Seite gestanden. Höst du? NIE!", es war ein unglaubliches Gefühl, es so offen herausrufen zu können.
"CRUCIO!", schrie Bellatrix mit wutverzerrtem Gesicht und der Schmerz traf Snape hart, aber nicht unerwartet. Noch im Fallen streckte er den Zauberstab aus und schrie: "SUPPLANTIS!"
Der Strahl aus seinem Stab prasselte nur einen Augenschlag später, nachdem er selbst getroffen worden war, auf Bellatrix und sie stürzte sofort haltlos nach hinten weg, wobei sie beinahe ihren Zauberstab verlor. Sie schrie wild auf und richtete ihre Waffe noch im Liegen sofort wieder auf ihn.
"ILLINO!", kreischte sie und Snape spürte, wie sein Körper in wenigen Augenblicken mit unsichtbaren Schlingen umwunden wurde. Noch wenige Atemzüge und er würde völlig unbeweglich sein. Aber noch hielt er seinen Zauberstab in den Händen und rief laut: "IMMUTAMUS!"
Sein Blickwinkel änderte sich schlagartig, weil Bellatrix und er die Plätze vertauscht hatten. Während er plötzlich dort stand, wo sie gerade gestanden hatte, hing sie jetzt statt seiner in ihren eigenen magischen Fesseln, die sie aber mit einem "ABSTRAHO!" wieder losriß, bevor sie sich erneut auf Snape stürzte.
Um die beiden herum tobte eine wilde Magierschlacht. Flüche und Sprüche wurden durch die Nacht geschrieen und aus dutzenden von Zauberstäben brachen die unterschiedlichsten Dinge hervor. Das Gewitter wurde immer unwirscher, immer heftiger, die Abfolge der Blitze immer kürzer, als sauge es die Macht des magischen Duells in sich auf und verwende es für seine eigene Kraft.
Und dann geschah es. Obwohl Snapes volle Konzentration Bellatrix galt, sah er plötzlich Tom Riddle, oder das, was von Tom Riddle übriggeblieben war.
Der dunkle Lord gab sich die Ehre und lustwandelte ungehindert, wie bei einem Spaziergang, durch die kämpfenden Magier hindurch. Jedes Mitglied des Ordens war so sehr mit seinen Gegnern beschäftigt, daß kein einziger es schaffte, sich ihm entgegenzustellen. Nicht einmal Harry oder Albus...
Voldemort kam immer näher zu ihnen herüber und Snape sah, daß er nun ganz konkret interessiert den Kampf zwischen ihm und Bellatrix beobachtete und dabei das sein halb verwestes Gesicht überzog, was früher wohl einmal ein Grinsen gewesen wäre.
Auch er hatte keine andere Wahl, er stellte sich weiter Bellatrix entgegen und fragte sich, wie lange es wohl noch dauern würde, bis Voldemort einen Spuch gegen ihn sandte. Aber da sah er plötzlich, wie der dunkle Lord seinen Blick von ihm löste und auf Harry und Albus richtete. Gut! Albus wurde auch alleine mit ihm fertig, geschützt wie er war.
Wenn Voldemort sich zu einem verbotenen Fluch hinreißen lassen würde, hätten sie eine Chance!
Aber wo war Hermine? Er sah sie nicht. Der Regen war so dicht, daß die Tropfen in dem Lichtschein aus dem Inneren des Hause auf dem Hintergrund der mondlosen, pechschwarzen Nacht einen beinahe undurchsehbaren Teppich aus silbrigen Fäden sponnen.
Obendrein hatte der letzte Fluch von Bellatrix seine Augen in Mitleidenschaft gezogen und er sah die Dinge und Personen die weiter von ihm weg waren nur noch schemenhaft.
Wo war Hermine?
Obwohl Bellatrix sich, vor ihm, für ihren nächsten Angriff bereitmachte, und obwohl er wußte, daß er ihr mit jedem Sekundenbruchteil den er ihr gab, ein unverzeihlicher Vorteil einräumte, wanderte sein Blick hektisch umher - er konnte Hermine nicht sehen!
Fast zu spät, reagierte er auf den Fluch den Bellatrix aus ihrem Zauberstab schoß. Er konnte nur noch einen Abwehrzauber entgegenstellen.
Aber der hatte es in sich. Bellatrix fiel hintenüber und blieb erst einmal bewußtlos liegen.
Snape sah sich um, aber seine Sicht wurde immer schlechter.
"INDAGATIO HERMINE!" rief er und ließ seinen Zauberstab wie eine Antenne mit der man den besten Empfang suchte, über das Schlachtfeld wandern.
Und dann hatte der Spruch sie endlich gefunden! Sie kämpfte auf der anderen Seite des Parks gegen einen Todesser, den er nicht erkennen konnte. Himmel! Sie war in keiner Weise geschützt! Wenn einer der Unverzeihlichen gegen sie gesprochen würde, wäre es vorbei! Er rannte los, aber zwei gerufene Worte von Voldemort, die über den Platz drangen, machten seinem Vorhaben ein jähes Ende.
"Greift Severus, meine Todesser!", rief der dunkle Lord und seine Anhänger gehorchten ihm.
Snape wußte nicht, wie viele es waren, die sich aus ihren Kämpfen lösten und sich auf ihn stürzten. Sie waren in der Überzahl und es blieben genug von ihnen in den Kämpfen, daß keiner der Ordensleute in der Lage sein würde, ihm zu Hilfe zu eilen.
Er wehrte sich nach Leibeskräften.
Aber die Flüche die ihn trafen waren intensiv, waren kraftvoll und er konnte nur einen Bruchteil davon mit seiner eigenen Magie heimzahlen oder gar abwehren.
Er rannte so weit er konnte, aber wirklich weit, war das nicht...
Er fiel. Seine Beine trugen ihn nicht mehr. Als er ohne auch nur den Versuch unternehmen zu können, sich aufzufangen, auf der nassen Erde aufschlug, zerbrach der Stab in seiner Hand.
Es war vorbei.
Er hatte seinen Teil getan, er war gescheitert.
Ihm blieb nur noch ein letztes Gebet, daß die anderen es auch ohne ihn schaffen würden. Sein Körper krümmte sich zusammen, und die Bilder um ihn herum, wurden vor seinen brennenden Augen langsamer.
Albus stürzte sich auf einen der Todesser und wenige Schritte von ihm weg beugte Minerva sich über einen jungen Zauberer, um ihm zu helfen.
Während das Geschehen um ihn herum immer dumpfer, immer langsamer zu werden schien, rasten seine Gedanken doch noch einmal um die Möglichkeiten die ihm blieben.
Er hatte etwas vergessen, etwas Wichtiges! Was war es? Was konnte so wichtig sein, daß er wußte, daß er sich jetzt daran erinnern mußte?!
Die Schmerzen waren so stark geworden, daß sie den Punkt überschritten hatten, an denen er sich ihnen bei Bewußtsein stellen konnte. Sein Geist begann sich zu verdunkeln, als er ihn plötzlich wieder sah...
Aus den Regenschwaden trat der Lord auf ihn zu. Sein Blick ruhte sarkastisch und siegesgewiss auf den am Boden liegenden Zaubermeister.
Und als die gewaltig anmutende Gestalt den Spruch zu murmeln begann, wußte Severus, daß es wieder geschehen würde! Obwohl die Schlacht nicht die gleiche war wie die aus seiner Erinnerung, war diese Szene doch genau so, wie sein zukünftiges Selbst sie ins Denkarium abgelegt hatte.
Der Regen, der von Voldemorts Robe abprasselte, bildete, so wie Snape es in Erinnerung hatte, im Licht der Fackeln, der ausgestoßenen Zauberspruchkaskaden und der ununterbrochen vom Himmel herabdonnernden Blitze, die Corona um ihn, die ihn so völlig unantastbar aussehen ließ. Aber er war nicht unantastbar! Doch es war nicht an Snape, ihn das wissen zu lassen. Für Severus war der Moment gekommen, den er in all den Jahren erwartet hatte - er stand Voldemort allein gegenüber, sein Stab zerbrochen, sein Körper unfähig den Kampf weiterzuführen. Es war vorbei ...
"AVADA..." Voldemorts Stimme übertönte alles auf dem Schlachtfeld. "...KEDAVRA!!!" Der Fluch raste auf Snape zu. Und wieder erschien die Gestalt, die sich zwischen ihn und den Lord stellte. Nur diesmal wußte er sofort, wer es war. Hermine war dabei, erneut ihr Leben für ihn zu geben, obwohl sie wußte, daß es diesmal nicht einmal die Chance auf Hilfe gab! Ihr Körper wurde von dem verbotenen Fluch erfaßt und nach hinten geschleudert.
... wie hatte er es wieder geschehen lassen können...
Noch einige wenige Herzschläge und sie würde neben ihm zu Boden fallen, und er würde nur zusehen können wie sie starb, und er würde sie wieder nicht erreichen...
Noch einige wenige Herzschläge und er würde wieder alleine sein...
Noch einige wenige Herzschläge, und alles was ihm wichtig war wäre verloren...
Noch einige wenige Herzschläge und - sein Geist begehrte auf, wild und wie ein Schrei klang es durch seinen Sinn - NEIN!!! NICHT DIESES MAL!
Sein Geist war alles was ihm jetzt noch geblieben war! Sein Stab war zebrochen, sein Körper auf eine Weise geschunden, daß er ihm nicht mehr gehorchte, aber sein Geist gehörte und gehorchte ihm noch immer!
Und irgendwo in ihm, stieg eine Erinnerung auf. Er versuchte sie deutlicher zu machen, weil er wußte, daß diese Erinnerung der Schlüssel war, nach dem er suchte! Verdammt!
Wash away the thoughts inside
that keep my mind away from you
Sein Geist! Seine Gedanken! Alles abstreifen!
Nur noch der Geist?
Er war so nah dran! Wenn diese Panik ihn doch nur verlassen würde! Sie blockierte seine Sinne!
Nur noch ein einziges Ziel! Voldemort töten? Nein...
Die Bastion sein zwischen ihm und denen die er liebte! Der dunkle Lord würde sie nicht bekommen!!! Nicht solange er noch atmete! Sie verließen sich auf ihn!
ICH KANN ES!!! Dröhnte es durch seinen Geist und er sah Hermine neben sich fallen. Es war geschehen, er konnte es nicht mehr ändern und er spürte, wie ihm Tränen heiß in die Augen schossen, aber sie würden im Regen ungesehen bleiben und er mußte wenigstens dafür sorgen, daß Voldemort diesmal nicht ungestraft davonkam - mußte dafür sorgen, daß Voldemort überhaupt nicht mehr davon kam!
Wenn sein Körper nicht mehr den Nachrichten gehorchte, die seine Nerven zu senden versuchten, dann mußte es mit Magie gehen!
no more love, and no more pride
the thoughts are all I have to do
Ein Ruck fuhr durch ihn hindurch, als er begann, sich aufzurichten. Der Regen prasselte wie kleine Geschosse auf ihn herab. Es war das einzige Geräusch das er wahrnahm. Und er nutzte das monotone Rauschen, um sich noch stärker konzentrieren zu können. Der Regen hielt alle anderen Geräusche, wie ein Schild von ihm fern.
Remember when it rained
Er fühlte, wie die Macht seines Geistes sich über ihn selbst legte, er fühlte, daß seine Muskeln der Magie antworteten und gehorchten. Aber sie nahm die Schmerzen nicht weg. Mit einem reißenden Schrei, schaffte er es, sich auf seine Arme aufzustützen und einen Atemzug später kniete er auf allen Vieren.
Er war zu langsam. Er würde sie nicht erreichen bevor sie starb, selbst wenn er es schaffte, sich aufzurichten und zu ihr zu gehen. Er war zu langsam...
"HERMINE", seine Stimme gehorchte ihm kaum mehr als sein Körper, als er nach ihr rief.
Und im gleichen Moment, sackte die junge Hexe in sich zusammen, die Hand so weit es ihr möglich war in seine Richtung ausgestreckt - und ihre Augen schlossen sich...
I felt the ground and looked up high
and called your name
Sie war tot...
Daran gab es für ihn keinen Zweifel...
Sie war fort...
remember when it rained
in the darkness I remain.
Severus' Geist verändete sich bei dieser Feststellung auf seltsame Weise und etwas Unerwartetes durchströmte ihn, unendlich kraftvoll und mächtig.
Und plötzlich war die Erinnerung wieder da! Und er wußte, wie er es gerade eben geschafft hatte, seinen Körper mit Magie zu lenken.
Und unter dem triumphierenden Lachen von Voldemort, der nicht begriff, was mit Snape geschah, richtete der Zaubertrankmeister sich, mit sehr viel Kraft, vollends auf.
Der dunkle Lord hielt in seinem Gelächter inne und betrachtete irritiert den Mann vor ihm, der sich eigentlich schreiend vor ihm in den letzten Zügen winden sollte.
Und hörte er, als geschehe es gerade noch einmal, wie Dumbledore Harry die Magie aus dem Inneren erklärte.
"Du hast Zugriff gehabt auf deine pure Lebensenergie. Dann reicht die Vorstellung dessen was passieren soll."
"Kann man das üben?"
"Nein, Harry, das kann man nicht - aber man sollte es auch nicht versuchen, denn der Preis ist fatal."
Lebensenergie... und ein Fokus... natürlich - das war es! Er brauchte einen Fokus und als er Hermine hatte sterben sehen, war ihm klar, was - wer - sein Fokus sein würde. Hermines Augen waren geschlossen, das Regenwasser lief in breiten Rinnsalen über ihr Gesicht und durch ihre Haare hindurch.
Und er konnte fühlen, wie sich die Kräfte in ihm verlagerten, sich spürbar in Bereiche ausdehnte, in denen er sie bisher niemals gespürt hatte. Und er spürte auch, wie die Magie in ihm eine Kraft annahm, die er noch nie zuvor empfunden hatte. Es war als rinne sie, anstelle von Blut, durch seinen Adern hindurch.
Severus stand einfach nur da - und ohne daß irgendeiner der Kämpfenden bewußt etwas davon mitbekommen hätte, ließen sie plötzlich alle verwirrt von dem ab, was sie taten. Sie ließen die Zauberstäbe sinken, und nach und nach wandten sie sich ausnahmslos, ganz gleich auf welcher Seite sie standen, den beiden schwarzgekleideten Magiern zu die sich in der Mitte des Feldes wortlos gegenüberstanden. Der Kampf endete - zumindest vorerst.
Hinter Voldemort lagen diverse Magier, tot oder sich krümmend im nassen Gras.
Neben Severus lag Hermine, unbewegt, von dem unverzeihlichsten aller Flüche niedergestreckt.
Snapes Gesicht war regungsloser, als das des erstaunt wirkenden dunklen Lords.
"Und nun?" zischelte dieser dem Zaubermeister entgegen. "Warum greifst du nicht an?! Von Liebe hast du dich verführen lassen, mein ehemals so getreuer Todesser. Und jetzt mußt du den Preis dafür zahlen."
"Ich war dir nie treu.", sagte Snape ruhig.
Voldemort krächzte ein Lachen: "Doch, Severus, das warst du - du von allen, warst mir am treuesten, auch wenn du das nie begriffen hast. Deine Wut war die größte, dein Haß der verzehrendste. Du warst der größte, unter meinen Todessern. Noch ein paar Jahre an meiner Seite und du währest mein Kronprinz geworden, aber die Liebe zu diesem Schlammblut hat dich nun tatsächlich für uns verdorben. Und was hat es dir gebracht? Sie ist tot... Du bist nicht geeignet für Liebe, Severus. Du warst es nie. Nun hast du wahrlich alles verloren, mein talentierter Severus. Wirklich alles..."
Von seiner kleinen Ansprache war Voldemort so abgelenkt, daß er selbst keinen Spruch sprach. Sein Zauberstab steckte ungenutzt zwischen den Finger seiner knochigen Hand.
Snape rührte sich nicht, sah ihn nur an. Seine Worte konnten ihn nicht erreichen.
"KOMM ZU MIR!", erhob Voldemort gebietend die Stimme.
Severus schloß die Augen und atmete tief ein. Sein Brustkorb hob sich, unter der einströmenden Luft. Er hob sein Gesicht in den Regen, wie man es sonst der Sonne entgegenhält und er hob, sehr langsam, die Arme zu den Seiten, die Handflächen nach oben haltend.
Und mit einem mal, konnten die anderen es sehen. Kleine, schimmernde Fäden wie schwarz-leuchtende Spinnweben, zeigten sich überall auf ihm. Sie strichen in ständiger Bewegung an ihm entlang, huschten, von ihm offenbar unbemerkt, weich und leicht über ihn hinweg. Es wurden schnell mehr und sie wurden größer und intensiver. Während die Roben und die Haare der Umstehenden vom Wind hin und hergerissen wurden, sah Snapes Gewand und auch sein Haar so aus, als stünde er in absoluter Windstille. Nichts an ihm bewegte sich, außer den hauchzarten, weiterhin größerwerdenden Fäden, die, wenn sie eine gewisse Größe erreicht hatten, ein seltsames sirrendes Geräusch von sich gaben.
Und auf Severus' Gesicht tauchte ein Lächeln auf, daß Voldemorts Fassung den Rest gab.
"GREIF MICH AN!", seine hässliche Stimme überschlug sich bei diesem Schrei, aber auch damit brachte er Snape nicht aus der Ruhe.
Dieser öffnete die Augen und , ohne auch nur einen Finger zu rühren sagte er ruhig, aber für alle verständlich in den Regen hinein:
"Wie du willst..."
Snape balllte die leicht zu den Seiten erhobenen Hände zu Fäusten, als greife er etwas und mit einer kraftvollen, geschmeidigen Bewegung, führte er sie vor seine Brust und von dort, als werfe er mit Macht etwas von sich, wieder nach vorne in Voldemorts Richtung. Dabei öffnete er die Hände und spreizte die langen Finger weit auseinander - was auch immer er in den Fäusten, aus der Luft um ihn herum, eingefangen hatte, löste sich von ihm.
Und mit dieser Geste, brach aus ihm eine Welle aus Magie hervor, sichtbar in der Gestalt der schwarzleuchtenden Fäden, die sich zu einer Scheibe formten, in der alles vereint war was ihn ausmachte, was er liebte, was sein gewesen war.
Obwohl sich in das Regenwasser, das ihm übers Gesicht lief, Tränen mischten, lächelte er, und fühlte, wie sich die nächste Welle still aus ihm herauslöste.
Tears of hope run down my skin
tears for you that will not dry
they magnify the one within - let the outside slowly die
Severus horchte in sich hinein und er konnte fühlen, wie sich, mit jedem seiner unnatürlich kräftigen Herzschläge, eine neue Welle aus schwarzem Licht um ihn bildete, die der vorherigen folgte. Und still stehend, sah er fasziniert, wie die erste Welle, ohne auf Widerstand zu treffen, durch Voldemort hindurchglitt und ihn geräuschlos und unblutig in zwei Hälften teilte...
Gemessen daran wer Voldemort war, erschien sein Tod beinahe unspektakulär friedlich. Er hörte einfach auf zu sein.
Und während Snape beobachten konnte, wie die Welle auch durch alle anderen Zauberer und Hexen hindurchging und dabei offensichtlich 'aussortierte' spürte Severus, wie in Trance, daß sein Herzschlag schwächer wurde - und langsamer...
Ihm war klar, was er da fühlte. Aber es war gut so. Es war es wert gewesen...
Welcher Sterbende, hatte je so sehr die Gewissheit gehabt, daß sein Tod ein sinnvoller war? Außerdem... was sollte er jetzt noch hier.
So war es gut - Sterben, wie ein Baum, den man fällt.
Als der letzte Lichtkreis verschwunden war, wandte er sich um und ging die wenigen Schritte zu Hermine. Er kniete sich zu ihr herab und zog sie in seine Arme.
Die anderen, um sie herum, waren außerstande irgendetwas zu tun - sie sahen einfach nur zu.
Ginny begann zu weinen und mischte einen seltsamen traurigen Singsang darunter, der beinahe wie ein hoffnungsvolles Rufen klang.
Tears of hope run down my skin
tears for you that will not dry
they magnify the one within
Aber niemand kümmerte sich um Ginny - sie sahen nur in völligem Stillstand zu, wie Severus Hermine leicht in seinen Armen wiegte und seinen Kopf zu einem Kuß in ihr Haar senkte.
"Der letzte gehört dir - ich schenke ihn dir...", flüsterte er in ihre nassen Locken hinein. Und als sein letzter Herschlag mit schwachen Glühen erklang und die letzten kleinen Lichtfäden, wie verirrt, von ihm wegflogen und sich auf Hermine legten, fühlte er lächelnd und ganz und gar von Zufriedenheit erfüllt, wie ihr Herz im gleichen Moment wieder zu schlagen begann.
Er hatte es geahnt...in diesem Moment war er der mächtigste Zauberer der Welt. In diesem Moment konnte er alles! Nur nicht überleben... das war der Preis...
Dann glitt er endgültig zur Seite weg und blieb, Hermines Hand in seiner, neben ihr liegen, während das Wasser des Regens ihn bedeckte.
Sein Gesicht war ohne Schmerz und friedvoll...
Remember when it rained - In the water I'll remain
running down.... running down... running down...
