Kapitel 4
Nach dem Essen war er mit ihr auf die Hogwarts gegenüberliegende Seite des Sees appariert. Hermine war oft im See schwimmen gegangen, aber diese ruhige, atmosphärische Stelle war ihr noch nie aufgefallen.
Über die tiefschwarze, glänzende Oberfläche des Sees hinweg sah sie im schwachen Licht des Neumondes die Silouette von Hogwarts wie ein Monument der Ewigkeit auf den Wiesen der Highlands stehen, während sie nebeneinande am Ufer entlangschlenderten.
Stolz erfüllte sie, daß sie ein Teil dieses Monuments gewesen war und als sie Snape ansah, dessen Züge in der Nacht beinahe verschwanden, konnte sie sehen, daß es ihm ähnlich zu ergehen schien.
"Ein besonderer Ort, nicht wahr?", sagte sie leise, um die Stille nicht zu stören.
"Ein sehr besonderer Ort sogar", stimmte er ihr ebenso leise zu. Seine Stimme war noch tiefer, als vorhin im Restaurant und als er sie ansah, und sich in seinen schwarzen Pupillen das zarte Leuchten des Mondes als kleine, leuchtende Punkte widerspiegelte, zog sich Hermines Bauch auf ungekannte Weise zusammen. Ein wohliges Gefühl, aber auch ein - - - ungewöhnliches...
"Was tun wir nun hier?", fragte Hermine ein wenig zu nebenbei.
Snapes Schmunzeln konnte sie nicht sehen.
"Ich möchte Ihnen etwas zeigen, Miss Granger."
Hermine sah sich kurz um, ob sie in ihrer unmittelbaren Umgebung schon etwas erkennen konnte, das er meinen könnte. Aber da war nichts, das offensichtlich gewesen wäre.
"Aha?", sagte sie daher nur.
"Kommen Sie bitte hier herüber", er hielt ihr eine Hand hin, die sie nahm, und führte sie zu einer Stelle direkt am Wasser, wo zwischen mannshohen Schilfrohren ein kleiner Steg aufs Wasser hinauf führte, den Hermine der Pflanzen wegen nicht gesehen hatte.
Als sie ihn betreten hatten und bis ganz vorne gegangen waren, fragte Hermine sich, ob man sie von Hogwarts aus hier sehen konnte, wie sie beieinander mitten in der Nacht auf diesem Holzsteg inmitten des leise rauschenden Schilfes standen.
Vermutlich konnte man es nicht.
Sie stand unmittelbar an der Kante des Steges und Snape dicht hinter ihr, so daß sie spürte, wie seine Robe, die vom warmen Wind genau wie ihre leicht hin- und hergeweht wurde, sie berührte.
Die ganze Szene hatte so absolut nichts mit den "teeny-romantischen" Treffen gemeinsam, die sie mit Viktor oder gar mit Ron gehabt hatte.
Sie hatte weder das Bedürfnis zu kichern, noch erwartete sie ähnlich stimmungstötende Fragen wie sie sie damals zu hören bekommen hatte.
Sie war sich der Präsenz des Mannes hinter ihr so sehr bewußt, daß sie glaubte, ihn fühlen zu können. Dabei stand er nur regungslos da und sah gemeinsam mit ihr auf den See hinaus.
"Wollten Sie mir das zeigen?", durchbrach sie irgendwann das Schweigen.
Er ging nur indirekt auf ihre Frage ein.
"Kennen Sie das, Miss Granger, wenn Sie irgendetwas besitzen, ständig benutzen, oder einfach nur täglich sehen und dann nach einer Ewigkeit zum allerersten Mal richtig hinschauen und verwundert feststellen, daß es von ungewöhnlicher Schönheit, von ungeahnter Grazie und von tiefer, schwerer Eleganz ist?"
Hermine lachte leise und erklärte dann in der gleichen Stille: "Ja, das kenne ich. Ich bin jetzt all die Jahre so oft in der Bibliothek gewesen und habe im letzten Monat erst festgestellt, daß die große Tür die hineinführt, ein absolutes Kunstwerk ist. Ich glaube ich habe sie eine halbe Stunde nur angesehen und seitdem kann ich nicht mehr einfach hindurchgehen. Ich muß stehenbleiben und sie bewundern."
"Dann weißt du ja, was ich meine..." seine Stimme war ganz dicht an ihrem Ohr, sie konnte seinen warmen Atem fühlen "wenn ich sage, daß ich dich das erste Mal wirklich angesehen habe, als du wie eine nasse Katze aus meiner Wanne gestiegen bist..."
Hermine schluckte. Ihre Nackenhaare stellten sich unter dem Hauch seines Atems vor Erregung leicht auf und ein Schauer durchlief sie vom Nacken bis zu den Knien.
Er berührte sie nicht, aber sie hatte das Gefühl, daß sich seine dunkle Stimme wie ein samtenes Tuch über ihre Haut legte und sie streichelte.
Ihr fehlten die Worte. Ihr fiel einfach nichts ein, was sie darauf erwidern konnte. Also schwieg sie...
Ihr Blick blieb gerade auf den See und das dahinter aufragende Hogwarts gerichtet. Ihre Atemzüge wurden etwas schwerer.
"Und damit meine ich nicht deine zarten Schultern...", die Pause die er machte bewirkte, daß sie sich seine Hände auf ihren Schultern vorstellen konnte.
"Damit meine ich nicht deine wunderschönen Arme mit den eleganten Händen..." eine neue Pause, die den gleichen Effekt hatte.
"Damit meine ich nicht einmal deine schmale Taille oder die warmen, herrlich weiblichen, absolut perfekten Rundungen deiner Hüften..." Hermine sog die Luft mit einem hörbaren Ton ein, als ihre Vorstellung, ohne daß sie es verhindern konnte, seine Hände auf ihre Hüften wandern ließ und dort, ohne daß er sie tatsächlich berührte, eine heiße Spur zeichnete. War das Magie? Nein, es war keine Zauberei im Spiel, das fühlte sie - es sei denn, man wollte seine Stimme als magisch bezeichnen... - Oh Merlin! Sie konnte hören, daß der Satz den er sprach noch nicht zuende war!
"Damit meine ich nicht einmal die eleganten und gleichzeitig auch so ernsten Gesichtszüge, die weich geschwungenen Augenbrauen über diesen Augen in denen man einfach nur versinken möchte..." und weiterhin ließ er zwischen allem was er benannte einen Atemzug Stille. "... oder die Wangenknochen, den zarten, so verführerisch schimmernden Mund oder den Traum dieser braunen Lockenpracht die dein wunderschönes Gesicht einrahmt." Wieder eine Pause.
"Und damit meine ich auch nicht den zarten Bogen der von deinem Gesicht zu deinem schmalen Hals führt, an dessen Seite jetzt dein Herzschlag so deutlich zu sehen ist und der in weicher Linie direkt zu deinen perfekt geformten Brüsten führt." Hermine konnte ein leises Stöhnen nicht unterdrücken. Sie war versucht, die Augen zu schließen, aber sie hielt sie weiterhin weit geöffnet auf den See gerichtet.
Sie wollte, daß er nie mehr aufhörte, so über sie zu sprechen! Wenn er sie mit seinen Worten malte, dann entstand ein Bild, daß ihr gefiel, das sie nicht so ablehnte, wie sie sich üblicherweise ablehnte! Mit seinen Worten, mit seiner Stimme wurde sie für sich selbst so schön, wie sie es für ihn zu sein schien - 'bitte höre nicht auf zu reden', dachte sie, während sie weiter fasziniert seiner Stimme lauschte.
"Und ich meine nicht einmal deinen flachen Bauch, der mit seiner unendlich seidigen Haut zum Streicheln einläd und eine Versuchung darstellt, der sich vermutlich kaum ein Mann entziehen kann." Hermine fühlte sich, als lägen seine Hände zart und fest zugleich auf ihrem Bauch auf, der sich unter ihren inzwischen intensiveren Atemzügen hob und senkte. Sie konnte sich jeden seiner schmalen Finger so gut vorstellen, daß sie sie fühlen konnte.
Es dauerte einige Herzschläge, bis sie sich wieder in den Sinn rufen konnte, daß er nach wie vor einfach nur hinter ihr stand und sie mit seinen Worten um den Verstand redete.
"Damit meine ich das Gesamtbild, das all diese verheißungsvollen Komponenten ergeben. Das Gesamtbild, daß nur jemand versteht, der weiß, welche Magie zum Beispiel aus wertvollen einzelnen Zutaten entstehen kann, wenn sie in einem Kessel zum richtigen Zeitpunkt auf die richtige Weise zusammengemischt wurden, welcher Zauber entsteht, wenn aus einzelnen Noten eine Symphonie wird..."
Hermine fühlte, wie ihre Augen feucht wurden, während ihr Geist sich ganz und gar in die schwarze Seide seiner Stimme einhüllte und warm wurde.
"Wann bist du nur zu dieser erstaunlichen Frau geworden? Daß du schön werden würdest, daß war schon abzusehen, als du das erste mal Hogwarts betreten hast. Aber daß aus dir diese markerschütternde Schönheit werden würde, die du jetzt bist, daß habe nicht einmal ich kommen sehen, und ich war fassungslos, als ich es zum ersten Mal bewußt wahrgenommen habe. Daß man in einer schönen Frau den Geist erst entdecken muß, das geschieht häufig, aber das ein so großer Geist wie du, einem plötzlich den Atem raubt mit seiner Erscheinung - das ist sehr rahr..."
Er war dichter an sie herangetreten, und sie standen nun wie aneinandergeschmiegt im Mondlicht.
"Und du raubst mir den Atem, Hermine. Seit ich dich das erste Mal wirklich gesehen habe, gehst du mir nicht mehr aus dem Sinn, verfolgst mich und läßt mich nicht einmal in meinen Träumen zur Ruhe kommen."
Diesmal fühlte sie seine Hände real, als er von hinten von beiden Seiten ihre Haare nach hinten strich und zu einem dicken Strang zusammenfaßte durch den er zart seine Finger hindurchgleiten ließ.
Ein Zittern durchlief Hermine, als seine Fingerspitzen dabei ihren Hals und ihren Nacken berührten, die er damit freilegte.
"Und in meinen Träumen haben wir Dinge getan, Hermine, die so alt waren wie die Welt und so neu wie der erste Wassertropfen der einer gerade entstandenen Quelle entspringt um einen Fluß zu erschaffen."
Sie gab einen leises Keuchen von sich, als er seinen Kopf herabbeugte und sie seine warmen Lippen an ihrer Halsbeuge fühlen konnte. Wie die Hitze eines elektrischen Schlages, fuhr diese unendlich sanfte Berührung durch ihren Körper hindurch und ließ ihre Knie weich werden.
"Vertraust du mir, Hermine?", hauchte er in ihr Ohr und sie fühlte die Spitzen seiner schwarzen Haare an ihrem Hals.
Sehr flach atmend und mit dem schnellen Herzschlag eines kleinen Tieres nickte sie - außerstande ihm mit Worten zu antworten.
"Gut... dann schließe jetzt die Augen und öffne sie erst wieder, wenn ich es dir sage..."
