Chapter 07 – Harrys POV

Hogwarts, 20. Oktober 1997

Ich bin 17 Jahre alt.

Ich werde niemals einer von ihnen sein.

Ich hasse meinen Vater.

Harry Potter hasst mich.

Ich liebe Harry Potter.

Das ist das Ende.

Draco Malfoy

Ich liebe Harry Potter.... Ich liebe Harry Potter....

Seit Hermine mich mit dem Tagebuch allein gelassen hat müssen Stunden vergangen sein. Ron und die anderen sind längst im Bett.

Ich sitze hier und lese immer wieder diese letzten Sätze.

Wieder und wieder.

Ich liebe Harry Potter.

Er liebt mich.

Mich!

Nicht Hermine.

Nicht Pansy Parkinson.

Und auch sonst niemanden.

Mich allein.

Mein sehnlichster Wunsch hat sich erfüllt.

Trotzdem bin ich nicht glücklich.

Ich fühle mich schuldig.

Er wollte sterben, weil er mich liebt.

Wäre er an dem Tag nicht ohnmächtig geworden, wäre er jetzt tot.

Ich fühle kalte Wut in mir, wenn ich an die Dinge denke, die sein Vater ihm angetan hat und als ich die Zeilen lese, die direkt an mich gerichtet zu sein scheinen, habe ich das Gefühl an dem Kloß in meinem Hals zu ersticken.

Vergib mir Harry.'

Auch als die Todesser ihn in ihren Klauen hielten, hat er an mich gedacht.

Hat daran gedacht, dass ich ihn hassen würde. Noch mehr als vorher.

Dabei hasse ich ihn nicht.

Ich hasse ihn nicht.

Ich liebe ihn.

Ich liebe dich, Draco.

Ich liebe dich.

Plötzlich ist mir klar was ich jetzt tun muss.

Ich muss zu ihm.

Muss ihn sehen.

Ihm sagen, dass alles gut wird.

Dass ich ihn liebe.

Ohne weiter zu überlegen klettere ich aus dem Bett, hol meinen Unsichtbarkeitsumhang und schleiche aus dem Schlafsaal.

Der Gemeinschaftsraum ist verlassen.

Eine einsame Lampe brennt auf dem Tisch beim Kamin.

Vermutlich hat jemand vergessen sie zu löschen.

„Ich bin hier, Harry."

Beim Klang von Hermines Stimme fahre ich fast aus der Haut.

Sie sitz in dem Sessel am Kamin, ein Buch auf dem Schoß und sieht mich traurig an. Dann bemerkt sie den Umhang in meiner Hand.

„Wo wolltest du hin? In den Krankenflügel? Würdest du vorher mit mir reden?"

Sie deutet auf den Sessel neben sich. Ich habe auf einmal ein furchtbar schlechtes Gewissen. Ich habe sie ja praktisch als Verräterin beschimpft.

Ich muss mich bei ihr entschuldigen.

„Hermine. Bitte verzeih mir. Ich hab mich wie ein Idiot aufgeführt."

Sie nickt leicht.

„Ja, das hast du."

Mehr nicht. Sie macht es mir nicht leicht.

„Es ist nur... wegen Ron... und... ich war.... ich mein.... ich war so eifersüchtig."Den letzten Teil flüstere ich fast. Sie hört es trotzdem. Auf einmal weicht alle Farbe aus ihrem Gesicht. Was hat das zu bedeuten?

„Was hast du gesagt?"Ihre Stimme ist leise, irgendwie atemlos, geschockt.

„Harry, nein. Sag mir dass das nicht wahr ist. Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist."Sie fleht fast.

Ich merke wie die Wut zurückkommt. Wie kann sie nur?

„Was soll das heißen? Bei dir ist es in Ordnung, ja? Du darfst dich in ihn verlieben, aber ich nicht? Was soll das? Immerhin hast du doch sein Tagebuch gelesen. Ja, ich gebe es zu, ich liebe ihn. Und zwar schon ewig. Warum darf ich das nicht?"

„Harry..." Sie versucht mich zu unterbrechen. Aber ich höre nicht zu. Ich bin so verdammt wütend. Sie ist meine beste Freundin! Ich bin aufgesprungen, laufe aufgebracht hin und her.

„Komm mir jetzt nicht mit ‚Harry'! Ich dachte wir wären Freunde. Glaubst du ich möchte nicht auch jemanden der mich liebt? Du hast ja Ron, auch wenn ihr beide zu verklemmt seid das zu sehen, aber ich habe niemanden. Und dann erfahre ich, das der Junge, in den ich unsterblich verliebt bin, meine Gefühle erwidert und du willst mir das kaputt machen! Warum, Hermine? Warum gönnst du mir das nicht?"

„Harry, bitte."Sie kommt auf mich zu, legt mir die Hände auf die Schultern. Ich sehe, dass ihr Tränen übers Gesicht laufen. Sie sieht mich flehend an.

„Bitte hör auf."Sie schüttelt mich leicht, zwingt mich ihr in die Augen zu sehen.

„Harry, er stirbt."

Die Stille die diesem Satz folgt ist fast greifbar.

Die Worte hallen in meinem Kopf nach wie Donner.

Er stirbt?

Aber das kann nicht sein.

Das darf nicht sein!

„Harry, bitte schau doch nicht so."Sie zwingt mich sanft dazu mich zu setzten.

„Was? Bitte sag, dass das nicht wahr ist."Meine Stimme klingt rau, fremd in meinen Ohren.

Sie senkt den Kopf.

„Es geht ihm sehr schlecht, Harry. Madame Pomfrey sagt es besteht keine Hoffnung mehr. Er wird einfach nicht wach. Er will sterben. Seine Seele ist mit all dem nicht fertig geworden, darum hat er aufgegeben."

Es besteht keine Hoffnung.

Keine Hoffnung.

Ich höre es kaum als sie weiterspricht.

„Du weißt, dass er vorhatte sich das Leben zu nehmen? Er ist an dem Tag zusammengebrochen, weil er seit Wochen weder gegessen noch geschlafen hat. An dem Tag hat ihm das das Leben gerettet, aber auf lange Sicht gesehen, tötet es ihn."

„Wie lange bleibt ihm noch?"Ich muss diese Frage stellen, muss es wissen.

„Madame Pomfrey sagt, dass er den Dezember wahrscheinlich nicht mehr erleben wird."

Ich taste nach dem Anhänger der unter meinem Pullover verborgen ist. Meine Hand klammert sich um den Drachen, bis die scharfkantigen Flügel mir ins Fleisch schneiden. Der Schmerz vertreibt für einen Moment die Taubheit die sich in mir ausbreitet. Den Schmerz in meinem Herzen kann er nicht vertreiben.

„Harry, es tut mir so leid. Ich hätte dir das Tagebuch nicht geben dürfen. Aber ich war so wütend. Ich dachte das würde dich wieder zur Vernunft bringen. Ich konnte doch nicht ahnen, dass du etwas für ihn empfindest. Das du ihn liebst. Warum hast du denn nichts gesagt?"Sie wiederholt die Frage, die ich ihr nur wenige Stunden zuvor selbst gestellt habe.

Als ich zu weinen beginne nimmt sie mich in den Arm und streichelt mir sacht über den Rücken. Ich kann fühlen, dass ihr Körper leicht zittert.

Lange Zeit sitzen wir da, halten uns umschlungen und weinen um eine Liebe die niemals eine Chance bekommen hatte und jetzt auch niemals eine Chance bekommen würde.