A/N: Lang, lang ist's her, da hatte angefangen, eine HdR-FF mit dem ach so tollen Titel „Haltet den Dieb!" begonnen. Ich hätte nie und nimmer gedacht, dass die Geschichte so komplex werden und so viele Reviews erhalten würde. An diesem Punkt möchte ich mich bei allen Lesern bedanken! Tja...ein Jahr später wird es Zeit für die Fortsetzung, meint ihr nicht auch? Viel Spaß beim Prolog :)
Ach ja...seid doch so nett und lasst mir eure Meinung in Form einer Review da, ja? *süchtigsei*
Disclaimer: Das Jungchen mit den spitzen Ohren, über das es mittlerweile 100 000e Geschichten zu lesen gibt, hat kein anderer als J.R.R. Tolkien erfunden. An dieser Stelle ein dickes Dankeschön *g*
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~Sonne über Ithilien~
Prolog
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In unzähligen Geschichten, in den verschiedensten Versen, in allerlei Lied wurde Valinor, die letzte Elbenzuflucht gepriesen, besungen und in stiller Andacht bewundert.
Legolas hatte in seinem Leben noch nie Valinor erblickt, noch nie von seinen reichen Wassern getrunken, noch nie seinen lieblichen Wein gekostet. Wohl würde er dies erst dann tun, wenn seine Zeit gekommen war. Die Zeit, Mittelerde sich selbst zu überlassen. Er wusste, dass bis dahin noch einige Jahrhunderte an ihm vorbeiströmen würden und er noch unendlich erscheinende Tage unter den Augen Erus in Mittelerde verbringen würde. Fast so unendlich wie sein Leben selbst. Und bis dahin würde ihm Ithilien, der reiche Garten Gondors, als Zuflucht dienen. Hier grünten die Felder, die Sonne schien jeden noch so abgelegenen Winkel mit ihren wärmenden Händen berühren zu können und selbst wenn es regnete, glichen die Tränen des Himmels einer Melodie, einem Lied von Hoffnung und innerer Ruhe.
Legolas lieh sich diese innere Ruhe, versuchte sie gierig in sich aufzunehmen, um jeden weiteren Tag zu überstehen. Er war nach dem Gespräch mit seinem Vater nicht sofort nach Ithilien aufgebrochen, sondern hatte sich auf eine schier hoffnungslose Suche begeben. Auf der Suche nach sich selbst, seinem Glück, nach Lalaithwen.
Nichts von alledem hatte er in dreißig Jahren finden können. Dreißig Jahre, ja...fast ein halbes Menschenleben war er ziellos durch die Lande geirrt, war stets dem Abendstern gefolgt. Doch nichts fand er, dass seine Sehnsucht hätte stillen, seinen Schmerz hätte lindern können. Hatte er aufgegeben? Oder hatte ihn diese verbitterte Suche ihn nach Ithilien geleitet, dem Ort, an den er von Beginn an gedachte zurückzukehren? Er konnte keine Antwort darauf finden, genau so wenig wie er sich selbst daran hindern konnte, zu hoffen. Aragorn hatte seine Entscheidung begrüßt, zu ihm nach Gondor zu kommen und Obhut über dieses Paradies zu halten, obgleich Legolas ihm keine Gründe genannt hatte, weshalb er wirklich zurückgekehrt war. Was hatte ihn überhaupt dazu getrieben, ausgerechnet nach Gondor zu gehen, in den Süden? Mittelerde war groß und Lalaithwen konnte mit Pernoth überall hingegangen sein.
Vielleicht, dachte Legolas, war sie sogar in den Westen gesegelt... . Bei diesem Gedanken verkrampfte sich sein Herz und der Kummer, der sich wie ein Schatten auf sein Gemüt legte, wuchs und wuchs mit jedem verlorenen Tag. Gimli, der seinem Freund, seit dieser nach Ithilien zurückgekehrt war, des öfteren einen Besuch abstattete, hatte wahrgenommen, dass etwas mit Legolas nicht in Ordnung war. Aber da man mit Elben sowieso nicht normal reden konnte, hatte er es von Grund auf aufgegeben, Legolas mit Fragen zu durchlöchern.
Nun lebte er hier, in der Abgeschiedenheit der Natur, umringt von grünendem und blühendem Leben mit seinen treuesten Freunden aus dem Düsterwald, sowie seinem jüngeren Bruder Thíluil, der ihm, obgleich er seine Familie schwer enttäuscht hatte, gefolgt war. Legolas wusste, dass er seine Heimat nie wieder so vor sich sehen würde, wie er sie verlassen hatte. Denn Düsterwalds Elben spürten den Winter herannahen. Sie wussten, dass es Zeit war, zu gehen. Mit Wehmut gedachte Legolas seiner Familie, die in wenigen Jahren zu den Grauen Anfurten aufbrechen würde. Ohne ihn.
Oft hatte er seinen Bruder gefragt, ob es wirklich sein Herzenswunsch war, hier bei ihm in Ithilien zu sein, anstatt bei seiner Familie. Thíluil hatte jedes Mal gelächelt und gesagt: „Ich stand dir nicht zur Seite, als du eine schwierige Zeit in deinem Leben durchmachen musstest. So will ich dir nun mit allem in meiner Macht stehendem helfen."
Weder Thíluil noch seine anderen Gefährten hatten Lalaithwen je zu Gesicht bekommen. Legolas sprach nicht sehr oft über sie, aber wenn er es tat, leuchteten seine Augen vor Sehnsucht und manchmal, wenn der Mond schon hoch am Himmel stand und seine silbernen Schatten auf die Wiesen Ithiliens warf, saß er allein an seinem großen Fenster und sang. Die bittersüße Melodie seines Klageliedes hallte dann über die weiten Ebenen und wiegte die Menschen, die nahebei lebten und wirtschafteten in einen traumlosen Schlaf.
An einem solchen Abend, als die Sonne unlängst von der nahenden Nacht verschlungen und sämtliche Arbeit der Elben getan wurde, sah Legolas auf zu den ersten Sternen. Das rote Licht, das von den wenigen Wolken wiedergespiegelt wurde und den Himmel fast gänzlich ausfüllte, versprach, dass auch der folgende Tag wieder ein sonniger und heiterer werden würde. Ein weiterer Tag für Legolas, an dem er suchen würde. Und wenn er jeden einzelnen Stein umdrehen musste, er würde Lalaithwen finden. Ein Lächeln schlich sich über seine weichen Lippen, als er daran dachte, was er alles mit ihr hatte durchmachen müssen. Er vermisste ihre unbeschwerte Art, ihre dreiste Redegewandtheit, für die er zu Beginn ihrer Bekanntschaft wenig Verständnis aufbringen konnte. Er hätte es allerdings auch niemals für möglich gehalten, sich in eine Diebin zu verlieben.
Dunkelrote Schatten säumten das weiße Leinenhemd, das er trug, verliehen ihm einen weichen Farbton. „Wonach sinnt mein Bruder nur wieder? Selten habe ich ihn so verträumt gesehen wie hier in Ithilien" Legolas drehte sich um und sah seinen Bruder im Türrahmen stehen. „Nur selten ist ein Ort auch so schön wie dieser...", gab er lächelnd zurück, worauf Thíluil den Raum betrat und sich auf dem Nachtlager seines älteren Bruders niederließ. „Oder eine Frau", schmunzelte er ihn von unten herauf an, „Weißt du, Legolas, schon als ich hörte, du seiest mit einem Zwerg befreundet, dachte ich dies wäre der Höhepunkt einer verrückt gewordenen Welt...und ich dachte nie, ich würde erleben, dass du, alter Haudegen, dich noch verlieben würdest."
Legolas senkte den Blick, lauschte dem entfernten Zirpen der Grillen und atmete den lieblichen Duft des Weines ein, der an den fruchtbaren Hängen Ithiliens angebaut wurde. „Aber...vor Lalaithwen war ich doch mit...Celendra zusammen", sagte er überrascht und Thíluil verdeutlichte ihm mit einer Handbewegung, dass das unbedeutend wäre. „Das mag sein, Legolas...aber..." Er stand auf und boxte ihm brüderlich gegen die Brust, „Ich habe dieses Leuchten, das du in den Augen trägst, wenn du auch nur an sie denkst niemals gesehen, als du mit Celendra zusammen warst...bei Eru, ich frage mich nur, wie du strahlen wirst, wenn du das Mädchen in deinen Armen hälst"
Legolas lachte mit Thíluil, der es immer verstand, ihn aufzuheitern. „Ich glaube, ich werde sämtliche Sterne und den Mond in ihrem Glanz übertreffen", sagte er lächelnd. „Daran wage ich nicht zu zweifeln.", beteuerte ihm Thíluil seufzend. „Du wirst sie finden...", fügte er hinzu.
„Und was macht dich dessen so sicher?"
„Weil ich dir helfen werde...", entgegnete der jüngere Elb und zog Legolas neben sich auf das Bett, „Ich habe heute von einer Menschensiedlung weiter im Süden gehört. Sie handeln hauptsächlich mit Getreide und Gemüse. Lass uns morgen einen Besuch in dieser Stadt abstatten...vielleicht..."
„Meinst du, wir sollten nach Strohhalmen greifen?", fragte Legolas, der zu viele Enttäuschungen auf seiner Suche erlebt hatte, als dass er noch voller Hoffnung war. „Es ist einen Versuch wert. Und sagtest du nicht, sie sei mit einem Menschen fortgegangen? Es besteht eine Möglichkeit, dass sie hier ist, Legolas...direkt vor deinen Augen...deine Sehnsucht lässt dich nur nicht sehen" Legolas sah Thíluil nachdenklich an.
„Warum nicht...mehr als sie nicht finden können wir nicht", sagte er dann, worauf Thíluil die Arme in die Höhe riss und einen Jubelschrei ausstieß. Erschrocken blickte Legolas seinen jüngeren Bruder an und murmelte: „Also ehrlich...manchmal hast du wirklich seltsame Anwandlungen..."
„Tja Bruderherz, da sind wir uns gar nicht so unähnlich...ich kann es kaum erwarten, meine Schwägerin kennen zu lernen", lächelte er optimistisch und Legolas seufzte. Er wünschte sich innigst, nicht länger einer Illusion hinterher zu jagen.
~*~*~
Wie sooft hatte Legolas nicht geschlafen. Die gesamte Nacht verbrachte er auf seinem Fensterbrett und sehnte den Sonnenaufgang herbei. Dabei war er so ungeduldig wie ein kleines Kind, das den langersehnten Ausflug in neue, unbekannte Regionen nicht länger erwarten konnte. Am liebsten wäre Legolas noch am Vorabend aufgebrochen, doch er musste sich in Geduld üben. Je größer die Vorfreude wäre, desto heftiger würde die Enttäuschung über eine weitere fehlgeschlagene Suche sein.
Und der Elb war sich nicht sicher, ob er noch weitere schmerzende Enttäuschungen verkraften konnte. Wenn er damals nur eher seinem Vater alles gestanden hätte...dann hätte er Lalaithwen vielleicht aufhalten können. Er gab sich selbst die Schuld für sein derzeitiges Leid und er hoffte inständig, dass auch er es lindern könnte, indem er Lalaithwen wiederfand.
Endlich, nach Stunden die qualvoller und langsamer vergangen waren als jedes von ihm durchlebte Jahrhundert, wichen die Sterne und Erscheinungen der Nacht dem frühen Grau am Horizont, das bald wiederum dem weiten Lichtkegel der Sonne Tribut schenkte. „Lalaithwen...wo bist du?", murmelte Legolas leise, als er die Sonne über Ithilien aufsteigen sah. Mochte sie ihn zurück zu seiner Liebe führen. Keine Stunde später herrschte reges Treiben in den Gemächern des Hauses, welches, wie nicht anders zu erwarten, auf Elbenart zwischen den Bäumen errichtet worden war.
Einige Elben waren bereits ausgezogen, um nach den jungen Pflanzen zu sehen, welche in den fruchtbaren Erden zu prächtigen Gewächsen herangezogen wurden. Andere sattelten schon zwei Pferde, da sie die Nachricht erreicht hatte, dass die Prinzen einen Ausritt nach Minas Ithil, einer Stadt vor den Toren Pelargirs, planten. Legolas verweilte noch einen Moment in seinem Zimmer, kleidete sich sorgfältig an und malte sich in Gedanken aus, wie es wohl wäre, Lalaithwen nach all den Jahren wieder zu sehen. Legolas zog sich seinen grau-grünen Mantel über, denn obwohl der Sommer Einzug in Ithilien hielt, herrschte über den grünen Ebenen eine frische Brise.
Außerdem würde der Elb noch so einiges darin verstauen können.
Er eilte hinaus auf den Hof, wo Thíluil bereits auf ihn wartete. „Wo hast du so lange gesteckt, Bruder? Ich dachte, wir suchen nach deiner Maid und nicht nach meiner...also erbitte ich ein wenig mehr Elan", grinste er und schwang sich auf den Rücken seines Pferdes.
Kopfschüttelnd tat es Legolas seinem Bruder gleich und kurze Zeit später ritten die Geschwister nebeneinander her, umringt vom Reichtum der Natur, den Ithilien ihnen darbot. „Wie lang, glaubst du, werden wir unterwegs sein?", fragte Legolas. „Oh...da kann es wohl einer kaum erwarten, hm? Wie gesagt, ich kann dir nicht garantieren, dass wir sie finden...sie könnte auch ganz woanders sein...", mahnte Thíluil. „Ja, schon gut, wie lange denn nun?", wies ihn Legolas auf seine eigentliche Frage zurück. „Schätzungsweise zum Mittagsstand der Sonne werden wir vor den Toren Minas Ithils stehen", erklärte er und sein Blick wanderte abschätzend zum klaren, blauen Himmel. Es hatte seit einem gesamten Mondlauf nicht mehr geregnet, weswegen die Elben unter Legolas' Führung ständig damit beschäftigt waren, die Pflanzen mit Wasser zu versorgen. Durch diese Dürreperiode entstand ebenso die Gefahr eines Brandes. Ein einziger Funken konnte einen tödlichen Waldbrand auslösen und die reichen Früchte der Gewächse mit einem Schlag vernichten. Die Hufe von Legolas' Hengst gaben dumpfe Geräusche von sich, als sie den trockenen Erdboden berührten und feinen Staub aufwirbelten.
„Hast du dich schon einmal gefragt, ob Eru auch Reittiere erschaffen hat, die wie wir, elbengleich, keine Spuren auf dem Erdboden hinterlassen?"
„Wie bitte?", wollte Legolas wissen und drehte sich stirnrunzelnd zu seinem Bruder. „Ich habe nur nachgedacht," meinte Thíluil und beobachtete den gleichmäßigen Trab der Pferde, „Es ist doch sehr verräterisch als Elb zu Pferd zu reisen...was, wenn uns jemand Böses will? Dann kann er unsere Fährte aufnehmen, nur weil wir nicht zu Fuß gehen"
Legolas lachte. „Und wer sollte uns Böses wollen?"
„Oh, da findet sich immer jemand, Legolas.", stimmte Thíluil in das Lachen ein. „Du verwunderst mich von Tag zu Tag mehr, kleiner Bruder", murmelte Legolas lächelnd und trieb sein Pferd zu einem leichten Galopp an. Gegen Mittag, als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, schimmerten in nicht all zu weiter Entfernung zwei kleine, silberne Turmkuppeln und reflektierten das Licht wie zwei runde Spiegel, sodass selbst das Sonnenlicht wie der silbern-weiße Schein des Mondes glänzte. „Minas Ithil?", fragte Legolas beeindruckt von dem Lichtspiel, das sich ihm darbot. Sein Bruder nickte nur. „Du solltest sie bei Nacht sehen...die Kuppeln scheinen das Mond- und Sternenlicht aufzufangen und schimmern in der Dunkelheit. Fast so als wären sie Wegweiser für Wanderer und Verirrte. Es ist wie in einem Traum", sagte Thíluil und es schien, als sei er in Gedanken ganz weit weg.
„Diese Stadt wurde nach dem Ringkrieg erbaut. Sie birgt nichts besonderes in sich, doch es ist gerade ihre Schlichtheit, die sie so sonderbar macht", sagte er leise.
Das weiße Licht erinnerte Legolas an die Nacht, in der Filegon beerdigt worden war, denn als er seine Arme tröstend um Lalaithwen gelegt hatte, warf der Mond sein kaltes Licht auf sie, ließ ihre Haut erscheinen, als sei sie aus purem Porzellan gefertigt. Und ihre Tränen wanderten wie flüssige Perlen daran hinab.
„Legolas?", hörte er plötzlich Thíluil wie aus einer anderen Welt her fragen, sodass er aufschreckte und ihn anstarrte. „Ist alles in Ordnung?" Legolas nickte und verbannte die Erinnerung aus seinen Gedanken. Er musste einen klaren Kopf behalten, wenn er Lalaithwen wiederfinden wollte.
Als sie das Stadttor passierten, verneigten sich die Torwachen ehrerbietend, denn sie hatten schon viel von dem Elbenprinzen gehört, der sich hier in Ithilien niedergelassen hatte, um eine Elbenkolonie zu gründen und so Obhut über die natürliche Schönheit des Landes zu halten. „Welch Ehre, Euch vor den Toren Minas Ithils in Empfang nehmen zu dürfen, Meister Legolas und Meister Thíluil.", sagte die erste Wache, noch immer kniend und das Gesicht auf den Boden gerichtet, als stände Eru selbst vor ihnen. Hatte er Meister gesagt? Legolas verbiss sich das Lachen. So nannte man ihn nicht einmal am heimischen Hof im Grünwald. Auch Thíluil hatte damit zu ringen, Haltung zu bewahren, nickte gebieterisch und passierte mit seinem Bruder das große Tor. Holzhütten wechselten sich mit festen Gemäuern ab.
Ringsum herrschte reges Handeln, da auf dem Marktplatz der Wochenmarkt ausgerichtet wurde, zu dem unzählige Händler aus allen Teilen des Landes angereist waren und ihre Waren anpriesen.
Steinerne Platten führten zur Marktmitte, wo überdachte Stände aufgestellt worden waren, um die Waren, meist frische Lebensmittel, vor der Sonne zu schützen. Legolas musste lächeln, als er sich an das Geschehen auf dem Marktplatz im Grünwald erinnerte. Als Laith gegen ihn geprallt war und somit ihr Versuch zu flüchten gescheitert war. Eine dicke, etwas unbeholfen dreinschauende ältere Frau, bekleidet mit einem lumpigen Gewand, dessen Taschen so durchlöchert waren, dass der Inhalt hinauszurutschen drohte, kreuzte den Weg der Elben, blickte mürrisch in die jungen Gesichter und schüttelte den Kopf.
„Diese jungen Leute...müssen zu Pferde reisen, obwohl ihre Beine noch jung und kräftig sind", nuschelte sie durch ihre Zahnlücke und wackelte, gestützt auf einen krummen Spazierstock, über die Straße. „Wenn sie nur wüsste...ich könnte ihr Ururururururururgroßvater sein", flüsterte Thíluil Legolas zu, als er höflich sein Pferd angehalten hatte, um die Frau passieren zu lassen.
Legolas blickte über seine Schulter zurück zu den Türmen. Banner mit Aragorns Wappen wehten im schwachen Wind, verliehen selbst dieser kleinen Menschenstadt ein majestätisches Aussehen. „Lass uns von den Pferden steigen und uns ein wenig unter die Leute mischen", schlug er vor, worauf Thíluils Mundwinkel zu einer verwirrten Grimasse nach unten sanken. „Du lässt dir doch nicht von einer greisen Frau ein schlechtes Gewissen einreden? Legolas, unsere Beine sind auch nicht mehr die jüngsten und kräftigsten", argumentierte er, indem er eine Greisenstimme auflegte und theatralisch über sein linkes Bein strich, als wäre es auch nicht mehr das, was es einmal war.
Kopfschüttelnd lachte Legolas, schwang sich vom Rücken des Hengstes und führte ihn an den Zügeln hinter sich her.
„Wie ich ältere Brüder hasse", murrte Thíluil halblaut. Starrsinnig wie er war, blieb er auf dem Pferd sitzen und trabte hinter seinem Bruder her, der ihn nur spöttisch begutachtete. „Ich bin dann wenigstens nicht derjenige, der über seine alten und schwachen Glieder klagt", verteidigte sich Thíluil. Legolas lächelte schief. Alte und schwache Glieder...soso... . Kinder tollten auf den enger werdenden Gassen herum und spielten Jäger und Gejagter. Legolas grinste, als er eine Reihe junger Burschen dabei ertappte, wie sie den Kampf von Aragorn, Gimli und Legolas gegen die wilden Menschen um die Hornburg nachstellten. Mit Holzschwertern und improvisierten Schildern aus Leder traten sie gegeneinander an und riefen mehrmals Aragorns Schlachtruf aus, weswegen sie tadelnd von ihren einkaufenden Müttern zurechtgewiesen wurden. Etwas abseits vom Marktgeschehen verlief ein schmaler Fluss , über den eine Brücke führte. Hinter einem großen grünen Hügel konnte man schon die neu gedeckten Dächer weiterer Häuser erkennen, ein Mühlenrad, das sich gemächlich mit dem Lauf des Wassers drehte, sowie einen hohen Glockenturm.
„So klein ist diese Stadt wohl doch nicht", bemerkte Legolas, worauf Thíluil nur mit den Schultern zuckte. „Hab ich nicht behauptet...", redete er sich heraus und warf einer jungen Magd schöne Blicke zu, welche auf der Stelle errötete und eilig weiter ihres Weges ging. Legolas schüttelte mit dem Kopf. „Thíluil, wann erwählst du endlich eine Braut?"
„Dann, wenn mir eine gefällt. Sie muss hübsch sein, vollbusig und natürlich muss sie..."
„Deine Art von Humor ertragen?", endete Legolas lachend. „Nein, sie muss mich zu neuen Taten inspirieren", erklärte sein kleiner Bruder und reckte arrogant die Nase in den Himmel. „Die da wären?", neckte der ältere Elbenprinz weiter. Doch Legolas hörte ihm nur noch mit halbem Ohr zu und bedauerte die unbedachte Bauweise der Menschen. Sie hatten ganze Waldflächen roden müssen, um neue Häuser auf diesem Grund zu errichten.
„Prinz Legolas! Was für eine Ehre! Ihr, in der von mir verwalteten Stadt? Seht her, Leute. Ein wahrer Kriegsheld steht vor euch!", rief plötzlich eine aufgeregte Männerstimme, der Stadtverwalter Minas Ithils und ehe Legolas richtig Herr der Lage werden konnte, war Thíluil vom Pferd gesprungen und riss den Arm seines Bruders triumphierend in die Höhe. Die Menschenmenge versammelte sich um die Brüder und staunte nicht schlecht, als sie waschechte Elben zu Gesicht bekamen. Viele drängten näher zu den beiden und ein Stimmengewirr beherrschte die ohnehin schon lautstarke Geräuschkulisse des Marktplatzes. „Der Elb, der mit einem Zwerg befreundet ist!", rief ein alter Mann ungläubig aus und deutete auf Legolas und viele junge Mädchen bewunderten die beiden Männer. Die Jungen, die zuvor noch ihre Heldentaten nachgestellt hatten, ließen ehrfürchtig die Holzschwerter sinken und starrten mit offenem Mund auf Legolas. „Seid Gast in dieser wunderschönen Stadt, werte Herren", fuhr der Verwalter überglücklich fort und zog Legolas mit sich, gefolgt von Thíluil, der den Andrang der Leute mit Verwunderung genoss.
„Elben, Elben in Minas Ithil, dass ich das noch erleben darf", krächzte ein Tattergreis aus der ersten Reihe. Legolas fühlte sich alles andere als wohl, da plötzlich so viel Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet war. Er war nur hier, um herauszufinden, ob Lalaithwen hier lebte, nicht um gefeiert zu werden. Thíluil bemerkte den wachsenden Unmut seines Bruders, gab ihm ein Zeichen und rief lauthals in die Menge: „Da, seht! Lang lebe König Aragorn, Sohn Arathorns"
Ein geschicktes Ablenkungsmanöver, denn viele Menschen drehten sich überrascht nach allen Richtungen um, wo denn der König plötzlich zu sehen war, andere riefen ekstatisch „Lang lebe der König", sodass das Chaos perfekt war. Legolas warf Thíluil nur einen unsicheren Blick zu, doch dieser drehte nur den Zeigefinger an seiner rechten Schläfe, um deutlich zu machen, dass Menschen so leicht abzulenken und zu begeistern waren.
Ohne länger zu zögern ergriff Legolas die Zügel seines Pferdes, zog die Kapuze seines Mantels tief in sein Gesicht und bahnte sich seinen Weg durch die grölenden und begeisterten Massen, bis er schließlich nahe des Flüsschens wieder freier atmen konnte. Er saß auf, warf noch einen raschen Blick auf seinen Bruder, der Urheber der ganzen Verwirrung war und ritt dann das Flüsschen entlang, zwischen großen Buchen und Kastanien, bis er an einem abgelegenerem Teil der Stadt angelangt war.
Nichts als das beruhigende Plätschern des Wassers erreichte sein Ohr...er war dem Ansturm der Menschen entkommen.
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Ui, also n ziemlich langer Prolog...hoffe, er gefällt euch :) Lasst doch was reviewtechnisches für mich da?! Würde mein Plüschherz höher schlagen lassen *g*
