He, die Reviews lassen nach, dafür gibt es die nächsten zwei Wochen kein Update mehr *lach*. Ok, nicht deshalb, sondern weil ich morgen nach Kreta fliege. Also das nächste Kapitel kommt erst in ca. 2 Wochen.
Vielen Dank für die E-Mail Reviews.
@amicahelena: ja, ich fürchte, mit Aragorn hast du recht. Aber davon werden wir nicht so viel merken, weil er sich in Zukunft völlig königlich geben wird *g*.
@nachtschatten: so, hier ist wieder Valanya – extra für dich.
@auxia: na, dann werde ich mir mal Mühe geben.
6. Nenuial
In der zweiten Nacht ihrer Reise nach Bruchtal wurde Valanya von wilden Träumen geschüttelt. Gorath der gerade Wache hielt, sah sie besorgt an. Er befürchtete, dass sie sich zu viel zumutete, es war schließlich erst wenige Tage her, dass sie völlig erschöpft von Angband zurückkehrte und nun waren sie schon wieder unterwegs. Er stand leise auf und legte vorsichtig seinen Mantel über sie, da sie den ihren unter sich begraben hatte: ‚Wenn wir in Bruchtal sind, musst du dich aber wieder richtig erholen, bevor wir irgendwas anderes anfangen.' Er konnte nicht wissen, welch schwere Träume ihr gesandt waren, er konnte nur sehen, wie es sie quälte.
Irgendwann als der Morgen bereits graute, wachte Valanya erschrocken auf. Sie setzte sich auf und sah, dass Gorath sie betrachtete. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn und sie schien über irgendetwas nachzudenken. Plötzlich stand sie mit einem Elan auf, als würde sie sofort in den nächsten Kampf stürmen wollen. Sie kniete sich neben Gorath: „Würde es dir etwas ausmachen, schon mal allein nach Bruchtal vorzureiten?"
Der sah sie ungläubig an: „Oh, nein, sprecht nicht weiter, denn ich glaube nicht, dass ich an dem, was ihr zu sagen habt, Gefallen finden werde."
Sie setzte sich jetzt neben ihn: „Hast du nicht manchmal das Gefühl, dass du eine Sache unbedingt tun, musst, weil es dir so bestimmt ist?"
„Ja" sagte er „und ich fühle, dass es mir bestimmt ist, euch davon abzuhalten in eurem Zustand wieder allein aufzubrechen."
„Gorath" sagte Valanya etwas zerknirscht „ich muss gehen und ich muss es allein tun."
„Es sind diese Träume, nicht?" fragte er resignierend.
Valanya nickte gedankenverloren: „Ich sah heute Nacht viel Schmerz und Leid, sah Zerstörung und Hass und dann sah ich, wie ein Licht in dunkler Nacht, das Leuchten des Nenuial (Abendrotsee) und die verbliebenen Mauern der alten Stadt, die an seinem Ufer ruhen. Und als ich es sah, spürte ich Hoffnung, wo längst alles verloren geglaubt und es drängte mich der tiefe, innige Wunsch dorthin zu gelangen."
Gorath nahm ihre Hand und schaute sie fest an: „Ihr habt bisher immer gewusst was zu tun war, also entschuldigt, dass ich euch nicht gleich zustimmte. Zu bedeutungsvoll scheint auch mir dieser Traum zu sein, wenn er euch so sehr bewegt hat, als dass man ihn einfach abtun könnte. Wenn ihr mich euch wenigstens begleiten ließet."
„Zu gern würde ich dich an meiner Seite haben, aber es geht nicht." Sie zog die Hand zurück.
Gorath nickte. Er hatte verstanden worum es ihr ging: „Gut, ich kümmere mich um das neue Lager, bis ihr da seid." Er versuchte zu Lächeln: „wenigstens gibt es da drüben keine Orks und der Weg durch's Auenland ist auch relativ sicher."
Er stand jetzt auf: „Wann wollt ihr also aufbrechen und was noch wichtiger ist, wann sollen wir euch zurück erwarten?" Er stellte den Kopf schräg und sah sie erwartungsvoll lächelnd an.
Valanya überlegte kurz, dann stand sie auch auf: „Ich werde mit euch bis zur Weißquell-Brücke gehen, dann nehme ich die große Oststraße." Sie legte wieder eine kleine Denkpause ein, dann sagte sie schließlich: „und die Rückkehr wird sein, sobald es mir möglich ist oder meinst du nicht, ich wäre das Herumziehen nicht auch leid und würde nicht liebend gern mal wieder in einem Bett schlafen."
Gorath lächelte: „Ja, da bin ich mir eben nicht so sicher" und als er sich einen strafenden Blick einfing fügte er schnell hinzu: „Euer Bett wird natürlich bereits gerichtet sein, wenn ihr eintrefft. Sollen wir sonst noch Vorbereitungen für die Ankunft eurer Hoheit treffen?"
Valanya verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf: „Dieser Kerl macht mich noch wahnsinnig." Lachend gab sie ihm einen leichten Stoß, so dass er über das Bein, welches sie ihm zusätzlich in den Weg stellte nach hinten fiel. Schließlich beugte sie sich zu ihm runter, verschränkte die Arme vor ihrem Körper und schaute ihn mit einem spöttischen Blick an: „Darf eure Hoheit euch wieder aufhelfen?" sie reichte ihm die Hand.
Er griff die Hand und zog sich ein Stück nach oben. Ihre Köpfe waren jetzt so dicht beieinander, dass ihre Lippen sich fast berührten. Sie hielten in dieser Bewegung inne und man konnte die knisternde Spannung förmlich hören. Dann gab sich Valanya einen Ruck und zog ihn nach oben.
Gorath schaute sie an: „Schade eigentlich"
„Was, Schade eigentlich?" Valanya sah ihn herausfordernd an.
Gorath fasste sich wieder: „Nichts." Er schüttelte den Kopf und drehte sich ab, dann fragte er plötzlich: „Warum lasst ihr eigentlich keine Gefühle zu." Er konnte es selbst kaum glauben, dass er den Mut gefasst hatte, ihr das so offen zu sagen.
Verlegen wandte er sich Valanya wieder zu. Die schaute ihn mit großen Augen an und versuchte irgendetwas zu entgegnen, dann sank sie zusammen und setzte sich schweigend auf den Boden. Gorath begann seine offenen Worte zu bereuen, doch dann fing sie mit gequälter Stimme zu sprechen an: „Setz dich" sie schaute sich noch einmal um, ob die anderen noch schliefen und als er ihrer Aufforderung nachgekommen war fuhr sie leise fort: „Meinst du es ist leicht für mich?"
Er wollte gerade was entgegnen, als sie ihm das Wort abschnitt: „Nein, warte, ich bin noch nicht fertig. Meinst du also, ich würde mich nicht liebend gern meinen Gefühlen hingeben? Meinst du Liebe, Zuneigung und Zärtlichkeit wären mir fremd? Ich bin nicht aus Stein, Gorath, auch wenn du das vielleicht denken magst. Doch Schwäche ist etwas, was ich mir im Moment nicht leisten kann."
Er fiel ihr jetzt doch ins Wort: „Aber Liebe ist doch keine Schwäche, Valanya."
Sie lächelte bitter: „Glaubst du, dass auch nur ein Mann mir noch folgen würde, wenn wir turtelnd durch's Lager liefen?"
Er wusste nichts zu entgegnen, deshalb sprach sie weiter: „für Liebe, mein Freund, ist in Zeiten wie diesen kein Platz."
Gorath schaute betreten zu Boden, dann fragte er: „und in anderen Zeiten?"
Valanya lächelte jetzt: „In anderen Zeiten würde ich dich mit an den Abendrotsee nehmen und wir würden ein paar wundervolle Tage dort verbringen." Sie erhob sich und beugte sich noch einmal zu ihm: „die Zeiten werden kommen, Gorath." Dann gab sie ihm einen Kuss auf die Stirn, drehte sich um und ließ ihn allein.
Gorath schaute ihr seufzend hinterher: ‚Na hoffentlich erleben wir diese Zeiten noch.'
Dann lächelte er und lehnte sich wieder zurück. Wenigstens wusste er jetzt, dass sie auch etwas für ihn zu empfinden schien.
Einige Stunden später brachen sie auf und gegen Mittag war man an der Brücke angelangt. Valanya verabschiedete sich von den anderen und nahm die Straße Richtung Westen. Sie holte alles aus Nahar, der schnell wie der Wind war, heraus und in wenigen Stunden sahen sie schon die Wetterspitze vor sich. Bis zum Abend war sie in Bree angelangt, doch sie begehrte nicht im Gasthaus zu bleiben, da sie ziemlich misstrauisch gegenüber allen Gestalten war, die dort herumlungerten. Sie nahm nur eine warme Mahlzeit zu sich und versorgte Nahar, dann zog sie weiter, um im Chetwald, der nur einige hundert Meter von Bree entfernt begann, ein sicheres Nachtlager zu finden.
Sehr früh am Morgen brach sie auf und erreichte im Lauf des frühen Vormittags die Brandyweinbrücke. Sie wollte sie gerade überqueren, und auf der Westseite des Flusses entlang zum südlichen Abendrotsee reiten, denn später konnte man den Fluß nicht mehr überqueren und musste um den ganzen See herum reiten, als sie ein großes, recht neu aussehendes Schild erblickte, welches an der Brücke angebracht war:
„Auenland – Freies Land unter dem Schutz des Nördlichen Szepters"
Auf Erlass König Elessars ist es Menschen ab sofort verboten, das Auenland zu betreten.
Samweis, Bürgermeister.
Valanya traute ihren Augen nicht.
‚Auf Erlass König Elessars? Was bildet der Kerl sich ein, der ist König von Gondor und ich kann mich nicht erinnern, die Grenzen von Gondor überschritten zu haben. Das ist doch der Gipfel. Die Straße in den Westen, die schon seit Jahrtausenden genutzt wurde und dann kommt so ein Größenwahnsinniger daher und meint seine Kompetenzen überschreiten zu müssen.' Valanya war jetzt richtig wütend und dass dieser König auch rechtmäßiger Thronerbe von Arnor war, vergaß sie in ihrer Wut einfach. Für sie war König Elessar im Moment nur jemand der im fernen Süden saß, den sie noch nie gesehen hatte und der von dort unsinnige Beschlüsse zu verfassen schien. Dass jemand so vermessen sein würde, eine uralte Durchfahrtsstraße einfach für eine Rasse zu sperren, hätte sie nicht im Traum gedacht.
Sie trieb Nahar an und galoppierte wütend mitten durchs Auenland. Nicht leise und ungesehen, wie sie es früher oft getan hatte und nicht nur am Westufer des Brandywein entlang, sondern einmal mittendurch und wieder zurück.
Als sie sicher gegangen war, dass auch genug staunende Hobbits sie gesehen hatten, hielt sie mitten in Hobbingen an und blieb demonstrativ stehen. Sam, dem der Vorfall gemeldet wurde, trat ihr persönlich entgegen.
„Habt ihr nicht gelesen, dass das Auenland für Menschen gesperrt ist?" fragte er fest.
„Doch hab ich" entgegnete sie trotzig.
Etwas unsicherer fragte Sam jetzt: „und was macht ihr dann hier?"
„Euren Erlass für ungültig erklären!" sie schaute ihn herausfordernd an. Dann fuhr sie fort: „Dies ist eine uralte Handelsstraße, wer gibt euch das Recht zu beschlagnahmen was jahrtausende lang der Allgemeinheit gehörte?"
Sam straffte seinen Körper: „Der König" sagte er fest.
„Der König von Gondor?" fragte Valanya provozierend.
„König Elessar, der auch der Halter des nördlichen Szepters ist" sagte Sam etwas hilflos jetzt, gegen den Dickkopf von Valanya, vor allem wenn sie wütend war, hatte er geringe Erfolgsaussichten.
„Ich erkläre den Erlass für ungültig" sie beugte sich jetzt runter zu Sam „ du kannst deinem König folgendes ausrichten: „Das Szepter mag er halten, doch seit fast 3000 Jahren gehört der Norden schon den Geschöpfen, die dort leben. Seit langem verteidigen wir dieses Land mit unserem Blut und nun sollen wir uns aus dem Süden irgendwelche Beschlüsse auferlegen lassen? Und diese Straße gehörte schon immer denen, die hier im Norden vom Osten in den Westen zu gelangen suchten und umgekehrt. Uraltes Recht ist es, das ihr zu beugen versucht. Und mein Name ist übrigens Valanya und mein neues Zuhause ist Bruchtal, da es verlassen wurde und ich werde diese Straße benutzen, wann immer mein Ziel und Begehr es erfordert. Auf Wiedersehen Herr Bürgermeister, es war nett ihre Bekanntschaft zu machen." Mit diesen Worten galoppierte sie stolz davon.
Sam blieb beinahe der Mund offen stehen, auf solche Schwierigkeiten war er nicht eingerichtet, er begab sich in seine Amtsstube um einen Brief an König Elessar über die Vorfälle aufzusetzen.
Valanya trabte mittlerweile schon etwas gemächlicher gen Norden, bald würde sie den Ort ihres Begehrs erreichen. Ihre Wut war längst verflogen und ihre Laune besserte sich wieder.
Diese kleine Extratour durchs Auenland hatte sie einige Zeit gekostet, aber das war es ihr wert.
Gegen Abend kam sie endlich in Annuminas an. Oder besser gesagt, an dem, was davon übrig war, denn seit vielen, vielen Generationen war dieser Ort schon verlassen. Einst war er Hauptstadt der Numenorer, von Elendil gegründet und Valanya konnte den Zauber und die Würde, die von diesem Ort ausgingen, deutlich spüren. Morgen würde sie mit ihrer Suche beginnen, noch wusste sie nicht mal nach was sie suchte, doch sie hoffte auch, etwas über sich selbst herauszufinden, indem sie die Orte ihrer Vorfahren durchstöberte.
Sie führte Nahar an den wunderschönen See, der von der untergehendes Sonne in ein sattes, leuchtendes Rot getaucht war. Sie lächelte, gefangen von der Schönheit dieses Anblicks:
„Jetzt weiß ich, warum sie diesen See Abendrotsee nennen'.
Sie schlug ihr Nachtlager auf und schlief kurze Zeit darauf ein, zum ersten Mal seit langem tief und fest und ohne aufwühlende Träume. Sie fühlte sich, als wäre sie endlich zu Hause, nach einer so langen Odyssee.
Am nächsten Morgen wachte sie glücklich auf und der See empfing sie schon wieder in ein freundliches Rot getaucht.
Sie machte sich nun daran die alten Gemäuer zu erkunden, Stück für Stück, dass Gefühl der Menschen, die sie einst erbauten und sich in ihnen aufhielten, einsaugend. Fast war es ihr als könnte sie die Stimmen der Leute hören und ihr Treiben vor Augen sehen. Doch plötzlich kam sie an eine Stelle, die glasig aus dem Gemäuer herausragte und weiße Blitze durchfuhren sie plötzlich. Schnell zog sie die Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt. Dann nahm sie den Ärmel und wischte vorsichtig über das glatte Stück. Es hatte tatsächlich eine glasige Oberfläche und war so tief in den Stein eingedrungen, dass es unmöglich gewesen wäre, es herauszubekommen. Sie berührte es noch mal und wieder schossen weiße Blitze durch ihren Kopf und ein paar Bilder zeigten sich in rasender Schnelle vor ihren Augen, doch sie konnte sie nicht festhalten. Erschrocken zog sie erneut die Hand weg.
‚Was kann das nur sein?' Sie versuchte sich alles, was Belear ihr je über diesen Ort erzählt hatte in Erinnerung zu rufen und plötzlich hatte sie seine Worte wieder im Ohr:
„Die Flüchtlinge hatten viele mächtige und wertvolle Schätze und Erbstücke aus Numenor mitgebracht, doch die berühmtesten waren die Sieben Steine und der Weiße Baum."
„Die sieben Steine?" hatte sie damals gefragt.
Und Belear hatte weiter erzählt: „Die sieben Steine wurden einst aufgeteilt. Drei nahm Eldendil und je zwei nahmen seine Söhne. Elendils Steine wurden in den Türmen auf den Emyn Beraid, auf dem Amon Sul und in der Stadt Annuminas verwahrt. Die seiner Söhne aber in Minas Ithil und Minas Anor, in Orthanc und in Osgiliath. Die Steine hatten die Kraft, dass jeder, der in sie hineinblickte, Dinge darin zu erkennen vermochte, die weit in der Ferne lagen."
Valanya hielt inne: ‚Sollte dieses merkwürdige Überbleibsel wirklich….' Sie wagte den Gedanken kaum zu vollenden: ‚aber es heißt in den Legenden, dass der Stein von Anumminas im Meer verloren ist, oder trügt die Legende, oder ist es nur ein Relikt aus längst vergangener Zeit?' Doch schließlich wischte sie alle Grübeleien beiseite und atmete tief durch: ‚Nun, was auch immer das hier ist, um seine Wirkung werde ich bald wissen' und sie nahm alle Willens- und Geisteskraft zusammen und legte beide Hände über die glatte, glasige Fläche.
Plötzlich durchströmten sie wieder etliche Blitze und die Bilder rasten vor ihren Augen vorbei, sie musste alle Kraft zusammennehmen, um sich zu halten und den Stein nicht loszulassen und mit der Zeit wurden die Bilder immer langsamer und sie konnte ab- und zu einen Blick auf etwas erhaschen, was sie nicht zuordnen konnte. Irgendwann hatten sie ein Tempo erreicht, dem Valanya folgen konnte. Und was sie sah ließ sie erschaudern. Ein Meer aus Dunkelheit und eine schwarze Burg thronte darin und ab und zu züngelte eine Feuersäule aus der Burg, die das Szenario ein wenig erhellte und dann erkannte sie dass es kein Meer aus Dunkelheit, sondern ein Meer aus Blut war. Sie schauderte. Und bei der nächsten Feuersäule erkannte sie, dass das Meer gekräuselt war und als sie genauer hinschaute, erkannte sie dass es aus toten Menschen und Elben bestand, nein, auch aus toten Zwergen und Hobbits. Dieses Meer unterschied nicht in der Herkunft seiner Opfer, die es verschlang um sie nieder wieder freizugeben. Und die Bilder liefen weiter, und sie erkannte in den Gesichtern plötzlich Menschen, die sie kannte, Freunde. Valanya schrie auf, doch sie ließ nicht los. Ihr Herz raste als die Bilder sich weiter bewegten und dann sah sie den furchtbaren Herrscher auf dem Meer gehen, in einer schwarzen Rüstung und Flammen züngelten an der Stelle empor, auf die er seinen Fuß zuletzt gesetzt hatte und wenn er ging, dann war ein knirschendes Geräusch zu vernehmen, verursacht durch die berstenden Knochen der Opfer und Valanya konnte deutlich ihre Schreie hören. Schreie, die ihr durch Mark und Bein gingen und Tränen liefen ihre Wangen hinab. Doch man konnte nicht sein Gesicht erkennen, da es im Nebel verborgen war. Sie fühlte sich von allem Mut verlassen und wollte endlich loslassen um dieser Qual, die die Bilder verursachten zu entkommen, da sah sie am Horizont des blutigen Meeres ein schwaches Licht durch das Dunkel heran kommen. Und als es näher kam, sah sie, dass es ein Schiff war, das sich bewegte, als ob es in einer weißen Wolkenschicht schwebte, welche das Blut teilte. Und als das Schiff anlegte stiegen zwei Männer von Bord, die Valanya noch nie gesehen hatte, ein weißhaariger, bärtiger, alter Mann und ein würdevoll aussehender Elf und plötzlich drangen Worte an ihr Ohr, in einer Sprache, die sie schon lange nicht mehr gehört hatte, die ihr Belear einst gelehrt hatte und die wie eine harmonische Melodie klang: „Erwarte uns" rief ihr die Stimme zu. Sie fühlte, dass die Bilder unklarer wurden und sich immer weiter entfernten. Sie hörte sich rufen: „Wann, und wo soll ich euch erwarten?" Doch plötzlich waren die Bilder verschwunden, die Verbindung war unterbrochen. Valanya fiel nach hinten, sie atmete schnell und schwer und Schweißperlen auf der Stirn zeugten von ihrer Erschöpfung.
Valanya versuchte sich langsam wieder zu beruhigen. Wenn das die Zukunft gewesen sein soll, wozu sollte man überhaupt noch weiterkämpfen. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen. Gab es noch Hoffnung, waren die beiden Männer die Hoffnung?
Wann sollte sie sie erwarten? Valanya legte sich ratlos ins Gras und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Doch die Schleier lichteten sich einfach nicht. Aber sie begriff, dass ihre Aufgabe an diesem Ort erfüllt war. Als sie sich umschaute, dämmerte es bereits wieder, viele Stunden schienen in der Zwischenzeit vergangen zu sein. Sie beschloss sich diesen Abend noch hier am See zu erholen und am nächsten Morgen aufzubrechen.
Am Abend, als die Sonne den See wieder in das wundervolle Rot tauchte, fühlte Valanya endlich die Anspannung abfallen und das leichte Zittern, welches sie seit dem Vorfall am Morgen verspürte, verschwand allmählich. Sie legte ihre Kleider ab und schwamm ein wenig, im klaren, angenehm kühlen Wasser. Sie fühlte sich an diesem Ort frei und glücklich und eigentlich wollte sie nicht mehr fortgehen, aber sie wusste dass sie es tun musste. Die Nacht war genauso ruhig und frei von schlimmen Träumen, wie die letzte und am Morgen brach sie erholt auf. Diesmal ritt sie nicht durchs ganze Auenland, sondern nur durch das Stück am westlichen Brandyweinufer entlang. Sie freute sich schon darauf, bald wieder bei ihren Freunden zu sein, besonders bei Gorath. Würde sie ihm erzählen, was sie gesehen hatte?
‚Ich kann ihm unmöglich alles erzählen, er würde sonst den Mut verlieren,' dachte sie schließlich. Dann verschärfte sie das Tempo, denn sie spürte, dass ihre Anwesenheit gebraucht würde. In einem Tag würde sie endlich wieder in Bruchtal sein.
So, das war dieses bedeutungsschwangere Kapitel. Gebt mir alle eure Reviews, denn wenn ich zurückkomme, mag ich was zu lesen haben *g*
