Und nachdem ich gerade aus Rom wiedergekommen bin, geht es endlich weiter….

@Auxia, Glorfindel, Nachtschatten und den Mailschreibern: vielen Dank wieder mal für eure Reviews (wenn ich euch nicht hätte…)

 

 

8. Bruchtal

 

Valanya hatte Bruchtal endlich erreicht, es war tief in der Nacht und nur die Männer, die Wache hatten, waren ihr begegnet und hatten sie freudig begrüßt. Sie schritt auf einen der Männer zu: „Sei mir gegrüßt, Horgalf, zwei Dinge würde ich gern von dir wissen. Erstens, wo kann ich Nahar unterbringen und zweitens, welches Quartier habt ihr für mich geplant?"

Sie überlegte kurz, dann lächelte sie: „Eigentlich sind es drei Dinge. Kannst du mir noch sagen, wo Gorath untergebracht ist?"

Horgalf, ein großer, kräftiger Mann, mit vielen Scharten und Furchen im Gesicht, lächelte breit: „Willkommen im Lager, Valanya. Wir hatten euch schon schmerzlich vermisst."

„Aber Gorath wird sich sicher bestens um alles gekümmert haben?" warf sie lachend ein.

„Keine Frage." Sein Grinsen wurde noch breiter. Die Männer mochten Gorath alle, das konnte man ihnen deutlich ansehen.

„Aber jetzt zur Beantwortung eurer Fragen, schließlich seht ihr müde aus" fuhr er fort, „etwa hundert Meter den Hang hinab, sind die Pferdeställe. Und was euer Quartier angeht, seht ihr dieses Haus dort oben, bei den Wasserfällen?"

Valanya nickte.

„Dieses Quartier hat Gorath euch zugedacht, es ist das größte und ihr könnt dort auch Versammlungen oder Empfänge abhalten. Wir haben es übrigens aufgeräumt und vom Staub der vielen Monate befreit, die es schon verlassen steht, wie alles an diesem Ort."

„Vielen Dank" sagte Valanya freundlich „wo ist nun aber Goraths Quartier?"

„Seht ihr die Brücke, mit den Bögen, die vor eurem neuen Haus entlangläuft?"

„Mein neues Haus?" Sie lächelte, dann nickte sie.

„Das erste Haus hinter der Brücke hat 2 Räume im Untergeschoß. Goraths Kammer befindet sich im linken Raum."

„Gut, vielen Dank, Horgalf." Sie wandte sich zum Gehen, hielt aber kurz darauf inne und wandte sich erneut an ihn: „Gab es irgendwelche Vorkommnisse, während ich weg war?"

„Nein, seid ganz beruhigt, Valanya, hier ist alles ruhig."

„Danke, gute Nacht" Valanya führte Nahar in die Stallungen. Dort nahm sie ihm Sattel und Zaumzeug ab und rieb ihn mit einer Decke trocken. Anschließend versorgte sie ihn noch mit etwas Futter und Wasser.

Sie wollte erst direkt in ihr Quartier gehen, doch auf der Brücke blieb sie stehen und dachte einen Moment nach. Langsam ging sie dann auf das Haus zu, welches ihr als das beschrieben wurde, in dem Gorath seine Kammer hatte.

Leise öffnete sie die Tür zum linken Zimmer, ging hinein und betrachtete den Schlafenden. Sanft lächelte sie dabei und ihr Gesicht verlor in diesem Moment die ganze Härte, von der es bisher meistens gezeichnet war.

Ganz unbewusst beugte sie sich runter, um eine Strähne aus seinem Gesicht zu streichen und fuhr erschrocken zurück als sie bemerkte, was sie gerade zu tun gedachte.

In diesem Moment schreckte Gorath aus dem Schlaf hoch. Er hatte den gleichen leichten Schlaf, der allen Waldläufern zu eigen war, so dass jeder noch so leichte Hauch der Veränderung ihn beenden konnte.

„Valanya?" fragte er verschlafen, als hätte er noch ein Traumgesicht vor sich. Er wollte sich hochrappeln."

Sie legte ihm die Hand auf die Brust und drückte ihn sanft in das Kissen zurück:" Verzeih, ich wollte dich nicht wecken, bleib liegen, schlaf weiter."

Er lächelte: „So laß ich mich gerne wecken." Dann schaute er ihr in die Augen und erschrak leicht: „Ihr seht schlecht aus."

Die Spuren des Erlebnisses am Nenuial hatten sich tatsächlich in ihrem Gesicht abgezeichnet. Ihre Haut war fahl und die Augen waren tief, so sehr hatte der Stein an ihren Kräften gezehrt.

Sie wehrte ab: „Wir reden morgen darüber. Gute Nacht jetzt, Gorath."

„Gut" sagte er, doch Besorgnis schwang noch immer in der Stimme mit, „Gute Nacht, Valanya. Es freut mich, dass euch euer Weg diese Nacht noch zu mir geführt hat."

Valanya nickte nur, ohne etwas zu entgegen, dann verschwand sie beinahe lautlos.

Als sie schließlich in ihr Quartier kam, staunte sie nicht schlecht. Es war groß und geräumig und die Männer hatten alles bestens hergerichtet. Sie befand sich in einem großen Raum, in dem es einen riesigen, ovalen Tisch  um den etliche Stühle gestellt waren, gab. Sogar ein Kamin befand sich in diesem Raum. In einem Nebenraum stand ein großer Tisch und ein paar Regale: ‚Nun, wenn ich jemand wäre, der die Arbeit am Schreibtisch liebte, könnte mir das ja gefallen. Aber viel Gelegenheit diesen Raum zu nutzen, werde ich wohl nicht haben.'

Leise schloß sie die Tür wieder und begab sich nach oben. Dort war ein Badezimmer, welches ihr einen leisen Freudenschrei entlockte, ein warmes Bad konnte sie schon lange nicht mehr genießen. Die zweite Kammer im Obergeschoß, beinhaltete ein pompöses Bett, einen Nachttisch und einen geräumigen Schrank. Das Bett war frisch bezogen und auf dem Nachttisch standen sogar frische Blumen: ‚Von wem die wohl kommen?' dachte sie amüsiert.

Sie war zu müde um noch irgendetwas anderes zu tun, als ihre Sachen abzustreifen und sich in das angenehm weiche Bett fallen zu lassen. Kurze Zeit darauf war sie auch schon eingeschlafen.

Am nächsten Morgen wurde sie durch das leise Klicken der Tür geweckt. Als sie die Augen öffnete, sah sie Gorath mit prüfendem Blick vor ihrem Bett stehen.

„Was machst du denn so früh schon hier?" fragte Valanya während sie sich mühevoll aufsetzte.

„Mich für die letzte Nacht revanchieren?" entgegnete er mit fragendem Tonfall. Dann lächelte er und meinte spöttisch: „Habt ihr unsere wunderbare Nacht etwa schon vergessen?"

„Du musst schlecht geträumt haben" entgegnete Valanya mindestens genauso spöttisch.

„Schlecht geträumt habe ich allerdings" sagte Gorath lachend, „ denn als ihr vor mir standet, schien es als wäret ihr um Jahre gealtert. Deshalb musste ich selbst überzeugen, bevor ich weiterhin Hochzeitspläne schmiede. Mit einer Greisin würde ich dann doch nicht vor den Altar treten wollen."

Valanya sprang jetzt auf: „Mit einer Greisin?" bedrohlich kam sie ihm näher.

Gorath wich ein paar Schritte zurück: „Nun ja, wenn ich mir die Sache heute bei Tageslicht betrachte…." bei diesen Worten tat er als mustere er sie kritisch.

„Was?" fragte Valanya angriffslustig.

„Ganz so alt schaut ihr nun doch nicht aus, muß wohl am Nachtlicht und an den Strapazen der Reise gelegen haben." Unverfroren grinste er sie an.

„Ganz so alt?" Valanya zog die Augenbraue hoch, dann trat sie schnell einen Schritt auf ihn zu, packte ihm am Hemd und sagte: „aber es ist auch egal, denn wenn ich mit dir fertig bist, musst du dir keine Gedanken mehr darüber machen, ob eine alte Frau vor dem Altar auch schicklich genug für dich ist."

„Oh" sagte Gorath grinsend „vielleicht solltet ihr euch doch noch ein wenig von der Reise erholen, ich habe euch auch Frühstück mitgebracht." Er wandte sich los und holte das Tablett, welches er zuvor auf dem Tischchen abgestellt hatte: „Bitte sehr meine Gebieterin"

Valanya schüttelte resigniert den Kopf, dann setzte sie sich aufs Bett.

„Könntest du nicht langsam die Förmlichkeit weglassen, wenn wir miteinander reden?" fragte sie dann eindringlich.

„Die Gebieterin? Aber das war Spaß" entgegnete er.

„Du weißt, was ich meine" sagte sie „ihr und euch und diesen ganzen Gram. Ich meine, wir sind Freunde Gorath, sollten wir dann nicht auch wie Freunde miteinander reden?"

„Aber ihr seid hier der Anführer, ich dachte…" er überlegte einen Moment und suchte nach den richtigen Worten.

„Einen Anführer sollte man nicht an den Worten messen, mit denen er angeredet wird, sondern an seinen Taten, oder meinst du nicht?" Valanya schaute ihn fragend an.

„Wenn ihr es wünscht, dann werde ich mich darum bemühen und die Förmlichkeit ablegen."

Valanya grinste bei diesen Worten spöttisch und schaute ihn mitleidig an: „Das sieht ganz nach einem sinnlosen Unterfangen aus."

„Wieso?" fragte Gorath verwundert. Dann dämmerte es ihm: „Oh, ja, ich meine, wenn du es wünschst." Er lächelte hilflos.

Valanya musste schmunzeln: „Nun, da das jetzt geklärt wäre, denke ich, du würdest gern Einzelheiten von meiner Reise erfahren. Ich glaube allerdings nicht, dass dir das, was ich dir zu sagen habe, sonderlich gefallen wird." Sie atmete bei diesen Worten tief ein und nahm ihre gewohnte Ernsthaftigkeit an. Gorath schaute sie erwartend an.

„Zum einen vermute ich, dass ich den Unmut des neuen Königs auf mich gezogen habe und zum anderen hatte ich ein paar sehr beunruhigende Ausblicke in unsere Zukunft." Bei diesen Worten legte sich sofort ein dunkler Schimmer in ihr Gesicht, welches kurz zuvor noch so freundlich ausgesehen hat.

„Den Unmut des Königs?" fragte Gorath verstört.

„Ah, ich wusste, dass dich das interessieren würde. Nun es fing damit an, dass dieser Kerl einen Erlaß anbringen lassen hat, in dem er den Menschen den Zutritt zum Auenland verbietet."

„Und ihr…ich meine du bist trotzdem durchgeritten?" warf Gorath fragend ein.

„Ja" sagte Valanya gedehnt „und nicht nur das." sagte sie jetzt leicht schuldbewusst.

„Nicht nur das?" Gorath schwante nichts Gutes.

„Ich war etwas wütend über den Erlaß." Valanya zuckte bei diesen Worten herabspielend mit den Schultern.

„Du warst wütend über den Erlaß?" seine Stimme wurde lauter, „ich glaube nicht, dass ich den Rest hören will."

„Na, dann ist ja gut" Valanya wollte sich gerade erleichtert abdrehen, als er wieder das Wort ergriff: „Was ich meine ist, dass ich euch…ähm..dich einfach zu gut kenne. Was du damit meinst, wenn du sagst, du warst wütend, kann ich leider nur zu gut erahnen."

„Na, dann ist ja gut." meinte Valanya: „ich habe nämlich den Erlaß für ungültig erklärt."

„Du hast was?" Gorath sprang auf. „Du bringst uns in Morgoths Küche, mit deinen Worten. Wir können nur hoffen, dass der König nicht herausfindet, wer sie gesprochen hat."

Valanya sank jetzt in sich zusammen: „Da hätten wir leider auch das zweite Problem."

„Oh, nein" Gorath schaute sie an und machte dann eine abwehrende Handbewegung „das hast du nicht, du hast nicht gesagt, wer du bist, das glaub ich einfach nicht."

Valanya konnte nicht anders und musste jetzt die ganze Geschichte erzählen. Gorath wurde von Satz zu Satz blasser. Als sie fertig war, meinte er entmutigt: „Aber der König trägt nicht nur die Krone von Gondor, er hält auch das nördliche Szepter von Annuminas. Du weißt das selbst bestens."

„Ich habe Annuminas gesehen. Ein paar Steine nur. Ich sagte dir, das Szepter von Annuminas kann keine Gültigkeit mehr haben. Die Zeiten ändern sich, sollen wir uns beugen, wegen einer Stadt, die vor 3000 Jahren untergegangen ist. Der König weiß nichts über den Norden, wie er jetzt ist. Ich finde, drastische Zeiten erfordern auch drastische Maßnahmen und wir werden zum Wohle aller noch oft Recht und Gesetz übergehen müssen."

„Ich verstehe deine Argumente" meinte Gorath jetzt nachgebend „auch was die Sperrung der Durchfahrtsstraße angeht. Der König weiß wahrlich nichts, von dem täglichen Kampf, den wir hier auch für ihn führen. Aber nur ein bisschen mehr Diplomatie, Valanya, und wir hätten jetzt ein paar Probleme weniger."

„Diplomatie ist deine Stärke, nicht meine. Ich bin ein Kämpfer und ich werde nicht nachgeben, nicht in dieser Sache." Valanyas Stimme nahm wieder ihre gewohnte Festigkeit an: „wirst du mir weiterhin folgen, auch wenn es Ärger bedeutet?" sie schaute ihm bei diesen Worten prüfend in die Augen.

„Ich werde dir überall hin folgen, das weißt du" sagte er aufrecht. Nach einer kurzen Überlegung sprach er weiter: „doch einige der Männer, vor allem derer die nicht so weit aus dem Norden kommen wie wir, kennen ihn, sind mit ihm geritten. Er war schließlich ihr Fürst."

„Siehst du Probleme auf uns zu kommen?" fragte sie ernst.

„Sollten sich die Männer zwischen euch entscheiden müssen, ja." Er sah mit festem Blick an, dann sagte er: „Und ich denke, es wäre eine Dummheit. Denn letztlich kämpft ihr für die gleiche Sache, ihr solltet lieber eure Kräfte zusammenlegen, als sie gegeneinander aufzureiben."

„Meinst du, wir bekommen Besuch" fragte Valanya.

„Wenn er der ist, für den ich ihn halte, bin ich mir sicher." Gorath nickte bei diesen Worten überzeugt.

„Gut, du hast recht, sollte er oder einer seiner Gesandten hier auftauchen, erklären wir die Lage und arbeiten zusammen. Ich bitte dich, mit den Männern zu reden. Diplomatisch versteht sich." Beim letzten Satz musste Valanya wieder lächeln.

Gorath nickte, dann fragte er: „Was war es, was ihr in den Ruinen von Annuminas fandet?"

Sofort verfinsterte sich Valanyas Gesicht wieder: „ich habe unsere mögliche Zukunft gesehen. Es war das furchtbarste was ich je gesehen habe, doch ich möchte keine Einzelheiten preisgeben. Was wichtiger ist, ich habe Hoffnung gesehen, möglicherweise einen Weg, doch bin ich mir nicht ganz klar darüber. Wenn die Zeit reif ist, werde ich es wissen."

Gorath bemerkte die düsteren Züge in Valanyas Gesicht und die Anstrengung mit der sie über das Thema sprach und da er sie nicht weiter quälen wollte, gab er sich mit der Auskunft zufrieden.

„Ich werde mit den Männern reden. Mach dir also keine Gedanken darum. Letztendlich werden sie dir folgen, denn du hast sie die letzten zwei Jahre gut geführt und sie wissen worauf es ankommt. Sie haben die Gefahren, die uns erwarten nur zu gut kennengelernt, deshalb wissen sie, wie wichtig das ist, was wir tun."

„Möglicherweise können wir weitere Verbündete gewinnen." Sagte Valanya und fixierte dabei auf einer Karte, die an der Wand hing, das Gebiet um den Grünwald.

„Wenn du die Elben dort oben meinst, dann kann ich mir kaum vorstellen, dass es sich um mögliche Verbündete handelt." Goraths Stimme nahm einen herablassenden Tonfall an: „Die haben schon immer ihre eigenen Angelegenheiten verfolgt und wenn du mich fragst…mit Wasser kochen sie auch nicht."

„Nicht?" Valanya lächelte, „wenigstens verdienen sie es, über die Lage informiert zu werden, wenn sie es nicht bereits selbst herausgefunden haben. Schließlich stehen die da oben an vorderster Front. Ein Bollwerk gegen das Übel sozusagen."

„Du willst also in den Düsterwald aufbrechen?" fragte er seufzend.

„Keine Sorge" sagte sie lachend, „nicht sofort, erst wenn hier alles geregelt ist und ich genug Zeit hatte mich zu erholen. Langsam machen sich die vielen Ausflüge bemerkbar."

„Diesmal solltest du dich von mir begleiten lassen" sagte Gorath mit hoffnungsvoller Stimme, „schließlich sind dort diplomatische Fähigkeiten von enormen Wert. Oder hast du die Geschichten vom Elbenkönig Thranduil noch nicht gehört."

„Was zählen schon Geschichten" dann hielt sie einen Moment inne und fuhr nach einer kurzen Denkpause mit bohrender Stimme  fort: „und soll das etwa heißen, ich hätte keine diplomatischen Fähigkeiten?"

„Doch fantastische, immerhin so gut, dass der König uns wahrscheinlich einen Besuch abstatten wird um sich selbst davon zu überzeugen."

Valanya verzog den Mund und schaute ihn schräg an: „Raus jetzt, schamlose Person!"

Und dann fügte sie mit einem Lächeln hinzu: „Wir sehen uns später, ich brauch erst mal ein richtig ausgiebiges Bad."

Gorath nickte grinsend: „Bis später." Dann verließ er den Raum.

Valanya genoß das Bad und trat gutgelaunt in den sonnigen Tag hinaus. Jetzt konnte sie Bruchtal richtig bewundern, denn in der Nacht hatte sie kaum etwas davon gesehen. Sie war völlig fasziniert, denn obwohl die Elben schon eine Weile fort waren und obwohl der Zahn der Zeit die Gebäude nicht verschont hatte, ging ein seltsamer Glanz und eine harmonische Stille von dem ganzen Ort aus. Sie saugte die Luft tief ein und das aufsteigende Glücksgefühl schien ihr neue Zuversicht einzuhauchen, welche die düsteren Zukunftsvisionen etwas auflockerte.

Valanya besichtigte den ganzen Ort, redete hier und da mit ihren Männern und schenkte ihnen anerkennende Worte für den bisherigen Aufbau des neuen Lagers, dann holte sie Nahar und beschloß die Außenposten bei den Trollhöhen und am „Hohen Pass" zu besichtigen.

So verging eine ruhige Woche, die Valanya meist in langen Gesprächen mit Gorath und ihren Leuten nutzte. Die Männer standen überraschend entschlossen hinter Valanya, denn dafür dass sie sich allein zur neuen Festung Angband gewagt hatte und von dort wieder zurückgekehrt war, bewunderten und achteten sie sie. Es gab nur zwei Männer unter ihnen, die in Zeiten, als der König sich noch Streicher nannte, mit ihm das Gebiet um das Auenland gesichert haben, was allerdings einige Jahre her war. Und in den Abendstunden als man sich draußen an einem Lagerfeuer traf, erzählten sie von diesen Zeiten. Valanya hörte aufmerksam zu und ihr kamen erste Zweifel, ob sie im Falle des Königs nicht vorschnell geurteilt hatten, denn die Erzählungen der Männer offenbarten ihr einen anderen Mann, der vor allem aufrecht, würdevoll und kampferprobt war, aber er schien auch ein gutes Gefühl für den Umgang mit Menschen gehabt zu haben, denn voller Wärme und Begeisterung waren die Erzählungen der beiden. Valanya begriff an diesem Abend, dass sich die Männer nur ungern gegen den König stellen würden und so beschloss sie, beim nächsten Mal etwas besonnener vorzugehen, zumal sie nun wusste, dass dieser Mann ihr zumindest ebenbürtig sein musste.

Es war jetzt etwas über eine Woche her, dass Valanya aus Annuminas zurückgekehrt war, als einer der Männer, der in den Trollhöhen Wache schob, ihr einen Mann in Waldläuferkleidung brachte. Valanya war zu diesem Zeitpunkt gerade in ein Gespräch mit Gorath vertieft und beide musterten den Neuankömmling interessiert.

Dragulf, der Mann der Wache hatte, nickte kurz zur Begrüßung und sagte: „Wir haben diesen Mann aufgelesen als er seinen Kopf zu tief in unseren Wald steckte, soll ich ihn hier lassen?"

„Ja, danke Dragulf." Sagte Valanya kurz und der Mann verabschiedete sich, um wieder auf seinen Posten zu begeben.

Valanya wandte sich dem Neuankömmling zu: „Wer bist du also und was führt dich zu uns?"

„Bergil, ist mein Name und ich komme von den Nördlichen Höhen, ich habe gehört, dass sich die Waldläufer hier gruppiert haben und komme um meine Dienste anzubieten." Er schaute sie fest an.

„Von den nördlichen Höhen? Dann kennst du sicher meinen Freund Belear? Er lebt schon seit einiger Zeit dort und schickt uns manchmal Vorräte."

Der Mann versuchte ein Lächeln: „Belear? Natürlich, er übermittelt euch seine Grüße und läßt euch mitteilen dass ihr im nächsten Monat mit neuen Vorräten rechnen könnt."

Gorath musste hinter Valanyas Rücken grinsen, doch sie blieb völlig unberührt.

„Gut Bergil" sagte sie, „wir können jede Hilfe gebrauchen, schließlich bereiten wir uns auf einen größeren Kampf vor.

„Einen größeren Kampf?" fragte Bergil erstaunt, „davon müsst ihr mir unbedingt mehr berichten."

„Alles zu seiner Zeit", doch du musst müde sein, geh ins untere Lager und mach Horgalf ausfindig, er soll dir eine Kammer zuweisen. Sei so nett und schicke ihn anschließend zu mir."

Bergil verabschiedete sich höflich und verließ die Kammer, insgeheim freute er sich, dass alles so gut geklappt hatte.

Kaum war er draußen, mussten Valanya und Gorath feixen. Gorath fragte schließlich: „Wieso spielst du das Spiel mit und läßt ihn nicht auffliegen.

„Gönne mir doch meine kleinen Freuden" sagte Valanya grinsend. „Was meinst du, wo er wirklich herkommt und was er hier will?"

„Ich hätte da eine Idee, denn wie ein Spion Morgoths sieht er mir nicht aus",  sagte Gorath belustigt.

„Lassen wir ihm seine Chance, zu verbergen haben wir schließlich nichts. Informiere du die Männer, man soll ihn aufnehmen wie einen echten Waldläufer. Möglicherweise erfahren wir im Endeffekt mehr, als er zu erfahren gedenkt." Valanya hatte kaum den Satz beendet als es an der Tür klopfte und nach vorheriger Aufforderung trat Horgalf in den Raum.

„Valanya, der Kerl, den ihr mir geschickt habt, ist nicht echt" , sagte er gewichtig, „der wollte mir irgendeinen Bären von den nörldlichen Höhen aufbinden – ausgerechnet mir, du weißt doch…."

Weiter kam er nicht, denn Valanya und Gorath mussten plötzlich loslachen und Horgalf schaute sie verwundert an.

Dann hellte sich seine Mine auf: „Ach, ihr wisst es bereits? Na, das hätte ich mir denken können."

„Horgalf, behandle ihn gut, wie einen echten Waldläufer. Bei den Antworten auf seine Fragen bitte ich dich, Angband, Morgoth und meinen Aufenthalt in Annuminas zu verschweigen, am besten sage nichts über mich. Weih die anderen Männer ein, laß ihn sich ruhig umschauen, es gibt nichts, was wir verbergen müssten. Er bekommt eh im Laufe der Zeit noch ein paar extra schöne Informationen von mir."

Horgalf grinste übers ganze Gesicht: „wie ihr meint" sagte er schließlich und verließ den Raum.

„Valanya, Valanya" sagte Gorath grinsend „das ist reichlich unschön, so mit dem ärmsten zu verfahren. Aber was soll's, ich bin dabei. Könnten interessante Gespräche abends am Feuer werden."

„Sag den Männern, sie sollen sich was Nettes ausdenken. Ein paar Geschichten hier und da als Wahrheit verkaufen. Sie haben ein wenig Spaß dringend nötig, nach den harten Zeiten, die wir hinter uns haben."

„Nichts lieber als das." Sagte Gorath und verabschiedete sich, ich weise die Männer an, euch Bericht über seine Fragen zu erstatten, damit wir wissen, worauf er es abgesehen hat."

„Ja, danke Gorath." Valanya setzte sich hinter den Schreibtisch, während Gorath das Zimmer verließ. Sie war zwar belustigt, aber dennoch stellte sich auch ein Gefühl der Besorgtheit bei ihr ein. Wenn das wirklich ein Spion des Königs war, musste sie mit der Aktion im Auenland mehr losgetreten haben, als ihr lieb war. Fürs erste überlegte sich aber dennoch ein paar fingierte Informationen, die sie dem Mann weitergeben wollte, schließlich war es auch nicht gerade glorreich, einen Spion bei ihr einzuschleusen, anstatt den Sachverhalt direkt abzuklären.