Disc: Alle Rechte gehören den Machern von seaQuest DSV. Mit dem Schreiben dieser Geschichte verdiene ich kein Geld.

Besonderer Dank geht an meine Beta-Schwester Samusa, ohne sie wäre nach diesem Kapitel Schluss gewesen. Außerdem habe ich mich köstlich bei einigen Kommentaren amüsiert.

Ein herzliches Hallo an Diana, denn ich glaube bei dieser Geschichte kommst du voll auf deine Kosten. Hoffentlich gefällt es dir.

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Beziehungen

by Yury Julian

Bridger klopfte an die offene Schleuse zu dem Quartier von Lucas und Tony, die beide am Computer saßen und sich Trailer für neue Computerspiele ansahen. Er wirkte nervös, das fiel beiden sofort auf.

"Entschuldigt ihr beiden. Lucas, könntest du bitte mit mir kommen?"

Verwundert wechselte der angesprochene mit seinem Freund einen Blick, schob jedoch den Stuhl zurück und folgte dem Captain. "Es dauert unter Umständen auch nicht lange."

"Ist irgendwas?" fragte der Teenager als sie durch die Gänge gingen.

"Nicht hier, wir reden in meinem Quartier darüber."

"Sie haben es echt drauf, einen zu beruhigen, das wissen sie?"

Er schenkte seinem jüngsten Crewmitglied ein scheues Lächeln. "Keine Sorge, es ist nichts, bei dem man Angst haben müsste. Ich hoffe, dass es so ist."

Augen rollend nahm Lucas das auf, aber fragte nicht weiter. Vielleicht war es wirklich besser ihm erst einmal zu folgen und abzuwarten, was passieren würde, wenn sie erst im Quartier des Captains waren.

"Am besten setzt du dich hin." sagte Bridger, während er zu dem Tisch eilte, auf denen einige Unterlagen und braune Mappen lagen.

"Also ist es doch etwas, das heikel werden könnte?"

Bridger seufzte auf. "Heikel trifft es genau auf den Punkt." Noch immer war die Nervosität wie in Leuchtbuchstaben über ihn geschrieben. Anstatt sich auch zu setzen, lief er ziellos durch den Raum.

Lucas schwante derweil etwas böses. "Sie sagen für mich kann es nichts schlimmes sein, allerdings ist es heikel. Sagen sie bloß nicht, sie haben meinen letzten Hack herausbekommen?"

Nun blieb der Captain stehen und sah ihn an.

"Oh, anscheinend war das nicht so." sagte Lucas und versuchte gleichzeitig ganz klein zu werden. "Ich habe nichts gesagt."

Bridger schloss die Augen, um für einige Minuten tief durch zu atmen. "Nein, es geht zwar um dich, aber nicht über deine Freizeitaktivitäten und deiner Vorliebe mich mit deinem Können zu beeindrucken oder etwas vor mir zu verheimlichen." Endlich fand er den Weg zum Stuhl. Während er sprach, sah er Lucas nicht an. Seine Finger waren ständig miteinander beschäftigt.

"Ich weiß nicht genau, wie ich anfangen soll, aber ich denke, du solltest es wissen. Zuerst habe ich überlegt, ob ich mit jemanden aus der Crew reden soll, aber es dann sein lassen. Ich bin zu unserem alten Freund gegangen und habe mich lieber dort beraten lassen."

"Das Hologramm des Professors?"

"Genau. Eine Maschine behält so etwas leichter für sich, als ein Mensch." Oder ein Delphin dachte er bei sich. Darwin fand einen Heidenspaß daran, anderer Geheimnisse unter die Mannschaft zu bringen.

Der Teenager unterbrach ihn nicht. Es war zu offensichtlich mit welchen Gefühlen der ältere Mann in sich kämpfte, um mit ihm darüber zu sprechen. Er fühlte sich dadurch auch geehrt, zeigte es doch, das Vertrauen, dass er in ihn hatte.

"Genau, der Professor. Er war der Meinung ich sollte dir davon erzählen." Nathan nahm einen tiefen Atemzug, bevor er ohne weiter zu überlegen mit der Geschichte begann. "Es geht hier um meinen Sohn und damit meine ich nicht Robert. Carol und ich hatten noch einen zweiten, der uns nur wenige Wochen nach der Geburt weggenommen worden war. Weshalb haben wir nie wirklich erfahren, aber im Nachhinein war es vielleicht sogar besser. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden wäre. Vor einiger Zeit habe ich mich daran erinnert, dass ich das Recht habe, ab einem gewissen Alter zu erfahren, was aus meinem Sohn geworden ist und die Behörden über meinen Wunsch informiert. Mit der Post heute morgen kamen dann diese Akten." Er hielt die braunen Umschläge hoch.

"Hauptsächlich finden sich darin Bilder." Nun kam Bridger ins stocken. "Die, auf denen er noch ein Kleinkind ist, auf denen ich ihn wieder erkenne, sind nicht das worum es geht, sondern... vielleicht solltest du selbst einen Blick hinein werfen." Der Captain schob ihn, noch immer den Blickkontakt meidend die Akte zu.

"Das werde ich nicht." Lucas verschränkte die Arme und blickte Nathan unverwandt mit festen Blick in die Augen, der nun überrascht aufgesehen hatte.

"Nein, du musst, ich bitte dich. Es ist mir wichtig, dass du darüber Bescheid weißt."

"Ich tue es bereits und ich weiß auch, was ich da drinnen vorfinden werde." Er zeigte mit dem Zeigefinger auf die Akten.

"Du, du weißt es? Aber seit wann?"

"Ja. Schon seit ein paar Jahren. Ich bin nicht dumm. Als ich merkte, dass die Art wie meine Eltern mit mir umgingen, nicht genau so ist, wie meine Freunde behandelt wurden, wurde ich misstrauisch Außerdem gaben sie mir eindeutige Hinweise. Lief im Fernsehen etwas über Adoption und mein Vater meinte, ja, er findet das ja ganz in Ordnung und man kann ein adoptiertes Kind auch lieben wie ein eigenes während die Mutter kurz daraufhin wie von einer Tarantel gestochen angerannt kommt, weil sie glaubt er könnte was falsches erzählt haben, dann macht einen das stutzig, glauben sie mir. Die erste Möglichkeit mich in ihren Sachen einmal umzusehen habe ich genutzt und auch sofort die Unterlagen gefunden. Die Suche nach meinen wahren Eltern war daraufhin nur ein Kinderspiel."

In den Augen Bridgers änderte sich etwas. Die Nervosität war verschwunden, doch so ganz konnte es Lucas nicht erklären was er da sah. Robert hätte es bestimmt mit Sicherheit gekonnt. "Warum hast du es mir dann nie gesagt?"

"Sagen wir es mal so. Wir haben uns so ganz gut verstanden und ich wusste von den Verlusten, die sie erst kürzlich hatten. Außerdem wäre ich ganz schnell wieder von Bord verschwunden, wenn mein Vater davon Wind bekommen hätte. Ich glaube nicht, dass er es zugelassen hätte, dass ich mich zu sehr von ihm entfremde. Und dann kommt da noch die Crew."

Nachdenklich fuhr sich Bridger über das Kinn. "Du hättest es mir sagen müssen. Carol und ich haben sehr unter dem Verlust gelitten. Wochen, fast Monate lang haben wir uns nach dem Grund gefragt, warum man uns das Sorgerecht für unser jüngstes Kind entzog. Du warst unser ein und alles, gemeinsam mit Robert. Ich hätte mich für dich sehr viel mehr einsetzen können hier an Bord, wenn ich es viel früher gewusst hätte." Er machte eine kurze Pause.

"Tut mir leid, ich weiß, das ist egoistisch. Der Professor meinte auch, ich solle vorsichtig sein, denn Roberts Tod könnte unter Umständen zwischen uns stehen und ich versuche vielleicht meine Fehler von damals auf dich zu übertragen, um sie bei dir zu korrigieren, dabei bist du selbst bereits alt genug. Ich kann die Zeit nicht zurück drehen, aber ich sehne mich nach einer Familie, aber erdrücken darf ich dich mit meinem Wunsch danach nicht."

"Sie haben ein Recht auf eine Familie, die verwehrt ihnen ja auch keiner und so wie es aussieht ist ja auch noch jemand da."

Endlich huschte wieder ein Lächeln über sein Gesicht. "Jetzt habe ich wenigstens eine Erklärung für einige Gemeinsamkeiten die wir haben und einen Grund mehr, weshalb ich mir mehr Sorgen um dich machen muss, als um jeden anderen in der Crew."

"Werden sie es ihnen sagen?" Lucas legte die Stirn in Falten, wie er es immer tat, wenn er nicht ganz einverstanden mit den Entscheidungen der Erwachsenen war.

"Du wirst es nicht wollen, das sehe ich dir an. Ich werde es auch nicht tun, denn das könnte doch unter Umständen zu Problemen führen, vor allem wie ich das der UEO erklären soll."

"Danke. Es geht nicht nur wegen der Probleme." Er beugte sich vor und verschränkte die Arme auf der Tischplatte. "Ich bin leider bei anderen Menschen aufgewachsen, die ich als meine Eltern akzeptiert habe und die auch mich in gewisser Weise als ihren Sohn sehen. Da führt kein Weg dran vorbei, mein Vater ist da ganz egoistisch, so wenig er es auch zeigt. Ich habe mein Leben und sie haben das ihre. Ich verstehe ihren Wunsch und ich respektiere ihn sogar, doch sie müssen auch mich verstehen, dass es für mich nicht einfach war, dieses Geheimnis für mich zu behalten." Er lächelte. "Ich habe nur seit dem ich meinen richtigen Vater kenne, die Möglichkeit gehabt ihn als das kennen zu lernen, was er wirklich ist und ich bin stolz darauf. Wer kann schon von sich behaupten seine Eltern als die Menschen zu kennen, die sie wirklich sind?"

"Ich kann nicht so tun, als hätte ich das hier nicht bekommen."

"Nein, würde ich auch nicht. Nur ich glaube, dass für uns beide der Aufbau einer entsprechenden Beziehung, wie sie sie zu Robert hatten, einfach nicht möglich ist. Dafür bin ich noch zu jung gewesen, um überhaupt eine Bindung zu meinen leiblichen Eltern aufzubauen und sie versuchen eben leider in mir einen Ersatz für Robert zu finden. In gewisser Weise bin ich das die ganze Zeit gewesen, doch nun ist die Bestätigung da, dass ich auch wirklich ihr Sohn bin."

"Hör endlich mit dem sie auf!" sagte Bridger energisch. Er war außer sich. Wie konnte Lucas nur so etwas von ihm verlangen? Er war sein Vater und wollte auch genau so behandelt werden.

Der Teenager verstummte und sah ihn an. Am liebsten hätte der Captain seinen Tränen freien Lauf gelassen, aber er vergrub sein Gesicht in den Handflächen und versucht ein wenig an Selbstbeherrschung zurück zu bekommen. Lange Zeit verharrte er in dieser Position, bis Lucas gegenüber aufstand und an seine Seite kam.

"Ich kann nicht von einem Moment auf den anderen mein Verhalten ändern. Ich bin froh, dass sie es endlich wissen, es macht gewisse Dinge leichter, doch es ist schwer eine ganz andere Beziehung aufzubauen, wenn wir zuvor schon eine ganz eigene hatten. Wir verstanden uns gut. Jetzt könnte es schlimmer werden." Er hatte seine Hand auf die Schulter Bridgers gelegt und war neben ihm in die Knie gegangen.

Nathan sah zur Seite. Erst jetzt bemerkte er, wieviel er in Lucas wieder erkannte was von Carol und ihm stammte. "Ja, du hast recht." sagte er leise. "Ich habe einfach zu sehr meine Gefühle mit mir durchgehen lassen."

Als Lucas ihn nun umarmte erwiderte er diese Umarmung und hielt ihn so fest, wie er nur ein kleines Kind halten würde, das er beschützen wollte. In gewisser Weise war das auch genau der Fall. Er wollte seinen jüngsten Sohn kein zweites Mal verlieren, nicht nachdem er erfahren hatte, was für ein Mensch er geworden war. "Wir haben eine ganz besondere Beziehung zueinander aufgebaut, die durch diese Sache kaputt gehen könnte. Das will auch ich nicht." flüsterte er seinem Sohn ins Ohr. Nun rannen ihm wirklich einige Tränen herunter, Tränen des Glücks über ein verlorenes Kind, das er endlich wieder in den Arm schließen konnte.

"Soll ich noch etwas hier bleiben?" fragte Lucas, als sie sich voneinander gelöst hatten.

"Wenn es dir nichts ausmacht."

"Nein, überhaupt nicht." Der Teenager hatte sich wieder zu der anderen Seite des Tisches begeben und blätterte nun doch in der Akte herum. "Ich fasse es nicht, wo haben die die Fotos her? Sowas ist doch total peinlich!"

Bridger musste lachen. Auf dem Bild, das Lucas gerade in der Hand hielt, war er über und über mit Mehl bedeckt und hielt eine Plätzchenform in die Kamera. "Wie alt warst du da?"

"Keine Ahnung, aber anscheinend noch nicht alt genug um Küchenverbot zu bekommen. Bei Kleinkindern ist das nicht so auffällig, wenn da mal was nicht so funktioniert oder gefährlich aussieht, später wurde es den Hausbesitzern schon etwas unheimlich. Ich glaub' es nicht, die Show geht ja weiter. Hier sind noch mehr von diesen komischen Bilder. Darf ich das Teil hier mal ganz spontan in Flammen aufgehen lassen?" Er sah bittend mit seinen blauen Augen den Captain an, der ganz schnell die Akte an sich nahm.

"Auf keinen Fall, das ist mein Eigentum."

Lucas schenkte ihm ein warmes Lächeln. "Aber nicht eingerahmt hier irgendwo aufstellen. Es gibt einige an Bord, die würden mich damit eine Ewigkeit aufziehen."

Der Captain legte die Mappe auf den Tisch zurück, seine Stimme war sanft. "Dann müssten sie über diese Sache Bescheid wissen, aber so wie es aussieht, wird es wohl unser Geheimnis bleiben."

"Genau, das würde ich mir wünschen. Vielleicht eines Tages, werden es einige wissen, doch nicht jetzt und nicht heute."

"Meinst du, ich habe dennoch mal eine Chance einfach nur dein Vater für dich sein zu können als immer nur der Captain."

"Ganz sicher!" sagte Lucas zuversichtlich.

Zufrieden über diese Antwort nickte Bridger. "Dann geh jetzt lieber, sonst sieht es noch so aus, als hätten wir wirklich etwas ernstes miteinander besprochen."

"War es nicht ernst?"

"Verschwinde!" lachte Nathan und scheuchte seinen Sohn, den er vor der Mannschaft weiterhin geheimhalten würde, aus seinem Quartier. Anschließend setzte er sich schwer auf seine Koje, wo er lange Zeit die Fotos betrachtete, die ihm geschickt worden waren.