Herzliches Danke schön an die Reviews!! Bevor jetzt das Uploaden die nächsten Tage dicht macht, sollte ich mal schnell noch etwas hochladen.

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Mit den Gedanken bei dem vergangenen Tag versuchte er einzuschlafen. Er war müde, da er fast den gesamten Nachmittag draußen verbracht hatte. Ihm war nie aufgefallen was für Energiebündel Lucas und Darwin doch waren. Aber da sah man auch wieder sein Alter. Früher hatte ihm so etwas viel weniger ausgemacht, da wäre er auch nie auf die Idee gekommen, es einfach so abbrechen zu lassen.

Er zog die Decke ein Stück höher und versuchte diese Gedanken zu verscheuchen. Nun wollte er nur noch schlafen. In dem Moment ging die Tür auf und jemand knipste das Licht an. "Schläfst du schon?" fragte Lucas.

Am liebsten hätte er sich das Kissen über den Kopf gezogen und den Jungen einfach nicht beachtet. Nur blinzelnd öffnete er die Augen. Das Licht war zu grell. "Ich war kurz davor."

"Oh, soll ich dann wieder gehen?"

Nathan richtete sich auf und winkte ihn ins Zimmer hinein. "Nein, nein, was hast du denn?"

Der Teenager ließ sich das nicht zweimal sagen und saß keine zwei Sekunden später auf Bridgers Bett. Wenigstens hat er keine Straßenschuhe an, sondern nur schmutzige Füße, dachte der Captain, als er sah, dass Lucas noch angezogen war. Nur weil sie gemeinsam hoch gegangen und jeder in sein Zimmer verschwunden war, hieß das noch lange nicht, dass auch beide bereits ins Bett gehen würden. Wie hatte er nur denken können, Lucas würde bereits schlafen wollen?

"Ich habe ein wenig nachgedacht und dabei bin ich auf einige Fragen gestoßen." fing der Teenager an.

"Welcher Art?" Endlich gewöhnten sich seine Augen langsam an das Licht. Er richtete sich auf, damit er seinen Gegenüber ansehen konnte.

"Es gibt da zum einen die Sache, warum ich damals euch weggenommen worden bin. Ich meine, Robert durfte bei seinen Eltern aufwachsen, den hat man nicht weggenommen, aber mich. Wir wissen beide, dass ich es hier auf gar keinen Fall schlecht gehabt hätte, ganz im Gegenteil. Warum entzieht eine Behörde also das Sorgerecht."

Er musste lachen, es ging nicht anders. Sein Sohn blickte ihn wütend an. Anscheinend verstand er nicht, was an seiner Überlegung so witzig sein sollte.

"Ich meine das ernst." sagte Lucas.

"Entschuldige, es ist nur diese Situation jetzt. Deine Frage selber ist durchaus von Bedeutung, nur ich verstehe nicht, warum du ausgerechnet jetzt damit her kommst, wo ich schlafen will. Gestern abend wollte ich mit dir über alles reden, aber wurde abgewiesen." Er lachte noch immer. Nach wie vor war die Sache für ihn recht amüsant.

"Gestern abend habe ich mir darüber auch noch keine Gedanken gemacht. Das kam alles erst vorhin." Verstimmt über die Reaktion seines Vaters, verzog Lucas ein wenig die Mundwinkel.

"Hast du dich das nie vorher gefragt?"

Der Teenager schüttelte den Kopf, bis er dann doch aufhörte. "Doch, aber nicht so wie eben."

"Du sagtest doch, du hättest selber herausgefunden, wer deine Eltern sind, warum hast du da auch nicht nachgesehen, warum man dich weggab? Ich glaube das ist immer am interessantesten für die adoptierten Kinder. Warum haben die richtigen Eltern einen nicht selber groß gezogen?"

"Weil es nirgends zu finden war. Überall herrschte dort eine große Lücke. Als ich aufs Boot kam und dich dann das erste Mal traf, dachte ich den General nicht richtig gehört zu haben. Ich soll vor dem Mann stehen, der den selben Namen trägt wie mein leiblicher Vater? Wenig später wusste ich dann auch, dass er nicht nur so heißt, sondern wirklich mein Vater war. Ich dachte mir, gut, lass es drauf ankommen. Gehe ganz unvoreingenommen an die Sache heran und finde heraus, wie dieser Mann wirklich ist. Was daraus geworden ist, wissen wir ja jetzt. Ich bin auch dahinter gekommen, dass es daher nicht sein kann, dass ich weggeben worden war. Nein, das hätten meine Eltern niemals getan. So sehr sie Robert geliebt haben, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, weshalb der zweite Sohn nicht gewollt gewesen sein soll."

Stolz hörte Nathan den Worten seines Sohnes zu. "Du hast recht. Wir hätten dich um nichts in der Welt weg gegeben. Carol und ich hatten nicht erwartet gehabt, noch einen Sohn zu bekommen. Wir haben es nicht unbedingt die Jahre nach Roberts Geburt angelegt, aber dachten uns, sollte es wirklich passieren, wird es dem Kind an nichts fehlen. Einige Jahre später, war tatsächlich etwas auf dem Weg. Das Glück währte nur kurz und ich weiß bis heute selbst nicht genau, warum du uns weg genommen wurdest.

Carol war der festen Meinung, es sei von ihrer Familie etwas ausgegangen, wohingegen man dich uns weggenommen hat."

"Wieso denn das? Was haben die damit zu tun?"

"Es gab Streit mit einigen Cousinen oder Großtanten, so genau weiß ich das nicht mehr. Robert war schon zu alt, als dass man da noch viel hätte unternehmen können. Die Behörden fragen die Kinder ja auch, ob das stimmt, was man ihnen zugetragen hat, doch du konntest dich nicht wehren und das Gegenteil behaupten. Ein Säugling würde die Fähigkeit zu sprechen erst später erlernen und bis dahin würde er auch nicht wirklich mitbekommen, was um ihn herum geschieht. Carol hatte sich solche Sorgen um dich gemacht. Wäre Robert nicht gewesen, wäre sie wahrscheinlich lange Zeit mit ihrem Schmerz nicht klar gekommen."

"Das heißt, das Sorgerecht wurde nur entzogen, weil jemand dumm geredet hat? Ich glaube das nicht. Sonst sind die doch auch immer so übergenau und wollen immer alles bis ins kleinste Detail herausfinden, ob das auch stimmt."

"In gewisser Weise hat man es getan. Gerade zu diesem Zeitpunkt lief unsere Ehe nicht so toll und ich hatte sehr viel mehr Zeit auf einem Boot zugebracht, als bei meiner Familie. Wahrscheinlich sahen die Behörden bereits die Ehe zerbrechen und einen erbitterten Streit um das Sorgerecht ausbrechen. Robert habe ich ständig angerufen, doch um Carol sorgte ich mich nicht so sehr. Wie ich schon sagte, unsere Ehe war an einen Tiefpunkt angekommen. Normal ist das nichts ungewöhnliches. Es geht vielen nach der Geburt eines Kindes so, nur die haben alle keine Überwachung laufen gehabt. Für sie war das Kind in einer intakten Familie besser aufgehoben, als bei uns. Ich glaube nicht, dass es ganz rechtens war. Wir hatten einen Anwalt beauftragt, dich nach Hause zurück zu holen, doch irgendwann hieß es, das geht nicht mehr. Angeblich sei unser Kind in einer neuen Familie untergebracht worden und die sind nicht gewillt es wieder zurück zu geben.

Seit zwei Wochen weiß ich, wo du gewesen bist und ich muss dir ganz ehrlich sagen, ich glaube Dr. Wolenczak hat damals einiges an Geld fließen lassen, um zu verhindern, dass man dich ihm wieder weg nimmt. Unser Anwalt sagte nämlich, unter normalen Umständen, würden die Kinder wieder zu ihren Eltern zurück kommen, wenn die Entziehung des Sorgerechts zu unrecht geschehen ist. Darum findest du wahrscheinlich auch keinen Eintrag über den Grund der Adoption."

"Warum sollte mein Vater denen Geld gegeben haben? Dafür hätte er doch locker ein anderes Kind bekommen können, wenn das möglich wäre."

"Ich weiß es nicht. Man wollte dich uns nicht mehr zurück geben, das war der Hauptgrund. Jedes andere Kind hätte nach der Feststellung, ob es wirklich zu Unrecht von seinen Eltern weggeholt worden war, nach Hause zurück gekonnt, nur bei dir ging es nicht. Diese Tatsache hat uns allen sehr viele schlaflose Nächte bereitet." Heute doch wieder, dachte er bei sich weiter.

"Hieß ich bei euch auch schon Lucas?"

Nathan lächelte. "Wie willst du denn heißen? Wenigstens den Namen den wir dir gaben, hat man dir gelassen. Das hat mich zum einen erleichtert gehabt, als ich die Akte bekommen habe. Nur der Nachnahme hat mich dann schon recht geschockt."

"Und das Geburtsdatum bestimmt." grinste der Teenager.

"Das hielt ich einfach für einen Zufall. Damals als ich erfuhr wann du Geburtstag hast, war ich schon mit meinen Gedanken sofort bei meinem Lucas und ich muss ehrlich gestehen, ich habe mehr als einmal damit gespielt, wie es wäre, wenn du doch mein Sohn bist. Nie hätte ich es mir träumen lassen, dass er zu so einem Glückskind heranreift."

"Das hört sich an, als wäre ich ein Apfel." meinte Lucas augenrollend.

Nathan lachte herzhaft auf. Alle Müdigkeit war verflogen. "Du hast wirklich ein perfektes Timing!"

Der Teenager musterte ihn verwirrt. "Wieso? Weil ich gerade jetzt auf das Thema gekommen bin?" Er warf der Uhr auf dem Nachtschränkchen einen kurzen Blick zu. "Du hast mir gestern Abend sehr viel später ein Gespräch aufdrängen wollen!"

"Ja, aber da habe ich nicht schlafen wollen. Keiner von uns wollte zu dem Zeitpunkt ins Bett."

"Soll ich wieder gehen, damit du deinen Schlaf bekommst?" Er stand schon halb, als Bridger ihn wieder zurück hielt.

"Bitte, bleib hier. So habe ich es nicht gemeint." sagte der Captain mit versöhnlich, sanfter Stimme. "Jedesmal wenn du von dir selbst zu mir kommst, um über dieses Thema oder etwas damit zusammenhängenden reden willst, machst du mich sehr glücklich. Du weißt wie es mir die ganze Zeit über ging und hast es respektiert, wenn ich allein sein wollte. Nun wieder jemanden zu haben, der mich bedarf, den ich lieben darf ist ein unheimlich gutes Gefühl, das ich lange Zeit vermisst habe."

Lucas setzte sich wieder auf das Bett zurück. "Ihr habt es also damals einfach so zugelassen, dass ich bei jemanden anders aufwachse?"

"Bedauerst du es? Ich werde dir gleich antworten, nur ich will erst wissen, ob du mir gegenüber sauer bist in dieser Sache."

Langsam schüttelte er den Kopf. "Ich denke nicht. Außer dass sich nie jemand wirklich um mich kümmern konnte, weil die Arbeit wichtiger war, hat es mir ja an nichts gefehlt. Ich würde heute vielleicht nicht der sein, der ich bin, wenn es nicht so gelaufen wäre. Ich glaube nicht, dass ihr mich nach Stanfort geschickt hättet oder ich ungehindert jederzeit Zugriff auf die neuesten Computer gehabt hätte."

"Weißt du, ich frage mich, ob es dir bei den Wolenczak nicht doch besser gegangen wäre, wenn du ihr leibliches Kind gewesen wärst."

"Wieso das?" Lucas zog die Augenbrauen angespannt nach oben.

"Weil man zu seinen leiblichen Kindern oftmals eine engere Binde aufbauen kann, als zu einem adoptierten. Ich habe in dir auch die ganze Zeit den Sohn von anderen gesehen und bin daher auch ganz anders mit dir umgegangen, als ich es vielleicht mit Robert in denselben Situationen getan hätte."

"Glaubst du wirklich?" skeptisch sah er seinen Vater an. "Bei mir ist es zum Beispiel folgendermaßen. Auch wenn ich weiß ich bin adoptiert, was ich ihnen natürlich niemals sagen würde, weil das dann ein riesen Theater gäbe, liebe ich sie."

Nathan sah ihn besorgt an.

"Nicht so wie du vielleicht denkst, sondern von dem Standpunkt Liebe aus gesehen. Für mich waren sie meine Eltern, für mich waren sie da, wenn es wirklich drauf ankam und da vergessen wir jetzt mal ganz schnell die Sachen, wenn sie wieder mal keine Zeit für mich hatten. Du weißt ganz genau wie mich damals das Power Plant Projekt mitgenommen hat. Hätte ich anders reagieren sollen, nur weil ich wusste, ich bin ja eigentlich bei meinem richtigen Vater und der andere zählt nicht? Er ist nur der Mann der mich aufgezogen hat, mir ein Heim gab und dafür sorgte, dass es mir an nichts fehlte. Nein, ich habe mich an diese Leute gewöhnt und liebe sie auf eine Art und Weise wie es nur möglich ist, wenn man eine Person sein ganzes Leben lang kennt.

Ich sehe es dir an, dass es schwer ist das von mir zu hören, aber so fühle ich und du wolltest doch auch genau darüber reden, da bin ich mir sicher. Dich interessiert wie ich mich bei dieser Sache fühle, das hast du schon immer getan auch bevor du wusstest wer ich bin. Ich hoffe auch inständig niemals vor die Wahl gestellt zu werden, wen ich mehr mag oder mich eines Tages für eine Familie entscheiden zu müssen.

Die Wolenczaks sind für mich die Eltern, die eben diejenigen waren, die mich groß gezogen haben, während du der Vater bist, der sich immer und überall Zeit für mich nimmt und sich auch für die kleinste Kleinigkeit interessiert. Du bist das, was mir all die Jahre gefehlt hat. Jemand bei dem ich mich einfach fallen lassen und alles um mich herum vergessen kann. Ich muss mich nicht bei irgendwelchen Veranstaltungen blicken lassen, nur damit meine Eltern in bleibender Erinnerung bleiben. Ich muss nicht versuchen etwas zu sein, was ich vielleicht nicht bin." Er legte seine Stirn in Falten.

"Das ist jetzt alles ein wenig verwirrend, denn so wirklich gibt es keinen Unterschied zwischen euch außer, dass du da bist und sie immer bei der Arbeit."

"Ich bin dennoch der Meinung, dass beide Wolenczaks sich mehr um dich gekümmert hätten, wenn du deren leiblicher Sohn gewesen wärst. Sie hatten auch noch Glück ein Kind zu bekommen, dass wirklich intelligent werden würde. Für ein Wissenschaftlerpaar doch ein hervorragender Schachzug."

In Lucas Gesicht zeichnete sich etwas ab, das Nathan nicht genau beschreiben konnte. "Willst du damit sagen, man hätte mit Absicht... Aber das ist unmöglich. Diese Tests sind noch heute kompliziert und kaum durchführbar. Nennen wir es einfach einen seltsamen Zufall. Die Umgebung dort hätte jeden zu mehr gemacht, als er ist. Wer von frühester Kindheit an komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge den ganzen Tag über erklärt bekommt und ununterbrochen mit den entsprechenden Leuten zusammen trifft, muss einfach so enden wie ich. Intelligenz kann man trainieren."

"Entschuldige, das war eine dumme Idee von mir. Dennoch glaube ich nicht so ganz an Zufälle. So sehr kann man seinen Intellekt nicht trainieren, dass dabei ein Genie herauskommt, was seines gleichen sucht."

"Findest du nicht auch, dass dieses Gespräch langsam eine seltsame Wendung nimmt?" fragte Lucas nun. "Mir ist das recht unangenehm und ich würde es gerne wieder auf eine andere Schiene bringen oder am besten ich lasse dich schlafen."

"Jetzt wo ich wach bin, willst du wieder gehen? Auf gar keinen Fall. Lass mich überlegen, mir fällt sicherlich noch etwas ein, was ich wissen will." Dabei tat Bridger so, als würde er sehr angestrengt überlegen. "Na gut, geh ins Bett. Schlaf gut."

"Nacht."

Sobald der Teenager das Schlafzimmer verlassen hatte, ohne das Licht auszumachen, sank Nathan deprimiert in die Kissen zurück. So wie es aussah hatte er also schlechte Karten, um die Liebe seines Jungen. Er hatte es immer gewusst. Seine und Carols passive Haltung zu jener Zeit würde sie eines Tages noch sehr unglücklich machen. Das Gefühlschaos, das er gerade in sich ausfocht, kam einfach nicht zur Ruhe.

Lucas hatte immer darüber geklagt, wie sehr ihn seine Eltern vernachlässigten und man merkte bei jedem Wort wie sehr er sich nach Normalität sehnte, doch anscheinend war er nicht gewillt sie aufzugeben. Wer würde auch? Dr. Wolenczak war ein einflußreicher Mann. Bridger konnte seinen Sohn verstehen, warum er weiterhin auch dessen Sohn sein wollte. Er selber sah in dem Wissenschaftler ebenfalls einen tüchtigen Mann. Schlecht war er nicht.

Vielleicht war es auch Lucas selbst gewesen, der jedes Mal wenn er von seinen Eltern erzählt hatte, einfach nur übertrieb. Wer würde nicht wütend sein, wenn er entgegen seines Willens auf die seaQuest gebracht wurde und dann auf einmal wollte er einfach nicht mehr weg. Bei dieser Überlegung kam er jedoch auf sich selbst. Wollte Lucas das Boot nicht mehr verlassen, weil er seinen leiblichen Vater getroffen hatte und sich dieser auch um ihn kümmerte wie er es von zu Hause nicht gewohnt war?

"Sir, wir haben eine Eilsendung erhalten. Soll ich sie ihnen sofort vorbei bringen oder kommen sie heute nicht mehr ins Büro?" fragte der Angestellte, der soeben in der Villa angerufen hatte und dessen überarbeitetes Gesicht auf dem Monitor des Vidphone erschienen war.

"Welcher Art ist die Eilsendung?"

"Ein brauner Umschlag." Der junge Mann hielt ihn hoch. "Als Absender ist eine Detektei angegeben."

Der Ausdruck auf dem Gesicht des Villenbesitzers wurde sofort hart. "Ich komme sofort."

"Gut, dann werde ich auch noch einige Unterlagen zur Unterschrift vorbereiten, wenn es ihnen nichts ausmacht."

Er machte eine abweisende Handbewegung. "Tun sie das. Ich glaube nicht, dass ich heute etwas anderes vor haben werde."