Anm: Herzliches Danke schön an die Reviews und ein fettes Danke an meine Beta-Schwester!!!

Der durch das Computergenie angerichtete Schaden war auch eine Stunde nach dem Gespräch zwischen ihm und Bridger nicht entdeckt worden. Lawrence hatte sich ein wenig beruhigt und wollte zu Lucas gehen. Am Geländer des ersten Stockwerks hielt er inne und sah hinunter. Es sah aus, als würden dort Scherben liegen. Sofort schalteten die richtigen Sicherungen und er eilte hinunter. Als er seine kostbaren und überaus wertvollen Kunstgegenstände in einem einzigen Trümmerhaufen vorfand, wollte ihm das Herz zerspringen. Er wusste sofort, wer das gewesen war.

Eine aufkeimende Wut trieb ihn voran. Er klopfte hart gegen die verschlossene Tür. "Lucas, mach auf!" verlangte er.

Wenige Augenblicke später wurde der Schlüssel im Schloss herum gedreht und er erhielt Einlass. Deprimiert schlurfte Lucas zu seinem Bett zurück. Er hatte sich eine Lehne aus Kissen und Decken gebaut und kuschelte sich selbst in eine weitere Decke ein.

Sichtlich um Fassung bemüht stand Lawrence im Türrahmen. "Du hast da etwas kaputt gemacht und ich bin mir fast sicher mit Vorsatz."

"Ich war wütend." sagte Lucas trotzig mit leiser Stimme. Von irgendwoher hatte er seinen Teddybären hervorgezaubert und drückte ihn fest an sich.

"Und da zerstörst du so einfach mal ein paar Millionen Dollar. Ich dachte ich hätte dich zu mehr Rücksicht erzogen!" Der Wissenschaftler war sichtlich bemüht, ihn nicht anzuschreien, aber viel hätte nicht mehr gefehlt. Die Bombe konnte jeden Moment explodieren.

Lucas entschied sich zu schweigen. Es hätte keinen Sinn gehabt das zu erklären.

"Eigentlich hatte ich vorgehabt, mit dir essen zu gehen, aber wie es aussieht, wirst du da wohl nicht mitgehen wollen. Und wir müssen uns überlegen, wie wir das Geld, welches du auf den Boden geworfen hast, wieder rein bekommen."

"Als hättest du es nötig." Kam es verächtlich aus dem Bett.

"Ich glaube, dir ist nicht bewusst was du getan hast. Ich dachte, du wärst erwachsener geworden, satt dessen benimmst du dich schlimmer als ein kleines Kind und zerstörst wahllos die Einrichtung!"

"Ja und warum?" Mit einem Mal gewann auch Lucas wieder an Fahrt. "Du bist doch derjenige, der mit Scheuklappen herumläuft und nicht zu hören will. Ich habe versucht es dir zu erklären, aber du hörst mir überhaupt nicht richtig zu und spinnst dir deine eigene Geschichte zusammen. Da muss man ja durch drehen!"

"Ich dachte die Diskussion hätten wir hinter uns."

"Das dachtest du, aber ich war damit noch lange nicht fertig. Nur ich habe keine Lust mit jemanden zu diskutieren, der einfach so engstirnig ist und immer nur das glaubt, was er meint, anstatt andere Meinungen zu zulassen. Es geht hier um mich und nicht um irgendeines deiner Projekte, mit denen du machen kannst was du willst. Ich bin ein empfindendes Wesen, das auch Bedürfnisse und Wünsche hat und im Moment lauten die auf der seaQuest bleiben zu dürfen."

"Das wirst du nicht." schüttelte Dr. Wolenczak den Kopf und sprach so ruhig, als wäre es ein langweiliger Kaffeeplausch.

"Ach und wieso nicht?" Lucas zog die Augenbrauen hoch. Auf die Antwort war er gespannt, obwohl er sie bereits wusste.

"Wir haben das bereits diskutiert." Lawrence ging zu dem Bett und setzte sich auf die Kante. Der Teenager rutschte instinktiv bis zur Wand von ihm weg. "Unter Berücksichtigung der jüngsten Ereignisse ist es einfach besser, wenn du das Boot verlässt. Ich werde dir einen Platz an einer erstklassigen Hochschule besorgen und dann wirst du schon sehen, dass es nur das Beste für dich war."

"Ich will keine erstklassige Hochschule und ich will auch nicht, dass du das Beste für mich tust."

"Im Moment willst du es vielleicht nicht, aber du musst mal daran denken, was in ein paar Jahren ist. Stanford würde dir sofort die Füße küssen, solltest du wieder zu ihnen kommen wollen. Ich habe bereits mit einigen Leuten gesprochen. Auch dein Austritt aus der UEO ist kein Problem. Der General, mit dem ich zuvor noch telefoniert habe, meinte, dass ich dich auch kurzfristig von dem Boot holen könnte."

"DU HAST BEREITS MIT DER UEO TELEFONIERT?" fassungslos starrte Lucas seinen Vater an. "Das kannst du nicht tun. Ich gehe selber zu denen hin und sage, ich will nicht."

"Tu dir keinen Zwang an, nützen wird es sowieso nichts. Du bist noch minderjährig und solange du das bist, kann ich dich wie eines meiner Projekte behandeln und im Moment halte ich meine Entscheidungen für die richtigen."

Er hatte recht. Bridger würde in dieser Sache gar nichts für ihn tun können. Der musste als erstes die Vaterschaft zurück bekommen und Lawrence würde sich das Sorgerecht nicht so schnell nehmen lassen. Ein solcher Prozess könnte auch einige Jahre dauern, bis dahin war Lucas dann volljährig und hatte das durchführen müssen, was der Wissenschaftler von ihm verlangte. Traurig glitt sein Blick zur Wand. Er starrte auf das Poster mit dem Sonnensystem. Sein Blick blieb auf einem der Ringe um den Saturn hängen. Lucas kämpfte mit den Tränen und wollte am liebsten die Decke über den Kopf ziehen. Warum musste ausgerechnet jetzt alles aus dem Ruder geraten? Er war doch so glücklich auf der seaQuest gewesen. Wenn er das hier richtig verstanden hatte, würde dieser Landurlaub ihn nicht auf das Boot zurück führen.

Dr. Wolenczak legte ihm die Hand auf die Schulter, doch der Teenager schüttelte sie ab. "Lass mich." sagte er mit gebrochener Stimme, doch da fingen schon die ersten Tränen an seine Wangen herunter zu fließen.

"Versuch doch bitte einmal mich zu verstehen. Ich habe viel zu sehr in dich investiert, als dass ich damit einfach aufhören könnte. Du gehörst einfach zu mir."

"Auf immer und ewig wie deine Arbeit?" fragte Lucas. Er suchte bereits eine Packung mit Taschentüchern. "Ich bin auf der seaQuest glücklich gewesen, habe dort Freunde gefunden und ja, auch meinen leiblichen Vater. Auch wenn du glaubst, das ändert was an meinem Verhältnis zu dir und zu Mum, dann irrst du dich. Ich habe die ganze Zeit über gewusst, dass ich nicht euer Sohn bin und habe euch auch nie danach gefragt, weil ich genau gesehen habe, wie sehr ihr das vor mir verheimlichen wolltet. Ihr wollte mich genauso wie die Welt glauben machen, ich sei euer eigen Fleisch und Blut.

Als ich dann auf der seaQuest auf Bridger traf, habe ich auch ihm nicht gesagt, was ich weiß. Ich habe seine Freundschaft nicht gesucht, weil ich im Hinterkopf wusste, dieser Mann ist mein leiblicher Vater. Genau das habe ich dir heute schon einmal gesagt. Ich habe eine Familie. Ich war nicht unbedingt immer glücklich mit allem, aber mir ging es gut und mir geht es gut, zumindest bis heute. Du musst ja unbedingt deine Besitzverhältnisse klaren! Ich bin ein lebender, fühlender Mensch und kein totes Projekt, dass sich niemals beklagen würde. Ich will nur einfach das tun und lassen können, was mir gefällt und auch glücklich sein. Ich will einfach nur leben!"

"Und ich habe keine Garantie, dass das auch wirklich du bist, der da zu mir spricht oder Bridger. Erzählen kannst du mir einiges. Ich habe die letzten zwei Jahre so gut wie nie Kontakt zu dir gehabt. Ich weiß nicht, was mit dir in der Zeit alles geschehen ist."

"Einer Gehirnwäsche hat man mich nicht unterzogen, falls du das glauben solltest!"

"Bitte lass mich ausreden. Es sind viele Dinge geschehen, bei dir und auch bei mir. Ich würde nur ganz gerne die Zeit, die du noch jung bist, bevor du dich wirklich selbständig machst, mit dir verbringen. Ich hatte nicht sehr viel von dir, als du noch ein Kind warst, da ich mit meiner Arbeit ständig eingebunden war. Cynthia war diejenige, die das Glück hatte.

Für mich spielt es keine Rolle, ob blutsverwandt oder nicht. Du bist mein Sohn, du hast meine Liebe und meine Sorgen und aus diesem Grund werde ich nicht zulassen, dass ich nicht mit darüber entscheiden darf, wie deine Zukunft aussehen soll. Ich habe Angst, dass du mir weggenommen wirst, ja, das habe ich wirklich. Ich bin mir sicher, Captain Bridger ist ein ehrlicher Mann, doch wenn es um die Kinder geht, verstehen viele keinen Spaß und da wird er keine Ausnahme machen. Du hast mir erzählt, er hat bereits seinen ältesten Sohn verloren. Seine Frau ist vor einigen Jahren verstorben. Wenn ich das richtig sehe, bist das letzte, was ihm geblieben ist, du. Genau darum hat er nachgefragt und herausgefunden, dass du sein Sohn bist.

Aber nun einfach so aufzugeben und dich aus Mitleid ihm zu übergeben, werde ich nicht. Er hatte seine Familie, du gehörst nur genetisch zu ihm, aber sonst hierher. Das ist dein zu Hause! Bridger wird versuchen in dir das zu sehen, was er mit seiner Familie hatte und sich im ersten Moment täuschen lassen, doch später muss er feststellen, dass du nicht das bist. Vor dieser Zeit will ich dich bewahren. So etwas kann schmerzhaft für beide sein."

Lucas wischte sich die trocknenden Tränen weg und putzte sich die Nase. "Das ist doch alles Quatsch. Genauso wie deine Phantasien von einer Intrige meinerseits und dem Captain."

Nun war es Lawrence, der schwer aufseufzte. "Es hat wohl keinen Sinn. Wir reden immer aneinander vorbei." Er stand auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Der Teenager kuschelte sich wieder fester in seine Decke, den Teddy fest im Arm. Seine Gedanken flogen wirr umher.

Natürlich konnte er seinen Vater verstehen. Doch er war sich sicher, er sah die Sache aus einer ganz falschen Perspektive. Es musste eine Lösung geben! Langsam fiel er in einen unruhigen Schlaf. Unaufhörlich folgten ihm die Gespräche des Tages. Bis der nächste Morgen graute und ihn das frühe Vogelgezwitscher aufweckte.

Es stimmte, an einem neuen Tag, sah die Welt immer ganz anders aus. Er fühlte sich nicht mehr so hilflos, niedergeschlagen oder einfach nur überrumpelt. Im Gegenteil, er war erfüllt von einer inneren Ruhe und Ausgeglichenheit. Bestimmt würde dies jedoch nicht lange anhalten. So wie er Lawrence kannte, kam das Gespräch spätestens zum Frühstück wieder zur Sprache.

Er wollte gar nicht aufstehen und musste sich selbst zwingen aus dem Bett zu steigen. Vor dem Schrank stand er lange Zeit ohne zu wissen, was er da überhaupt tat. Letztendlich zog er dann doch die Sachen an, die er am Vorabend achtlos auf einen Stuhl geworfen hatte.

Der Frühstückstisch war reichlich gedeckt. Auf seinem Platz stand ein Glas mit frischem Orangensaft. Sobald ihn die Köchin bemerkt hatte, konnte er wenig später auch den Duft von Speck und Eiern riechen. Musste die Frau ihn immer so durchfüttern? Sie meinte es gut, ja, aber soviel wie er bei ihr immer essen sollte, passte in keinen menschlichen Magen. Und da kam sie auch schon mit einem breiten Lachen im Gesicht und einem ziemlich aufgetürmten Berg an Essen zu ihm.

"Na gut, Lucas, das schaffst du.", sagte er zu sich selbst, die Gabel in die Hand nehmend.

Die rundliche Köchin wartete, bis er die ersten Happen zu sich genommen hatte. Als er ihr sagte, dass es ihm schmeckte, drehte sie sich zufrieden herum, um in die Küche zurück zu kehren. Auf diese Bestätigung von ihm wartete sie jedes Mal. Sollte es einmal nicht schmecken, dann kam es auch schon mal vor, dass ihm der Teller wieder genommen wurde und er wenig später was völlig anderes vorgesetzt bekam.

Er war gerade dabei einen Schluck von seinem Saft zu nehmen, als ein ihm wohlbekannter Mann in das Speisezimmer stürmte, dicht gefolgt von einigen der Sicherheitsleute Dr. Wolenczaks.

"Wenn sie nicht freiwillig augenblicklich das Anwesen verlassen, dann sehen wir uns gezwungen sie gewaltsam zu entfernen."

"Sie können nicht einfach so in dieses Haus stürmen!", stimmte ein zweiter Mann seinem Kollegen zu.

Der Eindringling entdeckte wo er gelandet war und blieb stehen, Lucas hatte sich bei seinem Anblick heftig verschluckt. Ein perfekter Moment für die Sicherheit den Eindringling zu ergreifen. "Lassen sie mich los!", rief er.

Hustend und nach Luft ringend stand der Teenager auf. Mit einer Hand versuchte er den Männern zu verstehen zu geben, sie sollen den Mann los lassen.

"Bist du sicher?", fragte einer verwirrt.

"Ja.", sagte Lucas zwischen mehreren Hustenanfällen.

Sie ließen den wütenden Mann los. "Wo ist Dr. Wolenczak?", fragte er sogleich den Teenager, der sich endlich zu erholen schien. Er blickte zu der Sicherheit und gab ihnen die Anweisung zu gehen.

"Darf ich vorher noch zu Luft kommen? Ich habe mich verschluckt, falls das noch nicht aufgefallen ist.", motzte er nun sichtlich genervt von der wenigen Anteilnahme des unerwarteten Besuchers.

"Tut mir leid, Lucas, aber ich habe die Nase gestrichen voll! Diese Sache muss zu einer Lösung kommen und das wird hier und jetzt geschehen. Mir sind gestern Nachmittag tausend Sachen durch den Kopf gegangen, irgendwann ging es einfach nicht mehr und ich bin her gekommen."

Er war zurück zu seinem riesigen Frühstücksberg gegangen. Er brauchte etwas zum Trinken. Ihm war, als würde da noch etwas in seinem Hals sein. "Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn ich heute meine Ruhe hätte. Dabei hat der Tag so gut angefangen.", sagte er betrübt.

Bridger trat an seine Seite. "Ich weiß, es ist nicht leicht für dich. Das ist es für keinen von uns, aber wir müssen das besprechen. Ich werde dieses Haus nicht eher verlassen bis ich nicht mit ihm gesprochen habe. Ist er da?"

"Er wird wahrscheinlich in seinem Arbeitszimmer sein. Da hält er sich meistens auf und von Terminen weiß ich für heute nichts."

"Gut." Captain Bridger packte Lucas am Arm und zog ihn mit sich mit. "Du zeigst mir wo das ist."

"Jetzt sofort? Ich war noch nicht fertig mit essen."

"Es freut mich zu sehen, dass du noch gut essen kannst, aber mir ist das gerade recht egal, denn hier geht es um eine große Sache. Mir selbst ist der Appetit redlich vergangen." Nicht besonders sanft zerrte er seinen Sohn die Treppe nach oben. "Wo ist also sein Arbeitszimmer?"

"Da hinten.", zeigte er mit dem Finger und sogleich ging es weiter.

Die Tür war offen und Dr. Wolenczak saß am Computer. Er tippte etwas. Als die beiden eintraten, bekam er nicht wirklich mit, wer da zu ihm gekommen war, erst als Bridger wütend mit beiden Händen auf die Tischplatte schlug, schreckte er auf.

"So, so, sie haben es sich also nicht nehmen lassen persönlich hier aufzutauchen. Ich kann meine Leute rufen lassen, dann sind sie ganz schnell wieder draußen."

Lucas schloss ab und verstaute den Schlüssel in seiner Hosentasche. "Ich glaube das lassen wir vorerst bleiben und ihr zwei sprecht euch einmal aus." Mies gelaunt über sein verdorbenes Frühstück und den Tag, ließ er sich in den Sessel fallen, der unweit des Schreibtisches stand.

"Ist das auch wieder eine geplante Sache hier? Sie wollen mich zwingen indem sie gleichzeitig Lucas auf ihre Seite ziehen?", giftete der Wissenschaftler weiter.

"Nein! Das ist überhaupt nicht der Fall! Ich weiß nicht, wie sie auf all diese Dinge kommen. Ich kann sehr wohl nachvollziehen, warum sie so handeln. Weshalb sie Lucas von der seaQuest haben wollen, aber sie müssen mir auch die Chance geben mich zu erklären."

Verächtlich ließ sich Lawrence in seinem Stuhl zurück sinken. "Da gibt es nichts zu erklären." Er sah zu Lucas, der mit zusammengezogenen Augenbrauen die Situation misstrauisch beäugte. "Mein Sohn soll auch weiterhin mein Sohn bleiben und nicht einfach verschwinden, als hätte es dieses Leben hier nie gegeben."

Nathan schüttelte ungläubig den Kopf. "Das wird nicht geschehen, denn er hat mir gesagt, dass sie ihm sehr viel mehr bedeuten als ich. Sag es ihm, Lucas, sonst glaubt er es nicht."

"Ich halte mich aus dieser Sache jetzt völlig raus! Klärt das unter euch. Ich habe keine Lust ständig im Mittelpunkt der Streitereien zu stehen. Das war bei der Scheidung so und jetzt wieder. Alles was ich will ist weiterhin auf der seaQuest bleiben und ehe ihr nicht zu diesem Entschluss gekommen seid, kommt hier keiner raus. Notfalls schmeiße ich den Schlüssel aus dem Fenster!" Er war sichtlich verärgert über diese ganze Sache. Er konnte sehr wohl den Captain verstehen, weshalb er hier aufgekreuzt war, aber er hätte ihn darüber in Kenntnis setzen können. Das hier war so unerwartet und er war überhaupt nicht darauf vorbereitet. Genau das störte ihn bei dieser Sache am meisten.

Dr. Wolenczak stand auf und ging neben dem Sessel in die Knie. "Das heißt also, du gibst mir keine Chance?"

Verwirrt sahen ihn die blauen Augen des Teenagers an. "Was soll das denn nun wieder heißen?"

"Du bestehst auf einen ganz bestimmten Ausgang des Ganzen und Captain Bridger will genau das selbe. Aber ich habe dir bereits gesagt, dass ich dich nicht verlieren will. Um nichts in der Welt, möchte ich dich missen müssen."

Lucas schlug sich die Hände vors Gesicht. "Rede ich gegen Betonwände? Als erstes müsst ihr beiden ins reine kommen. Ihm habe ich gesagt, dass ich ihn sehr wohl als Vater anerkennen kann, aber auf der seaQuest sind wir die Personen, die wir immer waren, nämlich Fremde! Und dir habe ich bereits gesagt, wie sehr du mir bedeutest. Wir hatten nie die besondere Beziehung zu einander, aber du hast mich aufgezogen. Du bist mein Vater gewesen. Das kann nicht einfach so von heute auf morgen weg geworfen werden. Klar, du warst nie wirklich da, wenn ich dich gebraucht habe, doch du hast dich auf andere Weise um mich gekümmert und genau das ist es was zählt. Nur weil Bridger auftaucht und plötzlich raus gefunden hat, dass noch einer von seiner Familie lebt und vor seiner Nase sitzt, heißt das noch lange nicht für mich, mich ihm auch anzuschließen.

Meine Familie ist hier. Du bist mein Vater und Mum ist meine Mutter. Daran wird sich nie etwas ändern. Egal wie sehr wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen. Nur ich selber sehe es nicht ein, immer nach eurer Pfeife zu tanzen. Ist ja ganz toll von dir, wenn du dich so für mich einsetzt und mir super Positionen in erstklassigen Firmen beschaffst, doch ich will selbst entscheiden können. Denn genau das wolltest du immer von mir. Genau aus diesem Grund bin ich auf dieses Boot geschickt worden!"

Diese Worte taten dem Captain weh, doch so waren nun einmal die Gefühle des Teenagers. Er hatte ein herzlicheres und vor allem auch vertrauenvolleres Verhältnis zu Lucas als Dr. Wolenczak, aber es änderte nichts an der Tatsache, was er für ihn empfand. Gefühle kamen nicht einfach aus Verhältnissen zueinander heraus. Sie wurden auch durch ein gewisses Umfeld, die Zeit und dem Erlebten geprägt. Oft sind es kleinere Dinge, die sich besonders auf solche Dinge auswirken.

Bridger ging ein paar Schritte durch den Raum auf sie zu. Der Wissenschaftler fuhr sich mit der rechten Hand durch das Haar. Er war sichtlich verwirrt und fühlte sich eingekesselt. "Hören sie doch genau hin. Wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt, dann würde er für sie das Boot verlassen. Es würde ihm schwer fallen, alles hinter sich zu lassen, aber er würde es tun und das nur, weil sie es nicht wollen. Versuchen sie doch zu verstehen. Die ganze Zeit sind wir bemüht sie davon zu überzeugen, wie es wirklich ist. Sie haben an ihm etwas, was ich niemals haben werde und auch nicht erreichen kann. Selbst wenn ich Jahre mit Lucas zusammen leben würde, wenn ich anfangen würde ein Vater für ihn zu sein, was ich seit er zu ihnen gekommen ist, nicht sein konnte, es würde nichts daran ändern. Mein Verhältnis zu ihm ist nicht das selbe wie zu ihnen."

"Verstehen kann ich es nicht. Warum sollten sie sich so einfach damit abfinden? Sie haben alles in Bewegung gesetzt, um heraus zu finden, was aus ihm geworden ist. In einem solchen Fall ist es völlig unlogisch einfach davon abzusehen!", widersprach Lawrence. Er hatte Lucas' Hand ergriffen, wie als könnte er ihn somit an sich binden.

"Ich bitte sie nur darum, ihn nicht unglücklich zu machen. Lucas hat auf der seaQuest einen Ort gefunden an dem er sich wohl fühlt. Er hat Freunde gefunden und eine Arbeit die ihm Spaß macht. Reißen sie ihn nicht einfach so aus seiner Welt heraus. Es könnte ihre Beziehung zueinander nur gefährden. Ich selbst werde weiterhin mich mit dem zufrieden geben was ich weiß und mich zurück halten. Lucas ist nicht mehr als ein Crewmitglied."

"Wie könnten sie das? Jetzt wo sie wissen wer er ist! Das ist völlig unmöglich. Sie werden mehr wollen. Keiner kann mir erzählen, dass er sich von seinem Kind fern hält, nur weil er darum gebeten wurde." Sein Augen ruhte auf dem betrübten Blick des Streitobjekts.

"Es geht. Wir haben es bereits mehrere Wochen lang auf diese Weise gehandhabt. Lucas ist in solchen Dingen sehr konsequent. Außerdem habe ich mich bereits damit abgefunden nie mehr einen wirklichen Sohn zu haben. Mein ältester ist tot und auch meine Frau lebt nicht mehr."

"Genau das ist es aber!" Dr. Wolenczak wurde wieder lauter. "Sie sind tot. Jemand der seine ganze Familie verloren hat, sehnt sich nach diesem vergangenen Glück. Er greift nach jedem Strohalm den er zwischen die Finger bekommen kann und in diesem Fall ist es Lucas! Er ist eine unleugbare Existenz, die ihnen das geben kann, was sie die letzten Jahre vermisst haben. Dabei spielen auch ihr eigener Egoismus mit! Sie wollen wieder das haben, was mal war und denken dabei nicht daran, dass es auch noch andere Menschen gibt, denen eine Menge an eben jener Person liegt, die sie für sich ganz alleine haben wollen."

"Das kann doch nicht dein ernst sein!", stöhnte Lucas auf. Er entriss seinem Vater, dem Wissenschaftler, die Hand. Er musste aus dessen Nähe verschwinden, denn sonst passierte noch ein Unglück. Hinter dessen Schreibtisch nahm er wieder Platz.

Nathan musste mehrmals tief durchatmen. "Das ist richtig was sie sagen. In gewissen Teilen stimme ich ihnen völlig zu, doch auch ihr Handeln ist egoistisch. Warum wollen sie unbedingt den Kontakt zwischen Lucas und mir verhindern?" Das war eine berechtigte Frage, die auch den Teenager hinter dem Schreibtisch aufsehen ließ.

Eine gespannte Stille lag im Raum. Man konnte fast meinen ein elektrisches Knistern zu vernehmen. Die Moleküle drehten sich wilder und wilder in der Luft.

Mit einer Ruhe, die er sich selbst nicht zugetraut hatte, sprach der Captain weiter. "Ich sage ihnen, was der Grund ist. Sie haben Angst, dass sich Lucas von ihnen abwenden könnte. Angst, er könnte sich von ihnen entfremden und sie in den Schatten stellen. Vergessen, wer ihn aufgezogen hat und in bereits naher Zukunft leugnen, sie jemals gekannt zu haben. Er ist ein brillanter junger Mann, der es noch sehr weit bringen wird. Durch ihn könnten sie noch eine lange Zeit zu Ruhm gelangen ohne etwas selbst tun zu müssen. Ihr eigener Ruf ist bereits hervorragend, was wird er jedoch erst, wenn Lucas richtig in seinem Fach los legt? Würde das nicht ihnen und ihrer Firma gleichzeitig eine Menge Puplicity und somit auch Aufträge bringen? Es geht hier nicht einfach nur um ihre Gefühle. Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle, wie auch bei mir."

Lawrence hatte sich in den Sessel sinken lassen. Die Hand lag nachdenklich vor seinem Mund. Er sprach mit leiser, fast erschöpfter Stimme. "Ich habe nicht vor ihn als PR-Maßnahme zu nutzen. Natürlich denkt man manchmal darüber nach, was man gewinnen könnte, wenn man sein Kind mit in die Öffentlichkeit zieht, doch das hat er nie gewollt. Aus diesem Grund habe ich es größtenteils immer vermieden ihn zu irgendwelchen Veranstaltungen mit zu nehmen, wenn es nicht wirklich notwendig war. Das würde ich nie machen."

"Dennoch wird er eines Tages durch die Medien gehen, ob er will oder nicht. Jemand mit seinen Fähigkeiten bleibt da nicht unbemerkt. Sie sind ein brillanter Mann und wissen das nur zu genau!"

"Was haben sie vor, Bridger?" Nun endlich sah er wieder auf.

"Gar nichts!", schüttelte der Captain den Kopf. "Ich will nur verhindern, dass sie Lucas unglücklich und auch sich selbst unglücklich machen. Er ist zwar nicht als nachtragender Mensch bekannt, doch ich kann mir vorstellen, dass genau ihre Idee ihn von Bord zu holen und ihm eine Zukunft und Karriere nach ihren Maßstäben aufzudrängen sie weiter entzweien könnte, als sie die Befürchtung haben."

"Da hat er nicht ganz unrecht.", stimmte Lucas dem zu. Er kaute auf seiner Unterlippe herum. "Solltest du mich gewaltsam von der seaQuest holen oder, was ich mittlerweile wirklich tun würde, freiwillig das Boot verlassen, werde ich dir zukünftig mit einer ordentlichen Portion Hass entgegen treten. Ich weiß dann nämlich nicht, was ich verpasst habe und wie mein Leben anders hätte verlaufen können."

Dr. Wolenczak stand auf und ging zu dem Schreibtisch.

"Was haben sie vor?", fragte Bridger beim herum drehen.

"Ich werde den General anrufen. Wie es aussieht habe ich einfach keine Chance gegen sie."

Lucas ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. "Ich fass es nicht! Das ganze Gerede für umsonst!"

"So umsonst war es nicht. Ich werde dich tun lassen, was du willst." Irgendwie brauchte der Wissenschaftler nun die Nähe des Teenagers, traute sich nur nicht so wie sonst immer, ihn einfach in den Arm zu nehmen. Zögernd legte er seine Hand auf dessen Rücken. Er kam sich so besiegt vor. Die Niedergeschlagenheit, die ihn zu erfüllen drohte, war schier überwältigend.

"Versteh doch bitte, Dad, es geht nicht darum bei Bridger zu sein oder dich zu ärgern. Es geht hier einzig und allein darum, was ich will! Darum, dass du erkennst, wie ich zu dir und zu meinem leiblichen Vater stehe. Aber anscheinend war das alles für umsonst. Du hast nichts von dem wirklich verstanden!"

"Doch!", nickte Lawrence. "Ich weiß, dass ich dich verlieren würde. Auf die eine Art schneller als auf die andere."

"Nein!" Energisch schüttelte Lucas den Kopf. "Auf die eine Art wirst du mich nicht verlieren, das wird dich in meinem Augen nur stärken. Du bedeutest mir einfach zu viel. Ich habe dich nie oft gesehen, da du kaum Zeit für mich hattest und auch nie da warst, aber du hast doch immer durch eine gewisse Anwesenheit dafür gesorgt, dass ich mich wohl fühlte. Sei es durch Briefe oder kurze Anrufe. Ich wusste einen Vater zu haben, der mich auch als seinen Sohn sah. Du und Mum, ihr wart schon ewig eins mit eurer Arbeit, aber ich kann nicht behaupten nicht von euch gewollt zu sein. Das musst du verstehen. Ich bin kein Projekt, das nur dir allein gehört."

"Dann werde ich wohl versuchen müssen, mich damit abzufinden."

"Das halte ich für einen guten Anfang." Endlich kam ein wenig Erleichterung in Bridger auf. Er hatte so gehofft, hier kein allzu großes Drama anzurichten. Wie es scheint ist ihm das auch gelungen.

"Na endlich!" Lucas sprang von dem Stuhl auf. In seiner Hosentasche kramte er nach dem Schlüssel. "Dann kann ich hier ja wieder aufmachen, wenn alles geklärt ist."

Der Captain trat auf den Wissenschaftler zu. Er hielt ihm die Hand zum Abschied hin. "Ich bin froh, dass wir miteinander reden konnten. Zwar konnte ich nicht in der Art und Weise mit ihnen sprechen, wie ich es gewollt habe, aber wir sind dennoch zu einer Einigung gekommen. Ich hoffe doch sehr, sie erkennen bald die wahren Gefühle von Lucas so wie sie wirklich sind. Er liebt sie mehr als alles andere, dagegen komme ich einfach nicht an. Ich bin derjenige, der zurück stecken muss. Der Beweis ist seine Anwesenheit hier. Er ist nicht bei mir geblieben, das sagte ich ihnen schon."

"Das nächste Mal kündigen sie sich aber bitte vorher an. Dann schrecke ich vielleicht nicht so aus meiner Arbeit hoch."

Bridger lächelte ihm zu. "Auf Wiedersehen!"

Lucas schloss die Tür auf und ließ den Captain hinaus. Er begleitete ihn hinunter. "Es tut mir leid, dass alles so kommen musste.", sagte Bridger dann, als sie unten in der Empfangshalle standen.

"Anders wäre es wohl auch nicht gegangen. Er ist ziemlich verbohrt manchmal."

"Es ist das Beste, wenn du eine Weile für ihn da bist. Wir sehen uns ja an Bord wieder."

Das Computergenie nickte. "Ja, das wird wohl nötig sein."

"Mach's gut, Kleiner. Es war schön, dich für kurze Zeit als Sohn zu haben." Er umarmte den Jungen und musste dabei fast mit den Tränen kämpfen.

"Wir können das ruhig wiederholen. Ich glaube jetzt besteht da durchaus die Möglichkeit zu. Mir hat es auch sehr gut gefallen. Es war einfach mal etwas anderes." Lucas sah nach oben zur Treppe. "Nur ich denke, vorerst bleibe ich der Sohn, der ich immer gewesen bin."

"Ich liebe dich, das weißt du? Nichts in der Welt kann dir sagen, wie viel du mir bedeutest."

"Ja, das weiß ich. Ich kenne die Hintergründe, mehr brauche ich nicht zu wissen."

Eine letzte Umarmung, dann trennte sich Nathan schweren Herzens von seinem jüngsten Sohn, der bald wieder nur ein Mitglied der Crew sein würde.

Deprimiert saß Dr. Wolenczak in seinem Arbeitszimmer. Er hatte das Gefühl etwas sehr wichtiges verloren zu haben. Die Leere, die sich in seinem Innern ausgebreitet hatte, schien ihn auffressen zu wollen. Kein einziges Wort konnte er in den Computer eingeben. Er fühlte sich ausgebrannte. Ein wichtiger Teil war von ihm fortgerissen worden. Nachdenklich blickte er auf den Monitor, wo ein Bildschirmschoner seine Muster vollzog.

Leise trat Lucas in das Zimmer. "Er ist auf dem Weg zurück nach Hause.", sagte er, doch der Wissenschaftler reagierte nicht. Mit den Händen in den Hosentasche kam er bis an dessen Seite. Ruhig verharrte er dort einen Moment, bis er sich hinunter beugte und ihn umarmte. "Ich habe dich ganz furchtbar lieb! Ich werde dir zeigen, dass deine Entscheidung richtig war."

Lawrence kullerte eine Träne aus den Augen herunter, als er ebenfalls seine Arme um Lucas schlang und ihn fest an sich drückte. Er war sein Sohn und würde es bleiben. Mit dieser Geste erkannte er, was man ihm die ganze Zeit versucht hatte zu sagen.

ENDE