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Die beiden Jungen lagen drei Stunden später immer noch Arm in Arm auf dem Boden, als es an der Tür klopfte. Sie fuhren auseinander und sahen sich gespannt an. Aber als sich die Tür öffnete schlüpfte nur Raja hinein und schloss die Tür schnell wieder.

„Uff", schnaufte sie und ließ sich auf dem Fensterbrett nieder, nachdem sie möglichste schnell Abstand zwischen sich und die Tür gebracht hatte. „Ich hasse Pansy Parkinson. Hab ich das mal erwähnt?"

Als sie den zerwühlten Zustand der Jungs bemerkte, grinste sie Harry an. „Und schön?", flüsterte sie leise.

Er nickte nur und sah Draco an. Der hatte sich inzwischen wieder ziemlich von ihm entfernt niedergelassen und saß mit untergeschlagenen Beinen auf einem kaputten Stuhl.

„Was ist mit Pansy?", wollte der Blonde nun wissen und versuchte offensichtlich möglichst gelassen zu wirken.

„Diese dumme Kuh ist mir die ganze Zeit hinterher gerannt. Sie hatte wohl für heute Nachmittag eine romantische Versöhnungszeremonie mit dir geplant und als du nicht im Kerker aufgetaucht bist, hat sie Snape gefragt. Der hat die Geschichte mit der Strafarbeit erzählt und danach war sie auf einmal der Meinung ich sei der Grund, aus dem du mit ihr Schluss gemacht hat."Raja lachte auf. „Noch mehr daneben, hätte sie ja nun nicht liegen können."

„Allerdings.", bestätigte Draco sehr zu Harrys Freude. „Da hab ich wohl nachher noch was vor mir..."Seufzend schloss er die Augen.

„Was mich allerdings auf ein Problem bringt, das sich leider aufdrängt", sagte das Mädchen nun wieder. „Ich frag´s ja nicht gerne, aber wie geht es weiter? Habt ihr euch das mal überlegt?" Ernst sah sie erst Draco und dann Harry an.

Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. Sicherlich, es war toll mit Draco zusammen zu sein, auch wenn es nur ein Zauber war, der den Slytherin so reagieren ließ. Aber was kam dann. Sie waren ja nicht allein auf der Welt. Zögernd sagte er: „Ich hab euch auch noch gar nicht erzählt, dass Hermine mich dauernd drängt zu Dumbledore zu gehen. Sie sagt, diese Sache müssten wir unbedingt melden."

„WAS?", fuhr Draco auf. „Oberschlau Granger weiß das auch? Warum habt ihr nicht gleich einen Anschlag an das Schwarze Brett gemacht?"

„Nun komm mal wieder runter.", schnauzte Raja ihn an. Du bist ja nicht alleine mit der Geschichte. Mal was davon gehört, dass Freunde sich gegenseitig helfen?"Mit einem Seitenblick auf Harry fuhr sie fort: „Ich denke nicht, dass es in eurem Interesse liegt, wenn es noch jemand zu wissen bekommt. In Slytherin darf es auf jeden Fall nicht die Runde machen. Draco sollte am besten wissen, was ich meine. Dass Hermine es erfahren hat, ist ein Problem. Denn ich bin mir nicht sicher, ob ihre Freundschaft zu Harry das aushält. Außerdem mag sie mich nicht. Scheint eine verbreitete Eigenschaft zu sein." Sie grinste schief.

„Aber was dann?", fragte Harry zögernd. So schwierig war das in seiner Vorstellung alles nicht gewesen. „Wie soll es dann gehen?"

„Was denn gehen?", ließ sich Draco vernehmen. „Ich will nicht, dass es irgendwer weiß. Ist denn das so schwer zu verstehen. Ich kann das nicht."Er blickte zu Boden. „Ich kann es ja selbstnoch gar nicht richtig glauben

Harry war enttäuscht. Aber er verstand Draco auch. Sicher ging es nicht, dass sie jetzt auf einmal ein Paar waren. Aber die Stunden mit ihm waren so warm und zärtlich gewesen. Nachdem sie ihre erste Leidenschaft ein wenig in heißen Küssen ausgelebt hatten, waren sie zum Reden gekommen. Er hatte die andere Seite so mancher Geschichte gehört, die er mit Draco erlebt hatte. Zum Beispiel ihr erster Spaziergang durch den Verbotenen Wald oder das Duell in der zweiten Klasse. Der Slytherin hatte ihm gestanden, dass er Harry vor Eifersucht am liebsten zu Pastete verarbeitet hätte, als der am Trimagischen Turnier teilnehmen durfte. Er hatte auch nicht ausgelassen, dass es ihm ziemlich viel Spaß gemacht hatte, Harry unter Umbridges Zepter endlich mal drankriegen zu können. Es war so ein Vertrauen zwischen ihnen gewesen...

Rajas Stimme schreckte ihn aus seinen Gedanken hoch.

„Ich hätte schon eine Idee, aber ich weiß nicht, ob sie euch besonders gefällt.", begann sie zögernd.

„Was denn für eine Idee?"Neugierig sah Harry sie an.

Das Mädchen rutschte ein wenig auf dem Sims hin und her und meinte dann: „Eigentlich ist mir die Idee bei Pansys Gezeter gekommen. Warum eigentlich nicht so tun, als wären Draco und ich ein Paar? Dann wären wir die Slytherins einigermaßen los und Hermine erzählen wir, es wäre alles wieder in Ordnung.", sie sah aus dem Fenster. „So und nun könnt ihr euch aufregen."

Harry war sprachlos. Kaum hatte er Draco mal für sich, sollte er ihn schon wieder abgeben? Der Slytherin war weniger geschockt und meinte nachdenklich: "Und wie würde das dann aussehen? Soll ich dann mit dir Händchen halten, oder was?"

„Kommt überhaupt nicht in Frage", schaltete sich Harry nun ein. So weit kam das noch. „Das halt ich nicht aus."

„Bin ich so unwiderstehlich?"grinste Draco und Harry wurde schon wieder rot. Doch die Augen des Slytherin sahen ihn warm an, so dass er sich wieder beruhigte.

„Ihr nun wieder...", stöhnte Raja und ließ sich auf den Boden gleiten. „Ich hatte nicht an irgendwelche großen Aktionen gedacht, aber es schien mir eine annehmbare Lösung. Nur damit keine blöden Fragen mehr kommen. Draco und ich werden sowieso wegen der Geschichte mit der Nachhilfe Zeit miteinander verbringen müssen, also kann man das doch nutzen. Und eigentlich könntest du auch ein bisschen Nachhilfe brauchen, Harry. Aber wenn du nicht dabei sein willst, kannst du natürlich auch mit Neville lernen." Sie grinste schelmisch.

So hatte er das noch gar nicht betrachtet. Vielleicht war die Idee doch gar nicht so schlecht. So konnten sie sich zumindestens mal treffen, ohne sofort zwischen die Fronten zu geraten. Fragend schaute er Draco an.

Der lachte und meinte dann: „Ihr habt mich ja sowieso schon verkauft. Was soll ich tun? Meinetwegen."Er fasste sich an den Kopf und raufte sich spielerisch die inzwischen schulterlangen Haare. „Erst küsst mich Potter, dann nimmt mich Banes an die Kette. Ich hatte nicht geahnt, dass es so schlimm werden würde."

„Wir sind eben ein Tag-Team!", lachte nun auch Raja und meinte auf den Blick des Slytherin hin: „Das erklär ich dir auf dem Weg nach untern. Wir sollten langsam mal was essen, denn ich kann nicht von Luft und Liebe leben."

Also machte sie sich auf den Weg in die Große Halle.

Schweren Herzens sah Harry zu, wie Raja mit Draco durch die Tür in Richtung des Slytherin-Tisches verschwand. Er seufzte. Konnte man jemanden nach drei Sekunden schon vermissen. Dann riss er sich zusammen. Er war jahrelang mit Draco verfeindet gewesen. Das würde schon gehen. Und er musste seine Rolle gegenüber seinen alten Freunden doch überzeugend spielen. Er hätte es gerne anders gehabt, aber es schien, als müsse er sich zwischen seinen Freunden und seinen Gefühlen entscheiden. Ron wusste schließlich noch nichts davon und Hermine würde es nie verstehen. Vielleicht konnte er irgendwann wieder ehrlicher zu ihnen sein. Aber er wollte jetzt auch mal seinen Anteil an Glück und nicht immer nur „der Junge, der lebt"sein, dessen einzige Aufgabe darin bestand, irgendwann mal die Welt zu retten. Dass es vielleicht auch irgendwann vorbei sein könnte, verdrängte er ebenfalls. Jetzt nicht mehr grübeln schalt er sich. Dann atmete er noch einmal tief durch und machte sich daran, Ron und Hermine, das Märchen von dem „neuen Draco und ihrer rein freundschaftlichen Beziehung"zu unterbreiten. Erwartungsgemäß, war Hermine mehr als skeptisch, aber Raja hatte ihn auf dem Weg noch geimpft und er überstand das Essen, ohne auch nur einmal zum Haustisch der Slytherins zu schauen. Obwohl es sicher interessant war, was dort passierte.

Raja hatte sich bei Draco untergehakt und stolzierte hoch erhobenen Kopfes neben ihm her.

„Nun überteib´s aber nicht!", zischte er ihr zu. „Ich bin kein Typ für dieses romantische Gesülze."

Sie sah ihn spöttisch von der Seite an. „Seh ich aus, als würde ich so was vorhaben? Ich lass meine Finger in Zukunft von dir. Man sieht ja, was ich für ein „Monster"erschaffen habe. Ich will nur dieser dumme Pansy-Kuh eins reinwürgen."

„Immer werde ich ausgenutzt", jammerte er grinsend. „Aber das würde ich auch gerne sehen."

„Dann wart´s ab und lass mich einfach reden.", wisperte sie noch, dann erreichten sie den Tisch.

Pansys Augen wurden groß, als sie Rajas Arm auf seinem liegen sah. Dann sprang sie auf und kreischte: „Ich hab´s doch gewusst, du falsche Schlange. Du steckst hinter all dem."

„Tja, vielleicht solltest du mal mit Trelawney über deine Note in Wahrsagen reden. Du scheinst ja recht zutreffende Prognosen abgeben zu können.", lächelte Raja das blonde Mädchen kalt an, zog Draco an ihrer Seite an den Tisch und fing seelenruhig an, sich Gemüse auf einen Teller zu füllen. Nach einem Blick in die Runde meinte schnippisch: „Noch jemand eine Frage in dieser Richtung?"

Damit richteten sich alle Augen auf Draco und er grinste nur breit und hob bedeutungsvoll die Augenbrauen. Daraufhin fingen Crabbe und Goyle an, sich in die Seiten zu stoßen und allerhand anzügliche Witze zu reißen

Der Slytherin atmete auf. Er hatte seine Stellung behauptet und niemand war misstrauisch geworden. Rajas Plan schien aufzugehen, dachte er anerkennend. Pansy stürzte heulend aus der Tür und er sah noch, wie ihr ein Sechstklässler nacheilte. Sie würde sich beruhigen. Dann war die Bahn frei für...

Ja, für was eigentlich?

Wollte er nun mit Harry ein heimliches Liebespaar werden? Wollte er sich sein Leben lang verstecken?

Oder wollte er, dass Raja den Zauber wieder von ihm nahm?

Er hatte keine Antwort auf seine Fragen. Noch nicht.

Draco wusste nur, das die Zeit mit Harry eine der schönsten gewesen war, die er bis jetzt kennengelernt hatte. Er hatte immer gedacht, Gefühle, Liebe, das Füreinander-da-Sein sei nur etwas für Schwächlinge, die sich nicht selbst behaupten konnten. Doch er hatte es genossen, sich einmal fallen lassen zu können. Er hatte den offenen Gesprächen erst skeptisch gegenüber gestanden, denn schließlich ging es da um eine Vergangenheit, in der er Harry gehasst hatte. Das schien nun so weit weg zu sein.

Raja stieß ihn in die Seite und hielt ihm aufmunternd die Schüssel hin. Auch sie schien so anders zu sein. Er hatte in ihr nur ein Opfer und dann einen Gegner gesehen. Dass sie nun auf einer Seite standen, war eigenartig. Aber er hatte ihr geglaubt, als sie ihm gesagt hatte, dass es ihr Leid tat.

Also nahm er lächelnd , was sie ihm reichte und begann zu essen. Er freute sich auf die kommende Weihnachtszeit.

Er konnte nicht wissen, dass jemand ganz andere Pläne hatte.