Maskerade
Am Morgen des letzten Tages im Jahr, machte sich der junge Mann fertig für seine Abreise. Er und seine Mutter hatten sich bereits in der Nacht zuvor voneinander verabschiedet, so dass er ihr nur einen flüchtigen Kuss auf die Wange hauchte und seine Gastgeber noch einmal daran erinnerte, die Medizin nicht zu vergessen, das sonst die Gefahr bestände, dass seine Mutter wahnsinnig würde und sich etwas antat. Dass sie Flasche mit der Medizin, längst durch eine andere vertauscht hatten, verschwieg er natürlich. Die Leute wussten ja nicht, wie sie aussah und würden den Unterschied nicht bemerken. In dem Trubel heute Abend würde man später sicher annehmen, dass die Medizin eben doch vergessen worden sei.
Dann drehte er sich um, warf das Flohpulver in die Flammen und fand ich wenige später im Salon seines Elternhauses wieder. Dort hatte sich nichts verändert, doch er war erstaunt, dass niemand zu seiner Begrüßung gekommen war. Als er durch das leere Haus ging, waren auch keinerlei Geräusche zu hören. Er rief eine Hauselfe zu sich und fragte nach dem Aufenthaltsort seines Vaters.
„Der Master ist unten im Keller, Sir.", piepste das kleine Wesen schüchtern.
Er erinnerte sich daran, sich früher einen Spaß daraus gemacht zu haben, die kleinen Diener zu quälen und mit unzähligen Streichen zu malträtieren. Sanft sagte er daher: „Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich werde dir nichts tun."
Die Elfe sah ihn mit großen Augen an. „Dann will Dibby Ihnen verraten, Sir, dass Sie besser nicht hinuntergehen. Der Master und das Fräulein sind dort sehr beschäftigt und wollen nicht gestört werden. Niemand soll das."
Abrupt richtete er sich auf. Also doch. Wie konnte sie nur? Das ging nun wirklich zu weit. Er stürmte, ohne auf die weiteren Proteste der kleinen Hauselfe zu achten, in den Keller und riss die Tür zum hintersten Raum auf. Dort blieb er wie angewurzelt stehen und betrachtet ungläubig, das Bild, das sich ihm bot.
Raja stand schwer atmend an der hintersten Wand des Kellergewölbes und starrte seinen Vater an. Der hatte den Zauberstab erhoben und führte gerade ein weiteres „Crucio!"aus, als Draco aufschrie. Doch anstatt der erwarteten Wirkung, schloss Raja nur kurz die Augen und ihre Haut wurde von kleinen Lichtern überflutet. Wie von der Tarantel gestochen drehte sein Vater sich zu ihm um und wollte soeben auch ihn verfluchen, als er seinen Sohn offensichtlich erkannte und den Zauberstab sinken ließ.
„Draco!", rief er. „Wie unvorsichtig von dir unser Training so rüde zu unterbrechen. Ich hätte mich leicht vergessen können."Er ging auf den jungen Mann zu und wischte sich einige Schweißtröpfchen von der Stirn. Wenn sein Vater schon so in Anstrengung geraten war, mussten sie bereist eine Weile hier unten sein.
Raja kam nun ebenfalls näher. „Hattest du eine gute Reise?". Sie warf ihm mit einem kurzen Seitenblick auf seinen Vater eine nicht ausgesprochene Frage hin und er nickte unmerklich. Ein zufriedenes Funkeln wurde in ihren Augen sichtbar.
Dann sagte sie wieder laut: „Ich denke, wir sind vorbereitet, Lucius. Der Lord sollte überzeugt sein, durch deinen Bericht. Wir werden den Plan einhalten können."
„Was für einen Plan?", fragte Draco verwirrt. Was war hier in den letzten Tagen geschehen?
Sein Vater schlug ihm mit der Hand auf die Schulter. „Lass uns das oben beim Essen besprechen, mein Sohn. Ich denke unser Gast wird Hunger haben."
„Allerdings", bestätigte Raja und fügte mit einem anzüglichen Grinsen hinzu. „Aber ich werde mich erst noch ein wenig frisch machen."
„Brauchst du Hilfe?", gurrte sein Vater und zog die junge Frau fast mit seinen Augen aus.
„Nein, lieber Lucius.", lächelte sie und fügte mit einem Wink auf Draco hinzu. „Ich bin schon ein großes Mädchen. Außerdem sind wir nicht alleine."
Lachend steigen die beiden die Treppe hinauf und der junge Slytherin folgte ihnen. Offensichtlich hatte Raja es tatsächlich geschafft, das Vertrauen seines Vaters und des Dunklen Lords zu erreichen. Er wollte lieber nicht wissen wie.
Während er wartete, dachte er an Harry und wie es wohl jetzt in Hogwarts stand. Sicherlich würden sie sich Sorgen machen, wenn er nicht bald eine Nachricht senden konnte. Aus Schottland war es zu gefährlich gewesen, denn selbst ihre eine Nachricht an die Schwester seiner Mutter, wäre fast abgefangen worden. Doch als er während des Mittagessens über die geplanten Vorgänge informiert wurde, sah er bald, dass er das Glück haben würde, selbst nach Hogwarts zurückzukehren.
Der Dunkle Lord hatte sich, von Rajas Fähigkeiten mehr als einmal selbst überzeugt und war begeistert gewesen. Er hatte vor Dumbledore zu stellen, seine magischen Fähigkeiten mit Rajas Hilfe zu schwächen und ihn dann vernichtend zu schlagen. Eine ganze Reihe Todesser würde die beiden begleiten. Draco würde wieder als Lockvogel dienen, um den Schulleiter in den Verbotenen Wald zu locken.
Ein eigentlich simpler Plan, der Draco jedoch bemerken ließ, dass Voldemort offensichtlich nicht besonders scharf darauf war, sich die Hände selbst schmutzig zu machen. Doch die Rache an Dumbledore, wollte er selbst auskosten und ihn mit eigenen Händen töten. Raja hatte Recht behalten. Der Herr der Todesser war ebenso böse, wie hinterhältig und feige.
„Und wann soll das ganze stattfinden?", warf er in das siegessichere Schwelgen seines Vaters ein.
„Heute Nacht, mein Junge. Der Lord wartet nicht gerne.", antwortete der blonde Mann. „Du wirst heute gegen Abend aufbrechen. Es ist alles vorbereitet. Außerdem wird es Dumbledore so an Gelegenheit mangeln, noch Hilfe anzufordern. Er sollte so kurze Zeit nach eurem Aufbruch aus Hogwarts noch keinen Verdacht geschöpft haben. Außerdem wird es wie jedes Jahr sicherlich eine Feier in Hogwarts geben, so dass es dir ein Leichtes sein sollte, den alten Kauz mit irgendeinem Märchen von eine Schüler in Not, allein aus dem Trubel zu entfernen. Wir werde ihn völlig unvorbereitet treffen können."Er prostete seinem weiblichen Gegenüber zu, die sich anschickte, diese Theorie zu loben und ihm einige Blicke über den Rand ihres Glases zuzuwerfen.
Draco war wie versteinert. Es war wirklich ein gerissener Plan. Auf diese Weise würde es ihnen in Hogwarts wirklich an Zeit fehlen. Doch wenn er darauf bestand, sofort aufzubrechen, würde er sich verdächtig machen. Außerdem wollte er noch kurz mit Raja sprechen.
„Ich werde mich dann vor dem großen Ereignis noch ein wenig hinlegen.", sagte er knapp. „Weckt mich bitte, bei Anbruch der Dunkelheit."Dann verließ er den Raum und wartete zur Sicherheit wirklich auf seinem Bett liegend, dass sie zu ihm kam. Er musste eine ganze Weile versuchen die Zimmerdecke mit bloßen Blicken zum Einsturz zu bringen, bis die Tür leise aufging und das Mädchen eintrat.
Er fuhr auf und sie setzte sich neben ihn an sein Bett. „Schöner Mist, was?", flüsterte sie gehetzt immer wieder zur Tür blickend. „Ich hab getan, was ich konnte, aber es musste schnell gehen. Ich weiß nicht, wie lange ich sie noch auf meiner Seite halten kann. Voldemort will Erfolge sehen und er will Dumbledore. Meinst du, ihr schafft das?"Sie sah ihn an.
Er blickte nachdenklich. Sie sah wirklich aus, wie eine Todesserin. Das Gesicht ausdruckslos bis überheblich, das Auftreten gelangweilt bis grausam. Er hatte gesehen, wie sie eine der Hauselfen durch den halben Raum geschleudert hatte, als diese nicht schnell genug mit dem Essen gekommen war. Durch und durch, schwarze Kleidung, den Zauberstab stets griffbereit; der perfekte Partner des Bösen.
„Bist du noch auf unserer Seite?", wisperte er tonlos.
Doch ein Blick in ihre Augen, straften seinen Verdacht Lügen. Sie sah ihn verletzt an. „Ich tue hier so einiges, was mir keinen Spaß macht, Draco.", antwortete sie tonlos. „Ich habe täglich das Gesicht des Mörders meiner Mutter vor mir und du fragst mich, auf welcher Seite ich stehe?"
Er legte nun die Hand auf ihre und meinte: „Entschuldige, aber nach dem Mord an Snape, war ich mir nicht mehr sicher, was ich glauben soll."
Sie sah ihn an. Ein merkwürdiger Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht, den er nicht einordnen konnte.
„Du spielst doch Schach, Draco, oder?"
Auf sein Nicken hin fuhr sie fort.
„Dann weißt du auch, was ein Bauernopfer ist."
Er nickte wieder.
„Weißt du, das ist ein Spielzug, mit dem ich mich nie anfreunden konnte, deshalb spiele ich auch so miserabel."Sie lächelte jetzt und meinte abschließend. „Kehr heute Abend nach Hogwarts zurück. Warne die anderen. Sag ihnen, sie sollen sich gut vorbereiten. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird er alle seine Gefolgsleute zusammentrommeln. Er will Dumbledore um jeden Preis, außer dem seines eigenen Lebens. Sein großes Ego wird ihm wohl zum Verhängnis werden."
Sie lachte. „Wusstest du übrigens, dass Tom Riddle eine Niete in „Zaubertränke"war?"Dann stand das Mädchen auf und umarmte ihn flüchtig. „Wir sehen und, kleiner Drache."
Eilig verließ sie den Raum und er bleib allein.
Allein beim Pläneschmieden.
Allein beim Warten, dass der Tag verging.
