Kapitel 2

Es war früher Morgen, als Elenael aufstand und sich auf den Weg hinunter zu der Küche machte um zu fragen, ob es etwas gab, das sie zu erledigen hatte. Nach einer Weile lief sie Anaraen über den Weg, die auch sogleich nach ihr rief.
„Sei so gut und sieh nach Prinz Legolas, ob ihm etwas fehlt." Für einen Moment sah Elenael die ältere Elbin verwirrt an.
„Prinz Legolas?"
Anaraen lachte.
„Liebes, sag bloß, du wusstest nicht, dass unser gutaussehender junger Gast Thranduils Sohn ist?" Noch bevor sie völlig realisiert hatte, was Anaraen gesagt hatte, war diese schon verschwunden. Bevor Elenael sie bitten konnte, diese Aufgabe doch jemand anderem zu übertragen. Die dunkelhaarige Elbin stöhnte auf. Das durfte einfach nicht wahr sein!

Als Legolas erwachte, war es noch früh am Morgen, zu früh um irgendjemanden zu wecken und so entschloss er sich, erst mal ein langes Bad zu nehmen. Die Besuche in Bruchtal brachten so einige Annehmlichkeiten mit sich. So hatten die besseren Gemächer alle ihr eigenes Bad, welches durch ein verzweigtes Leitungssystem mit Wasser versorgt wurde, während es in Düsterwald und Lorien öffentliche Badestätten unter freiem Himmel gab. Er ließ reichlich warmes Wasser in den hellen Zuber ein und legte dann seine Schlafgewänder ab um in das angenehme Nass zu steigen. Gerne hätte er schon gestern ein Bad genommen, um den Schmutz der Reise von sich zu waschen, doch hatte sich tagsüber nicht die Gelegenheit geboten, und abends war er zu müde gewesen. Sorgfältig wusch er sein langes Haar und kämmte es noch nass mit einem breiten Kamm durch, um es von den vielen kleinen Knötchen zu befreien. Als er damit fertig war, stieg er aus der Wanne und trocknete sich ab. Plötzlich hörte er ein Klopfen an der Tür seines Gemachs. Er wickelte sich schnell das Handtuch um die Hüften. Es musste einer der Zwillinge sein, dachte er. Wer sonst würde ihm in dieser frühen Stunde einen Besuch abstatten? Doch als er die Tür öffnete, fiel sein Blick auf die leicht verdutzte Dienerin, eben die, der er gestern bereits zwei Mal begegnet war. Er wollte soeben etwas sagen, als er spürte, wie das Handtuch plötzlich von seinem Körper rutschte. Rasch griff er danach, um das schlimmste zu verhindern und seine wichtigsten Stellen bedeckt zu halten, doch stolperte er dabei über einen Zipfel des Stoffes und fiel vor der Elbin auf die Nase.

Der Anblick, der sich Elenael bot, nachdem sie nichts Böses ahnend an die Tür geklopft und diese sich bald geöffnet hatte, ließ sie mitten in der Bewegung erstarren. Sie konnte ihre Augen nicht daran hindern, den fast nackten Elben, der vor ihr stand und auf dessen Haut und Haaren noch immer einige Wassertropfen glitzerten, blitzschnell von oben bis unten zu mustern. Sie spürte, wie eine leichte Röte in ihre Wangen stieg, doch bevor er es bemerken konnte, musste Legolas seine ganze Aufmerksamkeit dem widerspenstigen Handtuch widmen, das sonst wohl auf Reisen gegangen wäre. Als er dabei auch noch stolperte und vor ihren Füßen landete, konnte Elenael nicht anders und ein leises Kichern erfüllte den Raum, bevor sie sich zusammenreißen konnte.

Legolas hörte ihr leises Lachen, als er versuchte, wieder aufzustehen, ohne das Handtuch auf dem Boden liegen zu lassen. Als er endlich wieder auf beiden Füßen stand, schaute er die Elbin an, die äußerst amüsiert wirkte.
"Wartet", brachte er endlich heraus und schloss dann die Tür vor dem verdutzten Gesicht der Elbenmaid. Er griff seine Hose und ein sauberes Hemd, um beides schnell anzuziehen, während er leise vor sich hin fluchte und nur den Kopf schütteln konnte. Womit hatte er das verdient? Als er wieder bekleidet war, öffnete er die Tür erneut und blickte, immer noch beschämt, zu der dunkelhaarigen Elbin.
"W- was kann ich für Euch tun?" fragte er höflich und bemüht darum, die Röte aus seinem Gesicht zu vertreiben.

Etwas verdutzt musste Elenael mit ansehen, wie die Tür seines Zimmers sich vor ihrer Nase schloss. Doch da sie sich denken konnte, warum, breitete sich erneut ein Grinsen auf ihrem Gesicht aus, das sie jedoch schnell wieder verbannte, sobald sich die Tür erneut, wenn auch etwas zögernder, öffnete. Sie bemerkte die leichte Unsicherheit in seiner Stimme, als er sie fragte, was er für sie tun konnte und ein kleiner Teil in ihr konnte die Schadenfreude nicht ganz unterdrücken.
"Oh, ich wurde nur geschickt um zu sehen, ob Ihr noch etwas braucht, ob Ihr vielleicht ein Bad nehmen wolltet ... doch wie ich sehe, habt Ihr das bereits getan."
Legolas erkannte so etwas wie Schadenfreude in ihren Gesichtszügen. "Nun … ich … ich benötige nichts weiter", sagte er knapp und sie nickte ihm zu. Sie war gerade dabei, sich zum Gehen zu wenden, als Legolas wieder das Wort ergriff.
"Doch, da ist etwas." Sie blickte ihn fragend an. "Ich, nun, ich wollte mich für gestern entschuldigen. Erst habe ich euch umgestoßen und wie ich sehe, habt Ihr eine Beule davon getragen, und zweitens wollte ich mich für Euer Kleid entschuldigen. Ich hoffe, die Flecken gingen wieder heraus?"
Elenaels Gesichtszüge wurden ein wenig sanfter, als sie in seinen Augen sah, dass es ihm ehrlich leid tat.
"Macht Euch keine Sorgen deshalb. Und mit der Beule werde ich wohl leben müssen - wohl ganz wie Ihr selbst", setzte sie mit einem weiteren Lächeln hinzu, als sie ebenfalls den Ansatz einer Beule auf seiner Stirn erkennen konnte. Ihr Blick glitt über seine Gesichtszüge und ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte, noch einmal an seinem Körper hinab, als sie sich an ihre Begegnung von vor wenigen Minuten erinnerte.
Legolas griff sich an die Stirn. Er hatte schon wieder vergessen, dass dort ein Anzeichen des Zusammenpralls war.
"Es tut gar nicht weh", sagte er und lächelte ein wenig verlegen. Für ein paar Augenblicke schaute er sie nur an, ohne etwas zu sagen, und auch sie schien nicht zu wissen, wie sie eine Konversation heran treiben könnte.
"Ehm", Legolas räusperte sich. "Ihr habt bestimmt noch viel zu tun … wie war noch gleich Euer Name?" Er lobte sich innerlich für diesen taktisch klugen Zug, denn so musste er nicht zugeben, dass er ihren Namen noch überhaupt nicht kannte, aber ebenso wenig geriet er in die Verlegenheit aus reinem Interesse danach zu fragen.
"Elenael", antwortete die Elbin und strich sich, wie es ihre Angewohnheit war, wieder eine ihrer langen, dunklen Haarstränen hinter ihr Ohr. "Und wenn wir schon bei Entschuldigungen sind ... Wegen gestern, das tut mir leid. Ich hatte einen ... nun ja ... einen schlechten Tag und wollte meine Wut nicht an Euch auslassen." Sie fühlte sich plötzlich ein wenig unsicher, als sie hinzufügte: "Ich wusste noch nicht einmal, wer Ihr seid ..." Sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, bereute sie sie auch schon wieder und Elenael biss sich leicht auf die Lippe, als hätte sie etwas Falsches gesagt.
Legolas musste kurz stutzen. Was hatte sie soeben gemeint? Sie hatte ihn vorhin mit Namen angeredet, also musste sie erfahren haben, wer er war, doch was war so besonderes daran? "Was macht es für einen Unterschied wer ich bin, wenn ich doch ungeschickt genug bin, Euch zwei Mal an einem Tag in eine unangenehme Situation zu bringen?"
Elenael wusste selbst nicht, was sie darauf antworten sollte und nach einer kurzen Stille schlüpfte sie wieder in die Rolle, die sie gewohnt war.
"Nun, braucht Ihr noch etwas?" Erst, als sie die Frage ausgesprochen hatte, fiel ihr ein, dass sie eben dies vor wenigen Minuten schon einmal gefragt hatte; sie schloss kurz die Augen und fügte dann schnell hinzu: "Ich meine ... Wenn Ihr etwas brauchen solltet, ruft einfach."
Legolas warf ihr einen leicht verwunderten Blick zu, als sie seiner Frage auswich, doch schien sie wohl nicht an einer Unterhaltung mit ihm interessiert. Vielleicht war sie doch noch ein wenig wütend auf ihn, und war soeben nur so freundlich gewesen, weil es ihre Pflicht als Dienerin war. Er unterdrückte ein leicht enttäuschtes Seufzen.
"Danke, aber ich brauche nichts", sagte er knapp und schloss dann nach einem kurzen Nicken von Elenael die Tür seines Gemachs.

Als die Tür sich vor ihrer Nase schloss, zuckte Elenael leicht zusammen. Legolas' letzte Worte schienen ihr weit weniger freundlich gewesen zu sein als zuvor und unwillkürlich fragte sie sich, welche der beiden Verhaltensweisen wirklich zu ihm gehörte. Adelige, die auf diejenigen, die sie bedienten, herabsahen, kannte sie genug, auch, wenn es bei Elben höchst selten war, doch der Ton, den sie aus seinen letzten Worten herausgehört hatte, kam ihr in diesem Zusammenhang recht bekannt vor. Elenaels Gesichtszüge härteten sich leicht, als sie sich endlich von der Tür abwandte.
Sie war auf dem Weg zurück nach unten, als sie hörte, wie jemand ihren Namen rief. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, bevor sie sich umdrehte und Elrohir entgegensah, der auf sie zugeeilt kam.
"Guten Morgen", antwortete sie. "Seid Ihr auf dem Weg zum Frühstück? Soweit ich weiß, dürfte es gerade vorbereitet werden." Der dunkelhaarige Zwilling war inzwischen bei ihr angekommen und verdrehte nun leicht belustigt die Augen.
"Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass diese Formalitäten unnötig sind? Wir sind praktisch zusammen aufgewachsen, schon vergessen?" Elenael lachte.
„Wie könnte ich? Und ihr beide habt euch nach all den Jahren, in denen ich bei eurer Schwester war, noch immer nicht geändert …" Fast schon entrüstet sah Elrohir sie an.
„Geändert? Wir? Wieso auch? Du weißt doch, unser Ziel im Leben ist es, für immer gemeingefährliche Kinder zu bleiben." Ein Grinsen breitete sich bei den Worten auf seinem Gesicht aus und Elenael verpasste ihm einen leichten Stoß.
„Weißt du, ich frage mich, warum Herr Elrond mit euch als Söhnen keine grauen Haare bekommen hat." Erst sah es so aus, als wolle Elrohir darauf etwas erwidern, als er plötzlich der leichten Beule an ihrem Haaransatz gewahr wurde. Ohne darüber nachzudenken hob er eine Hand und fuhr leicht darüber.
„Was hast du gemacht?", fragte er, das schelmische Funkeln für einen Moment aus seinen Augen verschwunden.
„Bekanntschaft mit Prinz Legolas", erwiderte Elenael nur seufzend.
„Was?!" Elrohirs Stimme hatte einen leicht scharfen Tonfall angenommen, als er sie mit leicht verengten Augen ansah. Daraufhin musste Elenael nun doch wieder grinsen und begann, ihm die - für den Zwilling - doch recht amüsante Geschichte ihres ersten Zusammentreffens zu erzählen.

Als Legolas den kleineren privaten Speiseraum Elronds betrat, saß der Herr von Bruchtal mit seinem ältesten Sohn bereits am Tisch, um das Frühstück einzunehmen.
"Ah, Legolas, da bist du ja. Ich habe soeben Elrohir losgeschickt um dich zu rufen. Setz dich doch", bot Elrond an, und Legolas kam seiner Aufforderung nach.
"Ich hätte euch beinahe nicht gefunden, wenn mir einer der Diener nicht gesagt hätte, dass ihr das Frühstück in deinen Gemächern einnehmt", antwortete Legolas, als er ein paar Früchte und Brot von dem großen Teller nahm, der in der Mitte des Tisches stand.
"Aber Elrohir bin ich nicht über den Weg gelaufen."
"Er war ohnehin schon mit dem Frühstück fertig", sagte Elladan, und biss herzhaft in einen Apfel.
"Wie lange wirst du uns diesmal mit deiner Anwesenheit beehren?" fragte Elrond lächelnd, während er etwas Butter auf eine Scheibe Brot strich.
"Nun, ich habe mir ehrlich gesagt darüber noch keine Gedanken gemacht. Ich würde gerne ein wenig bleiben, es sei denn, du hast wichtige Nachricht für meinen Vater, die ich ihm überbringen muss." Legolas hoffte jedoch, er könne seinen Besuch noch etwas ausdehnen. Er war gerne in Imladris und verbrachte Zeit mit den Zwillingen, die ihm über die Jahre gute Freunde geworden waren.
"Nein, die Nachrichten, die ich für Thranduil habe, sind nicht von Dringlichkeit. Sie können warten, so lange du bleiben möchtest", sagte Elrond freundlich. "Auch ich freue mich, wenn du uns besuchst."
Legolas schoss plötzlich ein anderer Gedanke durch den Kopf. Er grübelte kurz darüber nach, wie er am geschicktesten fragen könnte.
"Ich hoffe, dieser Tag verläuft für mich ein wenig glimpflicher als der gestrige, denn normalerweise ist es nicht meine Absicht, die Diener des Herren von Bruchtal mit Wein zu bekleckern. Sag, ist diese Dienerin immer so temperamentvoll?"
Elladan lachte kurz auf. "Du meinst Elenael? Oh ja, das ist sie. Es war nicht gerade das feinste Benehmen gestern."
Doch Legolas winkte ab. "Nein, es war ja meine Schuld. Ich hätte besser aufpassen sollen. Außerdem bin ich ihr schon zuvor begegnet. Ich … nun … ich bin mit ihr unfreiwillig zusammen geprallt und habe ihr wohl eine Beule am Kopf zugezogen." Er spürte, wie seine Wangen erröteten, als er über das Missgeschick berichtete und Elladans Lachen laut durch den Raum schallte.
"Du bist doch sonst nicht so ungeschickt", sagte er, als er sich endlich wieder beruhigt hatte.
"Ich war ein wenig in Gedanken gewesen und hatte sie nicht bemerkt", gab Legolas zu. "Und dann, als ich sie das zweite Mal sah … nun, ich denke, ich war ein wenig nervös wegen unseres ersten Zusammentreffens, dass ich auch diesmal wieder ungeschickt war." Die Erklärung klang plausibel, doch aus irgendeinem Grund grinste Elladan ihn schelmisch an. Bevor dieser jedoch etwas sagen konnte, erhob sich Legolas von seinem Platz.
"Danke für das Frühstück. Ich werde jetzt noch einmal zu meinem Gemach gehen."
"Willst du nachher mit mir und Elrohir ein wenig Schwertkampf üben?" fragte Elladan. "Dann kann ich dir ja noch ein wenig mehr über Elenael erzählen", fügte er hinzu und das Grinsen auf seinen Zügen wurde breiter, doch Legolas rollte nur leicht die Augen und verließ dann die Gemächer, um zu seinen eigenen zurück zu kehren.

Als er um die Ecke eines Gangs bog, fiel sein Blick plötzlich auf zwei Gestalten. Einer der beiden war Elrohir, der sich zu der anderen - Elenael - herunter beugte und ihr sanft mit der Hand über das Gesicht strich, ein freundliches Lächeln auf seinen Lippen. Sie hatten ihn nicht bemerkt, und Legolas wollte auch alles andere als das. Er wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund war ihm der Anblick, der sich ihm bot, unangenehm. Flink, und bevor sie irgendetwas bemerken konnten, wand er sich herum und wollte wieder um die Ecke biegen, um in dem dahinter liegenden Gang zu verschwinden, als er plötzlich mit einem Kerzenständer zusammenstieß, der sich unterhalb seiner Sichthöhe befand, jedoch hoch genug, um ihn genau mit seinen edelsten Teilen dagegen prallen zu lassen. Ein lautes, schmerzerfülltes Stöhnen hallte durch den Korridor, als Legolas zu Boden sank und sich die schmerzende Stelle hielt.

Elrohir hatte sich köstlich über die kleine Geschichte amüsiert, die Elenael ihm soeben zum Besten gegeben hatte und versuchte immer noch, ein leises Kichern zu unterdrücken. Elenael aber wechselte das Thema, als sie sich an das Versprechen, das sie sich selbst abgenommen hatte, erinnerte.
"Ich wollte mich bei euch entschuldigen ... wegen gestern. Ich hätte nicht einfach so verschwinden sollen, aber ich hatte einen wirklich schlechten Tag und ich ..." Weiter kam sie nicht, da sie von Elrohir lächelnd unterbrochen wurde.
"Du brauchst dich nicht zu entschuldigen - auch bei Vater nicht", wandte er ein, als er sah, dass sie wieder zum Sprechen ansetzte. "Du brauchst dich vor uns nicht zu rechtfertigen. So, und jetzt lass mich nochmal sehen", fügte er hinzu, um weiteren Protest von ihrer Seite zu unterdrücken und beugte sich, immer noch ein Lächeln auf den Lippen, vor, um sich, diesmal genauer, ihre Stirn anzusehen. Elenael lächelte ebenfalls und verdrehte leicht die Augen, da sie wusste, dass jegliche Widerrede zwecklos sein würde. Elrohir setzte gerade an, wieder etwas zu sagen, als ein Geräusch an ihrer beider Ohren drang und keine Sekunde darauf ein schmerzerfülltes Stöhnen durch den Gang hallte. Beide Elben wandten ihre Blicke um und stürmten gleichzeitig los, um dem auf den Grund zu gehen. Als sie um eine Ecke bogen, kamen sie recht plötzlich zum Stehen, bei dem Anblick, der sich ihnen bot.
Eine blonde Gestalt, in Grün gekleidet, saß leicht gekrümmt an die Wand gelehnt auf dem Boden, die Augen zusammengepresst und das Gesicht vor Schmerz verzogen. Sofort erkannte Elenael Legolas und sie fragte sich leicht erschrocken, was geschehen sein mochte. Sie verzog leicht das Gesicht in Sympathie zu ihm, obwohl sie überhaupt nicht wusste, was ihm passiert war, doch sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
„Legolas?", hörte sie Elrohirs besorgte Stimme neben sich fragen. „Was ist geschehen? Geht es dir gut?"

Legolas wollte auf der Stelle im Erdboden versinken, aber glücklicher Weise hatten die beiden nicht gesehen, wie ihm dieses Missgeschick geschehen war, denn es musste äußerst tollpatschig ausgesehen haben. Er musste sich sehr zusammen nehmen, um überhaupt genügend Kraft zum Reden zu finden.
"Ich … Kerzenständer … da", brachte er nur keuchend heraus und deutete auf den umgeworfenen Gegenstand.
Bei Legolas' Worten blickten Elrohir und Elenael sich gleichzeitig um und sahen den Kerzenständer, der noch auf dem Boden lag. Er musste ihn irgendwie umgeworfen und sich dabei irgendwo gestoßen haben. Die leichte Schadenfreude, die sie noch am Tag davor wahrscheinlich verspürt hatte, stellte sich nicht ein, dafür merkte Elenael, dass Legolas ihr irgendwie leid tat. Sie sah nicht, wie sich auf Elrohirs Gesicht, der - als Mann - anscheinend begriffen hatte, ein mitfühlender Ausdruck breitmachte und seine Lippen sich zu einem stummen "oh" formten. Stattdessen sah sie Legolas an und fragte ruhig: "Kann ich Euch irgendwie helfen ... ?"
Legolas schüttelte nur den Kopf und atmetet dann einige Male tief ein und wieder aus. Allmählich ließ der Schmerz etwas nach und er brachte es zu Stande, sich langsam zu erheben, und - wenn auch leicht gebeugt - auf seinen Füßen zu stehen.
"Es … geht schon wieder", sagte er tapfer und vermied es, den beiden in die Augen zu sehen. Schon wieder war er in Elenaels Gegenwart in eine äußerst peinliche Situation geraten. Wieso in Erus Namen musste dies ausgerechnet ihm passieren, wo es doch sonst gar nicht seine Art war, so ungeschickt zu sein?
Nur sehr schwer und nur im letzten Moment konnte Elrohir sich davon abhalten, bei Elenaels letzten Worten in Lachen auszubrechen. Dafür bekam er von ihr einen leicht zurechtweisenden Blick zugeworfen - sie wusste nicht, was genau er so lustig fand. Die Elbin konzentrierte sich wieder auf den Prinzen vor ihnen und als er wieder aufgestanden war und - noch immer mit leicht zitternder Stimme - gesagt hatte, dass es schon gehen würde, fragte sie noch einmal nach.
"Seid Ihr sicher? Ich will nicht … ich meine … es sah recht schmerzhaft aus." Das hatte es wirklich. Doch allmählich fragte Elenael sich wirklich, ob Legolas von Natur aus so ungeschickt war oder ob er in den letzten beiden Tagen einfach nur Pech gehabt hatte.

Nein, er war sich nicht sicher. Es tat immer noch höllisch weh, aber er konnte ihr wohl kaum sagen, weshalb. Sie schien es noch nicht begriffen zu haben, was genau ihn so schmerzte, und darüber war Legolas auch froh. Doch ihre ständigen Fragen schienen Elrohir wohl bald dazu zu bringen, in lautes Gelächter auszubrechen. Legolas war die gesamte Situation äußerst peinlich und er wollte nur noch schnellstmöglich in seine Gemächer zurückkehren.
"Es ist schon in Ordnung, wirklich", sagte er, und bemühte sich um eine festere Stimme. "Ich werde jetzt gehen. Elrohir, sag deinem Bruder, dass ich mich euch nachher bei den Schwertübungen anschließen werde." Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war, als Feigling da zu stehen, und bis dahin würde der Schmerz auch sicherlich wieder verschwunden sein, oder?
„Schwertübungen?", fragte Elrohir, der sich nun doch zusammenreißen konnte. „Ja, ich sage es ihm." Ein Grinsen, das er nicht unterdrücken konnte, stahl sich bei seinen nächsten Worten auf seine Lippen.
„Ich will sehen, ob ich für dich nicht etwas … Kaltes auftreiben kann."
Elenael bemerkte, wie ein Hauch Röte in Legolas' Wangen aufstieg und beschloss um seinetwillen, das Ganze zu beenden. Sie wusste, wie die Zwillinge in solchen Situationen sein konnten.
„Elrohir, er sagte doch, dass es ihm gut geht. Jetzt geh schon, such deinen Bruder!" Wobei sie bei ihren ersten Worten noch immer leicht skeptisch war, dies aber recht gut verbergen konnte.
Legolas biss sich auf die Unterlippe, um Elenael nicht zu widersprechen und sie damit vermutlich noch in Verlegenheit zu bringen, doch etwas Kaltes wäre sicherlich angenehm gewesen.
"Wir sehen uns dann später", sagte er zu Elrohir und wand sich dann letztendlich zum Gehen, bemüht darum, so aufrecht wie möglich zu laufen, um das letzte bisschen Würde, das ihm nach dieser Reihe von Peinlichkeiten noch blieb, aufrecht zu halten.
Elenael sah ihm einen Augenblick nach und wandte sich dann zu Elrohir um, der ihr mit einem schelmischen Blitzen in den Augen zuflüsterte:
"Oh, ich glaube nicht, dass er etwas dagegen gehabt hätte, würde ihm jemand etwas Kaltes bringen ..." Elenael sagte nichts dazu, musste ihm aber, wenn ihre wachsenden Vermutungen stimmen sollten, recht geben, während Elrohir sich fragte, ob er ihr erzählen sollte, was genau den armen Legolas getroffen hatte.


~ TBC ~

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