So, hier dann Kapitel 11. Aber bitte reviewt doch mal ein bisschen mehr, oder sind die alten Stammleser ausgeblieben? Also entweder Reviews oder kein neues Kapitel frech grins

Kapitel 11

Es war noch früh am Morgen, als Legolas durch die hellen Korridore zu Elronds Gemächern schritt. Zwar war es noch lange hin bis zum Frühstück, doch wusste Legolas, dass der Herr von Bruchtal häufig bereits in den ersten Tagesstunden in seinem Arbeitszimmer zu sitzen pflegte, und auch heute würde es nicht anders sein. Er wollte dieses Gespräch nicht mehr länger hinauszögern, denn eigentlich wollte er so schnell wie möglich wieder in seine Heimat zurück kehren – Heimat, ein Wort, das in seinem Geiste einen bitteren Nachgeschmack hinterließ, wenn er daran dachte, welche Schatten sich allmählich über das Land legten, das er so sehr liebte. Hier in Bruchtal hatte er dies für einige Zeit vergessen können, und dennoch hatten ihn andere Sorgen beschäftigt. Er wusste nicht, welche der beiden größer war. Schließlich war er an Elronds Gemächern angekommen und klopfte kurz an, bis der Herr des letzten Heimeligen Hauses von drinnen leise „Herein!"rief. Noch etwas zögernd drückte Legolas den Türknauf hinunter und trat in das geräumige Arbeitszimmer. „Gute Morgen, Legolas", grüßte Elrond, der hinter einem Stapel Bücher und Schriftrollen an seinem Schreibtisch saß, in der Hand einen roten Federkiel. „Was kann ich für dich tun?" Mit einer einladenden Handbewegung bot der Halbelb ihm einen Platz gegenüber des seinen an, und Legolas setzte sich auf den filigran geschnitzten Stuhl. „Nun, ich wollte fragen ...", begann Legolas etwas unsicher. „Nein, ich wollte dir mitteilen, dass ich heute nach Düsterwald aufbrechen werde." Sein Entschluss war gefasst, lange schon, doch nun endlich ausgesprochen, war er unabänderlich, und ein Teil von ihm bereute dies. Elrond blickte den jüngeren Elben etwas verwundert an. „So schnell schon? Ist etwas vorgefallen?" Legolas wollte Elrond nicht anlügen, doch musste er dies gar nicht. „Ich hatte heute Nacht einen schlechten Traum und würde wirklich gerne wieder nach Hause zurückkehren. Sicherlich ist mein Vater auch neugierig zu wissen, welche Nachricht du für ihn hast und möchte mich wieder sehen, genauso wie ich meine Heimat wieder erblicken möchte, unversehrt." „Dies ist bedauerlich, da ich soeben Nachricht erhielt, dass Arwen in drei Tagen wieder hier eintreffen wird. Ich werde ihr zu ehren ein weiteres Fest veranstalten. Kann ich dich nicht davon überzeugen, noch wenigstens drei weitere Tage hier zu bleiben?" fragte Elrond lächelnd, doch Legolas schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, aber ich möchte wirklich wieder nach Hause." Gerne hätte er dem Fest unter anderen Umständen beigewohnt, doch in der derzeitigen Situation war jeder weitere Aufschub unerträglich. Elrond sah ihn verständnisvoll an und nickte. „Nun, dann kann ich dich sicherlich nicht aufhalten, und ich möchte es auch nicht, wenn es dein Wunsch ist. Doch bitte bleib noch zum Frühstück. Meine Söhne wollen sich sicherlich gerne von dir verabschieden, und ich denke auch Elenael, mit der du dich ja offensichtlich in letzter Zeit angefreundet hast, wird ihren Dienst heute Morgen für ein Weilchen niederlegen können." Auch wenn Legolas' Herz danach schrie, Elenael wieder zu sehen, so sagte ihm sein Verstand, dass dies den Abschied nur umso schmerzlicher machen würde. Er hatte gehofft, all dem entgehen zu können, doch konnte er kaum Elrond den wahren Grund für seine plötzliche Abreise verraten und somit seinem Schicksal entgehen. „Das wäre schön", sagte er und zwang sich zu einem zuversichtlichen Lächeln. Wieder nickte Elrond und erhob sich dann von seinem Stuhl. „Ich werde den Dienern bescheid geben. In der Zwischenzeit kannst du packen und dich für die Abreise bereit machen. In etwa einer Stunde werden wir dann noch einmal gemeinsam auf der Terrasse frühstücken."Mit diesen Worten öffnete Elrond die Tür und Legolas stand ebenfalls von seinem Platz auf, um aus dem Arbeitszimmer und zurück zu seinem Zimmer zu gehen. Er seufzte, als er dort ankam und schüttelte traurig den Kopf. Das bevorstehende Frühstück würde ihn viel Kraft kosten, wollte er nicht zeigen, wie schlecht er sich fühlte. Doch bald schon würde er es überstanden haben und all dem hier den Rücken kehren können.

Müde öffnete Elenael die Tür ihres Zimmers um nach unten in die Küche zu gehen und den anderen bei den Vorbereitungen für das Frühstück zu helfen. Sie hatte nicht geschlafen die letzte Nacht, war dazu kaum in der Lage gewesen. So wäre sie beinahe mit einer sehr jungen Elbin zusammengestoßen, als sie um die Ecke eines Korridors ging. „Elenael, da bist du ja, ich sollte schon nach dir sehen", plapperte sie munter drauflos. „Herr Elrond sagte, dass Prinz Legolas heute abreist und sie noch einmal zusammen frühstücken werden, und er hat gesagt, dass du auch kommen sollst ..." Mit großen Augen ließ Elenael den Wortschwall über sich ergehen und nur langsam begriff sie, was ihr eben gesagt wurde. „Legolas reist ab?", unterbrach sie die jüngere Elbin plötzlich, erschrocken. „Ja, es kam anscheinend für alle recht überraschend. Und du sollst –" Doch weiter kam sie nicht mehr, da Elenael sich mit einem leisen „Danke" bereits abgewandt hatte und mit wenigen Schritten wieder in ihrem Zimmer verschwunden war. Dort ließ sie sich auf ihr Bett sinken und versuchte, das Gehörte zu verarbeiten. Also würde Legolas abreisen ... Lag es an dem, was gestern Nacht geschehen war? Daran, dass er es womöglich nicht riskieren wollte, seine Beziehung zu Elrohir aufs Spiel zu setzen? Und sie sollte mit ihnen frühstücken ... Elenael wusste nicht, ob sie dies schaffen würde und überlegte sich für einen Moment, ausrichten zu lassen, dass es ihr nicht gut ginge, doch wäre dies nicht fair Legolas gegenüber. Er verdiente einen richtigen Abschied. Schließlich stand Elenael wieder auf, bürstete noch einmal abwesend ihre Haare, sodass sie in einem sanften Dunkelbraun glänzten, damit sie nicht völlig unpassable vor Herrn Elrond erscheinen würde, strich sich mit den Händen kurz über ihre Kleidung und verließ dann ihr Zimmer, um sich auf den Weg nach unten zu machen. Noch bevor sie die Terrasse betreten hatte, traf sie auf Glorfindel und Erestor, die ebenfalls gerade zum Frühstück erschienen und sie mit einem gut gelaunten Lächeln und „Guten Morgen"begrüßten. Die Laune der beiden schien ansteckend, denn kaum zwei Minuten später hatten sie mit ihren Späßen auch Elenael ein Lächeln entlockt, während sie sich zu den anderen bereits Anwesenden, Elrond und seinen beiden Söhnen, gesellten. Schon auf den ersten Blick sah die Elbin, dass Elladan und Elrohir sich noch immer aus dem Weg gingen, kaum ein Wort miteinander sprachen, gerade soviel, dass es auf einen ersten, flüchtigen Blick, nicht auffiel. Doch wichen sie ihren Blicken gegenseitig aus und sofort spürte Elenael, wie ihr Lächeln schwand. Gerne hätte sich Elenael neben Elladan gesetzt, doch sein linker Platz war bereits besetzt, als Erestor an seiner Seite mit Glorfindel Platz genommen hatte. Rechts von Elladan saß Elrond, daneben Elrohir, und so blieb Elenael nichts anderes übrig, als sich neben den jüngeren Zwilling zu setzen. Die Tafel war üppig gedeckt worden. Vielerlei Köstlichkeiten standen darauf, doch Elenael war nicht die Einzige, die keinen besonders großen Appetit hatte. Auch die Zwillinge schenkten dem Essen kaum Beachtung, nur Erestor blickte mit Vorfreude in den Augen auf die Speisen. „Wo steckt der Ehrengast?"fragte Glorfindel schließlich und Elrond zuckte dezent mit den Schultern. „Er wird sicherlich gleich hier eintreffen", antwortete der Herr von Bruchtal und schaute verwundert in die trübe Runde. Nur seine beiden Berater schienen wieder einmal aller bester Laune zu sein. Erestor wollte schon nach den Erdbeeren greifen, die auf der runden Tafel standen, als Glorfindel ihm spielerisch auf die Finger schlug. „Meinst du nicht, wir sollten noch auf Legolas warten?" „Du hast recht", gab Erestor zu. „Aber du weißt ja, dass Erdbeeren meine Lieblingsfrüchte sind."Der Blick des dunkelhaarigen Elben hatte etwas Laszives an sich, als der goldhaarige neben ihm leise kicherte. Doch dann schaute er plötzlich über die Köpfe von Elenael und Elrohir hinweg zum Eingang. „Guten Morgen, Legolas. Setz dich zu uns. Wir haben bereits gewartet." Legolas blieb einen Augenblick hinter den bereits Anwesenden stehen und schaute sich um. Der einzige freie Platz war direkt neben Elenael und so nahm er seine Kraft zusammen und legte ein leichtes Lächeln auf, als er sich neben sie setzte. „Guten Morgen", grüßte er in die Runde. „Schön, dass du hier bist, Legolas", sprach nun Elrond. „Lange hätten wir Erestor nicht mehr von den Erdbeeren fern halten können, auch wenn ihm bereits gesagt wurde, dass dies unhöflich wäre."Der einzige, der darüber lachte, war Glorfindel. Normalerweise hätten Scherze dieser Art zumindest die Zwillinge dazu gebracht, noch eine weitere Bemerkung hinzu zu fügen, doch diesmal lag Stille über der Gesellschaft. Mit etwas skeptischem Blick bedeutete Elrond seinen Tischgästen schließlich, das Frühstück zu beginnen, während Anaraen an die Tafel heran trat und frisch gebrühten Tee einschenkte.

Ein wenig nervös rutschte Elenael auf ihrem Stuhl hin und her, aber so dezent, dass es keiner der anderen bemerkt haben konnte. Sie hatte es bisher vermieden, Legolas anzusehen, doch Elladans Blick hatte sie einmal aufgefangen. Er schien sie stumm zu fragen, ob alles in Ordnung wäre und Elenael hatte leicht gelächelt, um seinetwillen. Dennoch fühlte sie sich zwischen Elrohir und Legolas ein wenig unwohl, sie schien sich am Tisch wieder zu finden, wo sie, wie sie inzwischen mehr und mehr befürchtete, auch im Leben stand – zwischen ihnen. Und der Gedanke war ihr verhasst. Um sie herum aßen die anderen der kleinen Gesellschaft meist schweigend. Es schien eine Spannung in der Luft zu liegen, die jeder spüren musste, und Elenael fragte sich unwillkürlich, ob es den drei älteren Elben am Tisch nicht seltsam oder zumindest ungewöhnlich vorkommen musste – ein Blick in ihre Gesichter nahm ihr alle Zweifel an diesen Gedanken. Elrond schien die vier jungen Elben ständig prüfend zu mustern und Glorfindel und Erestor sahen sich gegenseitig oft an, als würden sie eine stumme Unterhaltung führen, an denen die anderen nicht Teil hatten. Doch auch ihre leicht besorgten Gesichtsausdrücke bestätigten, dass sie kein erfreuliches Thema gefunden hatten. Schließlich lehnte Elenael sich zurück, nachdem sie ihren Teller gelehrt hatte. Er war nicht sonderlich voll gewesen, Hunger verspürte sie nur wenig. Unauffällig sah sie zu den anderen herüber um zu sehen, wie lange sie wohl noch mit dem Essen brauchen würden – die Situation wurde langsam für sie unerträglich.

Allmählich waren alle Teller geleert, wenn auch nur drei von ihnen recht voll gewesen waren. Legolas sah, dass weder Elenael noch Elrohir viel gegessen hatten, und beide wirkten ähnlich angespannt wie er selbst. Vielleicht war Elrohir letztendlich doch noch dahinter gekommen, was Legolas ihm gestern hatte sagen wollen. Das jedenfalls würde seine Laune erklären. Es war Zeit, dass Legolas all dem ein Ende machte und Bruchtal endlich verließ, damit vielleicht wieder Frieden einkehren konnte. „Vielen Dank für das gute Frühstück", sagte er höflich an Elrond gewandt und dieser nickte lächelnd. „Möchtest du wirklich schon jetzt aufbrechen und nicht vielleicht doch bis zu dem Fest bleiben?"fragte der Herr von Imladris nochmals, doch Legolas schüttelte den Kopf. „Nein, ich möchte wirklich gerne wieder meinen Vater sehen." Elrond nickte erneut und erhob sich von seinem Platz. „Nun gut, so ist also die Stunde des Abschieds gekommen", sprach er, während auch die anderen Tischgäste sich von ihren Stühlen erhoben. „Den Brief für Thranduil hast du bei dir?" „Ja, ebenso meine anderen Sachen", antwortete Legolas und deutete auf eine große Tasche, die er zuvor an der Hauswand abgestellt hatte. „Nun dann ..."Elrond breitete einladend die Arme aus und Legolas ging zu dem älteren Elben, um sich zum Abschied umarmen zu lassen. „Ich wünsche dir eine sichere Heimreise. Und grüße deinen Vater von mir", sagte Elrond und klopfte Legolas auf den Rücken. Als sie sich wieder voneinander lösten, stand Elladan vor ihm und wiederholte die Geste seines Vaters, wenn auch leicht zögernd. Auch er schien durch die angespannte Stimmung bedrückt. Dem älteren Zwilling folgten Erestor und Glorfindel, die Legolas herzlich umarmten. Glorfindel drückte ihn aufmunternd an sich und flüsterte ihm für die anderen nicht hörbar ins Ohr, dass alles schon wieder gut werden würde. Doch wie sollte er diesen Worten Glauben schenken, wenn sein Herz sich wie entzwei gerissen anfühlte? Über die Schulter blickte er verstohlen zu Elenael und Elrohir und ging dann auf beide zu. Als ersten umarmte er Elrohir, der ihn etwas freudiger umarmte als zuvor sein Bruder. Lächelnd erwiderte Legolas die Umarmung. Wenigstens schien der jüngere Zwilling ihm gegenüber keinen Groll mehr zu hegen und so konnte Legolas mit der Gewissheit nach Hause reisen, dass ihre Freundschaft nicht ihr Ende gefunden hatte. Vielleicht hatte Elrohir erkannt, dass Legolas auch wegen ihm abreiste und nicht nur, weil er selbst es nicht mehr hier ertrug. Als letztes stand Legolas vor Elenael, und als er sie ansah, schein alle Zuversicht wieder von ihm abzufallen und er wünschte sich nur, dass er dies schnell hinter sich brächte und dabei sein Gesicht wahren könnte.

Erst, als Legolas plötzlich vor ihr stand, bemerkte Elenael, dass ihre Hände leicht zitterten. Ein wenig zögernd sah sie zu ihm auf, da sie auch nicht genau wusste, was sie nun tun sollte, wie sie sich zu verhalten hatte ... Doch würde es zu merkwürdig aussehen, wenn sie sich nicht auf die selbe Weise verabschieden würde, wie es auch die anderen vor ihr getan hatten, und so schluckte sie noch einmal kurz, bevor sie Legolas ebenfalls umarmte. Eine Welle der Empfindungen stürzte auf sie ein und plötzlich war sie wieder in seinem Schlafgemach, gestern Nacht. Als sie ihn hatte trösten wollen ... Auch Legolas fühlte sich in diesen Augenblick zurückversetzt. Er schloss die Augen und atmete den Duft ihres Haars ein, wie schon in der Nacht zuvor. Er wünschte sich, er müsste sie nie wieder loslassen. Warum konnte die Zeit nicht einfach stehen bleiben und sie für immer in dieser Berührung verweilen? Warum musste alles nur so unerträglich schwer sein? Plötzlich wurde er sich bewusst, dass er sie schon viel zu lange gehalten hatte, viel länger als die anderen zuvor, und so löste er sich fast abrupt von ihr und trat instinktiv einen Schritt zurück, um die Nähe zu ihr zu unterbrechen, so als hätte er sich an ihr verbrannt. Er schaute leicht verlegen in die Runde und ging dann zu seinen Habseligkeiten, um diese aufzunehmen. „Lebt wohl", sagte er und zwang sich zu einem weiteren Lächeln, während ihm noch die besten Wünsche mit auf den Weg gegeben wurden. Schließlich wand er sich um und lief in Richtung der Stallungen, wo sein Pferd schon von einem Diener bereit gemacht worden war.

Loszulassen war schwer – das hatte Elenael in ihrem Leben schon schmerzhaft erfahren müssen. Legolas warf keinen Blick mehr zurück, als er die Terrasse verließ, doch wahrscheinlich war es besser so. Lange sah sie ihm nach, noch, als er bereits um eine Ecke verschwunden war und irgendwann spürte sie eine tröstende Hand auf ihrer Schulter. „Findest du diese plötzliche Abreise nicht auch ungewöhnlich?", fragte Elladan leise, nur für ihre Ohren bestimmt. Für einen Moment zögerte Elenael, wandte sich dann aber zu ihm um. „Nun ja ..." Elladan sah sie ein wenig fragend an, doch entschied sie sich, ihm nichts von ihrer nächtlichen, letzten Begegnung zu erzählen und so schüttelte sie nur leicht den Kopf. „Ich gehe besser wieder", sagte sie leise und entzog sich seinem Blick. „Danke für das Frühstück." Noch einmal sah sie in die Richtung, in die Legolas verschwunden war, wandte sich jedoch dann entschlossen um, um wieder ins Haus zurückzugehen.

Die Tischgesellschaft blickte Legolas noch eine Weile nach, bis dieser außer Sichtweite war und schließlich Anaraen mit zwei Mädchen ankam, um die Tafel abzuräumen. Erestor folgte ihr jedoch, als sie die noch halbvolle Schüssel mit Erdbeeren weg tragen wollte. „Die würde ich gerne behalten", sagte er und nahm sie der Dienerin ab. „So, so, da hat uns der Prinz also wieder verlassen", sprach Anaraen. „Er wirkte allerdings nicht sehr glücklich, was im Übrigen auf die gesamte Gesellschaft zutrifft." Erestor nickte, als er eine der köstlichen Früchte genüsslich aß. „Nein, das war er nicht", sagte er schließlich, als er die Erdbeere hinunter geschluckt hatte. „Ich frage mich weshalb. Schließlich hatte er doch eine Liebschaft hier", flüsterte Anaraen schmunzelnd und Erestor blieb fast die nächste Erdbeere im Hals stecken. „W... wie meint Ihr?" „Nun, ich habe ein Gespräch von Elenael und Tarawen überhört, und da hieß es, er habe sein Herz bereits verschenkt. Die ärmste Elenael ist unglücklich in ihn verliebt." In diesem Augenblick dankte Erestor den Valar für die Tratschsucht von Bediensteten, denn diese Neuigkeit traf ihn wie ein Donnerschlag. „Und Elenael ist noch nicht vergeben?"fragte er, um ganz sicher zu gehen, dass er nicht voreilige Schlüsse zog. „Aber nein", antwortete Anaraen kopfschüttelnd. „Sonst wäre sie wohl kaum in Prinz Legolas verliebt gewesen, oder?" Doch Erestor antwortete nicht mehr – schließlich hatte er zwei von den Wirrungen der Liebe gepeinigten Elben zu retten. Er drückte der Dienerin nur die Schüssel mit den roten Beeren in die Hand, um dann auf Elenael zuzueilen, die soeben wieder ins Haus gehen wollte. „Halt! Elenael! Er liebt Euch. Legolas liebt Euch. Ihr müsst ihm hinterher!"rief Erestor und alle sahen ihn verwundert an. Auch Glorfindel, dem diese Tatsache bereits bekannt gewesen war, schien überrascht, denn außer Erestor wusste niemand, dass die gesamte Sache ein einziges, riesiges Missverständnis gewesen war.

Verwirrt sah Elenael den Berater Elronds an. Sie wusste nicht genau, ob sie eben richtig gehört hatte oder nicht, doch schien ihr das, was sie glaubte vernommen zu haben so abwegig, dass sie noch einmal nachfragte. „Was ... was meint Ihr?" Erestor schüttelte hektisch sein Haupt. „Es war alles ein Missverständnis. Er liebt Euch genauso wie Ihr ihn und nun lauft ihm hinterher!"Er schubste sie leicht an, um sie endlich zur Bewegung zu bringen. „Lauft! Bevor es zu spät ist!" Die anderen schauten genauso verwirrt drein wie Elenael, besonders die beiden Zwillinge, die untereinander fragende und überraschte Blicke austauschten. Diese Worte waren alles, was sie gebraucht hatte. Zwar konnte sie noch immer kaum glauben, was Erestor ihr gerade gesagt hatte, auch hatte sie keine Ahnung, wie und woher er es erfahren hatte, doch schien er sich sicher zu sein – und in dem Augenblick hätte sie jede Chance genutzt, die man ihr gegeben hätte. Elenael ignorierte die verwirrten Blicke der anderen und lief denselben Weg, den Legolas zuvor genommen hatte, ihre Schritte so hastig und drängend wie nur selten zuvor. Sie hoffte, betete zu allen Valar, die sie hören wollten, dass er noch nicht aufgebrochen war.