Disclaimer: Einige Figuren in dieser Story gehören den Drehbuchautoren des Filmes „Kate und Leopold". Ich leihe mir diese Figuren nur aus und gebe sie unbeschadet wieder zurück.

Die Buchhändlerin von Sussex

Kapitel 1

Die Buchhändlerin aus Sussex

Mary Cavendish sah besorgt aus dem Fenster: ein Schneesturm wütete über dem kleinen Städtchen Icklesham in Ost-Sussex. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals in ihren 24 Lebensjahren einen derart strengen Winter in England erlebt zu haben. Wahrscheinlich würde heute wieder Niemand ein Buch bei ihr kaufen. Seufzend raffte sie ihre Röcke und legte ein dickes Holzscheit in den Kachelhofen. Vor 2 Jahren waren ihre Eltern und 2 Schwestern am Typhus gestorben. Jetzt war nur noch sie da und musste für Peter und Jonathan, ihre 2 kleinen Brüder, sorgen. Die Buchhandlung hatten Mary und ihre Brüder von ihrem Vater geerbt.Früher war der Laden gut gelaufen und die Cavendish hatten ein angenehmes Leben in der gehobenen Mittelklasse geführt. Doch seit sie den Laden hatte, blieben viele Kunden aus. Es galt eben nicht als fein, wenn man sich von einer Frau beim Kauf eines Buches beraten lassen oder gar bei ihr kaufen musste. Mary wusste, dass die Leute in Icklesham hinter ihrem Rücken über sie tuschelten. Aber sie war nun mal jetzt das Familienoberhaupt der Cavendish und musste ihre Brüder, die 8 und 10 Jahre alt waren, durchbringen. Noch reichte das Geld, um die Knaben auf eine angemessene Schule zu schicken und eine Haushälterin zu beschäftigen.

Doch wenn sich nicht bald das Wetter besserte, musste sie Schulden machen, und am Ende vielleicht sogar den Laden verkaufen. Was dannach kam, wollte sich Mary lieber nicht ausmalen. Plötzlich klopfte es heftig an ihre Ladentür. Mary schrak zusammen. „Miss Mary, machen Sie schnell auf!" Mary kannte die Stimme: es war Benjamin Hensley, der Metzger von Icklesham. Ein großer grobschlächtiger Mann, der schon seit einiger Zeit um sie warb. Mary machte die Tür auf und erschrak: Benjamin Hensley schleppte einen Mann herein, der offensichtlich einen Unfall gehabt hatte. Der junge Mann blutete an der Schläfe und war halb bewusstlos. „Legen Sie ihn auf das Sofa dort drüben!", befahl Mary , die schnell ihre Fassung wiedergefunden hatte. „Sein Schimmel scheute vor meinem bellenden Kettenhund", erzählte Ben zerknirscht. „Ich sah ihn herabstürzen". „Warum haben Sie ihn nicht zu Dr. Gibson gebracht?", fragte Mary erstaunt und tupfte das Blut von der Schläfe des Verletzten. „Dr. Gibson macht Krankenbesuche auf dem Land", berichtete Ben und blies in seine kältestarren Hände. Mary legte dem Fremden einen provisorischen Kopfverband aus einem frischgewaschenen Leintuch an. Ben trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. „Ich muß zurück in die Metzgerei, wenn noch was ist, dann kommen Sie ruhig rüber". „Danke", nickte Mary ihm freundlich zu."Aber ich denke, dass ich zurechtkommen werde".

Ben ging. Mary betrachtete neugierig den benommenen Fremden. Er war hochgewachsen, stattlich und gut gekleidet. Außerdem sah er sehr attraktiv aus. Jetzt kam er langsam zu sich. Mary entdeckte den Siegelring, der er am kleinen Finger der linken Hand trug. Nanu, war er etwa ein Mitglied der Herzogfamilie, der Mountbattens? „Wo bin ich ?", fragte der Verletzte stöhnend. „ Sie sind in meiner Buchhandlung", erklärte Mary lächelnd. „Ich bin Mary Cavendish, die Besitzerin". „So?", machte der junge Mann fast etwas herablassend. Mary hatte den arroganten Unterton nicht überhört. „Ihnen scheint es ja schon besser zu gehen", bemerkte sie kühl. „Wollen Sie Tee?" „Gerne", meinte er freundlicher. Er versuchte aufzustehen. Doch die Schmerzen ließen es nicht zu. „Ich sollte mich höflicherweise auch vorstellen. Ich bin Leopold, der Duke of Albany", ächzte er. Mary ließ vor Schreck fast die Teekanne fallen. „Der H-Herzog selbst?"„Ja, ich bin es selbst", bestätigte Leopold etwas verbittert. Mary machte einen tiefen Knicks. „Ich muß mich für meine Unhöflichkeit entschuldigen, Euere königliche Hoheit". „Ich bitte Sie, Miss Cavendish", meinte Leopold lächelnd. „Sie konnten ja nicht ahnen, wer ich bin". Mary senkte den Blick und errötete. Sie konnte kaum verbergen, wie anziehend sie den jungen Herzog fand. Sie klapperte nervös mit dem Teegeschirr herum und merkte, wie Leopold sie dabei beobachtete. Auch er hatte Gefallen an Mary gefunden. Sie war ein hübsches, blondes Mädchen. Ihre etwas burschikose Art beeindruckte ihn. „Warum führen Sie diesen Laden, Miss Cavendish?", fragte er neugierig. „Ich weiß, es ziemt sich für eine Dame nicht, einen Männerberuf auszuüben", begann Mary seufzend, doch dann erzählte sie Leopold, während sie Tee miteinander tranken, was ihrer Familie für ein harter Schicksalsschlag zugestoßen war.

Ich bewundere Sie aufrichtig, Mary", erwiderte Leopold ergriffen. „Ich darf Sie doch Mary nennen, oder?" „ Natürlich, königliche Hoheit, wenn Sie es wünschen", sagte Mary schüchtern. „Nennen Sie mich bitte Leopold", bat er. „Ich hasse diese ganzen Titel. Ich bin zwar als Herzog geboren, aber ich fühle mich nicht so". Sein Blick wurde plötzlich düster und nachdenklich. Draußen ließ der Schneesturm endlich nach. Leopold ging es auch besser. „Ich muß nach meinem Pferd sehen und dann schleunigst nach Aston Hall zurück", sagte er besorgt. „Man wird sich schon Sorgen um mich machen". „Aston Hall?", fragte Mary erstaunt. „Sie wohnen in diesem wunderschönen Wasserschloß? Ich habe Gemälde davon gesehen und kürzlich sogar eine Photographie. Leider war ich selbst noch nie dort". „Vielleicht können Sie mich ja dort irgendwann besuchen", meinte Leopold lächelnd. Er schlüpfte in seinen pelzbesetzten Mantel. Draußen hielt eine Kutsche vor der Buchhandlung. „Das ist bestimmt Otis", freute sich Leopold. „Er hat mich wohl schon gesucht". Ein älterer Herr betrat mit besorgter Miene die Buchhandlung. „Mylord , wir haben schon das Schlimmste befürchtet, als Ihr Schimmel alleine zum Schloß zurücktrabte. Um Himmels willen, was haben Sie denn am Kopf?" „Halb so wild, Otis", beruhigte Leopold den Kammerdiener. „Wir müssen sofort nach dem Leibarzt schicken lassen", fuhr Otis kreidebleich fort. „Am besten , wir kehren erst mal auf das Schloß zurück", meinte Leopold gelassen. Er wandte sich an Mary. „Ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre Hilfe und die köstliche Verpflegung". Er verneigte sich leicht und gab Mary einen Handkuß. Mary lief es heiß und kalt über den Rücken, als sie zum Abschied in Leopolds braune Augen blickte. Sie hatte sich rettungslos in den Duke of Albany verliebt. Wehmütig sah sie der Kutsche nach, die durch das verschneite Städtchen davonfuhr. Wahrscheinlich würde sie Leopold nie wieder sehen. Sie war nur eine einfache Bürgerin und er war von königlichem Geblüt. Eine Verbindung mit ihm war praktisch ausgeschlossen. „Schlag ihn dir aus dem Kopf, dummes Ding!", schalt Mary sich selbst.