Kapitel 4
Erschrocken

Wer hätte gedacht, daß Weasleys so manipulativ sein können? Der Tag begann wie immer. Ich habe einen Brief von meiner Mutter erhalten, mit dem üblichen „Wie geht's Dir?", „Bitte iß", „Als ich Dich zuletzt gesehen habe, warst Du blaß und dünn" … das Übliche. „Gib Dir Mühe bei den Übungs-UTZs. Lern fleißig. In Liebe, Mutter". Die Ironie ist, daß sogar eine Kerze mehr Wärme hat. Aber ich mache ihr keinen Vorwurf, nicht im geringsten.
Zurück zu Little Red – sie hat mir täglich Eulen geschickt und ist zu mir gekommen, damit ich ihr helfe. Innerhalb von ein paar Tagen ist sie mit ‚Romeo und Julia' fertig geworden. Ich glaube, es hat ihr ziemlich gut gefallen.
Seit kurzem kommt sie einfach rüber, während ich lerne, und sitzt still da und liest. Ihr neues Projekt ist ‚Les Miserables' … viel Glück. Dafür habe ich drei Wochen gebraucht, und ich war vierzehn. Ich bin nicht sicher, ob sie dieselbe intellektuelle Kapazität hat, mit der ich gesegnet bin. Immerhin ist sie blutsverwandt mit Potters Freund.
Wie auch immer, sie kommt jetzt seit zwei Wochen zu mir rüber. Sie kommt jeden Abend um halb sieben und geht um acht Uhr, kurz vor dem abendlichen Ausgangsverbot. Es wird langsam zur Gewohnheit.

ooOOoo

Ginny stieß ein lautes Gähnen aus und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Draco, der auf seinem Bett saß, rollte mit den Augen. ‚Na, das war damenhaft.' Warum kam sie weiterhin bei ihm vorbei? Und darüber hinaus, warum gestattete er es ihr? War das alles nur Erpressung? Ihm fiel kein besserer Grund ein.

„Schlaf hier nicht ein", befahl er, als er seinen Astronomieaufsatz zu Ende gelesen hatte.

„Meine Augen tun weh, das ist alles." Ginny stand auf und ging zu seinem Koffer hinüber. Aus reiner Gewohnheit ließ er das Bücherfach seines Koffers unverschlossen. Sie hatte ihn jeden Tag gebeten, seine Sammlung sehen zu dürfen, und es war so ärgerlich und lästig geworden, daß er ihr erlaubte, während ihrer Besuche seine Bücher zu lesen.
Ginny ergriff ein Buch mit schwarzem Stoffumschlag.

„Edgar Allan Poe … Wer ist das?"

Draco klappte sein Buch zu. „Ein amerikanischer Schriftsteller des späten 19. Jahrhunderts."

„Nicht nur ein Muggel, sondern auch noch Amerikaner!" Ginny heuchelte Schock. „Du erstaunst mich immer wieder. Was hat er geschrieben?"

„Hauptsächlich Kurzgeschichten und Gedichte", antwortete er und packte das Buch in ihren Händen. Er blätterte durch die Seiten, bis er fand, was er ihr zeigen wollte. „Hier, lies das."

Sie schüttelte den Kopf. „Kann nicht. Meine Augen tun zu sehr weh. Lies es mir bitte vor." Ginny setzte sich neben dem Bett auf den Boden und lehnte den Kopf an die Bettkante.

„Bist du tatsächlich derart faul?"

Sie nickte lächelnd. Er schüttelte den Kopf. „Schon gut, schon gut …

Es ist lange her, da lebte am Meer,
ich sag' euch nicht wo und wie –
ein Mägdelein zart, von seltener Art,
mit Namen Annabel Lee.
Und das Mägdelein lebte für mich allein,
und ich lebte allein für sie,

Ich war ein Kind, und sie war ein Kind,
meine süße Annabel Lee,
doch eine Liebe, so groß, so grenzenlos,
wie die unsere gab es nie.
Wir liebten uns so, daß die Engel darob
beneideten mich um sie.

Da kam eines Tags aus den Wolken stracks
ein Ungewitter und spie
seinen Geifer aus, einen Höllengraus,
und traf meine Annabel Lee.
Und es kam ein hochgeborener Lord,
der holte auf immer sie von mir fort
in sein Reich am Meer und sperrte sie
dort ein, meine Annabel Lee.

Ja, neidisch war die geflügelte Schar
im Himmel auf mich und sie,
und dies war der Grund, daß der Höllenmund
des Sturms sein Verderben spie,
bis sie erstarrte,
und der Tod sie verscharrte,
meine süße Annabel Lee.

Doch eine Liebe, so groß, so grenzenlos,
wie die unsere, gab es nie.
So liebten Ältere nie,
so liebten Weisere nie,
und wären die Engel auch noch so scheel,
sie trennten doch nicht meine Seel' von der Seel'
der lieblichen Annabel Lee.

Wenn die Sterne aufgeh'n, so kann ich drin seh'n
die Äuglein der Annabel Lee,
und noch jegliche Nacht hat mir Träume gebracht
von der lieblichen Annabel Lee.
So ruh' ich denn, bis der Morgen graut,
allnächtlich bei meinem Liebchen traut
in des schäumenden Grabes Näh',
an der See, an der brandenden See."

Er sah zu ihr hinunter, und seine Augen verengten sich. Ginnys Augen mit den langen, braunen Wimpern waren geschlossen.

„Hey, Red." Er stieß sie an der Schulter an. „Wach auf!"

Aber statt dessen begann sie vornüberzukippen, mit dem Gesicht voran. Draco hechtete hinterher. Er landete auf dem Rücken, er hatte sie an den Schultern gepackt, die Füße in der Luft.

„Verdammt …" Behutsam lehnte er ihren Kopf wieder gegen das Bett. „Ich hab dir gesagt, du sollst hier nicht einschlafen."

Was jetzt? Er könnte über den Flur zu Granger gehen und ihr sagen, sie sollte sie nehmen. Dann könnte er eine dämliche „Ich-hab-sie-so-gefunden–Geschichte" erfinden. Das schien die beste Lösung zu sein.
Draco ging in die Hocke und ließ ihren Rücken gegen seinen Arm fallen. Dann benutzte er seinen anderen Arm, um sie aufzuheben. Er kam auf die Füße und taumelte etwas. Er fragte sich, wieso sie mit ihren 1,58 m schwerer war, als sie aussah. Sie war mager, und ihre Oberweite war nicht auffällig groß. Vielleicht war es ihre Hüfte …
Schwankend verließ er sein Zimmer und klopfte an die Tür auf der anderen Seite des Flurs, auf der stand:

SCHULSPRECHERIN: HERMINE GRANGER

Er mußte achtmal geklopft haben, bevor er aufgab. Das Mädchen schlief entweder schon, lernte oder trainierte Zungen–Ringen mit Potter. Bevor ihm zu diesem Gedanken irgendwelche bildlichen Vorstellungen kamen, kehrte er wieder in sein Zimmer zurück.
Er hatte nicht die geringste Lust, den ganzen Weg zum Gryffindor–Turm hochzugehen und a) sie am Porträtloch zurückzulassen, denn das wäre nicht sehr ritterlich, oder b) mit Weasley zusammenzustoßen, der nicht auf die Vernunft hören würde.
Draco versetzte der Tür einen flüchtigen Tritt, und sie fiel hinter ihm ins Schloß. Er setzte sie auf seinem Bett ab. In der Befürchtung sie könnte seine Bettwäsche schmutzig machen zog er ihr die Schuhe aus und stellte sie ans Fußende des Bettes. Was hätte Draco in diesem Moment nicht für einen Hauselfen gegeben.
Er ließ sie allein, und sie schlief ungestört.

ooOOoo

Es war Morgen. Ein frisch geduschter Draco zog sich Boxershorts, ein weißes T–Shirt und eine schwarze Hose über. Es war halb sieben, die Zeit zu der er gewöhnlich aufstand. Er warf sich sein Handtuch über die Schulter und verließ das Badezimmer.
Ginny regte sich schon. Er zog schnell sein weißes Hemd und seine Robe an. Als sie schließlich die Augen öffnete, blieb sie im Bett, auf dem Rücken liegend.

„Bis du jetzt wach?" fragte Draco.

„Warum bin ich noch hier?"

„Du bist letzte Nacht hier eingeschlafen. Ich hab dich aufs Bett gelegt."

Ginny sah ihn mit verengten Augen an. „Du hast nicht … Hast du …"

„Das würde deinen Morgen perfekt machen, nicht?" neckte er. „Den Tag mit dem Wissen zu beginnen, daß ichmit dir geschlafen hab." Er beobachtete, wie ihr Gesicht glühte, und grinste. „Du bist leichtgläubig."

„Also, wo hast du dann geschlafen?"

Hatte er nicht. Er hatte sich die letzten zehn Stunden beschäftigt und die Tatsache ignoriert, daß ein Mädchen in seinem Bett schlief. Er mußte jeden Gegenstand in seinem Zimmer ungefähr fünfmal abgestaubt und den Lernstoff für sämtliche Fächer bewältigt haben. Er hatte das Zaubertränkeverzeichnis von "A" bis "M" auswendig gelernt und die erweiterte Ausgabe von ‚Quidditch im Wandel der Zeit' gelesen. All diese Unruhe wegen des weiblichen Weasleys? ‚Ja', kicherte Dracos Unterbewußtsein. Er war immerhin siebzehn.

„Warum hast du mich nicht zu Hermine gebracht?" schlug Ginny vor.

„Das hab ich. Sie hat nicht geantwortet."

„Was ist mit meinem Aufenthaltsraum?"

„Du bist schwer", rechtfertigte sich Draco.

„Und was ist mit einem Schwebezauber? Das macht es viel einfacher."

Warum war ernicht darauf gekommen? „Genau, ich laß dich quer durchs Schloß schweben und das bei deinem zwanghaft gewalttätigen Bruder. Eher würde ich Crabbe eine Pediküre verpassen."

Ginny lächelte. „Wenn ich es nicht besser wüßte, Draco, würde ich sagen, du wolltest, daß ich bleibe."

Er verdrehte die Augen. „Blödsinn. Jetzt beeil dich und verschwinde."

Ginny schlüpfte in ihre Schuhe und ging auf die Tür zu, die er ihr offenhielt. „Also, ich seh dich heute Abend?"

Er schloß nur die Tür, ohne sich die Mühe zu machen zu antworten. Selbstverständlich würde sie heute Abend vorbeikommen. Inzwischen war das vollkommen natürlich. Sie würde nach dem Abendessen kommen, und sie würden sich beide um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, es sei denn sie hatte eine Frage zu der Literatur, die sie las. Draco schnürte seine Schuhe zu. Er begann, sich in ihrer Gegenwart wohl zu fühlen.

ooOOoo

Es war noch eine Woche bis zu den Probe–UTZs. Hermine sah beim Frühstück blaß aus, und Harry massierte ihre linke Hand. Ginny setzte sich neben Ron an den Frühstückstisch.

„Morgen."

„Nicht so laut", sagte Ron. „Hermine verträgt keine lauten Geräusche."

„Wieso?"

„Wegen der P.U.s", wisperte Ron. "Erwähn bloß nicht das C–Wort."

„Warum nicht? Dreht sie durch, wegen der Probe–UTZs?" fragte Ginny.

Das war ein großer Fehler. Rons und Harrys Augen weiteten sich in dem Moment, als Hermine die Hände auf die Tischplatte knallte. Besteck und Teller hüpften.
Hermine holte tief Luft, bevor sie explodierte.

„Wir haben exakt sieben Tage, zwei Stunden, zweiundzwanzig Minuten und zweiundfünfzig Sekunden bis zu unseren Übungs–UTZs! Gestern bist du im Unterricht eingeschlafen, Harry! Und du hast angefangen, auf deine Notizen zu sabbern, Ron! Was, wenn der Teil in der Prüfung drankommt?"

„Schhh, Mine." Harry rieb Kreise auf ihrem Rücken. „Hier, trink bitte." Hermine nahm einen großen Schluck von ihrem Saft.

„Das heißt wohl, sie wird die nächste Viertelstunde nicht damit aufhören", vermutete Ron. „Ich muß schon sagen, Harry, du mußt wirkliche innere Kraft haben, daß du mit all dem fertig wirst."

„Was meinst du damit?" schnappte sie.

„Ähhm …" Ron sah Harry an, auf der Suche nach einer Antwort.

„Der Übungstest", warf Ginny ein. „Und außerdem ist er Quidditch–Kapitän. Merlin weiß, wie Charlie das alles gemacht hat."

„Oh …" Hermine seufzte. „Heißt das, wir sollten uns nicht sehen, Harry? Ich verursache dir noch mehr Streß, oder? Oh, warum hast du mir das nicht gesagt? Bei all diesen Spielen und dem Unterricht nickst du ein, und wahrscheinlich verlierst du Schlaf, weil … nun … ähm …"

„Warum sollte er Schlaf verlieren?" hakte Ron nach.

„Es muß auch fürchterlich sein, zu …" fuhr sie fort.

„Mine!" unterbrach Harry. „Du verursachst mir gar nichts! Ich will dich sehen. Ich kann für Quidditch trainieren und trotzdemlernen. Jetzt iß, bitte." Gehorsam griff sie nach einem Apfel und begann zu kauen, während Harry weiterhin ihren Rücken rieb.

„Übrigens, Gin", wandte Ron sich an sie, „ich hab dich gestern Abend nicht mehr gesehen. Wo warst du?"

Ginny schluckte. Was nun? Sollte sie ihm erzählen, daß sie ihre Abende in Malfoys Zimmer verbrachte und gestern eingeschlafen war? „Ich hab für die Semesterabschlußprüfungen gelernt, aber ich bin in der Bibliothek eingeschlafen."

„Madame Pince hat dich nicht geweckt?"

„Na ja, ich war sehr weit hinten, und sie hat mich nicht vor heute früh gesehen."

Rons Brauen hoben sich. „Komisch."

„Ginny hat die richtige Einstellung", hauchte Hermine. „Und ihre Prüfungen sind nicht wie … wie …"

Ron seufzte. „Hermine, als dein Freund sag ich dir: Halt die Klappe. Du kriegst noch einen Herzinfarkt."

„Mine, tu mir einen Gefallen", bat Harry. „Rede nicht. Iß einfach dein Frühstück." Hermine wimmerte und setzte ihr Frühstück fort. Vielleicht war es ganz gut so, daß Draco sie letzte Nacht nicht zu Hermine gebracht hatte.

ooOOoo

„Ist es nicht unbequem, die Robe anzubehalten?" fragte Ginny.

Draco lag auf dem Bett, den Kopf in die Hände gestützt. Der Text für Verwandlung lag aufgeschlagen vor ihm. „Nein. Es ist kalt."

Ginny hatte ihre Robe über die Stuhllehne geworfen. Das Feuer und der Wärmezauber, den sie über den Raum ausgesprochen hatte, waren mehr als ausreichend, damit es sich anfühlte, als wäre es Frühling. „Du bist verrückt." Draco warf ihr einen Blick zu und las weiter. Er unterdrückte ein Gähnen.

„Müde?" bemerkte Ginny. „Soll ich gehen?"

„Nein", antwortete er. Moment, hörte sich das an, als wollte er, daß sie blieb? Er konnte sie das nicht glauben lassen. „Ich bin nicht müde", fügte er gleich darauf hinzu.

„Aber du hast gegähnt."

„So?" Er blinzelte und zwickte sich in den Nasenrücken. Ginny erhob sich von ihrem Stuhl und ließ „Les Miserables" darauf fallen. Sie zog sich sein Lehrbuch heran.

„Wo hast du aufgehört?"

„Abschnitt 4."

„Du hast die ganze Woche lang jede Nacht gelernt, du mußt dich entspannen."

„Nein", sagte Draco wieder.

Er rollte sich auf den Rücken. Ginny seufzte. Sie las weiter, wo er abgebrochen hatte. Wen kümmerte es schon, daß sie auf seinem Bett saß? Wen kümmerte es, ob sie ihm vorlas? Er war so müde. Neben dem Lernen hatte er noch Hausaufgaben, Ginnys Besuche und Quidditch, und nach dem Beginn des neuen Semesters würde er seine Pflichten als Snapes Assistent wieder aufnehmen müssen.
Er hörte einen kurzen Moment zu, wie sie las. Draco konnte seine Mutter sehen, die dicht neben ihm im Bett saß und ihm ein Buch vorlas. Ihr platinblondes Haar war locker zu einem Zopf zusammengefaßt, das Ende baumelte über ihre Schulter. Sie trug eine dunkelviolette Nachtrobe, ihr silberner Schmuck glitzerte in den Reflexen des Feuers. Ihre Stimme war weich wie Kerzenlicht, sie trübte seine Sinne, bis sie völlig verschwommen waren.
Er drehte sich um und hielt die Augen halboffen. Ginny saß da in ihrer Schuluniform, die rot–goldene Krawatte schief über ihrem weißen Kragen. Das Buch lag in ihrem Schoß, direkt über ihren blassen Beinen. Ginnys feuerrotes Haar war offen, die Spitzen reichten ihr bis an die Schulter. ‚Ich ruh nur meine Augen einen Augenblick aus', sagte er sich und ließ seine Augen zufallen.

Ginny blickte von dem Buch auf und bemerkte, daß Draco schlief. Sie schüttelte den Kopf, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Plötzlich erinnerte sie sich daran, wie Penelope Clearwater, Percys Freundin, vor einigen Jahren im Fuchsbau zu Besuch gewesen war. Percy war direkt neben ihr eingeschlafen. Ihre Mutter hatte später erklärt, wenn man sich mit jemandem wohl fühle, lasse man jegliche Abwehr fallen. Im Alter von dreizehn hatte sie es nicht wirklich verstanden, aber jetzt … ‚Ich frage mich, ob Draco so denkt. Oder irgendwie im entferntesten ähnlich.'

Ginny zog eine Grimasse, Schlafen in der Schuluniform konnte unbequem sein. Sie öffnete den Verschluß der Robe und zog sachte seinen linken Arm heraus. Dabei bemerkte sie Male auf seinem Unterarm. Sie schob den Ärmel hoch, um es in Augenschein zu nehmen. Die Male waren dunkelbraune Verbrennungen: ein Totenschädel, aus dessen Mund eine Schlange hervorkam. Hastig zog sie die Robe wieder über seinen Arm und verbarg den häßlichen Anblick. Ginny gefror das Blut in den Adern, und sie fiel zu Boden.

Draco erwachte mit einem Ruck. Es dauerte einen Moment, bis seine Sicht klar wurde. Bis dahin war Ginny zur Tür zurückgewichen.

„Was ist mit dir, Red?"

„B… Blei…", stammelte sie, die Hände um die Türklinke geschlungen. Sie benutzte sie, um sich daran hochzuziehen.

„Was?" Draco stand vom Bett auf.

Ginny mühte sich, die Tür zu öffnen. „Bleib weg, bleib weg!" verlangte sie. Sie stürmte aus dem Zimmer und durch den Flur. Sie rannte, ohne sich noch einmal umzusehen. Draco eilte zur Tür.

„Hey!" rief er. „Virginia! Virginia, komm zurück!"

Die Tür auf der anderen Seite des Flurs flog auf.

„Malfoy …" Hermine zitterte, als sie versuchte, nicht die Beherrschung zu verlieren. „Bitte hör auf." Sie wandte sich in die Richtung, in die er starrte. Am Ende des Flurs konnte sie eine Gestalt erkennen, die ihre Schritte beschleunigte und langsam außer Sichtweite verschwand. „Wer war das?" fragte sie Draco.

Als Antwort schlug er nur die Tür zu. Was zur Hölle war in sie gefahren? Im einen Moment las sie ihm vor, im nächsten raste sie wie eine Gestörte aus dem Raum. Er lief vor dem Feuer auf und ab, aber nichts Logisches kam ihm in den Sinn. Was hatte sie veranlaßt wegzurennen?