Kapitel 3: Führung durch den Teich

Eilig hastete er durch die Gänge, versuchte die Aufregung zu unterdrücken, die ihn zu übermannen drohte. Ein Lächeln glitt über seine Züge, als er daran dachte, dass er gleich Gwiwileth treffen würde. Sein Magen knurrte ein wenig, da er das Frühstück vor lauter Nervosität ausgelassen hatte. Wie sollte er diesen Tag nur überstehen, ohne sich völlig zu blamieren? Seufzend machte er sich auf den Weg zum Tor, als er seine Mutter hinter ihm seinen Namen rufen hörte.

Der Tag war noch jung, als Laurelin, die Gemahlin Thranduils, über die Gänge der Festung eilte, diese nach ihrem Sohn absuchend. Etwas sagte ihr, dass sie noch mit ihm sprechen sollte, bevor er die junge Elbenmaid herum führen sollte.

Nur leise hallten die Schritte an den Wänden wieder, als Laurelin um eine Ecke bog und ihren Sohn kurz vor dem Tor entdeckte.

„Legolas!", rief sie und sah, wie der blonde Elb innehielt. Rasch ging sie auf ihn zu und legte ihm liebevoll eine Hand auf die Schulter. So spürte sie das leichte Zittern, welches ihn erfasst hatte.

Ihre schönen blauen Augen blickten in die seinen und er lächelte.

„Ja, Nana, was kann ich für dich tun? Außer zu frühstücken", fragte er etwas schuldbewusst.

„Oh", erwiderte sie. „Ich weiß, warum du nicht gefrühstückt hast, und über diesen Grund wollte ich auch mit dir reden", sie lächelte ihn ebenfalls an und zog ihn mit sich. „Komm, Gwiwileth wird so früh noch nicht dort sein."

„Du hast Recht", grinste er und folgte ihr in den kleinen Raum, in dem seine Eltern oft frühstückten. Hungrig ließ er sich auf seinem Lieblingsplatz direkt am Fenster nieder und wartete, bis seine Mutter sich zu ihm gesetzt hatte, bevor er begann, sich eine Scheibe Brot mit Honig zu schmieren.

„So, du glaubst also, du weißt, warum ich nicht gefrühstückt habe? Mutterinstinkte?", scherzte er und biss genüsslich in das noch warme Brot.

Laurelin schmunzelte.

„Legolas, glaube mir, die gibt es wirklich. Und wie du deinen Vater kennst, überkommt ihn auch hin und wieder ein Vaterinstinkt." Die Elbenfrau lächelte bei dem Gedanken. „Vielleicht kannst du das noch nicht nachvollziehen, mein Sohn, aber ich spüre ganz genau, dass du von dieser Elbenmaid bezaubert bist."

Eine leichte Röte überzog seine Wangen und er strahlte seine Mutter an.

„Damit hast du Recht, sie ist…" Unsicher brach er ab, wusste nicht, wie er sich ausdrücken sollte.

„Legolas, du brauchst nichts zu sagen, schon alleine dein Blick genügt, es nicht nur mir, sondern auch allen anwesenden Elben mitzuteilen, was du über sie denkst. Nur sie scheint es nicht so ganz wahr zu nehmen", sprach Laurelin lächelnd.

Ein tiefes Seufzen hatte sich in seiner Brust gebildet und er ließ sprichwörtlich die Ohren hängen.

„Und, kann ich es ihr irgendwie zeigen, ohne zu aufdringlich zu sein?", fragte er seine Mutter um Rat, blickte hoffnungsvoll zu ihr auf.

„Mein Sohn, dies musst du selbst herausfinden", antwortete seine Mutter jedoch und ein sanftes Grinsen spielte um ihre Züge.

„Und bis dahin habe ich sie vergrault", erwiderte er niedergeschlagen. „Hast du denn wirklich keinen Rat für mich?" Jetzt bettelte er schon fast, doch seiner Mutter vertraute er völlig und hoffte, sie würde ihm wenigstens ein wenig helfen.

Laurelin seufzte.

„Du vergraulst sie höchstens, wenn du sie die ganze Zeit nur anstarrst und kein vernünftiges Wort mit ihr redest. Verhalte dich, wie du es sonst auch tust, und unterhalte dich mit ihr. Mehr kann ich dir auch nicht sagen. Der Rest muss aus dir heraus kommen." Sanft tippte sie ihrem Sohn, wie zur Verdeutlichung ihrer Worte, auf die Brust.

„Und nun geh, sie wird dich bereits erwarten."

Lachend sprang er auf und umarmte seine Mutter stürmisch. Er hatte erwartet, dass sie so etwas sagte, aber dennoch erfreute es ihn.

„Danke, Naneth", rief er ihr zu, als er, immer noch mit dem Honigbrot in der Hand, aus der Tür eilte.

Er war ein wenig außer Atem, als er kurze Zeit später an den Ställen stand und schon von weitem das hellblonde Haar leuchten sah.

„Gwiwileth."

Die junge Elbenmaid war an diesem Morgen schon recht früh aufgestanden, hatte sich aber nicht aus ihrem Gemach bewegt, da sich ein seltsames Gefühl ihrer bemächtigte, das von ihrem Magen auszugehen schien. Gwiwileth schob es auf die Nervosität, wusste jedoch nicht, woher diese rühren sollte.

Erst nach einer gewissen Weile hatte sie ihr Gemach verlassen und war zu den Ställen gewandert. Dort wartete sie und erfreute sich der kühlen und frischen Luft, als sie eine Stimme vernahm, die ihren Namen rief. Freundlich lächelnd drehte sich die Elbenmaid um.

„Seid gegrüßt, Legolas", rief sie halblaut zu dem Elben, welcher mit wehenden Haaren auf sie zueilte.

Er musste erst einmal kurz Luft holen, als er vor ihr stehen blieb. Seine Augen leuchteten bei ihrem Anblick, sie war wie ein Krieger gekleidet, nur fehlte die Rüstung.

„Seid mir ebenfalls gegrüßt, ich hoffe Ihr hattet eine angenehme Nacht", sagte er und lächelte sie ein wenig errötend an, als ihm bewusst wurde, dass er immer noch das Honigbrot in der Hand hielt.

„Oh, die hatte ich", erwiderte Gwiwileth ein wenig zurückhaltend. „Das Zimmer ist schön, und vorzüglich eingerichtet."

Die Elbenmaid erblickte nun auch das Honigbrot in der Hand des Elben.

„Habt Ihr gerade gefrühstückt?", erkundigte sie sich vorsichtig. „Ich wollte Euch dabei nicht stören."

Lachend schüttelte der junge Elb den Kopf.

„Nein, nein. Meine Mutter fing mich auf dem Flur ab und bestand darauf, dass ich noch etwas esse. Doch nun lasst uns aufbrechen."

Gwiwileth betrachtete den Elben ein wenig zweifelnd, gab sich dann jedoch zufrieden.

„Gerne", erwiderte sie. „Was wollt Ihr mir denn nun zeigen?", fügte die Elbenmaid dann fragend hinzu.

„Um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht ganz sicher, wofür Ihr Euch interessiert. Deswegen werde ich mich nach Euren Wünschen richten. Wir können an die Grenzen, aber auch durch den Palast und die Gärten gehen", antwortete der junge Elb etwas verschämt und lächelte die Elbenmaid strahlend an.

Gwiwileth erwiderte das Lächeln überrascht.

„Nun, die Grenzen sind mir nach dem gestrigen Tage wohl bekannt, ich würde mich demnach mehr für den Palast und die Gärten interessieren", erwiderte die Elbenmaid und blickte sich aufmerksam um.

Erfreut begann der junge Elb seine Führung durch seine Heimat. Voller Begeisterung zeigte er Gwiwileth die Schönheiten Düsterwalds. Die großen Badehäuser, der Weinkeller seines Vaters, den Thronsaal und zum Mittagessen die Küche, aus der sie eine Kleinigkeit mitnahmen, um sie im Garten zu essen. Er hoffte sehr, dass die großen Wiesen, die umsäumt waren von vielen Büschen und bunten Blumen, ihr gefielen.

Er führte sie an einen der kleineren Teiche, der etwas abseits lag, aber dafür gerade über und über mit blühenden Seerosen bedeckt war.

„Ich hoffe Euch gefällt dieser Ort zum Essen", lachte er und ließ sich im weichen Gras nieder.

„Durchaus", entgegnete die Elbenmaid und lachte beschwingt, während sie die Augen schloss und die frische Luft in sich aufsog. Die Natur war schön und sie genoss es richtig, durch die Gärten zu wandern. Zudem hatte ihr Legolas' Führung gefallen, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie sich all das, was der Elb ihr erzählt hatte, auch merken konnte.

Ein wenig zurückhaltend reichte er ihr den Käse, den sie mitgenommen hatten, und begann das Brot in kleine Scheiben zu schneiden.

„Als ich Euch gestern zuhörte, bekam ich den Eindruck, Cillien wäre ganz anders als Düsterwald, stimmt meine Vermutung?"

Gwiwileth nickte und begann ein weiteres Mal von ihrer Heimat zu berichten. Die Unterschiede zum Düsterwald erschienen ihr recht beträchtlich, und so sprach sie ausführlich, bevor sie etwas zu essen begann. Die Stimmung zwischen den beiden jungen Elben wurde so zunehmend lockerer und Gwiwileth begann, sich in Legolas' Gegenwart wohl zu fühlen. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie eher von einer Art Unsicherheit ergriffen worden, die jedoch nach und nach von ihr abfiel.

Völlig fasziniert lauschte Legolas der Elbenmaid, konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Ihr Haar fiel offen bis über ihre Hüfte und leuchtete im Sonnenschein, ihre grünen Augen funkelten, und die Liebe für ihre Heimat zeigte sich sehr offen darin. Ihre Stimme war leise, aber ruhig, und hatte einen fast schwärmerischen Klang.

„Ihr liebt Eure Heimat sehr. Man merkt es deutlich", sprach er lächelnd, als sie eine kurze Pause machte, und strich sich gedankenverloren eine Strähne seines Haares hinter sein Ohr. 

„Sie ist auch wundervoll", erwiderte Gwiwileth und blinzelte in die Sonne. „Die Landschaft ist schön, die Natur blüht und das Volk der Elben ist sehr freundlich. Ich habe Cillien noch nie verlassen, dies ist meine erste Reise."

Die Elbenmaid sah ihn mit einem langen Blick aus ihren grünen Augen lachend an. „Sagt mir nicht, dass Ihr den Düsterwald nicht ebenso liebt, wie ich Cillien. Er ist doch auch wunderschön, wenn auch auf eine andere Art und Weise."

„Auch ich liebe meine Heimat", antwortete er und schnürte sich die Schuhe auf, um seine Füße ein wenig in den Teich zu tauchen. „Doch sah ich bisher noch nicht viel anderes, um sagen zu können, ich würde viel zu vergleichen wissen. Nur ein einziges Mal verweilte ich in Bruchtal, als die Empfängnis der Herrin Arwen Undomiel gefeiert wurde. Doch damals zählte ich kaum fünfzig Sommer, war also gerade erst erwachsen geworden, und habe meine Zeit lieber damit verbracht, mit den Zwillingen die Umgebung auf den Kopf  zu stellen."

Gwiwileth ließ ihre Füße neben ihm in den Teich gleiten und genoss die wohltuende Kühle des Wassers. Ein wenig verträumt sah sie in den Himmel.

„Bruchtal... Ich war noch nie dort. Sagt, Erestor stammt doch aus Bruchtal, warum weilt er hier?", erkundigte sich die Elbenmaid und planschte mit den Füßen ein wenig im Wasser herum.

„Haltharon und er haben ihre Plätze getauscht, um meiner Schwester und mir, genauso wie den Zwillingen und Arwen etwas beibringen zu können. Zudem ist Erestor ein genialer Stratege und gibt sein Wissen über Heere und solches an uns weiter, so wie Haltharon bei der Befestigung der Grenzen seine Erfahrungen weitergibt", erklärte der jüngste Spross Thranduils erheitert und spritzte ein wenig mit dem Teichwasser.

Gwiwileth kicherte vergnügt.

„Wollt Ihr mich nass spritzen?", fragte sie und ließ einige Wassertropen in Legolas' Richtung fliegen. Die Elbenmaid wurde zusehends unbekümmerter und begann nun leise zu lachen.

Ebenfalls lachend wischte Legolas sich das wenige Wasser aus den Augen, sie war ein vorzüglicher Schütze.

„Sah es denn so aus?", fragte er unbekümmert und ließ sich zurück auf das weiche Gras sinken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. „Hier kann man leider schlecht schwimmen, aber es gibt eine Stelle, da ist der Fluss etwas flacher, und man kann sich herrlich abkühlen."

„Oh, ich würde sagen, es sah ganz danach aus, als wäre es Absicht", erwiderte Gwiwileth lachend und ließ sich zurücksinken. Verträumt schloss sie die Augen.

„Ich muss zugeben, eine Abkühlung käme mir gelegen", fuhr sie dann mit fröhlicher Stimme fort und wandte sich dem Elben lächelnd zu.

Verspielt rollte Legolas sich auf den Bauch, in ihre Richtung, und grinste.

„Oh, vielleicht habt Ihr ja sogar Recht. Was die Abkühlung betrifft…" Schnell hatte er sich dem Wasser zugewandt und spritze es nun in ihre Richtung, mehr als zuvor.

Gwiwileth machte einen erschrockenen Laut und schlug schnell die Hände vors Gesicht, konnte jedoch nicht verhindern, dass sie über und über nass wurde.

„Ihr solltet aufpassen, was Ihr tut", rief sie halb empört, halb belustigt. „Bis jetzt hat mich noch niemand in einer Wasserschlacht besiegt."

„Vielleicht wird es Zeit", lachte er und stürzte sich auf sie, beide Hände gefüllt mit Wasser.

Gwiwileth kicherte beinahe unkontrolliert, während sie von Legolas noch mehr nass gespritzt wurde. Ein wenig hastig versuchte sie sich wegzurollen, geriet dabei jedoch zu nahe an das Ufer des Teiches und fiel mit einem lauten Aufschrei hinein.

Unvorbereitet brachte sie Legolas auch noch aus dem Gleichgewicht, und er folgte ihr in das kühle Nass. Lachend lagen sie beide im knöcheltiefen Wasser und Legolas konnte den Blick nicht von ihrer nassen Gestalt abwenden, von den sanften Kurven, die sich nun durch den Stoff deutlich abzeichneten, den nassen Haaren, die ihr in wirren Strähnen ins Gesicht hingen. Sanft strich er sie zur Seite.

Gwiwileth, die ohnehin schon nass war, störte es kaum noch, als sich das Wasser des Teiches um sie schloss. Es erschrak sie eher, dass sie auch noch Legolas mit in ihr ungewolltes Badevergnügen hinein gezogen hatte.

Ein wenig verwirrt spürte sie, wie er eine ihrer Haarsträhnen zur Seite strich.

„Verzeiht...", war das Einzige, was sie in diesem Moment sagen konnte.

„Es gibt nichts zu verzeihen, ich wollte doch eine Abkühlung. Auch wenn ich zugeben muss, dass es mich kaum kühlt", flüsterte er und beugte sich langsam zu ihr.

„Nein, es ... es ist nicht kalt", stotterte Gwiwileth leise. Gleichzeitig war sie erschocken darüber, dass sie kein vernünftiges Wort, keinen vernünftigen Satz herausbrachte. Legolas' Nähe verwirrte sie noch mehr.

Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Züge, als er ihre Nervosität bemerkte, und er konnte sich einfach nicht zurückhalten. Sein Blick glitt über ihr Gesicht, blieb an den roten Lippen hängen, die so weich und einladend wirkten. Er musste einfach wissen, wie sie schmeckten. Sanft berührte er sie mit den seinen.

Gwiwileth war kaum überrascht, reagierte dennoch zuerst nicht, als sie Legolas' Kuss spürte. Ihre Gedanken rasten und ihr Magen schien Saltos zu schlagen. Die Elbenmaid erzitterte leicht, ein Schauer rann ihr über den Rücken.

Dann jedoch löste sich die erste Verwirrung, und Gwiwileth erwiderte den Kuss vorsichtig und noch zurückhaltend.

Er konnte es kaum fassen, als er spürte, wie sie neben ihm erschauerte. Die Augen schloss er, genoss das Gefühl ihrer kühlen, weichen Lippen an den seinen, die sich nun öffneten, seiner Zunge Einlass gewährten. Vorsichtig erkundete er ihren Mund, berührte ihre Zunge mit der seinen, stubste sie an, forderte sie heraus.

Die Elbenmaid begann das Gefühl des Kusses zu genießen und schlang ohne darüber nachzudenken ihre Arme um Legolas. Seine Nähe fühlte sich so gut an, und Gwiwileth entspannte sich immer mehr, dachte nicht mehr, ließ nur noch das Spiel ihrer Zungen wirken.

Es schien ihm eine Ewigkeit vergangen zu sein, bis er sich endlich, schwer amtend, von ihr löste, ihr tief in die smaragdgrünen Augen blickte. Ein zartes, unsicheres Lächeln breitete sich über seinen Zügen aus und er hauchte noch einen sanften Kuss auf ihre Stirn.

Gwiwileth sah sein Lächeln und erwiderte es ein wenig verlegen. Seine Lippen, die ihre Stirn trafen, hinterließen ein prickelndes Gefühl. Die Elbenmaid schloss die Augen und atmete tief durch. Es erschien ihr fast unwirklich, was soeben geschehen war, und trotzdem war es wie ein Geschenk.

Narwain:

Ich hoffe dir hat dieses Kap auch Spaß gemacht… Val und ich haben heute schon das nächste fertig gestellt… es sollte also in den nächsten Tagen kommen… und jetzt sage nicht, die Story geht zu schnell voran… es hat schon so seine Gründe (außerdem reicht uns schon Ddwl mit soooooo vielen Kaps ;)) und danke fürs review (dolle knuddels)

Legolasion: Danke für dein review ;), es hat Val und mich sehr gefreut ;)