Kapitel 10: Eröffnungen

„Ich... Ich weiß einfach nicht..."

Nervös lief der König des Grünwaldes vor den Augen des dunkelhaarigen Elben auf und ab, immer und immer wieder querte er das Zimmer. Rastlosigkeit und ein gewisser Grad an Verzweiflung spiegelten sich in seinen Zügen.

„Was sollen wir denn nun tun, Erestor?"

Mitten im Zimmer war Thranduil stehen geblieben und sah den Noldo mit hilflosem Gesichtsausdruck an.

Auch Erestor war sich nicht sicher, welchen Rat er geben sollte, doch verbarg er dies vor seinem Freund. Zu geschockt war er über die Eröffnung, die der Sinda eben gemacht hatte.

„Thranduil, setz dich erst einmal", sprach er leise, deutete auf einen Platz neben ihm und überlegte kurz. „Es ist ein erschreckender Gedanke. Doch können wir schlecht darüber richten. Sie wussten nichts… Dürfen wir es ihr denn verschweigen?" Innerlich war Erestor mehr als nur beunruhigt über diese Tatsache.

Trotz der Bitte des Elben blieb Thranduil stehen und begann nun wieder unruhig seine Runden zu drehen, die Hände auf dem Rücken verschränkt, den Kopf gesenkt.

„Wir können es nicht verschweigen, wir müssen es ihnen sagen!", erwiderte der blonde Elb dann und schüttelte den Kopf. „Aber kann ich das auch verantworten? Gegenüber Legolas? Gegenüber dem Kind, das sie erwartet?"

Wiederum blieb Thranduil stehen und sah Erestor händeringend an.

Seufzend stand Erestor auf und trat zu dem blonden Grünwaldkönig, legte ihm freundschaftlich einen Arm um die Schultern. Der verzweifelte Elb tat ihm leid, und er wünschte sich, ihm helfen zu können.

„Bedenke, was es für Konsequenzen hätte. Es geht auch um ihr Glück, wenn sie es erfahren, wird ein Schatten darauf fallen, das weißt du, wie ich", sprach er eindringlich und verwünschte den Tag, an dem er zugestimmt hatte, in den Düsterwald zu reisen, verwünschte sich selbst, da er ihre Mutter so gut kannte, es hätte erkennen müssen.

„Aber wir müssen es ihnen sagen, wir können es nicht verschweigen, das würde noch mehr Konsequenzen nach sich ziehen. Zumindest Gwiwileth muss es erfahren. Schließlich ist sie diejenige, die Legolas' Kind erwartet", entgegnete Thranduil nun. Zwar war der Elb dankbar für den Beistand Erestors, doch dies half nicht darüber hinweg, dass er mittlerweile völlig verzweifelt war.

„Bist du dir wirklich sicher?", fragte Erestor und verfluchte sich erneut, er hatte den Schatten gesehen, doch warum hatte er das nicht verstehen können? Warum hatte er dies nicht verhindern können. Er sehnte sich nach Glorfindel, wollte mit ihm reden, doch wusste er, dass dies niemals ein Thema zwischen ihnen werden durfte.

„Thranduil, ich bin mir sehr unsicher und weiß nicht, welchen Rat ich dir geben soll. Überlege, welche Konsequenzen es haben könnte, wenn du ihr dies offenbarst."

„Denkst du, es hat weniger Folgen, wenn wir es nicht sagen? Meinst du, wir können es ihnen für immer verheimlichen? Nein, Erestor, ich sage dir, das können wir nicht. Wir müssen es ihr sagen... Und sie..." Thranduil atmete tief durch, bevor er die letzten Worte sprach, bevor er seinen Entschluss besiegelte. „Sie soll entscheiden, ob wir es Legolas sagen... Schließlich ist es ihr Kind."

Erestor wusste, dass Thranduil seinen Entschluss gefasst hatte, und er ihn nun nicht mehr würde umstimmen können. Sein Herz tat ihm weh, wenn er daran dachte, wie schrecklich dies für den blonden König werden würde.

„Pass auf dich auf, ich hoffe, dein Gewissen wird mit den Folgen dieser Entscheidung leben können, mein Freund", erklärte er und verneigte sich leicht vor Thranduil. „Ich bete zu den Valar, dass sie ihre Hand schützend über dich und die Deinen halten werden."

„Es wird damit leben müssen. Und wenn ich dies nicht täte, dann wäre es genauso", erwiderte Thranduil und sah Erestor an. Er würde seine Entscheidung nicht mehr rückgängig machen, und so versuchte er nun, sich einigermaßen zu fassen und auf die Aufgabe vorzubereiten, die ihm bevorstand.

In seinen Augen schimmerte Trauer um ein Glück, das auch sein Herz berührt hatte, als Erestor Thranduil hinterher blickte. Deutlich konnte er das dunkle Schicksal wieder fühlen, das auf dieser Familie lag und wünschte, irgendwie helfen zu können. Abwartend ließ er sich in seinen Sessel fallen und wartete darauf, dass Thranduil zurückkehrte. Sein Freund würde seinen Beistand brauchen.

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„Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass ihn etwas bedrückte", erklärte Gwiwileth im selben Moment, während sie mit dem Kopf an Legolas' Schulter ruhte. „Schon vorher war er nachdenklich, als ich mit ihm redete, doch als ich ging, schien es sich noch zu verstärken." Ebenfalls nachdenklich starrte die Elbenmaid in den Raum hinein. „Nur, ich weiß nicht warum..."

„Wahrscheinlich hat er sich nur wieder zu sehr an die Vergangenheit erinnert", erklärte Legolas und küsste Gwiwileth zärtlich, während er mit einer Hand ehrfurchtsvoll über ihren Bauch strich. „Weißt du, wie wunderbar es ist, zu fühlen, wenn es tritt? Ach, ich liebe dich so."

„Und ich liebe dich", erwiderte Gwiwileth glücklich und versuchte gleichzeitig, alle finsteren Gedanken zu verdrängen. Sanft küsste die Elbenmaid Legolas und lächelte, als sie sich von ihm löste. „Du magst Recht haben, er war auch vorher betrübt über Vergangenes, aber... Ach, lass uns nicht weiter davon reden, ich freue mich einfach, dass du wieder da bist. Von dir getrennt zu sein, war das Schrecklichste, was mir bis jetzt widerfahren ist."

„Auch ich vermisste dich so, mein kleiner Schmetterling", flüsterte er und strich ihr zärtlich durch das Haar. „Mitten in der Nacht wollte ich nur noch aufspringen und zurückeilen zu dir, zum Glück hat Lothion mich davon abgehalten. Ich glaube, er hält mich wirklich für liebestoll."

Gwiwileth lachte. „Das wäre wirklich ein wenig zu viel gewesen, was hätten sie von dir denken sollen, Legolas?", fragte sie dann neckend und mit einem liebevollen Funkeln in den Augen.

„Weißt du eigentlich, wie wunderschön du bist, wenn du lachst?", fragte er sie und das Blau seiner Augen strahlte richtiggehend. „Aber auch so… Hach, jede Minute weilen meine Gedanken bei dir. Da fällt mir ein, Lothion war sehr wütend auf mich, weil ich mich nicht richtig konzentrieren konnte… Er murmelte irgendetwas über werdende Väter und verrückte Hühner, und dass mein Vater leider auch immer so gewesen war."

„Lothion war wütend?", entgegnete Gwiwileth und konnte nur mit Mühe ein Prusten unterdrücken. „Das kann ich mir mittlerweile gut vorstellen", fuhr die Elbenmaid dann fort und strich Legolas liebevoll über die Wange. „Und dass ich schön bin, Legolas, ich weiß nicht, wie oft du mir das schon gesagt hast..."

Unschuldig blickte er zu ihr hinab.

„Soll ich es etwa lieber lassen?", fragte er verspielt und schob die Lippe ein wenig vor.

„Oh ... Eigentlich eher nicht, wenn ich es so recht bedenke", erklärte Gwiwileth schelmisch grinsend, bevor sie dem geliebten Elben einen weiteren Kuss auf die Lippen hauchte.

„Du bist einfach wunderschön, hinreißend, bezaubernd, atemberaubend, entzückend… meine Geliebte… mein Licht", flüsterte er und bei jedem Wort hauchte er einen Kuss auf ihren Hals. „Doch bevor ich es vergesse, meine Schwester ritt mir entgegen, sie sagte, sie wolle heute Abend einmal mit dir ein wenig Zeit verbringen."

„Ich soll von dir getrennt werden, schon wieder?", murmelte Gwiwileth unwillig an seinem Hals und schüttelte den Kopf. „Kann sie nicht noch warten? Ich möchte lieber bei dir sein..."

Verträumt strich er immer wieder über die seidigen Locken.

„Auf, geh schon, ich werde es uns derweil für heute Abend gemütlich machen. Ein schönes Kaminfeuer, etwas Obst und Wein, und dann werden wir uns aneinanderkuscheln und die Flammen beobachten, wie sie fröhlich vor sich hinprasseln. Ich werde dich halten, und dir immer wieder ins Ohr flüstern, wie zauberhaft du doch bist, und dass du zu meinem Lebensmittelpunkt geworden bist", erklärte er lächelnd und küsste sie erneut voller Liebe und Zärtlichkeit.

„Das macht mir die Trennung leichter", lächelte Gwiwileth ihn an und küsste ihn ein letztes Mal sanft, bevor sie sich erhob. „Dann werde ich jetzt gehen, Melelhídhril wird mich wohl schon erwarten."

Ein letztes Mal sah die Elbenmaid Legolas mit strahlenden Augen an, so als wäre es das letzte Mal, dass sie den geliebten Elben sehen würde. Dann wandte sich Gwiwileth um und verließ ihr Zimmer, um über die Gänge in Richtung von Melelhídhrils Gemach zu eilen.

Lange blickte Legolas ihr hinterher und fühlte einfach nur Glück, wollte sich darin verlieren, doch bald raffte er sich auf, bereitete alles vor und wartete auf ihre Rückkehr.

Unsicher und doch festen Entschlusses schritt Thranduil durch die Gänge, als er sah, wie Gwiwileth aus den Gemächern trat, die sie sich mit ihrem Gemahl teilte. Sein Atem stockte, und er spürte, wie sein Herz begann, zu rasen, doch er hielt an seinem Vorhaben fest.

„Gwiwileth, hättest du einen Augenblick Zeit?", sprach er sie an und erschrak ob dem rauen Klang, den seine Stimme hatte.

Ein wenig überrascht vernahm die Elbenmaid die Stimme ihres Schwiegervaters und drehte sich um.

„Thranduil, habt Ihr etwas vergessen, was Ihr mit mir besprechen wolltet?"

Fragend sah Gwiwileth den Elben an.

„So kann man es sagen", antwortete er und führte sie in den kleinen Raum, in dem die Beratungen abgehalten wurden, wenn nur die engsten Vertrauten anwesend waren.

„Wenn ich ehrlich bin, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll…"

Der Ton in Thranduils Stimme machte die Elbenmaid nervös.

„Was wollt Ihr denn noch sagen?", fragte Gwiwileth misstrauisch und beobachtete jede der Bewegungen des Gründwaldkönigs.

Nervös und mit schnell klopfendem Herzen lief Thranduil vor ihr auf und ab, suchte verzweifelt nach Worten.

„Es gibt etwas… das… ich dir sagen muss… es… Verdammt!"

Bei dem letzten Wort des Elben schrak Gwiwileth zurück.

„Aber... Aber, was ist los, dass Ihr Euch so benehmt, dass Ihr kaum über die Lippen bekommt, was Euch auf dem Herzen liegt?", fragte die Elbenmaid fassungslos, das Benehmen Thranduils nicht einordnen könnend.

Mit einer hektischen Geste fegte er seine Haare zurück, ließ sich auf einen der Stühle sinken und vergrub das Gesicht in den schlanken Händen. Thranduil wusste einfach nicht, wie er es ihr sagen sollte, wusste nicht, wie er seinen Sohn vor dem Schmerz bewahren konnte.

„Damals, bei der Schlacht des letzen Bündnisses, als mein Vater gefallen war, kam eine junge Frau zu mir. Sie schenkte mir Trost… Oh, wenn ich das nur gewusst hätte…"

„Wenn ihr was gewusst hättet?", fragte Gwiwileth, die nun vollends verwirrt war und keinerlei Ahnung hatte, was sie erwartete. „Was wollt ihr mir sagen?"

Kurz musste er tief Luft holen, all seinen Mut zusammen nehmen. Es war schwer, so unendlich schwer, das zu sagen.

„Die junge Frau tröstete mich und… nun… sie wurde wohl schwanger… doch ich erfuhr nichts davon… wusste es nicht…"

„Was... was wusstet Ihr nicht?", fragte Gwiwileth erneut, doch sie wurde dabei immer leiser. Ein schrecklicher Gedanke bemächtigte sich ihrer, den sie nicht zulassen wollte. Nein... Es konnte nicht sein, es durfte nicht sein. Die Elbenmaid bemerkte gar nicht, wie sie anfing, zu zittern.

Der blonde König bemerkte ihr Zittern, wünschte sich, sie beschützten zu können, vor der Wahrheit, vor dem Verständnis, das er in ihren Augen aufleuchten sah, genauso, wie die Angst. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, wollte ihn davon abhalten, doch er musste es aussprechen, musste es sagen, dem Schicksal seinen Willen lassen.

„Ich wusste nichts von der Schwangerschaft, sie kehrte mir ihrem Volk zurück… Es war doch nur eine Nacht… Eine einzige… Es hätte nicht… Erst vor Kurzem erkannte ich, was passierte… Oh, wie ich mich verfluche… Gwiwileth… Die Frau damals… Sie war Botschafterin…"

Nun zog sich auch Gwiwileths Herz schmerzlich zusammen. Sie ahnte, was der Elb sagen wollte, doch schrie ihr Verstand danach, dass dies nicht möglich sein konnte. Trotz allem begann die Elbenmaid, noch heftiger zu zittern.

„Bitte... Thranduil... Bitte sagt mir nicht...", flüsterte Gwiwileth nur und lehnte sich Halt suchend an die Wand, vor der sie stand.

Verzweiflung packte ihn, als er ihre Angst sah. Doch was sollte er nur tun? Warum… Immer und immer wieder dachte er dieses eine Wort. Warum konnte das nicht alles ein schlechter Scherz sein? Warum hatte er damals…?

„Doch Gwiwileth… Die Frau damals…" Die Worte kamen ihm nur qualvoll langsam über die Lippen, er kämpfte mit jedem Einzelnen. „Die Frau damals war deine Mutter… Du bist meine Tochter."

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Ele:

Danke für dein Review süße, fühl dich in den Boden geknuddelt. Damit wäre das Geheimnis gelüftet… bitte erschlag uns nicht ;). Hier die Cliffys sind noch Harmlos… warte mal, was ab Ddwl Kapitel 22 abgeht… du wirst uns hassen ;)… ne, wie gesagt, jetzt ist es ja aufgelöst…

Galu:

Danke für dein Review, fühl dich in den Boden geknuddelt ;). Du bist echt fast zu gut für uns ;)… aber bevor du mich jetzt erschlägst, ich habe nur gesagt, das Thranduil Laurelin nie betrogen hat, und das hat er auch nicht… sie kam erst später ;). Und auch wenn Gwiwi nichts dazu kann… naja es gibt da so ein kleines Tabu unter den Elben… (Tolkien ist Schuld…)

Narwain:

Danke für dein Review, fühl die platt geknuddelt ;). Und, haben wir deine These bestätigt? Das mit dem Happy ending… dazu verraten wir noch nichts ;).

Legolasion:

Danke für dein Review. Was hältst du von der bisherigen Auflösung? Fühl die geknuddelt ;)

Nichan:

Danke für dein Review, fühl dich umgeknuffelt ;) richtig geraten ;)… Halbgeschwister ;). Hach macht das einen Spaß ;) War dieses Ende auch fies? ‚schaut ganz unschuldig'