Als Ameron erfährt, dass seine frühere Liebe Amrun einen frühen Tod gefunden hat, ist er schockiert, aber als er von der Existenz seiner Tochter erfährt, überschlagen sich die Ereignisse: Er reitet mit Aragorn in das Dorf, in dem die kleine Mariel mit ihrem Stiefvater lebt, um sie zu sich zu nehmen. Doch dieser ist seinem vermeintlichem Rivalen nicht so gut gesinnt, wie er anfangs vorgibt. Als Ameron mit seinem Freund schließlich vor dem Mann steht, sieht dieser seine große Gelegenheit gekommen. Er schmiedet einen neuen finsteren Plan und nicht nur Ameron wird ein Teil von ihm...

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Disclaimer:
Alle Rechte an den Originalcharakteren aus „Der Herr der Ringe"liegt
natürlich bei J.R.R. Tolkien, bzw. seinen Nachkommen.
Wir, die Autoren, erheben nur Ansprüche auf unsere gaaaanz eigenen
Persönlichkeiten *g* Und dass sich mit diesem Werk kein Geld verdienen lässt, ist doch wohl auch klar, hm? ;-)

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„Was soll denn das sein?"Der Mann hielt der jungen, Frau einen Brief unter die Nase. Als sie sah, wessen Brief es war, erbleichte sie und musste unwillkürlich schlucken, sie ahnte, dass nun große Probleme auf sie zukommen würden. Die junge Frau mit den langen, blonden Haaren wandte sich kurz an das kleine Mädchen, dass mit großen, ängstlichen Augen an ihrem Rockzipfel hing. „Mäuschen, geh bitte nach draußen. Papa und ich müssen miteinander reden. Sieh doch einfach einmal nach dem Hündchen, es langweilt sich bestimmt schrecklich, wenn du nicht mit ihm spielst."Das Mädchen sah sie mit ihren großen, braunen Augen an und nickte. Langsam trottete sie aus der Tür und blickte sich ängstlich um. Trotz ihrer vier Jahren wusste sie nur zu gut, dass Papa wieder mit Mama böse sein würde, immer wenn sie die Mutter nach draußen schickte und ihr Vater diesen drohenden Ton in der Stimme hatte, weinte Mama danach noch lange.

Die Kleine zuckte zusammen, als sie den Mann schreien hörte, sie begann zu weinen und lief zu dem Heuschober, wo sie sich in der hintersten Ecke verkroch. Verzweifelt hielt sie sich die kleinen Hände auf die Ohren und schluchzte. Papa wird Mama wieder schlagen, und sie konnte nichts machen, dass es aufhörte. Einmal wollte das kleine Mädchen seiner Mutter helfen, aber da hatte er sie auch geschlagen. Sie hatte unbeschreibliche Angst vor ihm. Leise weinend kuschelte sie sich ins warme Heu und schlief irgendwann ein.

Als das Mädchen wieder wach wurde, sah sie sich verschlafen um, im ersten Moment wusste sie nicht, warum sie hier im Heu lag und schlief. Verwirrt rappelte sie sich auf und ging aus der Scheune in den Hof hinaus. Die Sonne stand groß und rot am Himmel und würde nun bald schlafen gehen. Die Kleine lief zum Haus und öffnete vorsichtig. Am Tisch saß ihr Vater, den Kopf in die Hände gestützt und schien nachzudenken.

„Papa?"fragte sie mit ängstlicher Stimme, ob er noch immer wütend war? Der Mann hob den Kopf und sah sie lange an. „Wo ist Mama?"– „Sie ist fortgegangen. Mama musste dringend weg, etwas erledigen. Sie kommt irgendwann wieder."Brummte er und sah das kleine Mädchen scharf an. Sie wusste, dass sie nun nicht weiterfragen sollte, diesen Blick kannte sie nur zu gut. „Geh schlafen!"sagte ihr Vater knapp und ging aus dem Haus. Die Kleine schniefte, als sie alleine war. Wo war Mama hingegangen? Sie hatte sich nicht einmal von ihr verabschiedet, das hatte sie doch noch nie getan! Und warum war Papa so eigenartig? Sie zog sich ihr Nachthemdchen an und kroch unglücklich unter ihre Decke, wo sie sich zusammenrollte und sich leise in den Schlaf weinte.

Als der Mann wieder durch die Türe trat, ging er zuallererst an das Kinderbett und starrte lange Zeit auf das schlafende Mädchen. „Ich hätte es wissen müssen, dass der Balg hier nicht von mir sein kann."Sprach er leise zu sich, ihm waren schon früh die schwarzen Haare und die haselnussbraunen Augen des Kindes aufgefallen, niemand in seiner Familie hatte je schwarze Haare. Auch die Haare seiner Frau waren blond, in ihrer Familie hatte er nie eine andere Farbe gesehen.

Nun hatte er den Beweis gefunden. In dem Brief, den seine Frau an ihre Schwester in Minas Tirith schicken wollte, stand alles, was er wissen musste. Während er unterwegs gewesen war hatte sie einen Liebhaber gehabt! Aber nicht irgendeinen, nein, der Hauptmann der königlichen Leibwache Gondors höchstpersönlich! Und sie wollte zurück zu ihm, dass stand deutlich in dem Brief. Sie hatte ihre Schwester gefragt, ob der Mann schon verheiratet wäre! Das war nur zu deutlich, aber sie würde ihren Plan nicht in die Tat umsetzen können, nicht mehr! Dieser Kerl hatte sich mit seiner damaligen Verlobten vergnügt und ein Kind in die Welt gesetzt, dass sie ihm untergeschoben hatten! Das hätte der noble Hauptmann besser nicht getan! Mit einem grimmigen Grinsen ging er an den Tisch, nahm sich Papier und Schreibfeder und begann einen Brief aufzusetzen.

Gebannt waren die Augen des jungen Hauptmannes auf die Person gerichtet, die mit dem Rücken zu ihm stand und ihn noch nicht bemerkt hatte. Lautlos schlich er sich näher, nur noch wenige Schritte, und er hatte sie erreicht, er würde gleich zupacken und...

„Ameron! Bist du verrückt?"schrie Tabea, als sie ihr Mann fasste und spielerisch auf die Arme gehoben hatte. Aber sie musste lachen, das liebte sie so an Ameron. Er war immer für eine Überraschung gut. „Hallo, mein geliebter Engel!"flüsterte er in ihr Ohr und küsste sie liebevoll, ehe er sie langsam wieder auf den Boden stellte. Tabea schlang ihre Arme um seinen Hals und erwiderte den Kuss.

„Bist du hungrig, Ameron? Das Essen wird in wenigen Minuten fertig sein." Sagte die junge Frau, als sie sich voneinander gelöst hatten. „Wie ein Rudel Wölfe!"lachte er und setzte sich an den Tisch. „Stell dir vor, Aragorn hat heute einen Brief von Frodo erhalten! Lilthanor hat bald ihren ersten Geburtstag!"Tabea drehte den Kopf. „Und wie geht es der Kleinen?"– „Wundervoll, sie krabbelt wie wild durchs Haus und stellt alles auf den Kopf, was sie nur erreichen kann. Frodo schreibt, dass sie jetzt zwar nicht mehr soviel schreit, aber er hat selten solch ein Energiebündel gesehen!" lachte Ameron.

Er erinnerte sich an die dramatische Geburt, die sie und Liliane nur Dank Legolas´ überlebt hatten. „Und was ist mit den Anderen, geht es Sam und seiner Familie auch gut?"fragte Tabea weiter, es interessierte sie sehr, was die Hobbits im fernen Auenland so trieben. Ameron zuckte mit den Schultern: „Ich denke schon, Sam´s Frau ist wieder schwanger und..."– „Was? Schon wieder? Wieviele Kinder haben die denn bereits?"Die junge Frau war völlig fassungslos. Ameron dachte kurz nach. „ Das ist dann wohl ihr elftes Kind, wenn ich mich nicht verzählt habe. Aber Rosie und Sam freuen sich bereits sehr darauf."

Tabea schüttelte den Kopf, sie konnte es sich absolut nicht vorstellen, jemals so viele Kinder zu bekommen! Zwei oder drei, ja, aber elf? Plötzlich viel ihr etwas ein. Sie drehte sich um und ging zum Regal, wo sie einen Brief hingelegt hatte, der an Ameron adressiert war und heute von einem Boten gebracht worden war. Ameron nahm das Kuvert in die Hand und las:

„An Ameron, Hauptmann der königlichen Leibwache Gondors."

Erwartungsvoll riss er den Umschlag auf und faltete den Brief auseinander. Wer mochte ihm geschrieben haben? Seine Schwestern waren es bestimmt nicht, deren Schrift kannte er. Ameron begann zu lesen:

„Geehrter Hauptmann Ameron!

Ich weiß, dass ich euch bestimmt unbekannt bin, aber ich sehe es als meine Pflicht an, diesen Brief an euch zu schreiben. Meine Botschaft an euch ist eine sehr traurige, es fällt mir unsagbar schwer, diese Worte, die ich nun an euch richte, auf Papier zu bringen. Amrun, meine geliebte Frau ist von uns gegangen und da ich weiß, dass ihr einen festen Platz in ihrem Herzen hattet, bin ich der Ansicht, dass ihr ein Recht darauf habt, von ihrem Tode zu erfahren. Ich weiß, dass sie euch noch immer sehr geliebt hat, auch wenn mich das als ihren Mann schmerzt."

Ameron hatte das Papier sinken gelassen und starrte mit schreckgeweiteten Augen Tabea an. „Was ist passiert?"Seine junge Frau sah, dass etwas furchtbares geschehen sein musste, wenn er so schockiert war. Langsam schüttelte Ameron den Kopf und sagte mit leiser Stimme: „Ich habe dir doch einmal von Amrun erzählt, erinnerst du dich?"Tabea nickte. „Sie ist tot!" brachte er mühsam hervor und fühlte die Tränen in seinen Augen. Das konnte doch nicht wahr sein, sie war doch nicht älter als er selber, was konnte nur geschehen sein? Ameron brauchte eine Zeit, bis er sich wieder auf den Brief konzentrieren konnte.

„Doch mein Brief soll mehr sein als eine bloße Todesnachricht, ich erfülle hiermit Amruns letzten Willen. Sie hatte eine kleine Tochter, Mariel heißt sie und ist vier Jahre alt. Warum ich das euch erzähle? Mariel ist euer Kind, werter Herr Ameron! Sie war mit der Kleinen schwanger, als sie aus Minas Tirith kam. Sie nannte euch als Vater und ich habe keine Zweifel, dass sie die Wahrheit gesagt hat. Ich hatte Mariel immer als mein Kind betrachtet, aber nun, da ihre Mutter nicht mehr am Leben ist, kann ich mich nicht weiter um ihr Wohlergehen kümmern. Meine Geschäfte zwingen mich oft wochenlang von meinem Heim weg und ich habe keinerlei Möglichkeiten, das Kind in dieser Zeit zu versorgen. Amrun wusste von diesem Problem und bat mich daher, euch zu benachrichtigen, wenn ihr etwas zustoßen sollte. Sie wollte in diesem Falle, dass ihr eure Tochter zu euch nach Minas Tirith holt. Ich hoffe sehr, dass ihr den letzten Wunsch Amruns respektiert und erfüllen könnt. Ich wüsste sonst nicht, was mit dem kleinen Mädchen sonst geschehen würde, sie kann nicht bei mir bleiben! Für alle Fälle schicke ich euch eine Karte, die euch den Weg in mein Dorf weisen wird. Enttäuscht meine tote Frau bitte nicht!

Kandor"

Ameron war bei diesen Worten blass geworden, er konnte kaum fassen, was er soeben gelesen hatte. Er war Vater! Amrun hatte eine Tochter geboren. Seine Tochter! Verwirrt sah er seine junge Frau an, was würde sie davon halten? Sie wusste zwar, dass er Amrun sehr geliebt hatte und heiraten wollte, lange, bevor sie in sein Leben getreten war. Aber was würde sie dazu sagen, wenn er von ihr ein Kind hatte?

„Was ist mit dir, Ameron?"fragte sie besorgt, sie hatte sofort bemerkt, dass da noch etwas war, etwas, dass ihn in einen inneren Zwiespalt zu treiben drohte. Tabea kannte Ameron bereits so gut, dass ihr seine Gefühle nur selten verborgen blieben. „E...es ist...Amrun...sie hatte eine Tochter."Stammelte er und sah seine Frau unsicher an. „Oh nein, das arme Mädchen! Aber sie hat ja noch ihren Vater, der wird sich doch bestimmt um sie kümmern."Sagte sie bestürzt. „Ja...das wird er wohl tun, aber darüber müssen wir sprechen, Tabea." Ameron holte tief Luft, er fürchtete sich ein wenig davor, aber es musste sofort geklärt werden, was nun passieren würde. „Das kleine Mädchen...ihr Vater...ich bin der Vater! Amrun wollte anscheinend, dass ich sie zu mir hole, wenn ihr etwas passieren würde!" Tabea sah ihren Mann mit offenem Munde an. „Du bist was? Ihr Vater, aber wie..."– „Ich habe dir doch einmal erzählt, dass ich mit Amrun zusammen war und sie heiraten wollte. Aber an diesem Tage war ihr verschollener Verlobter zurückgekehrt und sie ging fort...zu ihm. In dem Brief steht, dass sie schwanger war, als sie in ihrem Dorf angekommen war. Tabea, sie hat es ihrem Mann gesagt, kurz bevor sie..."

Ameron konnte nun seine Tränen nicht länger zurückhalten und lehnte sich trostsuchend an die Schulter seiner Frau, die ihn wortlos in die Arme nahm. Diese Neuigkeiten hatten sie völlig sprachlos werden lassen. Ihr Ameron hatte ein Kind! Irgendwie war das ein sehr eigenartiges Gefühl, sie wusste, dass das vor ihrer Zeit geschehen war, aber...

„Du solltest deine Tochter zu dir nehmen, Ameron!"flüsterte sie in sein Ohr und erschrak ein wenig über sich selbst. Wollte sie das überhaupt? War sie der Aufgabe gewachsen, konnte sie ihr die verlorene Mutter ersetzen? Wurde sie nicht dann immer wieder an die andere Frau in Amerons Leben erinnert? Tabea wusste nicht, was sie denken sollte, aber das Kind brauchte eine Familie, soviel war klar!

Ameron hob den Kopf und sah sie aus tränennassen Augen an: „Was? Ist das dein Ernst, du würdest die Kleine hier dulden?"Tabea nickte langsam, ja, sie würde das Mädchen aufnehmen. „Ich werde mein bestes versuchen, ihr eine gute Mutter zu sein!"Der junge Mann nahm seine Frau liebevoll in die Arme, er hatte in ihren Augen gesehen, dass sie es so meinte. „Hast du dir denn das gut überlegt, Tabea? Ich meine, immerhin ist sie nicht dein Kind..."- „Aber sie ist deines, Ameron. Mariel braucht eine Familie, ihren Vater, mehr als alles andere im Moment. Du weißt doch, wie man sich fühlt, wenn man seine Eltern verloren hat. Die Kleine hat bereits ihre Mutter verloren, sie braucht dich wirklich!"

Tabea sah ihren Mann ernst an, sie wusste, dass er sich im Herzen längst für das Mädchen entschieden hatte, sie kannte ihn doch. Aber er zögerte, weil er sie nicht zu etwas zwingen wollte, dass sie nicht haben wollte. Aber Tabea war sich sicher, sie wollte alles dafür tun, dass die kleine Mariel ein schönes Zuhause und eine liebevolle Familie bekam.

„Außerdem...wenn sie den Charakter ihres Vaters geerbt hat oder vielleicht sein tolles Aussehen, dann werde ich ihr wohl kaum widerstehen können!"Die junge Frau grinste den jungen Hauptmann frech an. Ameron musste nun auch lächeln: „Das kann ich nicht versprechen, aber sie wird bestimmt ein liebes Mädchen sein."Flüsterte er in ihr Ohr und küsste sie auf die Wange. „Du bist das Beste, was mir jemals passiert ist, weißt du das? Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich dich liebe, meine über alles geliebte Frau." Ameron sah Tabea tief in die braunen Augen, er konnte seine Liebe nicht in Worte fassen, ihre Reaktion heute auf diese sehr verwirrende Situation hatte ihm wieder deutlich vor Augen geführt, welch wundervoller, warmherziger Mensch seine Tabea doch war.

„Und ich liebe dich, Ameron. Mehr als ich beschreiben könnte. Ich finde es so wundervoll von dir, dass du nicht zögern willst, deine Verantwortung dem Kind gegenüber anzunehmen. Das schaffen nur wenige Männer, die ich kenne!" Tabea erwiderte seine Blicke und strich ihm durchs Haar. Sie sah etwas in seinen Augen aufblitzen: „Was, du kennst andere Männer?" fragte er mit todernster Miene und sah sie streng an. „Natürlich, was dachtest du denn?"Tabea musste sich das Lachen verbeißen. „Eifersüchtig?" – „Und wie! Wer sind sie? Ich werde sie töten!"Amerons Stimme hatte einen drohenden Klang angenommen, aber sein Grinsen verriet ihn. Lachend setzte sich Tabea auf seinen Schoß und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, sie liebte seine kleinen Verrücktheiten, die er manchmal an den Tag legte.

„Ob die Kleine wohl weiß, dass ich ihr Vater bin? Ich meine, wenn ich so einfach auftauche und sie mitnehmen will, wird sie es zulassen? Immerhin bin ich ihr doch völlig fremd, Mariel wird bestimmt Angst vor mir haben." Ameron grübelte vor sich hin. Tabea hatte ihren Kopf gehoben und musterte ihn. „Schon möglich, ich weiß es nicht. Aber nachdem dieser Kandor geschrieben hat, dass er sie nicht bei sich lassen kann, wird er es ihr schon erklären, nehme ich an. Du kannst nur abwarten, was passieren wird."

„Wie soll ich mich ihr überhaupt vorstellen? Ich kann doch nicht einfach sagen „Ich bin dein Papa, tut mir leid, wenn ich erst so spät komme, aber ich wusste nicht dass es dich gibt!"Das wird sie bestimmt nicht verstehen!"wandte Ameron wieder ein. Tabea musste bereits lächeln. „Folge einfach deinem Instinkt in diesem Moment. Du weißt ja gar nicht, was sie bereits weiß."

„Und was wird sein, wenn ich mit der Kleinen ganz alleine unterwegs bin und ..." - „Ameron! Nun hör schon auf, du machst dich doch selbst noch ganz verrückt. Lass es einfach auf dich zukommen und höre auf dein Herz! Du kannst so eine Sache nicht von langer Hand planen, glaube mir."Die junge Frau verdrehte gespielt verzweifelt die Augen und strubbelte durch Amerons schwarzes Haar.

Männer! Alles wollen sie im Vorhinein geplant wissen, aber bei Kindern ist man vor keiner Überraschung gefeit! Das wusste Tabea, sie hatte schon vieles in den Häusern der Heilung erlebt, als sie dort als Pflegerin beschäftigt war.

Ameron war auf dem Weg zum Palast. Tabea und er hatten gestern noch sehr lange drüber gesprochen, was er nun tun sollte. Natürlich würde er seine Tochter zu sich holen, das war er Amrun auf alle Fälle schuldig. Aber er wollte sein kleines Mädchen kennenlernen, irgendwie war es noch nicht in seinem Kopf, dass er Vater war. Warum nur hatte Amrun nie etwas gesagt, ihm nie geschrieben? Der junge Mann verstand es nicht, wenn sie ihn doch noch immer geliebt hatte, warum war sie dann nicht wieder zu ihm zurück gekommen? Wenn sie doch eine gemeinsame Tochter hatten! Was war überhaupt mit ihr geschehen, wie kam sie zu Tode? Davon hatte er nichts in dem Brief finden können.

Soviele Gedanken gingen Ameron durch den Kopf, als er die Stufen zum Palast erklomm, er wollte Aragorn um einige freie Tage bitten, damit er in das Dorf reiten konnte, wo Amrun gelebt hatte. Es lag an der alten Südstrasse, nicht weit vom Auenland entfernt. Kandor hatte eine genaue Karte dem Brief beigelegt, die den Weg dorthin wies. Der Soldat am Portal nahm Haltung an, als er in Ameron den Hauptmann der Leibwache erkannte, der junge Mann hatte seine Uniform mit dem Baum Gondors an. Er nickte der Wache kurz zu und lief durch den langen Gang, bis er an Aragorns Arbeitszimmer angekommen war. Ameron war einer der wenigen Personen, denen es gestattet war, unangemeldet zu erscheinen und so klopfte er an der Holztür und trat ein, als er von drinnen die Aufforderung dazu erhielt.

„Ameron! Schön dich zu sehen!"Aragorn war von seinem Schreibtisch aufgesprungen und begrüßte seinen jungen Freund erfreut. Die beiden Männer waren seitdem Ameron Frodo das Leben gerettet hatte, sehr gute Freunde geworden. Ameron erwiderte den Gruß freudig. „Was gibt es, du hast dich schon einige Tage nicht mehr bei mir blicken lassen!"tadelte der König grinsend und die Männer nahmen Platz. „Du weißt doch, die Pflichten eines Hauptmannes... Da hat man nur wenig Zeit. Tabea hat sich auch schon beschwert, dass ich zu wenig Zeit mit ihr verbringe."Ameron zuckte lächelnd mit den Schultern. „Aber ich komme mit einer Bitte zu dir, Aragorn: Ich brauche einige Tage frei."Aragorn sah seinen jungen Freund amüsiert an. „Willst du mit Tabea ein paar schöne Tage verbringen?" Ameron schüttelte den Kopf: „Nein, obwohl mich das sehr reizen würde, aber es geht um eine wichtige Angelegenheit. Erinnerst du dich an Amrun?"Der junge Hauptmann sah, dass der König nickte. „Ja, die Dienerin, die du heiraten wolltest. Was ist mit ihr?"– „Ich habe gestern einen Brief von ihrem Mann bekommen. Er schreibt, dass sie tot ist."Aragorn sah erschrocken auf. „Das ist ja schrecklich, was ist passiert?"Ameron zuckte mit den Schultern: „Ich weiß es nicht, aber sie hatte ein Kind."Der König sah ein wenig verwirrt auf seinen Freund. „Und was hast du mit der Sache zu tun?"

„ Ich bin der Vater! Sie hatte eine Tochter von mir, um die ich mich von nun an kümmern werde!"Der junge Hauptmann sah, dass Aragorn offensichtlich nicht ganz glauben konnte, was er da hörte. „Amrun war schwanger, als sie mich verließ und zu ihrem Verlobten zurückkehrte. Ich hatte keine Ahnung Aragorn, sonst wäre ich ihr nachgelaufen und hätte sie zurückgeholt! Erst gestern habe ich das alles erfahren, von Kandor, Amruns Mann! Aber ich werde ihrem letzten Wunsch nachkommen und mich um mein Kind kümmern. Wenn du es gestattest, möchte ich morgen aufbrechen." Ameron sah seinen Freund ernst an.

Aragorn nickte: „Natürlich, nimm dir frei, solange du willst. Wo liegt denn das Dorf?"– „An der alten Südstrasse, ziemlich nahe der Grenze zum Auenland."Antwortete der junge Mann. Aragorn dachte eine Weile nach. „Aber alleine solltest du nicht gehen, es könnte gefährlich werden unterwegs und wenn das Kind bei dir ist, wärest du eine leichte Beute. Wenn du es gestattest, werde ich mitreiten, ich habe mir einige Tage Urlaub von den Regierungsgeschäften verdient. Ich brauche mal wieder die Wildnis um mich!" sagte er lächelnd und sah fragend auf Ameron, der zu grinsen begann. „Es wäre mir eine Ehre, euch an meiner Seite zu wissen, Herr!"alberte er herum. Der junge Mann freute sich, dass er nicht völlig alleine einer Situation gegenüberstehen musste, die er noch nicht kannte. Aragorn war bereits Vater, er wusste mit Kindern umzugehen, wenn es Probleme mit der kleinen Mariel geben würde.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein Wirbelsturm fegte ins Zimmer, der sich als Prinz Eldarion entpuppte. „Hallo, Papa!"rief der Junge freudig aus und stoppte kurz vor dem Schreibtisch seines Vaters. „Eldarion! Wie oft habe ich dir gesagt, dass du anklopfen sollst, ehe du eintrittst! Besonders, wenn ich ein Gespräch zu führen habe!"schalt Aragorn seinen wilden Sohn. „Aber es ist doch nur Ameron!"maulte Eldarion und erntete dafür einen vernichtenden Blick von seinem Vater. Der Junge ist einfach zu vorlaut!

Ameron musste lachen: „Ich danke euch mein Prinz, dass ihr meine unwürdige Erscheinung bemerkt habt!"Er mochte den Jungen sehr und es erheiterte den jungen Hauptmann ungemein, dass der Prinz nun rote Ohren bekommen hatte. „Entschuldige bitte, Ameron. Ich habe es nicht böse gemeint."Sagte der Junge mit gesenktem Blick. „Schon vergessen, kleiner Freund. Aber du solltest deine Worte mit mehr Bedacht wählen. Das erspart dir manche Verlegenheit!"Ameron klopfte Eldarion auf die Schulter und grinste breit. Er war ein gutherziger Junge, aber sein Temperament würde ihm bestimmt noch einigen Ärger einhandeln.

„Was willst du eigentlich?"fragte Aragorn und sah den Prinzen fragend an. „Ich wollte dir nur erzählen, dass ich beim Bogenschießen zweimal voll ins Schwarze getroffen habe!"berichtete der Junge stolz und bemerkte die anerkennenden Blicke seines Vaters und Amerons. Er hatte erst vor kurzem mit dem Unterricht begonnen, doch mit fast vierzehn Jahren war er doch schon erwachsen genug, um an den Waffen ausgebildet zu werden! Seine Mutter war da anderer Ansicht, aber Eldarion hatte es geschafft, seinen Vater von der Notwendigkeit zu überzeugen. Schließlich musste sich gerade ein Prinz zu verteidigen wissen, wenn er in Bedrängnis kam!

„Bitte pass auf dich auf, Ameron."Flüsterte Tabea zum Abschied in sein Ohr. Sie vermisste ihn jetzt schon unsagbar, dabei war Ameron doch noch hier. Aber er würde nun jeden Moment aufbrechen, der König saß bereits im Sattel und wartete geduldig, damit sie sich von ihrem Mann verabschieden konnte. „Natürlich, aber was soll schon groß passieren? Wir halten uns die ganze Zeit an der alten Südstrasse. In ein paar Wochen bin ich wieder bei dir, meine geliebte Tabea. Du wirst mich nicht los, keine Chance!"Ameron küsste sie lächelnd. „Das will ich auch gar nicht. Du wirst mir fehlen!" Tabea sah, dass er auf seine Stute stieg und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Es war das erste Mal, dass Ameron so lange wegbleiben würde.

Der junge Hauptmann drehte sich im Sattel und sah seine junge Frau lange an, er sah an ihren Augen an, was sie dachte. Er wollte doch auch lieber bei ihr bleiben, aber er musste seine Tochter holen. „Leb wohl, Tabea! Ich bin bald wieder bei dir!"sagte er und schenkte ihr ein Lächeln, dass aber irgendwie gequält aussah. Sie erwiderte es halbherzig: „Leb wohl, Ameron! Gib gut auf euch beide acht, ja?"Der junge Leibwächter nickte und ließ die Stute angehen. Aragorn trieb seinen Hengst ebenfalls an und die beiden Männer entschwanden bald aus ihrem Blickfeld. Seufzend wandte sie sich um und ging ins Haus zurück, wo sie sich erst mal auf einen Sessel fallen ließ und mit ihren Tränen kämpfte. „Sei nicht töricht, Tabea! Ameron weiß, was er tut, und er weiß sich zu helfen, wenn er Probleme haben sollte!"schalt sie sich selbst. Ja, er hatte so viele Jahre alleine in einem Wald gelebt, danach war er als Leibwächter bei König Elessar auch immer wieder in Gefahr geraten und hatte sich zu helfen gewusst, warum sollte es diesmal anders sein?