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Disclaimer:
Alle Rechte an den Originalcharakteren aus „Der Herr der Ringe"liegt
natürlich bei
J.R.R. Tolkien, bzw. seinen Nachkommen.
Wir, die Autoren, erheben nur Ansprüche auf unsere gaaaanz eigenen
Persönlichkeiten *g* Und dass sich mit diesem Werk kein Geld verdienen lässt, ist doch wohl auch klar, hm? ;-)

*** @ Little Lion: Jaaa...es gibt sie, die Fortsetzung! Dank meiner lieben Mitautorin Magic Dragon...;-) Tja, der „trauernde"Witwer Kandor... der wird noch einige schlimme Sachen machen! Lass dich überraschen! *kicher*

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Munter trabte die Stute voran. Sie war aufmerksam und schien Spaß an dem Ritt zu haben. Ameron hingegen, war die ganze Zeit völlig in Gedanken versunken und starrte nur vor sich hin. Er hörte nicht, was um ihn herum geschah und die Zeit, die verflog, nahm er gar nicht recht wahr. Aragorns Pferd trottete neben seinem und der König musterte seinen Hauptmann immer wieder kritisch von der Seite.

Ameron war mit den Gedanken weit weg. Er und Aragorn würden nun bald das Dorf erreichen, indem Kandor und Mariel lebten. Mariel. SEINE Tochter. Er wusste es zwar, aber es war so schwer begreiflich für ihn. Er hatte ein Kind, er war ein Vater und hatte es nicht gewusst! Wie sehr hatte er sich immer gefreut, wenn er die Kinderschar der Hobbits sah! Er war ja bereits Onkel und hatte auch hier sehr schöne Erfahrungen mit Kindern gemacht und ebenso liebte er es mit Eldarion zu balgen. Schon oft hatte er sich darüber Gedanken gemacht, selbst einmal Kinder zu haben und, eines Tages wollte er sich zusammen mit Tabea diesen Wunsch erfüllen. Doch er hätte nie gedacht, dass es so plötzlich passieren würde. Und er hätte nie gedacht, dass Tabea dann nicht die Mutter sein würde.

Er war Vater, diese Erkenntnis war noch fremd für ihn. Er war sehr schnell zusammen mit Aragorn aufgebrochen, nachdem er den Brief von Amrun erhalten hatte, doch er hatte sich die Tatsache, dass er selbst ein Kind hatte noch nicht so recht vor Augen gehalten und es fiel ihm auch jetzt schwer. Doch nun waren sie bald da, er würde seine Tochter sehen. Würde er es auch begreifen, dass sie sein Kind ist? Wie würde sie reagieren? Was sollte er überhaupt sagen? Ameron war sich so unsicher und er fühlte sich zunehmend unbehaglich. Andererseits freute er sich jedoch auch. Im Stillen dankte er Tabea noch einmal, dass sie so verständnisvoll auf diese für sie völlig neue Situation reagiert hatte. Sie hatte sich bereit erklärt ein Kind großzuziehen, das gar nicht ihr eigenes wahr. Sie hatte sich dazu bereit erklärt für das Mädchen zu sorgen, als wäre sie ihre Mutter. Ameron wusste, dass Tabea das auch tun würde, er war glücklich solch eine Frau zu haben! „Ameron", hörte er plötzlich Aragorns Stimme, die ihn tief aus seinen Gedanken riss. „Was", fragte er und blickte sich verwirrt um. „Wir sind gleich da, vielleicht sollten wir noch mal auf die Karte sehen, damit wir wissen, wo wir hinmüssen", erklärte Aragorn und beobachtete, wie sein Hauptmann auch schon in der Satteltasche wühlte. In der Ferne erstreckten sich bereits die ersten Häuser, die auf das Dorf hindeuteten. Aragorn hielt sein Pferd an und Ameron tat es ihm gleich. Sie saßen ab und studierten noch einmal die Karte.

„Wenn wir hineinreiten, dann können wir erst mal ein ganzes Stück geradeaus weiterreiten und dann müssen wir hier links", überlegte Aragorn. „Was ist das hier eigentlich, soll das eine Straße sein", fragte Aragorn und fixierte eine kleine krumme Lilie. „Ameron?" Der junge Mann gab keine Antwort. „AMERON, hörst du mir eigentlich zu?" Ameron schüttelte den Kopf, als wolle er sich selber wach machen. „Tut mir leid, was hast du gesagt?" „Nicht wichtig, mein Freund, ich sehe, du henkst anderen Gedanken nach. Und ich verstehe dich...", grinste der König und schwang sich dann wieder auf sein Pferd. Sie ritten weiter und nun wurde der Blick immer besser auf das kleine Dorf, das vor ihnen lag. Die Häuser glichen eher kleinen Hütten. Sie hatten Reetdächer und bestanden fast ausschließlich aus Holz. Es war ein sehr gemütliches Dorf, man sah nur wenig Leute, aber das lag wohl auch daran, dass es Mittag war und die meisten jetzt ihr Mittagessen zu sich nahmen. Auf den sandigen Straßen, die einige Wagenrad- und Hufspuren vorzuweisen hatten, saßen hier und da ein paar Hühner, die eifrig die runtergefallen Körner und Krümel auflasen und wild flatternd zur Seite sprangen, als Aragorn und Ameron auf sie zu ritten. Aus den Schornsteinen der Häuser stieg paffend der Dampf auf und es roch nach Gemüse und Fleisch. Eine Ziege kreuzte laut meckernd Amerons Weg und blieb dann am Straßenrand stehen, von wo sie die Fremden musterte.

Aragorn und Ameron machten noch einmal Halt und betrachteten sich erneut die Karte. Der junge Mann fühlte auf einmal ein energisches Zupfen an seinem Hosenbein und schaute verwundert an sich hinab. Die Ziege knabberte an seiner Hose und versuchte gierig den schwarzen Stoff zu verschlingen. „Na, wirst du das mal lassen", rief Ameron empört aus und macht ein paar Schritte zur Seite, doch das Tier folgte ihm schnell und tat sich diesmal an seinem Hemd gütlich. „Der König lässt dich dafür einsperren, wenn du seinen Leibwächter anknabberst", bemerkte er flüsternd und blickte lächelnd zu Aragorn, der sich über das Schauspiel köstlich amüsierte. Er kam schließlich zu den Beiden hinüber. Ameron schubste die Ziege immer wieder weg, doch das Tier wollte sich einfach nicht abwimmeln lassen. Aragorn reichte ihr ein Stück Brot und die Ziege nahm es und fing an genüsslich zu kauen. „Hier, das schmeckt bestimmt besser", sagte er grinsend, als er es dem Tier reichte. „Ein wirklich sehr idyllisches Dorf", bemerkte Ameron schmunzelt und sah zu, wie die Ziege scheinbar zufrieden davonrannte.

„Sie hat dich wohl gemocht", lachte Aragorn und betrachtete sich erneut die Karte. Nachdem sie nun endlich wussten, wo sie hinmussten, setzten sie ihren Weg fort. In der Mitte einer Straße hatten sich ein paar Schafe versammelt, die den Platz nicht freigeben wollten und so ritten Ameron und Aragorn einfach drum herum. Langsam kehrte die Aufmerksamkeit zu Ameron zurück und er betrachtete sich eingehen alle Häuser und Gärten, an denen sie vorbei kamen. Viele Häuser besaßen kleine Gärten, in denen sich ein paar Spielsachen befanden. Aragorn und Ameron bogen schließlich in eine kleine Straße ein, in der sich auch ein Heuschober befand und nach einer kurzen Zeit befanden sie sich vor dem Haus, dass laut Karte das Haus von Kandor und Mariel sein sollte.

„Hier hatte also Amrun gelebt", schoss es Ameron durch den Kopf. Das Haus unterschied sich nicht viel von den anderen, einzig eine Sache weckte Amerons Aufmerksamkeit. Er hatte in vielen Gärten Spielzeug gesehen und schloss daraus, dass dort Kinder leben mussten, doch hier, wo er wusste, dass es dort wirklich ein Kind gab, lag kein Spielzeug. Der kleine Garten vor dem Haus war eher verwildert und ein ziemlich dürrer, abgestorbener Baum zog sofort den Blick auf sich. Das Reet des Daches schien dringend erneuert werden zu müssen und auch die Tür müsste mal wieder ausgebessert werden. Ameron versuchte seine Nervosität zu verbergen und Aragorn klopfte ihm beruhigend auf die Schulter, weil er merkte, dass sein Hauptmann sehr angespannt war. Die beiden Männer gingen zur Tür und Aragorn machte mit einem kräftigen Klopfen auf sich und Ameron aufmerksam.

Die Tür wurde aufgerissen und ein großer, schlanker Mann stand in lockerer Haltung davor. Seine Kleidung war schmutzig und sein Hemd hatte am Bauch einen Riss, der einen Blick auf seine Haut freigab. Ameron fiel auf, dass er keine Schuhe anhatte und seine Hose ein Stück zu lang für ihn war. Seine Haare waren aschblond und sahen aus, als wären sie gerade benässt worden. Die Harre fielen ihm derartig ins Gesicht, dass Ameron die Augen kaum sehen konnte und das war etwas, dass ihm nicht gefiel. Er sah den Leuten zuerst immer in die Augen, sie verrieten das Gemüt eines Menschen.

An seinem Kinn zeigte sich der Ansatz eines dunklen Bartes. Er schien die beiden Fremden vor der Tür eingehend zu mustern, und Aragorn und Ameron taten das selbe mit ihm. Der Mann strich sich mit seiner Hand die Haare aus dem Gesicht und ein paar hellblaue Augen, umrandet von schwärzlichen Ringen kamen zum Vorschein. Ameron blickte sogleich in sie hinein und fand, das sie etwas kühles besaßen. Der Mann streckte seine Hand aus und hüstelte, bevor er in einer tiefen Stimme sagte: „Willkommen, ich bin Kandor! Und ihr müsst wohl Ameron sein", fuhr er an den jungen Hauptmann gewandt fort. Ameron nickte nur und erwiderte den Gruß. „Man sieht es", bemerkte Kandor. „Die Ähnlichkeit mit meiner..., Verzeihung, eurer Tochter ist erstaunlich", erklärte er und Ameron konnte nicht sagen, wieso ihm dieser Mann irgendwie unheimlich war.

Doch der junge Mann versuchte dieses Gefühl zu verdrängen. Immerhin war Kandor Amruns Mann und ihr Tod hatte ihn sicher sehr getroffen. Vielleicht lag es daran, dass er Ameron auf den ersten Blick so merkwürdig erschien.

„Und wer seid ihr", fragte Kandor und reichte auch Aragorn die Hand. „Ein Freund von Ameron, ich habe mich entschlossen, ihn zu begleiten", antwortete Aragorn. „Und habt ihr auch einen Namen", wollte Kandor wissen. Ameron sah seinen Freund an und wusste nicht, ob er das so gut finden sollte, wenn Aragorn seinen Namen verriet.

„Aragorn", sagte der König jedoch sogleich und Kandor nickte nur. Wahrscheinlich hatte er nicht gemerkt, wen er da vor sich hatte und Ameron fand es auch besser so. Dennoch schienen Kandors Augen auf Aragorn fixiert zu sein, als er sprach: „Verzeiht mir meine Erscheinung und die Unordnung, aber ich hatte euch noch nicht so früh erwartet". Er machte die beiden Männer mit einer Handbewegung darauf aufmerksam, dass sie ins Haus kommen sollten und Ameron stockte leicht der Atem, als er es betrat. Die Fenster waren mit Fetzen verhangen, die nur wenig Licht durchließen. Auf dem Boden lagen Gegenstände und die Stühle um den großen Tisch, der in der Mitte des Wohnzimmers stand, waren umgefallen. Einer von ihnen war sogar auseinandergefallen.

An der Decke erkannte Ameron mehrere Spinnennetze und der Staub tanzte im Lichtkegel des wenigen Lichtes. Der Mann verwies Aragorn und Ameron auf ein wenig einladendes Sofa und setzte sich ihnen gegenüber in einen Sessel. „Möchtet ihr etwas trinken", fragte Kandor und sah die beiden Männer durch seine Haare hindurch an. „Nein danke", erwiderte Aragorn und musterte immer noch den Raum. „Und ihr", fragte Kandor an Ameron gerichtet. Der junge Mann schüttelte nur den Kopf und senkte leicht beschämt den Blick. Er konnte gar nichts dafür, aber irgendwie war es ihm peinlich, dass Aragorn, der König von Gondor, hier in diesem verwahrlosten Haus saß. Doch der König überspielte diese Tatsache einfach.

„Euch muss der Tod eurer Frau sehr betroffen gemacht haben", sagte er an Kandor gerichtet. Ameron kam sich so dumm vor. Am liebsten würde er einfach nur das Kind nehmen und schleunigst von hier verschwinden. Er fühlte sich so unbehaglich, wusste nicht, was er sagen sollte und hatte keine Ahnung, wie er dem Mann, der ihm gegenüber saß entgegentreten sollte. Dieser Mann war es gewesen, weswegen Amrun ihn damals verlassen hatte. Er hatte jetzt Tabea und war sehr glücklich, doch Ameron hatte das törichte Gefühl, als würde er ihn tief in seinem Inneren und ohne dass er es wollte wie einen Rivalen sehen.

„Nun ja, das Schicksal meint es halt oft nicht gerade gut", gab der Mann zur Antwort und Ameron fragte sich, wieso er nicht ein Fünkchen Traurigkeit in der Stimme des Mannes hörte. „Wie ist es denn passiert", fragte Ameron, nur um auch mal etwas zu sagen. Kandor richtete unter seinen Haaren seine blauen Augen auf den jungen Mann. „Sie hatte einen Unfall. Ihr Pferd hat sie abgeworfen und sie hat sich das Genick gebrochen." Ameron sah den Mann sprachlos an. Er redete darüber, als wäre es etwas ganz normales. Kein Anzeichen von einer Spur Traurigkeit waren in seiner Stimme, kein verzweifelter Blick in seinen Augen.

Ameron sagte nichts, sondern nickte nur leicht, zum Zeichen, dass er es verstanden hatte. Der junge Hauptmann fragte sich, wie es möglich war hier ein Kind leben zu lassen. Er selbst hätte hier nicht freiwillig gewohnt, doch das Kind hatte keine Wahl. Er hätte gerne gefragt, wo seine Tochter war, doch er wartete und hoffte, dass Kandor darauf selber kam. Es war ein merkwürdiges Zusammentreffen. Kandor schien fast so, als würde er die Beiden ständig nur mustern und irgendetwas abwägen. Manchmal sprach er mit Ameron, starrte aber Aragorn an und umgekehrt. Seine Augen schienen so durchdringend und Aragorn, sowie Ameron waren seine Blicke unangenehm. Es war kein gewöhnliches Mustern, um den anderen kennen zu lernen, es war etwas anderes...

Ameron wusste gar nicht recht, was er alles fragen sollte, er hätte gerne so einige Antworten gehabt, aber er konnte den Mann ihm gegenüber nicht abschätzen und er wusste überhaupt nicht, wie er seine Gesellschaft empfand und was er fühlte. Ob er schon länger wusste, dass Ameron der Vater war? Oder hatte Amrun es erst bei ihrem letzten Willen erwähnt? Hasste ihn der Mann oder nahm er es in Kauf? War er vielleicht glücklich, dass Ameron hier war und sich des Kindes annahm, denn so wie es aussah hatte der Mann Schwierigkeiten sich um sich selbst und das Haus zu kümmern, wie war es dann erst mit dem Kind? Ob das Haus auch so verwahrlost gewesen war, als Amrun noch lebte? Ameron glaubte es nicht.

Aragorn verhielt sich Kandor gegenüber eher distanziert und stellte nur bedeutungslose Fragen. Ameron war dankbar, dass er hier war, Aragorn half diese ungewöhnlich Situation etwas zu lockern. Plötzlich klopfte es an der Tür und Kandor stand langsam auf und ging zum Ausgang. Ameron vergrub den Kopf in den Händen und murmelte nur leise: „Tut mir leid, Aragorn." „Was tut dir leid?" „Das du hier sein musst! Das ist wirklich nicht gerade königlich hier..." „Ameron, du kennst mich jetzt lange genug um zu wissen, dass ich nicht immer den ganzen Reichtum brauche. In der Tat ist es hier nicht gerade schön, aber mach dir darum keine Sorgen!"

Ameron nickte nur als Dank und lauschte dann den Stimmen, die er von der Tür her vernahm. „Aber wir dachten, wir sollen...". „Nein", hörte er Kandors Stimme. „Es hat sich etwas geändert, ich werde euch heute Abend aufsuchen und es euch erklären!" Ameron sah Aragorn fragend an. Dann jedoch hörte er ein paar unverständliche Worte und die Tür schlug wieder zu. Kandor bemerkte die fragenden Blicke und lächelte. Es machte irgendwie einen gehässigen Anschein, wie Aragorn fand. „Immer diese Beileidsbekundungen, sie helfen jetzt auch nicht mehr", sagte Kandor. „Amrun war in unserem Dorf sehr beliebt..."

Ameron wusste nicht ganz, was diese Aussage jetzt zu bedeuten hatte, aber er wurde das Gefühl nicht los, dass der Mann vor ihm nicht ganz ehrlich war. „Na gut, jetzt wo ich schon stehe, kann ich euch ja auch mal eure Tochter zeigen. Sie ist in ihrem Zimmer, wenn ihr mir folgen wollt..." „Geh nur, ich warte hier", erklärte Aragorn und nickte Ameron auffordernd zu. Der junge Mann fühlte Wut in sich hochsteigen. Kandor sprach den letzten Satz aus, als wäre es rein gar nicht ungewöhnliches. Es ging hier um ein Kind, dass jahrelang seine Tochter gewesen war und nun zu einem für sie fremden Mann sollte, der der richtige Vater war. Und er handelte die ganze Sache so belanglos ab, Ameron fütterte da sein Pferd mit mehr Bedacht. „Wenn ich schon mal stehe", äffte Ameron in seinen Gedanken den Mann vor ihm nach und schüttelte unmerklich den Kopf.

Kandor führte ihn einen etwas längeren Gang entlang, der sehr dunkel war. Dann blieben sie vor einer kleinen Türe stehen, an der die Türklinge schon halb abfiel. Kandor schubste die Tür auf und trat von Ameron gefolgt ein.

Auf dem Boden saß ein kleines Mädchen, deren schwarze Haare zu einem kleinen Zopf zusammen genommen waren. An den Seiten hingen ihr jedoch wirr ein paar Strähnen heraus und aufmerksam lugten ihre dunklen Augen unter den Haaren hervor auf die Puppe in ihren Händen. Ihr kleiner Mund war leicht geöffnet voll Faszination und die Pausbäckchen waren ganz rot vor Freude über ihr Spielzeug. Ameron war schon wieder sprachlos und großes Mitleid stieg in ihm auf, als er das Mädchen erblickte. Sie war sehr zierlich, hatte genau wie Kandor schmutzige und teilweise zerrissene Kleidung an. Die Puppe, die sie so freudig in den Händen hielt war schäbig und einer der Arme war kaputt, doch sie war damit beschäftigt führsorglich ein kleines Stück Stoff um den Arm zu binden, um ihn zu reparieren. Die Puppe sah schon sehr alt aus und auch das rote Kleid, dass sie trug, war zerrissen. In dem Zimmer befanden sich, außer ein paar leere Schränke und ein Stuhl nicht viel mehr. Es war das einzige Zimmer, wo kein Stoff vor dem Fenster hing, doch die Scheibe war schmutzig und blind. Auf dem Boden lagen noch ein paar Hölzchen, mit denen sich das Kind wohl etwas gebaut hatte, dass wie ein Männchen aussah und daneben lagen noch ein paar zerfetzte Puppenkleider. Auf einem Schrank lag ein kaputtes Stofftier, ansonsten war das Zimmer ohne jegliches Spielzeug. Ameron war so fassungslos, dass er nur wie angewurzelt dastand. Das war kein Zimmer, das war ein Gefängnis...

Das Mädchen blickte fröhlich auf und betrachtete sich freudenstrahlend den Besuch. Mit ihren kleinen Händchen wischte sie sich einmal durchs Gesicht, weil die Haare sie kitzelten. Ameron schossen die Tränen in die Augen, wie konnte ein Kind in dieser Umgebung nur so fröhlich sein? Sie war so klein und sofort breitete sich bei Ameron das Gefühl aus, sie beschützen zu müssen.

Sie war sein Kind! Amerons Gefühle überschlugen sich. Er wollte sie in den Arm nehmen, doch er wusste, dass er das noch nicht tun durfte, sie sollte sich nicht erschrecken. Das kleine Mädchen hatte noch gar nichts gesagt, Ameron kannte sie erst seit wenigen Momenten und doch wusste er, dass die Kleine bereits sein Herz gestohlen hatte. Er wusste gar nicht, was er jetzt tun sollte. Wie sollte er ihr sagen, dass er ihr Vater war? Sie würde es bestimmt nicht verstehen, sah sie doch Kandor bestimmt die ganze Zeit als ihren Vater und tat es mit Sicherheit auch noch. Ameron wollte sie ganz langsam an die neue Situation heranführen.

Die dunklen Augen des Mädchens blickten aufmerksam den jungen Hauptmann an und dann sagte sie mit piepsiger Stimme: „Meine Puppe ist krank, ich muss sie wieder gesund machen."Mit diesen Worten hielt sie die Puppe mit dem kaputten Arm hoch und sah Ameron auffordernd an. Er wollte gerade etwas sagen, als Kandor ihm ins Wort fiel. „Kleines, das interessiert den Mann nicht! Steh auf und begrüß ihn, er ist dein Vater!"

Ameron glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Wie konnte Kandor so kaltherzig sein? Das Mädchen sah Ameron entsetzt an und erhob sich dann langsam. Sie blickte fragend von einem Mann zum anderen und schniefte. „Aber du bist doch mein Papa", sagte sie zu Kandor. „Mariel, ich hatte dir doch gesagt, dass dem nicht so ist. Tu nicht so, als hättest du nicht gewusst, dass dein richtiger Vater hier herkommt!" Das kleine Mädchen begann zu weinen. Ameron musste sich beherrschen um nicht seine Fassung zu verlieren. Wie konnte ein Mensch nur so lieblos sein? Das Mädchen verstand die Welt nicht mehr.

„Aber Papa, du darfst mich nicht weggeben! Ich will nicht weg, ich will doch hier bleiben und auf Mama warten", schniefte das Mädchen. „Mama kommt nicht mehr, auch das habe ich dir bereits gesagt", donnerte Kandor. Ameron glaubte zu träumen. Konnte das wahr sein, was sich da gerade vor seinen Augen abspielte? „Aber Papa", weinte das Mädchen und wollte Kandor umarmen, doch er schubste sie leicht zurück, und das Mädchen blieb schluchzend auf der Erde sitzen.

„Wie könnt ihr nur so sein", fauchte Ameron auf einmal und blickte Kandor wütend an. „Sie muss sich daran gewöhnen, dass ich nicht mehr ihr Vater bin. Sie ist ein Kind und kommt darüber hinweg", antwortete er barsch. Ameron schüttelte fassungslos den Kopf. „Ich würde gerne mit ihr allein sein", sagte er ärgerlich und Kandor verlies mit einem gehässigen Blick das Zimmer. Ameron blickte auf das schluchzende Mädchen und trat unschlüssig hin und her. Er ging in die Knie und berührte sie sanft am Arm. „Wein doch nicht, es wird schon alles wieder gut", sagte er unsicher.

Mariel sah auf und aus ihren dunklen Augen flossen große Tränen. „Muss ich jetzt Papa zu dir sagen", fragte sie und ihre Stimme zitterte. „Nein, wenn du das nicht möchtest", antwortete Ameron sanft. „Wirst du mich wegbringen", fragte sie weiter. Ameron nickte leicht. „Ich bringe dich in eine ganz schöne Stadt, in ein Haus, wo du ein ganz tolles Zimmer bekommst mit vielen Spielsachen." Die Kleine lächelte leicht. „Aber ich möchte nicht weg hier. Mama kommt bestimmt wieder und dann möchte ich da sein. Sie lässt mich doch nicht einfach allein, sie hat immer gesagt, dass sie bei mir bleiben wird."

Ameron wusste sich keinen Rat. „Weißt du, deine Mutter lässt dich auch nie allein. Aber... Aber sie ist nicht mehr hier und sie kommt auch nicht mehr wieder. Willst du denn nicht mit in die Stadt und viele Spielsachen bekommen?" Die Kleine nickte traurig. „Darf ich bitte meine Puppe mitnehmen?" „Aber natürlich darfst du das!" „Sie ist krank, kannst du sie gesund machen?" Ameron lächelte leicht. „Das kann ich sicher." Er nahm die Puppe und wickelte das Stück Stoff so um den Arm, dass er vorerst nicht abfallen konnte und übergab Mariel die Puppe wieder. Das Mädchen wurde wieder etwas fröhlicher.

„Wie heißt du denn", fragte sie mit ihrer hellen Stimme. „Ich bin Ameron und wer bist du", fragte er zurück, obwohl er es natürlich schon wusste. „Mariel und das ist Tipi", sagte sie und deutete auf die Puppe. Ameron lächelte. „Zwei wunderschöne Namen", stellte er fest. „Dein Name ist auch schön", entgegnete das Mädchen und über ihr Gesicht huschte ein Lächeln. Ameron streichelte sie über den Kopf und wischte ihr die Tränen von der Wange. „So ein hübsches Mädchen weint doch nicht", sagte er und sah ihr in ihre dunklen Augen. „Ich weine oft." „Warum denn?" „Weil Mama nicht mehr da ist und weil Papa manchmal..." „Was denn", wollte Ameron wissen. „Er tut mir weh. Wirst du das auch tun", fragte sie und sah ihn vorsichtig an. Ameron war entrüstet. „Nein, niemand wird dir mehr weh tun! Was hat dein Vater denn getan?"

Mariel hob ihren Arm in die Luft und zog sich etwas ungeschickt den Ärmel hoch. Sie zeigte Ameron ihren Unterarm, wo ein ziemlich unschöner, blauer Fleck war. „Er ist so grob. Und besonders wenn ich ihn nach Mama frage. Das möchte er nicht." Der junge Mann strich ihr vorsichtig über den Fleck und pustete einmal darauf. „Jetzt heilt er", sagte er und zog ihr den Ärmel wieder hinunter. „Danke", erwiderte das Mädchen fröhlich und seufzte einmal. Ameron fragte sich, ob Kandor sich so verändert hatte, seit Amrun tot war, oder ob er schon vorher so gewesen war. Jedenfalls war es schlimm, was er tat und Ameron war sich darüber im Klaren, dass er Mariel nicht eine Stunde länger hier lassen wollte. „Möchtest du mit nach vorne kommen", fragte Ameron nach einer Zeit. Mariel schüttelte den Kopf. „Papa hat gesagt, ich soll da nicht hin." „Er wird es dir erlauben, glaub mir." Mariel blickte unsicher drein.

„Na, komm schon", forderte Ameron sie auf und reichte ihr die Hand. Zögernd erfasste das Mädchen sie und stand auf. Sie zupfte sich ihre Kleidung zurecht und strich sich dann erneut die Haare aus dem Gesicht. „Tipi muss aber auch mit", erklärte sie und Ameron hob die Puppe auf und übergab sie ihr. Dann nahm er das zierliche Mädchen an die Hand und ging mit ihr durch den langen Gang zurück. Schon auf dem Gang hörte er Aragorns und Kandors Stimmen.

„Ich habe euch doch erkannt, Majestät", erklärte Kandor und Ameron schluckte. Kandor wusste also über Aragorn bescheit. Mariel tapste neben ihm her und hielt krampfhaft ihre Puppe fest. Ameron betrat schließlich wieder das Zimmer und richtete seinen Blick unfreundlich gegen Kandor.

„Verzeiht mir, der Tod meiner geliebten Frau hat mich in der letzten Zeit etwas mürrisch gemacht, ich habe es vorhin nicht so gemeint", sagte er zu Ameron, doch dieser wollte ihm nicht recht glauben. Er hatte Mariel schlecht behandelt, dafür gab es Amerons Meinung nach keine rechte Entschuldigung. Ameron presste jedoch ein „Schon vergessen hinaus", er wollte keinen Ärger. „Ihr wollt doch sicher zur Nacht bleiben, meine Herren, ich wüsste ein gutes Gasthaus, wo ihr die Nacht verbringen könntet", teilte Kandor mit und Ameron warf Aragorn ein fragenden Blick zu. „Das ist wahr, heute können wir nicht mehr hier weg reiten, wo ist denn das Gasthaus", fragte Aragorn.

„Gleich hier in der Nähe, wenn ihr auf die große Straße kommt, ich kann euch hinführen", antwortete der Mann. „Ich denke, das finden wir alleine", meinte Ameron und wurde das Gefühl nicht los, dass sich langsam eine seltsame Spannung zwischen ihm und Kandor aufbaute. „Ach was, ich werde euch begleiten, außerdem kann ich dann noch meine Kleine etwas sehen, wie ich sehe, wollt ihr sie wohl gleich mitnehmen." Er sah nicht einmal zu Mariel, als er das sagte und seine Augen funkelten merkwürdig. Noch ehe jemand etwas sagen konnte, schlüpfte Kandor in ein paar Schuhe und eilte hinaus. Aragorn und Ameron folgten ihm. Mariel hielt immer noch Amerons Hand und ging schweigend neben ihm her.

Kandor brachte sie zu einem sehr gemütlichen, rustikalen Gasthaus und zeigte den Beiden Männern, wo sie ihre Pferde unterstellen konnten. Er begleitete sie noch ein Stück hinein und sagte dann: „Ich würde mich freuen, wenn wir uns morgen noch einmal sehen könnten, damit ich mich von Mariel verabschieden kann! Würdet ihr noch mal zu mir kommen, bevor ihr in eure Stadt reitet?" Die beiden Männer versicherten es ihm, obwohl Ameron es nicht recht wollte. Kandor tat ihm irgendwie scheinheilig. „Wir werden aber recht früh aufbrechen, so früh, dass noch keine Menschen auf den Straßen sind", bemerkte Aragorn. „Ich werde wach sein", antwortete Kandor und verabschiedete sich oberflächlich von ihnen. Mariel strich er einmal unsanft über den Kopf und er hörte gar nicht hin, als sie fragte: „Papa, wo gehst du denn hin?" Kandor setzte ein fieses Grinsen auf. „Wenn noch keine Menschen auf den Straßen waren...". Perfekt, dachte er.

Ameron kümmerte sich darum, zwei Zimmer zu bekommen und bestellte danach beim Wirt eine Suppe für Mariel, denn sie hatte großen Hunger, wie er unschwer erriet. Er setzte sich mit dem kleinen Mädchen an einen Tisch und betrachtete überrascht, wie Mariel anfing gierig das Essen zu verschlingen. „Du hast ja ganz schön Hunger", bemerkte er. Mariel hatte ganz volle Backen und ein bisschen Suppe tropfte auf ihr ohnehin schon schmutziges Hemdchen.

„Seit Mama weg ist gibt es nicht mehr viel zu essen", erklärte sie. Ameron wollte am liebsten vor Wut zerspringen. Sogar hungern ließ Kandor das arme Mädchen. Ameron beobachtete, wie immer mehr Suppe aus ihrem kleinen Mund lief und wischte sie mit einem Stück Stoff weg. Mariel aß mit vollen Backen und sah Ameron neugierig an. „Mama hat immer gesagt, ich esse wie ein Kaninchen." „Wie kommt sie denn darauf?" „Ich mümmele beim Essen immer so", erklärte sie kichernd. Ameron lächelte und reichte ihr ein Stück Brot. Das kleine Mädchen nagte daran und einige Krümel blieben an ihrem feuchten Mund kleben.

Amerons Augen erfasste jede Bewegung, die das Mädchen machte. Ihre Hände griffen etwas grob nach dem Löffel und ihre ganzem Bewegungen waren hin und wieder etwas ungeschickt. Ihre großen, braunen Augen blickten sich stets neugierig um und ihre Beine wackelten unruhig unter dem Tisch herum. Irgendwann kam Aragorn auch mit an den Tisch. Er war noch bei den Pferden gewesen und setzte sich Mariel gegenüber. „Wer bist du eigentlich", piepste das kleine Mädchen mit vollen Backen und Aragorn schmunzelte.

„Das ist der Onkel Aragorn", antwortete Ameron an seiner Stelle und grinste. „Onkel Agorn", versuchte das Mädchen zu wiederholen. „Aragorn", sagte Ameron ganz langsam, damit sie sich den Namen merken konnte. „Ich weiß, der Name ist schwer", stellte Aragorn fest. Mariel legte den Löffel zur Seite und zog die Stirn kraus. Dann legte sie den Kopf schief und murmelte „Onkel Argorn". Sie schüttelte heftig den Kopf und versuchte es erneut. Aragorn sah das Mädchen erstaunt an, sie wollte unbedingt seinen Namen richtig aussprechen. Ameron sagte ihn ihr noch ein paar mal ganz langsam und nach dem sechsten Versuch konnte sie fehlerfrei „Onkel Aragorn"sagen.

Sie strahlte zufrieden übers ganze Gesicht und war ganz stolz. Als Aragorn ihr beeindruckt über die schwarzen Haare stich und auch Ameron ihr sagte, wie gut sie das gemacht hätte, juchzte se ausgelassen und schien vor Freude platzen zu wollen. Sie wiederholte Aragorns Namen noch ein paar mal und war sehr glücklich über ihren Erfolg. Irgendwann gähnte das Mädchen mehrmals und die sonst so großen Augen wurden etwas kleiner.

„Möchtest du ins Bett gehen", fragte Ameron und erhielt als Antwort ein Nicken. Sie rieb sich mit den Fingern in den Augen und schien schon fast am Tisch einzuschlafen. Ameron hob sie auf seinen Arm und das kleine Mädchen lies sofort den Kopf auf seine Schulter sinken. Er brachte sie, gefolgt von Aragorn, eine Treppe hoch und betrat dann eines der Zimmer, die er beschafft hatte. Mittlerweile war Mariel wieder etwas wach geworden und Ameron stellte sie auf einen kleinen Tisch und half ihr, sich den kleinen Rock auszuziehen. Er löste ihr den Zopf und strich ihr durch ihre nun schulterlangen Haare.

„Wo darf ich denn schlafen", fragte Mariel müde. „Na im Bett. Ich schlafe auf dem Sofa und du hast das große Bett ganz für dich allein", erklärte Ameron freundlich. Das Mädchen lächelte. Er nahm sie erneut auf den Arm und trug sie in das Bett. Sie freute sich über die weiche Decke und kuschelte sich in ihr großes Kissen. Ameron legte die Puppe neben sie und das kleine Mädchen umschloss sie liebevoll.

Ameron streichelte ihr einmal über den Rücken und wollte sich dann umdrehen, doch Mariel sagte: „Du, Ameron... Wenn ich Angst hatte, durfte ich immer zu Mama kommen. Papa wollte das nicht. Willst du das auch nicht?" „Du brauchst keine Angst haben, aber wenn du doch welche hast, darfst du natürlich kommen. Guck, mal ich schlafe da", antwortete er und zeigte in die Richtung. Mariel nickte zufrieden und murmelte dann: „Gute Nacht." Ameron erwiderte es und zog die Tür ran, verschloss sie jedoch nicht.

Aragorn klopfte von draußen leise an und Ameron ließ ihn herein. Gemeinsam besprachen sie noch, wann sie morgen früh aufbrechen wollten und klärten noch ein paar andere Dinge ab. „Sie ist ein wundervolles Mädchen, Ameron, und ich weiß sie wird es gut bei dir und Tabea haben", bemerkte Aragorn, bevor er das Zimmer wieder verlies. Ameron nickte. „Ich werde alles dafür tun, dass es ihr gut geht. Dieser Kandor ist wirklich verantwortungslos, man sollte ihn dafür betrafen, du hast ja nicht ihr Zimmer gesehen. Das glich einem Gefängnis..." „Jetzt wird sie es besser haben", versicherte Aragorn und klopfte Ameron auf die Schulter. Sie wünschten sich eine gute Nacht und Ameron zog sich danach auf das Sofa zurück. Es war nicht gerade sehr bequem, aber Ameron war so müde, dass er schnell einschlief. Es war stockdunkel im Zimmer und eine sanfte Berührung an seinem Arm ließ den jungen Mann hochfahren und gehetzt im dunklen Zimmer umhersehen. „Ich bin es", piepste das Mädchen und Ameron zündete eine Kerze an und legte den Kopf in die Hände. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals vor Schreck.

„Ich wollte dich nicht erschrecken", erklärte Mariel und sah ihn ängstlich an. Ihre Haare waren völlig zerzaust und sie spielte unruhig mit ihren Händen.

„Du hast mich nicht erschreckt", log Ameron und strich sich die Haare zurück. „Bitte nicht böse sein", flüsterte das Mädchen und Ameron sah sie erstaunt an. „Aber ich bin doch nicht böse! Was hast du denn", fragte er. „Hier sind komische Geräusche", erklärte Mariel und deutete auf die Wand. Ameron lauschte und erkannte das Geräusch, als Rauschen des Windes. „Das ist nur der Wind, du brauchst keine Angst zu haben." „Kannst du bitte mitkommen, es ist unheimlich!" Verschlafen richtete Ameron sich auf. Mariel griff seine Hand und zog ihn in das Schlafzimmer.

„Ameron kannst du bei mir bleiben, bis ich eingeschlafen bin?" Der junge Hauptmann nickte und setzte sich neben sie aufs Bett. Er deckte sie wieder zu und als der Wind wieder um die Ecken pfiff, vergrub das Mädchen das Gesicht in ihrem Kissen. „Aber Mariel, das ist doch nicht schlimm, fürchte dich doch nicht", beschwor Ameron sie. „Der olle Wind macht mir Angst", erklärte sie leise.

„Aber ich bin doch da, da brauchst du doch keine Angst haben", antwortete Ameron. Die Kleine richtete sich auf und sah sich unsicher um. „Beschützt du mich?" Ameron nickte entschlossen. Das Mädchen zögerte einen Moment und Ameron sah sie nur etwas unsicher an. Mariel schien ihn zu mustern und kam dann vorsichtig auf ihn zu. Als würde sie jeden Augenblick einen Wutausbruch bei ihm erwarten beobachtete sie sorgfältig sein Gesichtsausdruck und schloss ihre kleinen Arme um ihn. Sie schmiegte sich an ihn und Ameron schloss beschützend seine Arme um sie. Der junge Mann konnte nicht sagen, was er fühlte, als plötzlich sein Kind von selbst kam und bei ihm Schutz suchte. Sein Herz schlug vor Freude wild und er war glücklich über das Vertrauen, dass ihm das Mädchen nach nur kurzer Zeit entgegenbrachte. Er streichelte sie sanft über ihr weiches Haar und Mariel kuschelte sich an ihn. Ameron lehnte sich hinten an die Wand und das Mädchen verharrte glücklich in seiner Umarmung. Der junge Mann zog wieder die Decke über sie und schmunzelte, als er erkannte wie das Mädchen an der Decke zupfte und auch ihm ein Stück abgab. „Du frierst sonst", erklärte sie und kuschelte sich wieder an ihn. „Danke", erwiderte er. Mariel nahm ihren Daumen in den Mund und begann daran zu nuckeln. Sie schloss die Augen wieder und wurde ruhiger.

Ameron merkte nach kurzer Zeit, wie ihr Atem etwas langsamer wurde und er wusste, dass sie wieder eingeschlafen war. Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht und betrachtete sich ihren kleinen Mund, der ganz von selbst, auch im Schlaf noch leicht an dem Daumen nuckelte. Sie machte ein friedliches Gesicht und sah recht glücklich aus, wie Ameron fand. Der junge Mann wollte sie schon jetzt nie wieder hergeben, er merkte, wie die Bindung zwischen ihr und ihm langsam wuchs und er fragte sich allmählich, was er eigentlich ohne dieses Kind gemacht hatte. Ihr Atem strich sanft über seine Hand und er fühlte ihre Wärme an seinem Arm. Es kam ihm so vertraut vor und er freute sich so sehr, dass er sie hatte. Er würde nie wieder zulassen, dass man sie von ihm trennte. Ameron schloss zufrieden die Augen und sank bald selber in einen tiefen, erholsamen Schlaf.