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Disclaimer:
Alle Rechte an den Originalcharakteren aus „Der Herr der Ringe"liegt
natürlich bei
J.R.R. Tolkien, bzw. seinen Nachkommen.
Wir, die Autoren, erheben nur Ansprüche auf unsere gaaaanz eigenen
Persönlichkeiten *g* Und dass sich mit diesem Werk kein Geld verdienen lässt, ist doch wohl auch klar, hm? ;-)

*** @ Ithiliell Wir freuen uns sehr, dass dir diese Geschichte gefällt... und Ameron freut sich über jeden Fan, den er bekommt...;o)

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Legolas saß auf der Bank vor der runden Eingangstür und genoss die Stille des Abends. Der Trubel in Beutelsend war dem Elben fast zuviel, die Horde Kinder, die durch die Hobbithöhle tobten, veranstalteten meist einen Riesenspektakel. Das waren seine feinen Ohren nicht gewohnt, aber es gefiel Legolas sehr, den jungen Hobbits zuzusehen. Eigentlich war er ja zum Geburtstag seines Patenkindes, der kleinen Lilthanor, nach Hobbingen gekommen und wollte nicht allzu lange im Auenland bleiben. Aber die Hobbits hatten ihn so bestürmt, dass sich der Elb überreden ließ und blieb. Legolas war immer wieder aufs neue begeistert, wenn er Frodo und Sam mit ihren Kindern beobachtete, sie waren so liebevolle Väter, nicht so wie Thranduil. Wehmütig dachte er an seine eigene Kindheit, nie hatte sich sein Vater dazu herabgelassen, mit ihm zu spielen oder eine Geschichte zu erzählen. Der König des Düsterwaldes war ein hartherziger Elb, der sich nie groß um seinen einzigen Sohn gekümmert hatte und es auch heute noch nicht tat.

Ein Geräusch riss Legolas aus seinen Gedanken, angestrengt lauschte er in die Dunkelheit und vernahm das Klappern von Hufen, die einem großen Pferd gehören mussten. „Eigenartig, hier gibt es doch nur Ponys."Murmelte der Elb und konzentrierte sich auf das Geräusch, das langsam den Bühl hochkam. „Erwartet ihr Besuch?"fragte Legolas Frodo, der gerade durch die Tür getreten kam und den Kopf schüttelte. „Nicht, dass ich wüsste..." antwortete der Hobbit und spitzte nun seinerseits die Ohren.

Der Elbenprinz sah einen dunklen Schatten langsam den Weg entlangkommen, eine gebeugte Gestalt saß auf dem Rücken eines langsam trottenden Pferdes, dessen Kopf müde nach unten hing. Der Reiter schwankte im Sattel und schien sich nur mühsam halten zu können, Legolas und Frodo gingen ihm entgegen und der Hobbit erkannte das Pferd. „Das ist doch Amerons Stute!"rief er aus und lief hin. Das Pferd war stehengeblieben und schnaubte leise. Der Elb kam hinter Frodo her und sah auf den Reiter, der ihm sehr bekannt vorkam. „Legolas, Du bist hier?"fragte eine matte Stimme, die der Elb unter allen Völkern Mittelerdes wiedererkannt hätte.

„Aragorn! Was ist passiert?"rief er erstaunt aus und sah in das blasse Gesicht seines Freundes. „Bitte, nimm sie mir ab..."sagte Aragorn und deutete auf das kleine Kind, dass er in seinen Armen hielt. Legolas hob die Arme und zog das Mädchen aus dem Sattel. Die Kleine schlief tief und fest und bemerkte gar nicht, dass sie nun in den Armen eines Elben lag. Legolas sah das Kind überrascht an und blickte dann wieder seinen Freund an, der nun bedenklich zu schwanken begann. „Frodo, nimm sie!"sagte er und drückte dem verwirrten Hobbit das schlafende Kind in die Arme.

Es war keine Sekunde zu früh, denn im letzten Moment konnte der Elb verhindern, dass Aragorn aus dem Sattel gefallen wäre. Er fing ihn auf und trug den bewusstlosen Mann rasch in die Höhle. „Wo kann ich ihn hinlegen, Frodo?"rief Legolas und sah sich um. Hier in Beutelsend war alles viel zu klein für Menschen oder Elben, aber Aragorn musste irgendwie in ein Bett. Der Hobbit dachte kurz nach: „Am besten in unser Schlafzimmer, die Betten müssten groß genug sein für den Anfang!"Liliane war aus der Küche gekommen und hatte sofort den Ernst der Lage erfasst. „Komm mit, Legolas!"sagte sie und wies dem Elben den Weg.

Vorsichtig legte Legolas Aragorn auf das Bett und achtete darauf, dass sein Freund auf der Seite zu liegen kam. Er hatte den abgebrochenen Pfeil in seinem Rücken längst bemerkt und fürchtete um das Leben des Königs. Behutsam legte er die Wunde frei und atmete kurz auf. Der Pfeil steckte in der Schulter, aber Aragorn hatte bereits jede Menge Blut verloren und er würde den Pfeil so schnell als möglich entfernen müssen.

„Liliane, ich werde heißes Wasser und Verbandsmaterial benötigen, kannst du dafür sorgen?"wandte sich der besorgte Elb an die Hobbitfrau. Eifrig nickend machte sie sich auf den Weg, um das Gewünschte zu richten. Elanor, die siebzehnjährige Tochter der Gamdschies eilte hinter Liliane nach um ihr zur Hand zu gehen. Frodo und Sam standen am Bett und starrten entsetzt auf den abgebrochenen Pfeil, der aus Aragorns Schulter ragte. Legolas sah die beiden kurz an und erkannte, dass die Hobbitmänner ihm keine große Hilfe sein würden, bestimmt nicht sowie Liliane, die gerade mit einem riesigen Berg Tücher und Verbänden im Raum erschien.

Sie sah kurz zu Frodo und Sam und dachte wohl das Gleiche wie Legolas. Liliane schüttelte den Kopf und wandte sich an die beiden Hobbits: „Frodo, Sam! Bitte nehmt die Kinder und geht aus dem Zimmer! Das wird bestimmt nicht schön, sie müssen es nicht unbedingt sehen!"Die Worte seiner Frau riss Frodo aus seiner Starre, mit roten Ohren nickte er und sah sich um. „Goldfranse, Merry und Hamfast! Ihr werdet auf der Stelle auf eure Zimmer gehen und euch dort beschäftigen! Und du..."er griff nach einem kleinen Wirbelwind, der gerade an ihm vorbeihuschen wollte, „ ...du wirst schön mit ihnen mitgehen, Sam!"Der kleine Hobbitjunge hing murrend in Papas Armen und ließ es sich nur widerwillig gefallen, das Frodo ihn in sein Zimmer trug.

Er hatte seinen vorwitzigen Sohn gerade abgesetzt, als Margerite gerade aus einem der Zimmer kam und Frodo irritiert ansah: „Onkel Frodo! In meinem Bett liegt ein Mädchen! Aber sie ist bestimmt kein Hobbit!"Der Hobbit musste lachen. „Nein, das ist sie bestimmt nicht! Sie ist ein Mensch, so wie Onkel Aragorn! Er hat sie mitgebracht, aber sie ist sehr müde, lass sie schlafen!"Das fünfjährige Hobbitmädchen sah ihn skeptisch an, aber sie glaubte, was er ihr erzählte. Schulterzuckend lief sie in eines der Kinderzimmer, aus dem Kinderlachen erklang.

Sam war in die Küche verschwunden und hatte beschlossen, auf den Herd zu achten. Da drinnen würde er im Moment ja doch nur im Wege stehen, er war dankbar, dass er Legolas nicht helfen musste, den Pfeil aus Streichers Schulter zu ziehen, alleine vom Gedanken wurde dem Hobbit übel.

Legolas gab mit ruhiger Stimme Anweisungen, die Liliane und Rosie, die sich hinzugesellt hatte und ebenfalls helfen wollte, umgehend ausführten. Aragorn begann leise zu stöhnen und schlug langsam die Augen auf. „Wo..." begann er mit matter Stimme, aber schließlich erinnerte er sich wieder. Die Verfolgungsjagd... der Pfeil... Amerons Tochter...Wo war die Kleine? Unruhig sah er sich um und entdeckte ein Paar langer, schlanker Beine, die vor ihm standen, irritiert hob der Verletzte langsam den Kopf. „Legolas? Was machst du hier?"Aragorn sah seinen Elbenfreund verwundert an, Legolas hatte sich hingehockt, um mit ihm halbwegs auf einer Höhe zu sein und sah ihn ernst an: „Ich werde dir den Pfeil aus der Schulter ziehen müssen. Der Schaft ist abgebrochen, daher kann ich die Spitze nicht nach vorne durchstoßen!"– „Na fabelhaft!"stöhnte Aragorn auf und schloss die Augen, als eine Welle des Schmerzes seinen Körper durchflutete. Fast wäre er wieder bewusstlos geworden, aber langsam ließ das Gefühl wieder nach.

Er nickte: „Mach schnell, Mellon nin. Das Ding muss raus, es stört etwas." Der König versuchte zu grinsen, aber es misslang ihm. Legolas ging ums Bett herum und kniete sich auf die Matratze. „Liliane, wenn der Pfeil draußen ist, drück sofort mit den Tüchern hier so fest du kannst auf die Wunde!" sagte er ruhig und umgriff nun mit beiden Händen den Holzschaft. „Aragorn, bist du soweit?"Der Elb sah, dass der Verletzte mit dem Kopf nickte und die Augen schloss. Aragorn biss so fest er nur konnte, die Zähne zusammen und holte tief Luft.

Legolas begann mit aller Kraft zu ziehen und fühlte sogleich, dass sich der Körper seines Freundes aufbäumte und er laut stöhnte. Aber er durfte darauf im Moment keine Rücksicht nehmen, der Pfeil musste raus, um jeden Preis! Der Elb erhöhte die Kraft und stemmte sein gesamtes Gewicht dagegen und endlich, nach unendlichen Sekunden, begann sich der Schaft in der Wunde zu bewegen und Legolas schaffte es, das Geschoss aus Aragorns Schulter zu ziehen. Gequält von unsäglichen Schmerzen, schrie Aragorn laut auf. Er konnte nicht anders, er meinte, sterben zu müssen, so weh tat die Prozedur. Sterne tanzten vor seinen Augen, heftiger Schwindel ergriff ihn und der Verletzte kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an. Aragorn merkte kaum, dass Liliane ihm mit aller Kraft Tücher auf die Wunde drückte, um den Blutfluss zu stoppen, Legolas beeilte sich, die Wunde zu versorgen und legte am Ende noch einen festen Verband an. Der König hatte das alles kaum wahrgenommen, der Schmerz in der Schulter lähmte seine Gedanken.

„Aragorn?"Legolas´ sanfte Stimme drang an sein Ohr. Leise stöhnend öffnete er die Augen und sah angestrengt seinen Freund an. „Was ist geschehen, Mellon nin, wer ist das Kind?"fragte der Elb. „Mariel...sie ist Amerons...Tochter. Wir wurden...überfallen und...verfolgt."stammelte Aragorn mit tonloser, matter Stimme. Er fühlte sich so furchtbar schwach und die Schulter schmerzte noch immer heftig. „Amerons Tochter?"staunte der Prinz des Düsterwaldes und hob die Brauen hoch. „Ameron...ist er schon hier?"Der Verletzte versuchte angestrengt, gegen die Schwäche anzukämpfen. Legolas schüttelte den Kopf: „Nein, Aragorn, er ist nicht hier. Aber nun ruhe ein wenig, du hast zuviel Blut verloren."Sanft strich er über die schweißnasse Stirn seines Freundes, der auf der Stelle eingeschlafen war.

„Amerons Tochter? Ich wusste gar nicht..."Legolas dachte nach, als er ihn vor ziemlich genau einem Jahr in Minas Tirith gesehen hatte, hatte er bestimmt kein Kind gehabt! Aber die Sorgen galten im Moment voll und ganz Aragorn, es war eine ernste Verwundung, und der hohe Blutverlust hatte den Mann noch zusätzlich geschwächt. Dann noch der rasante Ritt, den er zweifelsfrei hinter sich hatte, das alles hatte Aragorn überhaupt nicht gutgetan!

„Was ist mit Onkel Aragorn?"fragte Frodo, als Legolas aus dem Zimmer kam und sich an den Tisch setzte. „Ist er schlimm verletzt?"der junge Hobbit sah den Elben ängstlich an. Legolas zuckte mit den Schultern. „Ich fürchte ja, er ist im Moment sehr schwach, aber ich denke, dass er es überstehen wird."Der Junge ließ die Schultern hängen und trottete aus dem Raum, die Auskunft, die er gerade erhalten hatte, beruhigte ihn ein wenig, aber die Angst um den Vater seines besten Freundes blieb. Er erinnerte sich an das blasse Gesicht des Königs, als er in den Armen des Elben lag, den Pfeil, der aus seinem Rücken ragte und das viele Blut.

Frodo ging nach draußen und sah Onkel Frodo mit seinem Vater bei dem Pferd stehen. Sie unterhielten sich leise und sahen schließlich in seine Richtung. „Frodo! Was ist mit Onkel Aragorn?"fragte Onkel Frodo mit leicht zitternder Stimme. „Onkel Legolas meint, er wird es überstehen, aber er ist sehr schwach."Antwortete der junge Hobbit und sah sie verzweifelt an. „Ich habe Angst um ihn, Papa. Es sah so schlimm aus, als er..."Sam nahm seinen Sohn tröstend in die Arme. „Ich weiß, mein Junge, das haben wir auch. Aber wenn Legolas zuversichtlich ist, sollten wir ihm das unbedingt glauben. Elben verstehen eine Menge von der Heilkunst."

Frodo seufzte und klopfte Amerons Stute den Hals. Das war noch so ein Rätsel, warum ritt Aragorn nicht Brego, sondern Perian? Er kannte beide Männer gut genug um zu wissen, dass keiner von ihnen so einfach sein Pferd tauschen würde! Hing es mit dem Mädchen zusammen, das in Margerites Bett schlief? Und wo war Ameron? Der Hobbit schüttelte den Kopf, es hatte keinen Sinn, sich jetzt den Kopf zu zerbrechen, wenn Aragorn wieder wach war, würde er bestimmt die Fragen beantworten können!

„Frodo, nimmst du bitte die Stute und bringst sie nach hinten in den Garten? Wir werden sie gleich absatteln und füttern! Das arme Tier ist ja völlig erschöpft!"sagte Sam und strich seinem Sohn über die Locken. „Ich werde in die Höhle gehen und mal sehen, wie es unseren Gästen geht!" Frodo seufzte und stieg die Stufen zum Eingang hoch. Leise öffnete er das Kinderzimmer und sah mit einem Blick, dass das kleine Mädchen fest schlief. Nur ein kohlschwarzer Schopf lugte unter der Decke hervor, die Haare erinnerten ihn irgendwie an Ameron. „Das ist doch unmöglich!"murmelte er und schüttelte lächelnd den Kopf.

Vor einem Jahr hatte er seinen Freund zuletzt gesehen, da hatte er eben erst Tabea kennengelernt, und vor ein halbes Jahr später hatte der junge Mann einen Brief geschrieben, worin er von der Hochzeit mit ihr berichtete. „Das muss ein Zufall sein!"Leise schloss er die Tür und ging in die Küche, wo Legolas am Tisch saß und gerade eine Tasse Tee von Rosie bekommen hatte. „Wie steht es um Aragorn?"fragte der Hobbit und sah seinen Elbenfreund fragend an. Der Prinz setzte die Tasse ab und sah ihn mit seinen klaren Augen an. „ Er wird es schaffen, keine Sorge. Ich kenne Aragorn schon lange, so etwas kann ihn nicht in die Knie zwingen!"Frodo seufzte erleichtert, als er das vernahm. Er wusste, dass Legolas niemals lügen würde, das konnte der Elb gar nicht. „Was ist mit dem Kind, wie geht es ihr?"Legolas sah den Hobbit an. „Sie schläft, es scheint ein anstrengender Tag für sie gewesen zu sein. Wenn ich nur wüsste, wer sie überhaupt ist!"– „Sie ist Amerons Tochter"sagte der Elb und nahm noch einen Schluck Tee. „Sie ist...was?"Frodo schüttelte ungläubig den Kopf. Also doch! „Amerons Tochter. Aragorn war kurz bei sich und hat es gesagt. Sie heißt Mariel. Und noch etwas, er hat gefragt, ob Ameron schon angekommen wäre! Hast du irgendetwas bemerkt?"

Der Hobbit schüttelte den Kopf. „Wenn Aragorn nach ihm fragt, wird Ameron bestimmt nicht lange auf sich warten lassen. Aragorn sprach von einem Überfall und dass sie verfolgt wurden. Er hatte Amerons Pferd und dessen Mantel, sie müssen Rollen getauscht haben, um die Verfolger in die Irre zu führen!"sprach der Elb nachdenklich weiter. Nur zu gerne wüsste er genaueres, aber er würde sich gedulden müssen. „Hoffentlich ist mit Ameron alles in Ordnung!"sprach Frodo nachdenklich, „Sollten wir nicht nach ihm suchen?"Legolas schüttelte den Kopf: „Nein, im Moment müssen wir abwarten, wenn er die Angreifer auf eine falsche Fährte gelockt hat, wird er bestimmt über Umwegen hierher kommen. Außerdem wissen wir gar nicht, wo er sich in etwa befindet. Aragorn wird uns bestimmt einiges sagen können, wenn er wieder wach ist, aber bis dahin müssen wir uns in Geduld üben."Frodo nickte und stand auf, um ins Zimmer zu gehen, wo Liliane an Aragorns Krankenlager wachte.

„Wie geht es ihm?"flüsterte der Hobbit in ihr Ohr. Die Frau zuckte mit den Schultern. „Er schläft, aber er scheint große Schmerzen zu haben. Könntest du Sam bitten, ihm einen schmerzstillenden Tee zu machen?"Frodo nickte und gab Liliane einen Kuss auf die Wange. „Wofür ist der denn?"fragte sie überrascht. „Dafür, dass ich eine so tüchtige Frau habe. Du hast keine Sekunde gezögert, Legolas zu helfen, obwohl du wusstest, dass das schrecklich aussieht, wenn ein Pfeil entfernt wird."Liliane lächelte ihn an: „Ihr Männer seid auch viel zu empfindlich für so etwas. Du und Sam, ihr wart so blass um eure Nasen, dass ich schon dachte, ihr fallt mir um!" Frodo verzog das Gesicht, erwiderte jedoch nichts darauf, sondern ging zurück in die Küche, um sich um den Tee zu kümmern. Irgendwo hatte Liliane ja Recht, das wusste er genau.

„Mama!"mit einem Schrei erwachte Mariel und sah sich verwirrt um. Durch ein rundes Fenster schien der Mond und tauchte das Zimmer in blasses Licht. Das Mädchen wusste nicht, wo es sich befand und begann sich zu fürchten. „Ameron?"wisperte sie ängstlich und kletterte aus dem Bett. Letzte Nacht war er hinter der Tür gewesen und sie wusste, dass er sie beschützen wird. Sie tapste zur Tür und öffnete sie leise. Mariel stand auf einem Gang... kein Ameron war zu sehen. „Ameron?"schniefte sie und ihre Unterlippe begann zu zittern. Die Kleine lief den Gang entlang und sah Licht und hörte Stimmen. Da musste er sein, ganz bestimmt! Ein Lächeln huschte über das Gesichtchen.

„Ameron!"rief sie und lief in das Zimmer hinein, blieb aber dann wie angewurzelt stehen, er war nirgends zu sehen. Nur ein großer Mann mit langen blonden Haaren, der sich mit einem sehr kleinen Mann unterhielt. Beide hatten das Gespräch unterbrochen und sahen erstaunt nach der Kleinen, die sie mit schreckgeweiteten Augen ansah. Der kleine Mann war aufgesprungen und kam auf sie zu. Ängstlich machte sie einen Schritt zurück, würde er sie jetzt dafür bestrafen, dass sie nicht in ihrem Zimmer geblieben war... wie Papa?

Aber er lächelte und streckte eine Hand aus: „Hallo, du bist bestimmt Mariel, nicht wahr?"sagte er mit sanfter Stimme und seine blauen Augen sahen sie freundlich an. „Wo ist Ameron?"wisperte sie und schluchzte. Frodo wandte kurz den Blick und sah Legolas an. „Er wird bestimmt bald kommen, hab keine Angst."– „Und Onkel Aragorn?"Dicke Tränen begannen über ihr Gesichtchen zu strömen, krampfhaft hielt sie ihre Puppe an sich gedrückt. „Onkel Aragorn schläft, er ist sehr müde."Antwortete der Hobbit und lächelte ihr aufmunternd zu. „Hast du Hunger, Mariel?"fragte er dann und sah das verstörte Kind langsam nicken. „Dann komm, wir gehen zu Tante Liliane und Tante Rosie in die Küche und werden sehen, was sie gutes zu Essen haben, ja?" Frodo hielt ihr seine Hand entgegen und Mariel legte zögernd ihre hinein und ging mit ihm mit.

Immer wieder sah sie ihn scheu von der Seite an, in ihrem Kopf schien es fieberhaft zu arbeiten. Als er sie auf eine Bank setzte, hielt sie es nicht länger aus. „Warum bist du so klein?"platzte Mariel heraus und musterte Frodo neugierig. Er sah sie erstaunt an und musste lachen: „Ich bin ein Hobbit, die Größe ist für uns normal, du wirst sehen, alle in dieser Höhle sind nicht größer als ich bin!"Das Mädchen nagte an ihrer Lippe und legte ihre Stirn in Falten. „Aber der Mann da war viel größer als du!"– „Das ist Onkel Legolas, er ist ein Elb! Elben sind so groß."Frodo lachte amüsiert auf.

Die Kleine musterte ihn nun aufgeweckt und ohne Scheu. „Was ist mit deinen Ohren? Warum sehen die so aus?"fragte sie weiter und hatte dann auch noch seine Füße bemerkt. Sie stellte ihr Füßchen daneben und sah Frodo staunend an. „Warum sind deine Füße so groß?"Der Hobbit sah sie lächelnd an und suchte gerade nach einer Antwort, als Rosie in die Küche trat und ihren kleinen Gast freundlich musterte.

„Hallo, meine Kleine, du bist wach?"Frodo atmete auf. „Das ist Tante Rosie, sie wird dir bestimmt etwas zu essen machen!"Damit flüchtete er aus der Küche und gesellte sich wieder zu Legolas an den Kamin. „Puh, die Kleine ist neugierig, aber wirklich sehr süß! Sie hat Amerons Augen."– „Ja, sie sieht ihm sehr ähnlich!"pflichtete ihm der Elb bei. Aber er hatte noch mehr gesehen, sie hatte keine gute Zeit hinter sich, als Frodo auf sie zugekommen war, wich sie zurück, als ob sie Angst vor Strafe hatte. Er hatte die Furcht in ihren großen Augen gesehen. Was mochte sie in ihrem kurzen Leben erlebt haben, so verschreckt reagiert normalerweise kein Kind in dem Alter, auch wenn es in einer fremden Umgebung ist. Auch Frodo hatte die Reaktion der Kleinen bemerkt und machte sich so seine Gedanken. Sie hatte offensichtlich Angst, dass er ärgerlich würde, als sie in das Zimmer gelaufen kam. Die Kleidung die sie trug war schmutzig und zerrissen und sie war sehr zart, fast schon mager für seinen Geschmack.

Nach einer ganzen Weile erschien Rosie und hatte Mariel an der Hand, die nun gewaschen war und ein Nachthemd anhatte. Die schwarzen Haare waren gebürstet und Frodo und Legolas sahen, wie hübsch die Kleine doch war. Die Ähnlichkeit mit Ameron war nun, da sie sauber war, noch deutlicher zu erkennen als zuvor. „Sie will unbedingt Aragorn sehen!"sagte Rosie und sah die Beiden an. Legolas stand auf und ging vor Mariel auf die Knie: „Er schläft noch, du darfst ihn nicht wecken, ja?"die Stimme des Elben klang so sanft, dass das kleine Mädchen sofort Zutrauen zu ihm fasste. Sie nickte und legte ihre kleine Hand in seine.

Gemeinsam gingen sie in Frodos Schlafzimmer, wo Aragorn tief schlafend im Bett lag. Liliane saß noch immer an seiner Seite und wandte den Kopf, als sie hinter sich Schritte hörte. „Ah, Legolas, er schläft noch...Aber wer ist denn dieses hübsche Mädchen?"Sie war aufgestanden und sah freundlich auf die Kleine. „Mariel"antwortete das Mädchen und sah die Hobbitfrau schüchtern an. „Ein sehr schöner Name, ich bin Tante Liliane!"Mariel sah zu Aragorn und legte den Kopf schief. Jetzt wusste sie, dass Onkel Aragorn noch hier war und sie nicht alleine hier gelassen hatte. „Ich will, dass Ameron kommt!"flüsterte sie auf einmal und Tränen blitzten wieder in ihren Augen. Legolas und Liliane gingen mit ihr wieder an den Kamin und die Hobbitfrau strich ihr über den Kopf. „Er wird bald hier sein, ganz bestimmt!"

Das Mädchen schluchzte leise und wischte sich über die Augen. „Komm, ich bring dich wieder ins Bett, meine Kleine!"sagte sie und führte Mariel wieder in das Kinderzimmer, wo sie das Kind unter die Decke steckte und wartete, bis die Kleine wieder eingeschlafen war.

Ein leises Stöhnen entfuhr Aragorns Kehle, der Schmerz, der in seiner Schulter tobte, ließ ihn fast wahnsinnig werden. Langsam öffnete er die Augen und sah sich um, er brauchte einen Moment, ehe er sich wieder in Erinnerung gerufen hatte, wo er sich befand. Beutelsend! Er hatte es geschafft, Mariel war in Sicherheit bei seinen Freunden! Vorsichtig wandte Aragorn den Kopf, als er Schritte hörte. Legolas und Liliane waren ins Zimmer gekommen und lächelten ihn an. „Schön, dass du wach bist, mein Freund. Wie fühlst du dich?"fragte Der Elb mit sanfter Stimme und kniete sich vor sein Bett. „Dafür, dass sich meine Schulter anfühlt, als ob ein Warg an ihr nagt, ganz gut. Was ist mit Mariel?"antwortete er matt. „Die Kleine schläft. Hier habe ich einen Tee für dich, der die Schmerzen zu lindern vermag. Trink!"

Legolas half Aragorn, sich ein wenig aufzurichten, was die Schmerzen noch verstärkte, aber der König biss die Zähne zusammen und stöhnte leise. Der Elb hielt ihm die Tasse an den Mund und Aragorn trank dankbar in kleinen Schlucken den bitteren Tee. Als er wieder in den Kissen lag, seufzte er und schloss für einen Moment die Augen. Als der heftigste Schmerz vorüber war, sah er Legolas, der auf dem Stuhl neben dem Bett Platz genommen hatte an. „Ist Ameron schon hier?"fragte er wieder. Der Elb schüttelte den Kopf. „Nein, aber kannst du mir erklären, was hier vor sich geht? Du kommst halbtot hier an mit einem Kind, von dem du sagst, dass es Amerons ist, du reitest seine Stute und hast seinen Mantel an. Ihr habt wohl die Rollen getauscht, aber warum?"

Aragorn sah Legolas an: „Ameron hat erfahren, dass er eine Tochter hat und wollte sie zu sich holen, ihre Mutter ist tot. In dem Dorf, wo sie lebte, wurden wir von dem Mann der Frau in einen Hinterhalt gelockt, er wollte mich gefangen nehmen, aber wir konnten fliehen. Doch die fünf Männer folgten uns, Ameron und ich tauschten die Pferde und Mäntel, damit ich an seiner Stelle hierher kommen könnte. Wir hatten geglaubt, dass sie es nur auf mich abgesehen hatten, aber dem war nicht so. Der Mann will Ameron töten, Legolas! Deshalb hat er auf mich geschossen! Ameron schwebt in Lebensgefahr und weiß es nicht einmal! Dieser Kandor scheint einen enormen Hass auf ihn zu haben, er wollte sogar das Mädchen töten!"Aragorn hielt erschöpft inne und sah seinen Freund stumm an.

Nach einer Weile sprach er weiter: „Ameron wollte seinen Wald erreichen, in dem er gelebt hatte, nur dort würde er sie abschütteln können! Aber er sollte längst hier sein. Legolas, ich mache mir ernste Sorgen um Ameron! Hoffentlich haben sie ihn nicht erwischt!"Eindringlich sah er den Elben an. Legolas erwiderte seinen Blick: „Wo befindet sich dieser Wald? Beschreib mir den Weg, ich werde gleich morgen nach ihm suchen!" Aragorn erklärte Legolas, wo er Ameron das letzte Mal gesehen hatte und wo der Wald zu finden war. Der Elb hörte aufmerksam zu und nickte. „Gut, ich werde nicht eher ruhen, als dass ich Ameron gefunden habe, vertrau mir!"Mit diesen Worten stand Legolas auf und wollte das Zimmer verlassen. An der Tür hörte er Aragorns schwache Stimme: „Hannad, mellon nin"Lächelnd wandte sich der Elb um: „Ruh´ dich aus, Aragorn, und sorge dich nicht."

Im Kaminzimmer ließ sich Legolas schwer in den Stuhl sinken und sah nachdenklich in die Flammen. Was Aragorn erzählt hatte, war überhaupt nicht beruhigend, gleich bei Sonnenaufgang würde er losreiten. Der Elb ahnte, dass er keine Zeit verlieren durfte...