Zu Hause bei den Dussleis

"Terryschatzi?" Terry öffnete langsam ein Auge. "Terryschatzi, bist du schon wach?" Rosengard Dusslei kam ins Zimmer und zog die Vorhänge beiseite. Strahlendes Sonnenlicht fiel in Terrys geräumiges Zimmer. "Terryschatzi, beeil dich, wir wollen doch in den Zoo!" "Hmpf." Terry zog sich die Decke über den Kopf. Gerade hatte er noch so schön geträumt. "Was hast du denn geträumt?" Fragte Rosengard, die die vorherige Zeile auch gelesen hatte. "Ich habe geträumt ich hätte Freunde.", sagte Terry. Es war nämlich so, dass Terry nie wirkliche Freunde gehabt hatte.

Seltsamer weise hatten alle Kinder, die sich Terry näherten um mit ihm zu spielen immer urplötzlich Scharlach, Masern, Mumps, Schweinenasen oder Pferdefüße. So kam es, dass die Kinder eines Tages aufhörten mit ihm spielen zu wollen und ihn einfach ignorierten. Mißmutig stand Terry auf.

Bei der Abfahrt bemerkte Terry, dass das Nachbarhaus von oben bis unten mit Briefen vollgestopft war, auf die mit bohnengrüner Tinte sein Name geschrieben war. Die Nachbarsfrau wurde gerade von der Feuerwehr aus einem Haufen Briefe geborgen und die Kinder wurden wegen bohnengrüner Tintenvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert. "Wer auch immer das gemacht hat, hat saubere Arbeit geleistet.", dachte Terry, und vergaß den Vorfall im selben Moment.

Auf der Autofahrt erzählte Terry seinen Traum. Als seine Tante ihm keinen Rat geben konnte, wie er Freunde bekommen könnte, wurde er wütend und begann zu weinen. Sofort tröstete ihn seinen Tante und versprach ihm einen großen Eisbecher zu kaufen, wenn sie den Zoo erreichten. Und da Terry immer noch weinte sagte sie, er dürfe sich dann auch noch etwas aus den Souvenirladen aussuchen. Da hörte er endlich auf zu weinen und wischte seine Rotznase unglücklich am Lederbezug der Autositze ab. Als sie den Zoo betraten, steuerte Rosengard sofort den Eismann an. Sie kaufte einen großen Becher Eis mit Kirsche und Bananen für sich und einen noch größeren mit allem für Terry. Mißmutig schleckte er an seinem Eis, während er sich mit seiner Tante den Zoo anguckte. Nach einer Weile vergaß er alle seine Probleme, da einige neue Tiere im Zoo waren , die er noch nicht kannte. Am besten gefiel Terry jedoch das Reptilienhaus. Er war gerade dabei eine brasilianische Anaconda zu bewundern als er hinter sich eine Stimme hörte. "Hey, du da! Junge! Lass mich hier raus, ich gehör hier nicht hin.", Terry wusste, dass diese Stimme nicht menschlich sein konnte. Langsam drehte er sich um und erstarrte. "Hör auf zu glotzen wie die Kuh, wenn's blitzt, und lass mich hier raus!" Terry nicke dem Tier hinter der Glasscheibe zu, nahm seinen ganzen Mut zusammen und sah sich nach etwas um, mit dem er die Scheibe einschlagen konnte. Während er noch schaute klirrte es hinter ihm. Das Tier hatte sich selbst befreit. "Danke Amigo!", zischte es. "Gern geschehen.", sagte Terry, der noch nie etwas von Sarkasmus gehört hatte, und sah dem Papagei nach, der durch die zerbrochene Scheibe in die Freiheit flog.

Hüterin der Bohnen

Nach einem zweitägigen Gefängnisaufenthalt wegen Beschädigung öffentlichen Eigentums, war Terry wieder zu Hause.

"Terry, los beeil dich, wir wollen doch los!" rief Rosengard ungeduldig die Treppe rauf. "Ja, ich komm ja schon" antwortete Terry. Betrübt sah er sich in seinem Zimmer um. Das war das erste mal, dass er in den Urlaub fuhr. Was sollte er denn mitnehmen? Leider konnte er seine Tante nicht fragen, weil sie das letzte mal im Urlaub gewesen war, als sie 11 war, jetzt war sie 67, und deswegen selbst nicht wusste, was sie mitnehmen sollte. Nachdem seine Tante ihn noch einmal gerufen hatte, stopfte er kurzerhand alle seine Kleider in 3 Sporttaschen und sein kleines Flugzeug mit Fernsteuerung, seinen kleinen tragbaren Fernseher, seine Computer und seine 300-Watt Anlage legte er in seinen Koffertrolly. Dann stand er unschlüssig vor seinen 400 Büchern und überlegte welche er mit nehmen sollte. Terry stand noch da, als seine Tante die Treppe hoch kam. "Terry!" rief sie, als sie die Sachen sah, die er mitnehmen wollte, "Ich weiß ja, dass du denkst, das es dort nicht soo schön wird, aber, bist du dir wirklich ganz sicher, das du den ganzen Kleiderschrank mitnehmen musst? Wenn dir etwas fehlt, können wir es gerne dort nach kaufen." Terry seufzte. Er sortierte eine Tasche aus und dann schleppten sie gemeinsam seine Sachen runter zum Auto. Terry machte es sich auf dem Rücksitz bequem und schlief bald ein. Er wachte in einem großen weichen Bett wieder auf. Seine Tante kam gerade zur Tür herein. Als sie sah, das er wach war, sagte sie: "Oh Terry, es tut mir ja soo leid. Aber es ging nicht anderes. Hier haben sie leider nur normale Stoffbezüge und gestern abend hatte ich einfach keine Zeit unsere Leinenbezüge auszupacken. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel." "Bei Mama und Papa wäre so etwas nie passiert. Sie hätten jederzeit alles für mich ausgeräumt." schmollte Terry. Er wusste natürlich, das man es nicht vergleichen konnte, da er nie mit seinen Eltern in den Urlaub gefahren war, und sich sowieso an kaum etwas erinnern konnte.

Rosengard nickte bloß traurig und trieb ihn zur Eile an, da sie noch ein bisschen zu fahren hatten. Am Abend erreichten sie das Meer. Sie währen schon früher angekommen, wenn Terry nicht unbedingt hätte die Karte lesen wollen.

Sie mieteten ein kleines Boot und fuhren zu der Hütte auf dem kleinen Felsen im Wasser. Als sie eintraten bemerkten sie sofort, dass die Hütte groß genug war, dass sie beide einen eigenen Schlafraum haben konnten. Rosengard machte ihm ein Bett zurecht, und nun bekam er endlich seine Lieblingsleinenbettbezüge.

Am dritten Abend zog ein heftiges Gewitter auf. Terry saß in einem Sessel und las und Rosengard saß am Feuer und briet Würstchen. Da pochte es laut an dir Türe. „Terryschatz, machst du unserem Gast mal auf?"fragte Rosengard beiläufig. Terry stöhnte, streckte sich und erhob sich dann aus seinem Sessel, doch bevor auch nur einen Meter in Richtung Tür gegangen war, wurde diese aufgebrochen. Wie erstarrt saß Rosengard da. Terry war zurück zum Sessel gesprungen. Im Türrahmen stand eine Frau. Aber was für eine. Sie war kleiner als Terry und trug einen an ihr lächerlich groß wirkenden grüngelb gemusterten Umhang.

Rosengard bekam als erstes ihre Fassung wieder und fragte die Frau fürsorglich: „Na, was führt sie zu uns? Kann ich ihnen etwas anbieten? Tee, oder ein Würstchen vielleicht? Sie sind ganz frisch."Während sie sprach zog sie die Besucherin zu einem Sessel, setzte sie hinein und fühlte gleich nach ihrer Körpertemperatur. „Oje!" rief sie, „Sie haben Fieber! Ich hole ihnen gleich eine warme Decke!"Sie wollte schon losgehen als die Fremde aufstand und knurrte:"Schnickschnack, sie wollen mich doch nur von meiner Mission ablenken!"Rosengard schaute die Frau verdattert an. „Ähm, welchen Mission?"fragte Terry, der sich in den Sessel gekauert hatte, seit die Fremde das Zimmer betreten hatte. „Terry? Terry Schlotter?"wandte sich die Frau jetzt Terry zu, „Ja, du musst es sein, ich bin hier um dich nach Bohnwarz zu holen!"

Nach langem Schweigen fragte Rosengard verunsichert:"Äh, wie meinen sie das? Ähm, Bohnwarz? Ist das eine Schule? Ein Internat? Also ich wollte immer, das Terry später mal nach Haward geht, natürlich nur wenn er will..."

Terry sagte: "Tante, ich will nicht nach Haward, da gehen nur Streber hin! Aber ich versteh auch nur Bohne, äh Bahnhof."

Alle schwiegen, doch die Stille dauerte nur einen kurzen Moment. Dann brüllte die Fremde:"DU HAST IHM NICHTS ERZÄHLT??? HAST DU DENN DEN BRIEF NICHT GELESEN???"

Rosengard war zu Terry in den Sessel geflüchtet und fragte jetzt zitternd:"Wwweeellllchheerrr Bbbrrriiieeeeff ddeeeennnn?"

„Ich glaube, ich sollte mich erst einmal vorstellen."sagte die Frau, nun selbst ein wenig unsicher, „Also, ich bin Rubena Birgitt, und ich bin in Auftrag von Rammelchor hier, um Terry mit nach Bohnwarz zu nehmen. Aber das wissen sie ja alles, es stand ja alles in dem Brief, der bei Terry lag, als sie ihn gefunden haben."

Terry und Rosengard schauten Rubena Birgitt verständnislos an. Dann fragte Rosengard:"Sind sie sich auch ganz sicher, dass sie sich nicht getäuscht haben?"

„Na klar bin ich mir sicher, ich war doch dabei, ICH hab Terry doch von seinem Elternhaus zu ihnen gebracht! Der Brief war da, ganz sicher. Obwohl, als wir zum zweiten mal bei ihrem Haus waren habe ich ihn nicht gesehen. Ich habe allerdings auch nicht darauf geachtet, weil mich Terry so genervt hat!"

„Oh.", sagte Terry nur. In seinem Kopf begannen verschwommene Erinnerungen zu erscheinen. Nachdem er letztes Jahr zweimal gegen die geschlossene Haustür gelaufen war, war er verschwommene Erinnerungen ja gewöhnt. Er sah sich selbst. Allein vor der Haustür seiner Tante. Eingewickelt in ein riesiges weises Laken mit einem Brief in der Hand. Er sah, wie er den Brief verwundert ansah und ihn dann zum Mund hob und ganz langsam anfing immer größere Stücke davon abzubeissen. „Nein!", schrie Terry laut und erwachte aus seinen Erinnerungen. „Was ist, mein Schatzi? Geht es dir nicht gut? Hast du Schmerzen?", Rosengard stürzte sich sofort auf Terry um ihn zu bemuttern. „Er hat sich bestimmt an die Nacht erinnert, in der seine Eltern starben...", meinte Birgitt. "So war es doch Terry?"„Ähm...ja... natürlich, was sonst?"„Und?", fragte Birgitt neugierig, "was hast du gesehen?"„Äh... äh...", stotterte Terry, "ich hab... ähm... ja... äh... Licht hab ich gesehen, ja genau, rotes Licht!"„Das muss der Fluch gewesen sei.", murmelte Birgitt. „Sagten sie nicht gerade etwas von einem Bohnengarten in den mein Terry kommen soll?", mischte sich Rosengard wieder ein. „Bohnengarten? WAS?! Wie können sie es wagen Bohnwardsz, die größte Zauberschule der Welt... äh... des Landes... äh... der Stadt... ach, was sag ich, die größte Zauberschule auf dem Grundstück auf dem sie steht, einen Bohnengarten zu nennen?"„Zauberschule?", nun war Terry doch neugierig geworden. „Ja, eine Zauberschule. Und du wirst da ab Morgen hingehn. Terry, du bist eine Nervensäge!" Rosengard wollte gerade in Ohnmacht fallen, als Birgitt began in einer ihrer Umhangtaschen zu kramen und sie dadurch zum Warten veranlasste. Schließlich zog Birgitt ein zusammengefaltetes Stück Papier aus der Tasche und und lass es sich kurz durch. „Oh... wusst ichs doch. Ich sollte was anders sagen! Mist. Also nochmal! Terry, du bist ein Zauberer!"Deutlich hörte man das laute Geräusch, als Rosengard auf dem Boden zusammenbrach, aber weder Birgitt noch Terry kümmerten sich darum. „Ich bin ein was?", fragte Terry. „Ach Gott, jetzt ist der auch noch schwerhörig!", entsetzt schüttelte Birgitt den Kopf und zog ein Megaphon aus einer anderen Umhangtasche. „Ich hab zwischendurch mal drauf gesessen, aber es dürfte noch funktionieren.", murmelte sie und hielt Terry das Megaphon ans Ohr. „TERRY, DU BIST EIN ZAUBERER!"Terry kippte ohne ein Wort zu sagen zur Seite. „Keine Manieren, diese Maggies."Birgitt sah sich fassungslos in der Hütte um, warf sich dann in eine Sessel und begann zu schlafen. Am nächsten Morgen wachte sie. "SCH!" Schrie sie und holte so Terry und Rosengard unsanft aus dem Schlaf. "Verdammt sin wir spät dran! Terry, pak' dein Zeug, wir gehen!" "Toll," freute sich Terry, "bekomm ich jetz meine Sachen, so nen Individuellen Zauberstab un so?!" "Also erstens vergisst du ma schön das Wort individuell, sowas gibt's bei uns net, zweitens, halts Maul!" mit diesen Worten schlug sie Terry hart auf den Kopf, ohne Rosengards Schreie zu beachten, warf sich Terry über die Schulter und ging.