Kapitel 7

Nur das Rascheln von Papier zeriss die Stille in dem Zimmer und das Licht des Zauberstabs beleuchtete einen flammendroten und einen silberblonden Haarschopf, die sich nun dicht gedrängt über die Seiten des Tagesbuchs senkten.

Wie gebannt hing Jacks Blick an den handschriftlichen Wörtern, die Wort um Wort, Satz um Satz die Seiten füllten und einen neuen Tag aus Harry Potters Leben beleuchteten.

07.03.2014

Mein Verstand weigert sich, die letzten Stunden zu begreifen, zu akzeptieren. Vielleicht träume ich das alles nur und bald werde ich aufwachen und, werde ich mir dann wünschen, dass es kein Traum war?

Draco lebt.

Ich fuhr zurück zum Haus, mit dem Taxi. Mir fiel sofort eine Art flackerndes Licht auf, das aus dem Wohnzimmerfenster im ersten Stock schien. Mir stockte das Herz, er war also immer noch da, er war wirklich da. Es kostete mich all meine Selbstbeherrschung nicht sofort wieder zu verschwinden und stattdessen das Haus zu betreten. Langsam, Schritt für Schritt, erklomm ich die Treppe. Meine Gedanken wurden nur von einem einzigen Wort beherrscht: Draco.

Endlich erreichte ich das Wohnzimmer. Draco saß in einem der alten Ohrensessel und las im flackernden Licht des Kaminfeuers und einiger Kerzen. So, wie er es so oft getan hatte. So, als wäre nie etwas passiert. Dann sah er auf, blickte mich an und ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Ich kann nicht leugnen, dass mich das verwirrte, dass es mich schmerzte.

Der Blick seiner eisgrauen Augen nahm schließlich den meinen gefangen und lange Zeit sahen wir uns einfach nur an.

Heute Morgen war ich hierher aufgebrochen um mich endgültig zu lösen Um mich zu verabschieden, von meiner Vergangenheit, von Draco. Und jetzt? Ihn nun vor mir zu sehen, nicht als Geist, sondern als einen Mann aus Fleisch und Blut, das war mehr als ich ertragen konnte. Ein dumpfer Druck legte sich auf meine Brust, erschwerte mir das Atmen, mein Herz begann zu schmerzen und mein Körper zu zittern. Blitzartig tauchten Erinnerungsfetzen in meinen Gedanken auf. Erinnerungen, die ich so lange verbannt hatte. Erinnerungen an jenen letzten Abend, an sein Gesicht, wie er mich ansah, der Unglaube, das Entsetzen. Erinnerte mich an das, was er mich heute hatte fühlen lassen – seine Gefühle von damals.

„Wie ist es möglich?", flüsterte ich.

Schweigend begann Draco die Knöpfe seines dunkelgrünen Umhangs zu öffnen, dann die seines schwarzen Hemdes. Ohne mich aus den Augen zu lassen, entblößte er seine weiße, makellose Brust, von der sich deutlich und verführerisch die dunklen Brustwarzen abhoben. Ein verzückter Seufzer entrang sich meiner Kehle. Doch dann fiel mein Blick auf die Narbe auf der linken Brust. Eine feine, blitzförmige Narbe. Unwillkürlich fuhr meine Hand an meine Stirn und Draco lächelte.

„Deine eigene Liebe stand dir im Weg", wisperte er.

Mit einer überwältigenden Kraft drängte sich die Erinnerung nun an die Oberfläche, ließ mich schwanken.

Durch Zufall hatte ich damals von Arthurs Tod erfahren, dass er bei einem der vielen Todesserangriffe getötet worden war. Ich wollte es, konnte es nicht glauben. Doch diese Nachricht trieb mich aus dem Haus, zu der Beerdigung. Im Schatten der Bäume wurde ich Zeuge der Trauerprozession. Ich sah all meine Freunde wieder, es öffnete mir die Augen, machte mir klar, was ich angerichtet hatte, verdunkelte mein Herz. Ziellos irrte ich danach durch die Gegend, durch London. Überall sah und hörte ich von Voldemorts Schatten, von dem Leid und dem Schrecken den er und seine Todesser verbreiteten, von der Frage, wo Harry Potter war. Hass ergriff von mir Besitz, unbändiger, alles vernichtender Hass, auf Voldemort, auf Draco und mich selbst. So kehrte ich schließlich in unser Haus zurück, wo ich Draco lesend vor dem Kamin antraf.

Ich konnte in ihm nicht mehr das Wesen erkennen, dass ich liebte. Sah in ihm nur noch meinen Peiniger, meinen Kerkermeister, von dem ich mich befreien musste.

Draco hatte mich mittlerweile bemerkt und war lächelnd auf mich zugetreten. Als er nur noch zwei Schritte vor mir stand, griff ich nach meinem Zauberstab und richtete ihn auf sein Herz.

„Was tust du da, Harry?", fragte Draco verwundert und blickte mir ins Gesicht. Was er da sah, ließ ihn erschrocken aufkeuchen. Unglaube und Entsetzen spiegelten sich auf seinem blassen Antlitz wieder.

„Harry, nein", hauchte er und seine eisgrauen Augen sahen mich groß und flehend an.

Doch nichts was er hätte sagen können, hätte mich von meinem Vorhaben abhalten können und das schien auch Draco zu begreifen. Ganz langsam schlich sich Erkenntnis in seine Augen – ich würde ihn töten. Kurz flackerte Widerstand in seinem Blick auf, doch auch er wusste, dass er es nicht schaffen würde. Lange bevor er seinen Zauberstab in seinen Händen halten würde, hätte der Todesfluch ihn schon getroffen. Dann geschah etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte.

„Ich liebe dich", flüsterte er zärtlich und in seinen Augen schwammen Tränen.

„Avada Kedavra", antwortete ich kalt, aber mit einem Zittern in der Stimme. Dracos Körper sackte zusammen und ich dachte nicht einmal daran, nach dem Puls zu fühlen. Packte stattdessen nur seinen Körper und verfrachtete ihn in den nahegelegen Wald. Ließ ihn dort einfach so zurück.

Mit dieser Tat war auch der letzte Funken Liebe oder Mitgefühl aus mir verschwunden. Hass pulsierte durch meine Adern, angetrieben von Machthunger.

Wer einmal einen Menschen bewusst getötet hat, der fühlt für kurze Zeit eine ungeahnte Macht, will sie wieder spüren, verfällt ihr. Oh, die Verbotenen Flüche schmecken so süß.

Und so machte ich mich auf, Voldemort zu töten.

Durch einen Tränenschleier sah ich nun wieder auf Draco, der noch immer in dem Sessel saß und dessen Blick noch immer auf mir ruhte. Er lebte und ich spürte keinen Hass mehr. Schon lange nicht mehr. Dem Machthunger, dem Hunger nach schwarzer Magie oder jeglicher Zauberei hatte ich erst vorhin wieder erfolgreich bekämpft.

Ich spürte nichts, fühlte nichts – außer einer alles verschlingenden Leere, einer unendlich schweren Schuld, einer Sehnsucht, die mir gleichzeitig so bekannt und doch so fremd erschien. Der Sehnsucht, wieder in Dracos Armen zu liegen. Ich konnte mich nicht länger selbst belügen.

„Kannst du mir jemals verzeihen?", fragte ich leise und ohne jede Hoffnung.

„Ich weiß es nicht", meinte Draco ernst und sah mich dabei traurig an. „Es gab eine Zeit, da hasste ich dich, da wollte ich dich suchen, um dich zu foltern und schließlich zu töten. Aber jetzt? Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken... Kannst du mir denn verzeihen?"

„Ich dir? Was?" Ich war ehrlich überrascht.

„Das, was ich dir angetan habe", erklärte Draco mit einem matten Lächeln. „Alles was ich zu meiner Entschuldigung vorbringen kann, ist, dass ich damals noch sehr jung war, verzogen, stolz und dumm."

„Natürlich verzeihe ich dir. Alles was du willst." Bei Merlin, ich würde mir eigenhändig das Herz aus dem Leib reißen, wenn er es von mir verlangen würde. Denn jetzt, da er vor mir stand, mit mir sprach, musste ich erkennen, dass sich an meinen Gefühlen in all den Jahren nichts geändert hatte. Die gleiche aufopfernde, selbstzerstörerische Liebe begann wieder durch meine Adern zu pulsieren, nur brennender, heißer, verzehrender als jemals zuvor, versehen mit einer dunklen Nuance, die ich nicht in Worte fassen kann.

Süßes Erstaunen breitete sich auf Dracos Gesicht aus.

„Harry"; flüsterte er.

Mit wenigen Schritten war ich bei ihm, beugte mich zu ihm hinunter, nahm sein Gesicht in meine Hände und presste meine Lippen verlangend auf seine. Nach kurzem Zögern begann Draco den Kuss zu erwidern und hemmungslos machte ich mich daran seinen Mund zu plündern.

Gierig fiel ich über ihn her, ganz so wie ein Verdurstender über ein Glas Wasser. Ich wollte diesen blonden Teufel, ich wollte ihn ganz und gar – seinen Körper, sein Herz und seine Seele. Und mit einem triumphierenden Ausdruck in den eisgrauen Augen gab mir Draco, was ich wollte und ich nahm es rücksichtslos, die schrillenden Alarmglocken in meinem Kopf missachtend.

Erst im Morgengrauen kehrte ich in das Weasley-Haus zurück, verwirrt, glücklich, müde, lebendig und mit einem Hunger auf mehr.

Ich spüre diesen Hunger auch jetzt noch, zwei Stunden später und er wird stärker.

Jack schüttelte ungläubig den Kopf.

„Nein, das ist eine Lüge. Das ganze ist nichts weiter als die kranke Phantasie von einem Perversen."

Wütend schlug der Rotschopf das Tagebuch zu. Harry Potter, sein Harry Potter und schwarze Magie? Niemals!

„Mir fällt es auch schwer das zu akzeptieren, aber wieso sollte jemand so etwas als Tagebuch schreiben und hier auf dem Dachboden verstecken?", fragte Finlay ruhig.

„Woher soll ich das wissen?! Es ist mir auch völlig egal!", schnappte Jack und bemerkte nicht einmal, dass er sich die gleichen Fragen auch schon mal gestellt hatte und dass das noch gar nicht so lange her war.

Trotzig verstaute Jack das Tagebuch zwischen Matratze und Bettrahmen und drehte sich auf die Seite, den Blick gen Wand.

Jack war ja bereit gewesen dieser Geschichte mit Draco Glauben zu schenken, aber die Sache mit der schwarzen Magie und dem Mord, das war einfach... das konnte nicht stimmen. Es durfte nicht stimmen.

Jacks Bild des strahlenden Helden Harry Potter hatte sich im Laufe des Lesens in das eines tragischen Helden Harry Potter gewandelt. Aber was sollte er nun in ihm sehen? Einen Mörder? Wenn auch einen ziemlich unfähigen?

Er spürte Finlays Blick auf sich ruhen und wäre jetzt zu gerne von dem Blonden in den Arm genommen worden, aber das war doch albern. Warum nahm ihn das überhaupt so mit? Er war doch erwachsen, oder nicht? Und es konnte ihm doch völlig egal sein, was in diesem Tagebuch stand, oder? Jawohl.

„Schlaf gut", murmelte Finlay und legte kurz sacht die Hand auf Jacks Schulter. Der Rotschopf registrierte beunruhigt den kleinen, warmen Schauer, der ihm daraufhin über den Rücken rieselte und grummelte ein „Gleichfalls."

Müde und durcheinander lauschte er, wie Finlay es sich neben ihm bequem machte. Noch bevor er sich auch nur einen weiteren Gedanken fassen konnte, war er auch schon eingeschlafen.

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mellin: War das schnell genug? g Stimmt, fragen kann man ja mal ;) Und was Jack und Finlay betrifft, hm, wär möglich, dass sie zusammen kommen, nur ob das noch in den letzten zwei Kapiteln passiert ist fraglich...

Momochan: Ja, wie unhöflich, ne? Am besten hören die Beiden sofort auf, mit dem Lesen fremder Tagebucher ;P Und was Finlay betrifft.. mich in geheimnisvolles schweigen hüll.

Blue: Joah, Harry tut mir auch leid. Aber andererseits lass ich ihn doch zu gerne leiden hehe. Und deine Zweifel haben sich leider nicht bestätigt. Draco lebt. Und wie. Und vielleicht gibt es Happy End für Jack und Finlay, vielleicht aber auch nicht ;)

Maia May: ganz verlegen is So ein schönes Review. Danke knuddel noch ganz sprachlos is.

Ralna Malfoy: Dein Warten hat ein Ende und beginnt nun wohl wieder aufs neue g. Diesmal hab ich das Kapitel hoffentlich etwas sanfter beendet - nicht, dass du noch einen Krampf im Gesicht bekommst ;) Zu Finlays Abstammung, verrat ich jetzt mal nichts weiter hüstel. Gespannt sein und weiterlesen...

Archra: Ich und mich für einen Cliff schämen? Nö :P Und auf das Paar wirst du wohl noch eine Weile warten müssen... Ätsch.

juno5: So, das war eindeutig schneller g. Und nach 'Veränderungen' schau ich mal ;)

Majin Micha: Jaah, ich bin gemein =) Tja blütenblätter zupf sie kommen zusammen, sie kommen nicht zusammen, sie kommen zusammen, sie .... g

Myu: Kurz und deutlich g. Ähm, danke jedenfalls.

Ödarius: Hi du 'tanzendes Prärieschwein' g. lol Du hast vielleicht Ideen... Herrlich. Das mit Draco dürfte sich ja geklärt haben und das mit Jack und Finlay... Tjaha... Lalala g.

Krieger des Wahnsinns: Jaah, ich weiß, ich bin immer an allem Schuld und habe einen schlechten Einfluss ;P Aber du machst mich ganz verlegen rot werd. So gut bin ich gar nicht...