Zwei Seiten einer Medaille

Ich weiß nicht wann die Tage enden

Und wann die Nacht beginnt

welches Jahr wir schreiben

Oder wie schnell die Zeit verinnt

- l'ame immortelle – Stumme Schreie -

Mit schwitzigen Händen und leicht zitternder Statur stand Alexiel vor den Türen der Großen Halle und hörte mit Unwohlsein das Stimmenwirrwarr von drinnen. Abermals glitten ihre Finger zu ihrer Kurzhaarfrisur und sie betete innerlich, dass man ihr die Rolle vom Jungen abnehmen würde. Auch wenn Lily und Severus sie zeitweilig beruhigen konnten, stand für das Mädchen immer noch fest, dass sie viel zu weiblich wirken würde.

Als plötzliche Stille eintrat, straffte sie die Schultern, wohlwissend, dass Dumbledore nun eine Ankündigung ihr bezüglich machte. Und tatsächlich öffneten sich keine zwei Minuten später die schweren Flügeltüren und ermöglichten Alexiel einen Blick ins Innere des Saales.

Vorsichtig trat sie ein und versuchte das nun erklingende Raunen und Murmeln zu ignorieren, sowie die neugierigen Blicke ihrer neuen Mitschüler. Sie hörte mehrere Kicherattacken einiger Mädchen, sowie unverständliches Brummen aus den Herrenriegen, aber niemand lachte sie aus oder begann offen zu erklären, dass sie sich ihre Verkleidung sparen könnte, da sie eh durchschaut war.

Allmählich gewann die ehemalige Hufflepuffschülerin ihre Fassung wieder und lächelte vor sich her, als sie zu dem Hut und der wartenden McGonnagall trat.

‚Nun denn lasst die Spiele beginnen' dachte sie tief durchatmend und setzte sich auf den Stuhl um sich erneut der Prozedur des Auswahlverfahrens zu stellen. Ihr wurde der Hut aufgesetzt und dann blieb es für lange Augenblicke totenstill im Raum.

Ich sehe Mut und Mitgefühl, aber auch Unsicherheit. Du verbirgst eine dunkle Seite in dir. Mmh... eine schwierige Entscheidung...! sagte der Hut und das nun wieder unsicher gewordenen Mädchen hoffte nur, dass er sie schnell nach Hufflepuff schicken würde und diese Farce damit beendete. Also was mache ich mit dir, geschickt bist du einiges zu bewirken, doch welches Haus hilft dir deine Ziele zu erreichen? Vielleicht... nein... oder doch? Nun gut, die Entscheidung ist gefallen! ‚Endlich!' dachte Alexiel, was war schließlich so schwer, sie in ihr verdammtes Hufflepuff zu schicken, dem Haus, dem sie am ehesten entsprach, zumindest meinten das alle, die sie kennen gelernt hatte.

Dein Haus wird... Slyffindor... rief der sprechende Hut laut.

Alexiel horchte verwirrt auf und auch die Schülermenge starrte sie für eine Sekunde völlig entgeistert an, eh das Tuscheln eine nie gekannte Lautstärke erreichte, bis sich der Direktor langsam aus seinem Sessel erhob und um Ruhe bat. Hoffnungsvoll schaute das verblüffte Mädchen zu Dumbledore und wartete auf eine Korrektur ihrer Einteilung.

‚Aber hey ich bin hier schließlich der Schultrampel, bei mir muss das ja genau so ablaufen. Nicht mal der Hut kriegt was auf die Reihe, wenn's um mich geht!' dachte sie voller Zynismus und schnaubte bei der Erinnerung daran, dass man sie stets als Glückskind bezeichnete.

„Liebe Schüler!" begann Albus Dumbledore und räusperte sich. „ Ich bitte um Ruhe, das Problem wird augenblicklich durch meine Wenigkeit gelöst werden. Da sich der Hut nicht zwischen den zwei Häusern für Mister King entscheiden konnte, folgen wir seinem Ratschlag und schicken ihn in beide!" erklärte er freundlich wie eh und je.

„Muss ich dann auch für beide Häuser am Unterricht teilnehmen?" platzte der Blondschopf heraus und starrte den graubärtigen Zauberer mit großen Augen an. Sofort fielen einzelne Lacher in der sonst stillen Halle und auch Dumbledore lächelte breiter. „Keine Sorge, Mister King, sie müssen sich nicht zerteilen. Um genau zu sein, werden sie das erste Halbjahr in Slytherin und das Zweite in Gryffindor verbringen, damit sei der Gerechtigkeit genüge getan." Er setzte sich wieder und warf Alexiel einen auffordernden Blick zu, sie möge sich doch zu ihrem neuen Haus gesellen.

Nach kurzen Zögern folgte sie dem Wunsch schließlich und lief schnurstracks zum Slytherintisch um sich rasch auf einen leeren Platz setzen zu können, auf die immer noch herrschende Stille im Raum achtete sie nicht weiter. Auch das Ausbleiben von Freudenbekenntnissen ihrer neuen Hausgenossen hatte Alec nicht mitbekommen. Sie schnappte sich nur ein Glas mit Kürbissaft und begann dieses langsam zu trinken, betend, der Boden möge sich auftun und sie verschlucken. Zumindest war es ein Einstand, einer verrückten Person wie ihr gebührend, dass gab sie schließlich in Gedanken zu.

Einige Minuten später schien die Große Halle wie verwandelt, keiner scherte sich mehr um den Neuankömmling, als das Essen serviert wurde und damit die perfekte Ablenkung bot. Erst als der Neuslytherin eine Hand auf ihrem Arm spürte, hob sie das Gesicht um in die unergründlichen, schwarzen Augen von Severus Snape zu starren, der neben ihr saß.

„Willkommen in Slytherin, würde ich damit sagen!" meinte er voller Spott , worauf sich ihr Gesicht rot verfärbte und sie mürrisch erwiderte: „Mach dir keine Umstände, ich glaube die Hausabzeichen habe ich mittlerweile drauf und weiß, wo ich gelandet bin!" Sie fixierte ihn mit bösem Blick, unter der er aber nur eine Augenbraue hob.

„Sieh an, sieh an unser Tränkemeister hat einen neuen Freund gefunden!" hörte sie die spöttische, arrogante Stimme eines blonden Schönlings, der ihr schräg gegenüber Hof hielt. Neben ihn erschien eine sehr hübsche Blondine, die ihren Arm mit dem seinigen verbunden hatte und Alexiel nachdenklich taxierte. Und wiederum daneben befand sich ein schwarzhaariges Mädchen mit den schönsten aber auch verschlossensten Gesichtszügen, die sie je gesehen hatte.

„Es sprach der großartige Lucius Malfoy mit dir!" erklärte ihr Snape leise. „In unmittelbarer Umgebung befinden sich seine Verlobte Narcissa Black und deren Schwester Bellatrix, die wiederum bereits Rodolphus Lestrange versprochen ist." Alexiel erntete ein Lächeln von Narcissa und ein Nicken von Bellatrix, als sie ihren Blick abermals über die drei gleiten ließ, nur Lucius behielt seinen distanzierten, aber dennoch nicht bösartigen Ausdruck in den Augen bei, eh er wieder das Wort ergriff. „Keine Sorge, Kleiner, auch wenn du nur eine bestimmte Zeit unserem Haus angehörst, so werden wir für dich sorgen. Slytherins halten stets zusammen, da wir auf die anderen und ihre Muggelliebhaber verzichten können!"

„Er erinnert mich irgendwie an einen Engel!" flötete Narcissa mit quietschiger Stimme und Alexiel drehte sich der Magen um. „Wie niedlich, er wird perfekt zu uns passen."

„Wenn er die richtigen Ansichten hat, meine Liebe!" fiel ihr ihre Schwester ins Wort. „Wir können keine Schlammblutfans gebrauchen." Ihre Worte dagegen brachten Severus dazu, sich einzumischen. „Da der Hut ihn in unser Haus einteilte, wird er wohl passend sein. Ich hatte das fantastische Vergnügen ihn bereits vor der Einteilung zu treffen und ich versichere euch, er teilte mir bereits mit, dass er durch und durch reinblütig ist."

Zumindest in dem Punkt brauchte Alexiel nicht lügen, ihre Eltern gehörten beide einer sehr alten Reinblutsfamilie an, auch wenn sich beide sehr früh entschlossen in der Muggelwelt zu leben und ihre Karriere als Zauberer aufzugeben.

Nun da dieser Punkt geklärt schien, verhielten sich die anderen Slytherins wesendlich freundlicher ihr gegenüber und begannen das Mädchen über ihre neue Umwelt aufzuklären. Sie wurde aktiv in die Gespräche eingebunden und eh sie sich versah, war es Zeit um sich in ihre Gemeinschaftsräume zurückzuziehen.

„Erstklässler aus Slytherin folgt mir unauffällig!" ertönte die Stimme eines schwarzhaarigen Fünftklässler, als dieser seine neuen Aufgaben als Vertrauensschüler in Angriff nahm und einen Großteil der Kleinen davonführte. Auch Alexiel erhob sich um sich auf den Weg zu machen, sie hatte völlig vergessen, dass sie eigentlich nicht wissen durfte, wo sich der Zugang zu den einzelnen Gemeinschaftsräumen befand, da sie ja angeblich neu hier war und wurde deswegen auch prompt von Severus zurückgepfiffen. Leicht irritiert, drehte sie sich zu ihm um und merkte nicht, dass hinter ihr ein großer Schatten auftauchte, mit dem sie Sekunden später auch unsanft kollidierte und zu Boden ging.

„Autsch, hast du keine Augen im Kopf!" meinte sie gepresst und erhob sich völlig unelegant um ihrem Hindernis die Meinung zu geigen. Die Worte blieben ihr aber im Hals stecken, als sie die Person in Augenschein nahm, die an ihrem Missgeschickt Mitschuld trug.

„Wenn du nicht so ein Trottel wärst und Augen im Kopf gehabt hättest, wäre die solch ein Umfall erspart geblieben. Aber glaube mir, dein Ruf als Trottel scheint sich damit bestätigt zu haben, King!" ertönte eine arrogante Stimme, die ausgezeichnet zu ihrem Besitzer passte. Alec musste arg an sich halten um nicht zu erröten, aber so etwas lag ihr zum Glück nicht im Blut und sie hatte während ihren fünf Jahren in ihrem Hogwarts gelernt über solche Sprüche hinwegzusehen. Dennoch verunsicherte sie der extrem gut gebaute Schüler mit diesen dunklen blauen Augen und der offensichtlichen Abneigung gegen sie in eben diesen. Er hatte längeres schwarzes Haar und einen leicht gebräunten Teint, der perfekt dazu passte. Sein Gryffindorabzeichen prangte stolz auf seiner Brust.

Durch und durch ein Playboy! Und bei dem Gedanken verzog nun Alexiel ihrerseits das Gesicht zu einer Maske des Abscheus. „Kümmer dich um deinen Kram!" murmelte sie wütend und ihre anfängliche Schüchternheit war völlig von ihr abgefallen, nachdem sie sich ein durchaus schnelles Urteil über diesen überheblichen Kerl gebildet hatte.

„Da du mich aber umbringen wolltest, gehörst du ab nun zu meinem Kram!" erwiderte er mit einem spöttischen Lächeln und wandte sich dann an seinen Freund, der insbesondere durch seine Brille und seine völlig ungekämmten Haare auffiel. „Krone, wie wäre es, wenn wir unserem Neuzugang die Regeln erklären, natürlich auf die Art der Herumtreiber!" Die Augen des anderen Jungen begannen freudig aufzublitzen und Alexiel schwante bereits übles. „Natürlich, Tatze, immerhin brauchen insbesondere Slytherins eine ganz spezielle Begrüßung!"

Mit einer blitzschnellen Bewegung griff sich der Schüler, der Tatze hieß, ihren Umhang und zog sie unsanft an sich heran um sie mit funkelnden Augen anzustarren, die ihr ein wenig Angst machten.

„Hör zu, Wurm, wage es nie wieder uns in die Quere zu kommen, sonst kannst du etwas erleben!" Gerade als er zu einer scheinbar längeren Erklärung ansetzen wollte, ertönte ein frustrierter Aufschrei und mit wütenden Schritten näherte sich ein rothaariges Mädchen, das Alec schnell als Lily einordnen konnte.

„Potter, Black, lasst die Finger von ihm, auf der Stelle!" knurrte sie regelrecht und versetzte die Neuslytherin damit etwas in Verwirrung. Die Lily, die sie kennen gelernt hatte, war zwar skeptisch gewesen, aber nie so aus der Haut gefahren.

„Schon gut Evans!" erwiderte Black und schubste Alec zur Seite, so dass sie erneut auf den Boden aufkam und sich erst mit Lilys Hilfe wieder aufrichten konnte.

„Danke!" flüsterte Alec dem Rotschopf zu und erntete ein strahlendes Lächeln, was überhaupt nicht zu der Person von eben passte. Abermals überraschte der Gryffindorvertrauensschüler, als er ihr noch einmal zuwinkte, sich dann die Ärmel von Blacks und Potters Mantel schnappte und diese hinter sich herzog, so dass Alexiel unwillkürlich laut lachen musste und mehr als nur einen tödlichen Blick der beiden Jungs erntete, der ihr noch eine unglückliche Zukunft versprach.

Da sie aber der geborene Optimist war, kümmerte sie sich bereits wenige Sekunden nach dem Zwischenfall nicht weiter darum, sondern drehte sich zu Severus um, der sie mit unergründlichen Augen musterte. Die meisten ihrer Mitschüler waren bereits davongeeilt, nur wenige blickten sie mitleidig an, so dass das Mädchen fragend eine Augenbraue hob.

„Du hast so eben zwei der Schulkönige James Potter und Sirius Black kennen lernen dürfen, die dich nun auf ihre geschätzte Abschussliste aufgenommen haben. Herzlichen Glückwunsch!" sagte ihr Hauskamerad ohne besondere Emotion in der Stimme und ging bereits voran, so dass Alexiel ihm raschen Schrittes folgen musste um nicht den Anschluss zu verlieren.

‚Willkommen im Hogwarts deiner Alpträume!' dachte sie frustriert und fürchtete sich auf einmal vor ihrer neuen Aufgabe, schließlich hatte sie sich gleich zwei Feinde an ihrem ersten Tag gemacht dank ihrer altbekannten Schusseligkeit.

Danke an meine Reviewer .Y ganz doll drüber gefreut hab