Die Hände des Kriegers
Prolog
Es ist dunkel um mich herum, als ich erwache. Doch viel bedrückender ist die Stille, die mich erwartet und die hier und da nur von dem Fallen eines einzelnen Wassertropfens auf den kalten Stein unterbrochen wird. Und noch bevor sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen können, weiß ich, dass ich alleine bin. Ich riskiere einen tiefen Atemzug und erschauere, denn ein stechender Schmerz durchzieht meine Schulter. Zögernd will ich meine Hand heben, doch nicht einmal das vermag ich. Erst jetzt verspüre ich den Druck, der auf meinen Handgelenken herrscht und im blassen Mondlicht, das von irgendwoher kommt, erkenne ich die stählernen Ketten, die mich binden. Längst haben sie sich in die zarte Haut meiner Handgelenke gegraben, doch ich spüre diesen Schmerz nicht.
Müdigkeit überkommt mich und ohne es wirklich zu wollen, fallen mir die Augen zu. Mein ganzer Körper fühlt sich so erschöpft und zerstört an, dass ich den Willen gegen den Schlaf anzukämpfen, aufgebe. Nicht für einen Augenblick denke ich darüber nach, wo ich bin und warum ich hier festgehalten werde. All meine Gedanken sind auf den heilsamen Schlaf gerichtet, und ich hoffe zutiefst, dass er auch schmerzlindernd sein würde.
Doch plötzlich schrecke ich hoch, denn meine Ohren haben Schritte vernommen... näher kommende Schritte. Helles Licht schmerzt in meinen empfindlichen Augen, als es durch die Dunkelheit bricht und nach mir greift. Es wird jedoch Sekunden später durch das sanfte Licht einer Kerze ersetzt. "Hat unser hoher Besuch ausgeschlafen?" Die tiefe Stimme ist voller Hohn und ich kann die Umrisse eines kräftigen Mannes sehen. Er tritt näher und zwingt mich durch einen Griff an mein Kinn dazu, ihn anzusehen. Abschätzend gleiten eisig blaue Augen an mir hinab und an dem ärgerlichen Aufblitzen erkenne ich, dass etwas nicht zu seiner Zufriedenheit ist. "Wer hat ihn so zugerichtet?" Sein Griff weicht und er fährt wütend herum, wo ich noch Andere vermute.
"Das waren die Orks", kommt auch die unvermittelte, aber doch ängstliche Antwort. "Wir fanden ihn in der Nähe des Flusses. Weit und breit kein Hinweis auf seine Freunde, die wohl während des Kampfes ohne ihn geflüchtet sind." Ich höre bei diesen Worten auf und frage mich, ob er die Wahrheit spricht, ob ich wirklich von Freunden in der Hand des Feindes zurückgelassen wurde. Sekunden später werde ich jedoch aus meinen Gedanken gerissen, denn der Mann vor mir tastet über meinen Körper und belächelt meine Versuche, das zu unterbinden.
"Die Menschen in Gondor werden für diesen Schönling sehr viel zahlen. Vielleicht sollte ich ihn selbst für den Handel mit der Lust behalten." Bei diesen Worten lacht der Mann bedeutsam und greift mir in den Schritt. Auch hinter ihm entbrennt nun ein entwürdigendes Lachen und ich spüre Wut wie glühende Lava durch meine Adern fließen. "Lass Deine dreckigen Finger von mir, Menschenbastard!" Meine Worte bleiben natürlich nicht unbestraft, denn einen Augenblick später wird mein Kopf mit Kraft gegen den Felsen geschlagen und das letzte, was ich höre, ist das laute Lachen der Menschen. Dann umgibt mich Dunkelheit.
