POV Glorfindel
Erleichterung lässt mein Herz befreiter schlagen, als Elladan seine Augen öffnet. Für einen Moment versinken Tag und Nacht ineinander. Es scheint, als treffen sich in dieser Sekunde Sonne und Mond... in Liebe verbunden, aber verbannt durch der Welten Lauf. Ich erinnere mich an seinen Geschmack, den ich erst vor wenigen Augenblicken kosten durfte. Nur dieser zarte Kuss auf sein Ohr und ich schmecke immer noch das Aroma von Honig und einer sternenklaren Nacht.
Zaghaft erwidert er mein Lächeln und ich streiche ihm sanft eine Haarsträhne aus dem anmutigen Gesicht. Alles in mir schreit danach, ihm von meinen Gefühlen zu erzählen und noch einmal von dem Geschmack funkelnder Sterne zu kosten. Doch ich will ihn nicht erschrecken. "Wie fühlst Du Dich Elladan?" Er scheint meine Frage nicht zu verstehen, ruhen seine Augen doch immer noch auf den meinen, ertrinken darin und baden im Rausch eines Sommermorgens.
Ein zweites Mal stelle ich diese Frage und reiße ihn damit wohl aus dem Strudel seiner Betrachtung. Leise und zart ist seine Stimme, so wie ich sie immer kannte und wie ich nun zugeben muss auch immer liebte. Er versichert mir, dass die Schmerzen nachgelassen haben und bittet um ein Glas Wasser.
Diesen Wunsch erfülle ich ihm und führe vorsichtig das Glas an seine Lippen.
Oh wie gerne wäre ich das kühle Wasser, das Deine Lippen streichelt und Deinen Gaumen liebkost.
Elladan lächelt mich dankbar an und mein Blick bleibt auf einem einzelnen Wassertropfen hängen, der seinen Platz auf den zarten Lippen meines Schützlings eingenommen hat. Nun kann ich der Versuchung nicht widerstehen und beuge mich schließlich zu ihm hinab. Sanft und so behutsam, als wäre er zerbrechlich, berühren meine Lippen die seinen. Ich stehle den Wassertropfen von der Köstlichkeit seines Mundes und obwohl es nur ein Hauch einer Berührung war, breitet sich eine Gänsehaut auf meinem Körper aus.
Deine Lippen, so unschuldig wie die erwachte Blüte im Morgentau... so zart und voll, verführen zu einem Kuss. Wie kann ich dieser Versuchung widerstehen? Will ich es überhaupt oder bin ich Dir schon längst verfallen?
Ein Augenblick, so kostbar wie der Hauch des Lebens und doch nur so kurz wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Wieder senken sich meine Lippen auf die seinen. Ich verwöhne sie und quäle sie zugleich mit dem Hauch vielerlei Küsse. Nun scheint auch er aus dem süßen Schlaf der Verwirrung erwacht zu sein und versucht das Geschenk meiner Lippen einzufangen. Tag und Nacht treffen aufeinander in einem zaghaften Tanz, der einerseits von Unsicherheit spricht, aber andererseits auch soviel Gefühl zeigt.
Ich bin so versunken in den Augenblick, dass ich nicht bemerke, wie die Tür leise aufgeht und jemand hereintritt. Erst als sich Thalaron verhalten räuspert, kehre ich zurück in die Wirklichkeit. Nur langsam lasse ich von den köstlichen Lippen Elladans ab und blicke den Eindringling mit einer Mischung aus Verlegenheit und Verwirrung an. In diesem Moment verfluche ich mich dafür, dass ich meinem Verlangen hier in den Hallen der Heilung nachgegeben habe.
Doch anders als vermutet, ist in Thalarons Miene weder Wut noch Verachtung zu sehen, sondern ehrliche Freude. Ich will mich gerade bei Elladan entschuldigen, als ich bemerke, dass seine Augen immer noch geschlossen sind. Sein Gesicht ist entspannt und die schönen Lippen umspielt ein sanftes Lächeln. Die sternenklare Nacht zeigt sich von ihrer schönsten Seite und ich würde viel darum geben, wenn Thalaron einfach nie in den Raum getreten wäre.
Und als ich mich wieder an ihn wenden will, scheint mein Wunsch in Erfüllung gegangen. Der junge Heiler ist verschwunden, hat jedoch die Türe einen Spalt offen gelassen. Für mich ist dies der Hinweis, dass wir nicht ungestört bleiben werden und so berühre ich Elladan sanft an der unverletzten Schulter.
