Der Herr der Ringe
"Narya"

Kapitel 1:

Arien

Es begann ein neuer Frühling. Der Schnee war fort und die Blätter der Bäume in Lothlórien bekamen ihre alte grüne Färbung zurück. Das Gras war an jenem Morgen noch nass vom Morgen Tau und der Raureif war verflogen.

Caras Galadhon erglänzte im Morgenlicht, die Sonne tauchte das Schloss der Herrin des Waldes in ein feuriges Rot. Es war eine tief dunkelrote Sonne, die an jenem Morgen aufging. Menschen hätten sich eines solchen Sonnenaufgangs sicher erfreut, anders jedoch die Herrin Galadriel.

Früh schon wanderte sie durch die Wälder Lóriens und lauschte den Klängen der Lerchen und Falken. Das junge Gras streifte ihre nackten Füße und weiter im Wald hinein da lag der kleine Hügel Cerin Amroth, geschmückt von zarten Blütenknospen, der Elanor und Niphareth.

Galadriel ging hoch auf den Hügel und sah auf den weiteren Wald, eine mystische Stimme, die mit einem plötzlichen, aber sanften Luftstrom mitgetragen wurde, weckte eine innere Unruhe in der Königin der Wälder. Sie sah zwischen ihre Füße und bemerkte eine noch grüne Pflanzenknospe und ihre Unruhe bestätigte sich also doch.

"Die "Tausendblättrige Lotusblüte" sie wächst also in diesem Jahr ... vielleicht ist es an der Zeit es wirklich zutun", sagte sich Galadriel.

Mit raschen Schritten ging sie zurück nach Caras Galadhon und holte ihre Damen Miluin und Elaglin, zwei Elbenmädchen von hoher Anmut und hohem Status. Sie waren Feanors engste Vertraute gewesen und haben sein gesamtes Handeln beobachtet.

"Miluin, Elaglin. Heute Morgen habe ich etwas von großer Wichtigkeit gesehen, heute ist das Jahr angebrochen, dem wir so lange entgegengefiebert haben. Eine weiße Knospe wird erblühen in genau 10 Monaten. Ihr müsst Thranduil, den Herrn des Waldlandreiches eine Nachricht überbringen. Ich erwarte sein Eintreffen in einer Woche. Es ist wichtig. Es geht um das weitere Schicksal von Mittelerde", erklärte Galadriel.

"Dürfen wir erfahren, warum Ihr in letzter Zeit immer wieder vom Schicksal Mittelerdes redet?", fragte Elaglin.

"Ich hatte es euch einst erzählt und euch Anweisungen aufgetragen. Ihr solltet Besorgungen machen. Ich hoffe das habt ihr getan, denn das was ich gesehen habe, ist mehr als das Ende dieser Welt", antwortete Galadriel.

Die Damen der Galadriel überbrachten dem Herrn Thranduil Nachricht, dass die Hohe Frau ihn zu sehen wünsche und der Herr des Waldlandreiches machte sich auf den Weg.

Es verging gar keine Woche, da traf er schon ein und schritt in das schloss Caras Galadhon.

Er war ein goldblonder Elb und hatte klare blaue Augen, ein König war er wahrhaftig und alle seine Nachfahren werden wohl die gleiche Schönheit besitzen.

"Ihr habt mich hergerufen, schönste Frau. Eure Dienerinnen haben mir Nachricht gegeben es sei mehr als dringend!", sagte er.

Galadriel sprach die Antwort nicht laut aus, sondern tat es per Telepathie: "Es war der Traum aus dem ich vor einigen Tagen erwachte. Ein Schatten im Osten und die Rückkehr eines schwarzen Geistes, Mittelerde steht in Flammen und dicke Wolken aus Asche und Rauch verdichten den Himmel. Die Drei sind im Osten verschwunden und Orks durchstreifen jeden Winkel aller Lande. Tot war überall und der Gestank von schmierigem alten Blut lag in der Luft. Keiner unseres Volkes war mehr zu sehen in dieser Finsternis.

Aber als ich erwachte und in den Wäldern spazierte das sah ich die einzige Hoffnung die wir noch von uns aus haben. Folgt mir Thranduil vom Waldlandreich."

Ohne weitere Worte gingen die beiden zum Cerin Amroth und die Frau Galadriel wies dem Elben die inzwischen weißlich gefärbte Knospe.

"Dies ist die Tausendblättrige Lotusblüte die nur alle zehntausend Jahre erblüht und wächst. Ihr Name ist Nataku, aus ihr wurde eine Maia geboren, im ersten Zeitalter dieser Welt. Zuerst nur aus einem Klumpen Fleisch gab man ihr elbische Gestalt, doch besaß sie keine Seele. Drum nannte man sie wie diese Blüte Nataku. Sie kannte weder Liebe noch Hass, so fristete sie ihr Leben bis vor dreitausend Jahren als sie in der großen Schlacht fiel", berichtete Galadriel.

"Wenn ich Euch richtig verstehe, dann ist dies der Anfang eines neuen Wesens, das wie auch damals in einem großen Krieg erliegen wird?", fragte Thranduil.

"Noch nicht. Aber vielleicht wird es das werden. Folgt mir ins Schloss", bat Galadriel.

Akt 2:

Das Wesen mit dem Silmarill

Thranduil stand vor der Galadriel. Anders als zum Beginn des Tages waren seine klaren blauen Augen nun getrübt, er war in Sorge und es beunruhigte ihn wie seine Herrin sprach.

"Frau Galadriel ... auch ich habe vom Auftauchen des Hexenmeisters von Angmar gehört. Viele haben das und auch viele teilen mit Euch Sorge um diese Gefilde. Ich habe es in Eurer Stimme vernommen und ich kann es auch in Euren Augen erkennen. Was habt Ihr vor?", fragte Thranduil.

"Ich werde die Valar um Vergebung fragen und dann das tun, was schon lange hätte geschehen müssen. Thranduil, überbringt Elrond und Círdan Nachricht von mir. Sie mögen in spätestens drei Wochen hier im Schloss sein. Ich bitte die beiden nicht, ich verlange es!", sagte Galadriel streng und ging aus der Halle.

Es waren genau acht Tage vergangen, da kam Thranduil mit Elrond und Círdan wieder. Alle vier Elben standen in der dunklen Halle, die nur von Galadriels Anmut erleuchtet wurde.

Noch konnten Elrond und Círdan ihre dringende Anwesenheit nicht verstehen und sahen Galadriel schweigend an.

"Es ist soweit, ich lasse euch nicht weiter im Dunkeln tappen. Wie ihr alle sicher schon bemerkt habt, rührt sich der Schatten im Osten. Jetzt liegt es an uns das einzige Wesen zu schaffen, dem es gelingen kann das Böse aufzuhalten", sprach Galadriel.

"Wie meinst du das "schaffen"!? Hast du denn den Verstand verloren?", fragte Elrond.

"Nein!", unterbrach Círdan, "Galadriel hat recht. Vielleicht ist es wirklich an der Zeit etwas zu unternehmen. Bevor der Schatten aus dem Osten sich erheben kann und die Welt in tiefe Dunkelheit versetzt, können wir uns noch retten."

"Euch ist nicht mehr zu helfen, außerdem könnt ihr das gar nicht schaffen, das ist unmöglich!", meinte Elrond, "denn dazu fehlen uns die nötigen Mittel. Eine Blume die es fertig bringt einen Krieger zu erschaffen und dann auch noch einen der selbstständig handeln kann. Ihr alle wisst genauso gut wie ich das, dass selbst kein Valar vermag!"

"Elrond!! Wir haben die nötigen Maßnahmen schon getroffen. Nataku ist gewachsen, in diesem Jahr wird sie erblühen, und wenn wir es heute nicht schaffen das die Blüte eine Frucht in sich trägt, dann schafft es niemand mehr, heute ist der letzte Tag, die Zeit drängt!", fuhr Galadriel den Halbelb an.

Die anderen schwiegen, noch nie (oder zumindest selten) hatten sie die Herrin so gesehen, aufgewühlt und ungeduldig und sofort bereit alles zu unternehmen, ohne groß über die Sache nachzudenken.

"Herr Elrond. Wir müssen es wenigstens versuchen!", meinte Thranduil.

"Wir haben keine andere Wahl", ging Círdan auf Elrond ein.

Der Halbelb aber schwieg still und sagte nichts weiter.

"Elrond, willst du uns nun helfen oder was ist jetzt? Treffe deine Wahl jetzt!", befahl Galadriel.

"Ich habe ja doch keine andere Wahl. Aber wie wollt ihr dem Wesen eine Seele geben? Wie soll es je richtig leben können, jeder weiß doch das Nataku keine Seelen sondern nur lebende Körper gebiert!", antwortete Elrond.

"Wie ich schon sagte, es ist alles vorbereitet und auch an dieses Hindernis habe ich bereits gedacht!", sagte Galadriel schnell.

Galadriel lies Miluin und Elaglin kommen, sie waren wunderschön in himmelblauen Kleidern gekleidet und trugen eine weiß-silbrige Knospe und eine rote Holzschatulle auf einem Tablett in den Raum. Die beiden Elbinnen knieten vor Galadriel nieder und stellten die Blüte und die Schatulle auf einen kleinen Tisch neben der hohen Frau, danach verschwanden sie wieder.

"Und wie wird der Elb dann zum Leben erweckt?", fragte Círdan besorgt.

"Habt keine Sorge, ich habe alles, jede Kleinigkeit durchdacht", sagte Galadriel und alle vier versammelten sich um die Blüte, "als ich vor zwei Wochen auf dem Cerin Amroth stand und auf den taubedeckten Wald herunter sah, entdeckte ich es. Nataku war gewachsen, noch ganz grün und da wusste ich was zutun war. Der Schicksalhafte Traum der mir gezeigt wurde, hat sich noch nicht bewahrheitet."

Elrond betrachtete Nataku genau, an den geschlossenen Blütenblättern hingen noch frische Tautropfen. Galadriel berührte die Blüte dort, wo sich alle tausend Blütenblätter trafen mit der Spitze ihres Zeigefingers und mit einer plötzlichen Bewegung öffnete sich die Blüte. Die drei Elben sahen gebannt auf die Blüte. Galadriel aber hielt eine goldene Strähne in der Hand und fing sofort an:

"Ihre Hülle mit der Schönheit der Lúthien, jedoch mit goldenem Haar, der Mut Berens und die Gerechtigkeit aller freien Völker in Mittelerde."

Sie legte die Strähne in die Blüte und setzte ein wenig Wasser mit hinein.

"Sie wird dieselbe Anmut und dieselbe Schönheit Telperions haben, wie der älteste aller Bäume. Ein inneres Feuer wird sie zu einem echten Ringträger machen, aus dem Feuer der Laurelin - Frucht", sprach Galadriel und öffnete die Schatulle.

Elrond, Círdan und Thranduil staunten nicht schlecht als sie sahen was sich darin befand.

"Ein Silmarill!? Einer aus der Krone Morgoth! Und ein Kern aus der letzten Frucht des Goldenen Baumes?!", sagte Círdan.

"Richtig", antwortete Galadriel und setzte zu erst den Kern der Frucht hinein und nahm dann einen Dolch, "schneidet sich jeder der hier anwesenden Elben mit Eldarblut in den Finger und gebt dem Mädchen einen Tropfen seines Blutes. Auch sie wird unsterblich werden und die Erinnerung an das Licht der zwei Bäume haben, sie wird ein Lichtelb werden!"

Sie schnitt erst in ihren rechten Finger, dann gab sie die Klinge zu Elrond und zu Círdan weiter. Galadriel versetzte alle Eigenschaften in weißen Nebel und setzte dann den Silmarill in die Mitte des Nebels.

"Es heißt das Wesen mit dem Silmarill, dies ist der letzte der großen Steine die Feanor einst aus dem Licht der beiden Bäume schuf. Der Silmarill bildet das Herz des Mädchens und wird auch dann nicht mehr zum Stein wenn das Mädchen stirbt. Ihr Name wird wie der, der großen Sonnenmaia: Arien!", sagte Galadriel bestimmt, "jetzt fehlt nur noch eines. Círdan, deinen großen Ring. Narya wird ihr gehören sie wird ihn tragen und behüten und das auf immer und ewig!"

"Was, aber Galadriel! Zwei große Ringe auf einem Fleck wäre zu gefährlich! Ich besitze Vilya!", schrie Elrond.

"Du wirst deinen Ring an Gandalf den Grauen weiterreichen. Und in Bruchtal wird die kleine aufwachsen. Bei dir Elrond, als deine Tochter. Du darfst Arien nicht sagen das sie erschaffen wurde, denn jetzt ist sie auch ein lebendes Wesen!", sagte Galadriel.

Thranduil mischte sich vorsichtig ein: "Frau Galadriel, du sprichst von einer Elbin. Warum soll es kein Junge sein? Ein kräftiger Krieger wäre doch sicherlich besser für den Krieg!"

"Das geht nicht Thranduil. Nataku kann nur weibliche Wesen hervorbringen. Außerdem, wer erwartet denn, das ein kleines Mädchen den größten der drei Elbenringe trägt?", fragte Galadriel und wandte sich wieder an Elrond, "wirst du sie aufnehmen bei dir? Wie du schon gesagt hast, zwei große Ringe der Macht an einem Ort wären zu viel. Gandalf reist und so wäre der Ring nicht immer an dem selben Ort. Nimm sie doch wie deine Tochter bei dir auf."

Elrond zögerte und brach nur ein leises Brummen hervor.

"Estel hast du ohne zögern aufgenommen!", fuhr sie ihn an.

"Nun gut ich nehme das Mädchen! Ich werde es ihr nicht sagen, und wenn es doch durch einen Zufall herauskommt, dann muss ich ihr wohl sagen das sie die Tochter Lúthiens und Berens ist", stimmte Elrond dann doch zu.

Nach neun weiteren Monaten, kehrte Elrond aus Bruchtal wieder, um Arien bei sich aufzunehmen, als seine jüngste Tochter.