1347 Z-Zeit (9.47 Uhr EDT)
Washington Monument
Washington D.C.

Harm, Mac und Liz traten aus dem Aufzug des Washington Monuments und gingen an den Rand der Aussichtsplattform.
„Ich war noch nie hier oben,"musste Mac gestehen.
„Naja. Das kann leicht passieren, schließlich ist dieser winzige Marmorobelisk nur 167m hoch und kann somit sehr schnell übersehen werden," scherzte Harm.
Mac warf ihm einen vernichtenden Blick zu: „Lachen sie nur, aber ich habe eben nicht so viel Zeit wie sie für Stadtrundgänge, da ich arbeite."
Doch Harm gab sich nicht geschlagen: „Sie meinen, dass sie länger im Büro brauchen, weil ich im Gegensatz zu ihnen meine Unterlagen immer gleich finde, während sie ein sehr chaotisches Ablagesystem haben?"
„Es ist nicht chaotisch, es ist kreativ."Mac warf ihm einen Blick zu, der keinen Widerspruch duldete und so wandte Harm sich lachend an seine Cousine.
Liz stand staunend am Geländer und betrachtete die Umgebung. Sie hörte gar nicht mehr hin, wenn Harm und Mac wieder eine ihrer berüchtigten Diskussionen begannen, da sie in der letzten Stunde nichts anderes gehört hatte und immer gingen sie gleich aus: auch wenn Harm viele gute Argumente vorbringen konnte, so hatte Mac doch stets das letzte Wort und Harm musste sich geschlagen geben. Doch sein Gesichtsausdruck verriet, dass ihn das keineswegs störte.
Offensichtlich konnte Mac erneut einen Sieg verbuchen, denn Harm wandte sich jetzt ihr zu und begann zu erklären: „Das Gebäude, das wir hier nördlich von uns sehen, wurde vor über 200 Jahren gebaut und ist eins der bedeutendsten Häuser der USA. Es wurde im neoklassizistischen Stil erbaut und jeder Bewohner hat es nach seinen Vorstellungen verändert und erweitert. Es ist der Amts- und Wohnsitz des amerikanischen Präsidenten und trägt den Namen: Weißes Haus."
„Danke, dass du das sagst. Ich hätte es nie erkannt,"gab Liz sarkastisch zurück.
Doch Harm fuhr unbeeindruckt fort und geht dabei auf der Plattform weiter: „Vor uns erstreckt sich nun The Mall, die beliebteste Grünfläche der Stadt. Sie wird von zahlreichen Museen und Galerien begrenzt. Am bekanntesten ist wohl die große Anlage auf der rechten Seite - die Smithsonian Museen. Und ganz am Ende kann man den Capitol Hill erkennen mit dem US Capitol, das man auf Grund seiner erhöhten Lage von jeden Punkt der Stadt aus sehen kann."
„Haben sie den Reiseführer auswendig gelernt oder woher wissen sie diese ganzen Details?"wollte Mac wissen. „Wobei ich natürlich nicht andeuten möchte..."
„Natürlich deuten sie nichts an,"wurde Mac von Harm unterbrochen. „Aber zu ihrer Information: es gibt auch Menschen, die sich für ihre Umgebung interessieren und sich deshalb mit der Geschichte der Stadt beschäftigen. Außerdem habe ich diese Führungen schon mehrmals durchgeführt und jetzt lauschen sie meinen Worten oder sie werden aus der Gruppe ausgeschlossen."Grinsend nickte Mac und Harm fuhr fort: „Im Süden des Washington Monuments sieht man das Tidal Basin und dahinter den Potomac River. In diesem Abschnitt findet man auch die anderen Denkmäler: Jefferson Memorial, FDR Memorial, Korean War Veterans Memorial, Lincoln Memorial und Vietnam Veteran Memorial."Harm brach ab und schweifte in Gedanken zu seinem Vater ab, während Mac ihn und Liz ihre Umgebung anschaute.
Kurze Zeit später hatte er sich gefangen und erkannte Macs besorgtes Gesicht.
„Alles in Ordnung?"fragte sie ihn.
Er nickte: „Schon okay. Es ist nichts."
„Harm, das ist mein Satz und außerdem stimmt er sowieso nie."
Doch er beruhigte sie: „Natürlich tut es weh, wenn ich an meinen Vater denke und das wird auch nie aufhören, aber ich kann damit leben."

1630 Z-Zeit (12.30 Uhr EDT)
Restaurant "Potomac"
Washington D.C.

Die drei Stadtbummler betraten ein kleines Cafe, das direkt am Potomac River lag. Sie wurden an einen Tisch am Fenster gebracht und setzten sich. Der Kellner überreichte ihnen die Speisekarte und nahm die Getränkebestellung auf.
„Es ist wunderschön," erklärte Liz, die ihren Blick lieber auf die Umgebung, als auf die Karte richtete, „ich bin so froh, dass ich hier bin."
„Oh, da kann ich dir nur zustimmen,"gab auch Harm zu.
Mac hatte einen verträumten Gesichtsausdruck: ‚Es muss toll sein, in einer großen Familie zu leben. Ich wünschte, ich hätte solche Kontakte.' Doch bevor sie in ihren düsteren Gedanken verschwand, wurde Mac etwas anderes klar: ‚Dafür habe ich die besten Freunde, die man sich vorstellen kann.'
„Mac?"Harm sah sie besorgt an. Sie hatte bereits seit Minuten diesen abwesenden Gesichtsausdruck und auf seine Anfragen antwortete sie auch nicht.
Ruckartig drehte sie sich um und sah ihn fragend an: „Haben sie was gesagt?"
„Wo sind sie nur mit ihren Gedanken, Marine?"
Mac winkte ab: „Es ist nichts. Ich habe nur unsere Umgebung betrachtet!"
„Und das soll ich ihnen glauben?"Harm war noch immer skeptisch.
Mac nickte und wechselte dann das Thema: „Wo bleibt eigentlich der Kellner?"
Und wie auf's Stichwort erschien er an ihrem Tisch. Er stellte die Getränke ab und zückte dann seinen Block, um die Essenswünsche zu notieren.
„Ich nehme einen kleinen gemischten Salat und das Seelachsfilet mit Reis,"bestellte Harm wie nicht anders zu erwarten.
Mac schüttelte den Kopf und erklärte: „Ein Steak ‚Au Four' mit Pommes, bitte."
Liz, die bis dahin noch keinen Blick auf die Karte geworfen hatte, nahm einfach das Tagesmenü, ohne zu wissen, was das war.
„Ich wusste gar nicht, dass du so ein Fleischfan bist,"meinte Harm an Liz gewandt, die ihn nur fragend anschaute. Mit dem Kopf zeigte er auf das Schild DER KOCH EMPFEHLT: Geschnetzeltes in Teigmantel mit Brokkoligemüse.
Sie zuckte mit den Schultern: „Erstens wusste ich gar nicht, was ich bestelle und zweitens ist nichts gegen Fleisch zu sagen - wenn es nicht gerade ein Burger ist."
„Was soll das heißen?"fragte Mac gespielt empört. „Hast du etwas gegen Burger? Ich dachte, dass du auf meiner Seite wärst! Jetzt bin ich aber schwer enttäuscht."
„Nur keine Angst," antwortete sie lachend. „Ich werde ganz sicher nicht zum Vegetarier. Es ist ganz einfach so, dass ich durch meine Arbeit in einem Restaurant, wo es fast ausschließlich Burger gibt, diese nicht auch noch im Urlaub brauche."
„Dir sei vergeben," meinte Mac.
Lächelnd erwiderte Liz: „Wie barmherzig von dir! Meinen allergrößten Dank."
Die drei lachten kurz auf und dann wandte sich Harm an seine Begleiterinnen: „Seid ihr sicher, dass das eine so gute Wahl war. Schließlich haben wir noch einen langen Weg vor uns und wenn ihr dann so voll seid, dass ihr nicht mehr laufen könnt..."
Mac versetzte ihm einen Schlag auf den Oberarm: „Passen sie lieber auf, dass sie nicht vor Erschöpfung umfallen. Bei ihrer Ernährung würde es mich nicht wundern, wenn ihnen nachher schwindlig wird. Und ich habe keine Ahnung, wie wir ohne ihre fachmännische Leitung die Führung fortsetzen sollen."
„Ja, ja, scherzen sie ruhig," gab Harm zurück, „ich tue wenigstens etwas positives für meinen Körper."
Mac antwortete entrüstet: „Ich glaube, sie haben mir nicht richtig zugehört. Ich sagte, dass ihr Körper diese Ernährung nicht ohne bleibende Schäden übersteht."
Liz mischte sich ein: „Hey, ihr beiden. Wir wissen doch alle, wie diese Diskussionen ausgehen. Deshalb schlage ich vor, dass wir das Thema wechseln und uns überlegen, was wir als nächstes machen wollen."
Harm warf Mac noch einen missbilligenden Blick zu, bevor er Liz zustimmte: „Du bist der Gast. Was willst du sehen?"
„Ich weiß auch nicht. Eigentlich würde ich ja gern das Weiße Haus oder das Capitol besichtigen, aber das liegt ja alles in entgegengesetzter Richtung und es wäre doch dumm, wenn wir jetzt wieder umkehren," meinte Liz.
„Wie wäre es statt dessen mit dem Pentagon," schlug Mac vor.
„Eine gute Idee,"stimmte Harm zu. „Das habe ich noch nie wirklich besichtigt. Ich war zwar schon beruflich dort, aber da sieht man nie viel. Was meinst du, Liz?"
„Klingt interessant. Wie kommen wir da hin?"
Harm erklärte: „Wir müssen nur über die Rochambeau Memorial Bridge auf die andere Seite des Potomac. Zurück können wir ja dann die Metro nehmen."
„Einverstanden!"sagten Mac und Liz gleichzeitig.
„Das kann ja heiter werden,"beschwerte sich Harm halbherzig, „wenn ihr euch in allem einig seid, wie soll ich dann noch meinen Willen durchsetzen?"
„Gar nicht,"lachte Mac und Liz setzte mit ein.

1947 Z-Zeit (15.47 Uhr EDT)
Metro Station ‚Smithsonian'
Washington D.C.

Harm, Mac und Liz verließen die Metro und machten sich auf den Weg zum Ausgang. Sie hatten die letzte Stunde mit einer Führung durch das Pentagon verbracht. Dabei waren sie zufällig dem Marineminister begegnet, der sie glücklicherweise nicht bemerkt hatte oder nicht hatte bemerken wollen.
„Ihr hättet euer Gesicht sehen sollen, als der Minister aufgetaucht ist,"lachte Liz noch immer. „Zuerst habt ihr ihn überrascht angestarrt, so dass ich mich schon gefragt habe, ob er ein Geist ist. Dann habt ihr euch einen Blick zugeworfen, der wirklich unbeschreiblich ist. Und wie du dann versucht hast, dich hinter mir zu verstecken, nur damit er dich nicht erkennt, war unglaublich."Sie drehte sich zu ihrem Cousin um: „Harmon, du bist 1,90m und im Vergleich dazu bin ich winzig. Wie konntest du nur denken, dass diese Aktion unauffällig ist. Die gesamte Gruppe hat euch verständnislos angeschaut." Wieder musste Liz lachen, als sie sich an die nächste Sache erinnerte: „Und als dann noch Mac neben dich kam, hätte ich am liebsten losgelacht. Was wäre den passiert, wenn er euch gesehen hätte?"
Harm sah sie verständnislos an: „Du kennst den Secnav nicht."
„Ja,"stimmte Mac zu. „Jemand, der seine Aussprache noch nicht kennen gelernt hat, kann unmöglich beurteilen, wie es sich anfüllt mit ihm zu sprechen."
„Außerdem haben wir Wochenende. Es gibt genug Tage in der Woche, an denen wir uns mit dienstlichen Dingen beschäftigen müssen," erklärte Harm weiter.
„Dieser Tag gehört uns ganz privat,"fügte Mac lächelnd hinzu.
Liz winkte ab: „Schon gut, schon gut. Ich habe gar nichts gesagt. Ich bin doch froh, dass wir uns heute nur mit vergnüglichen Dingen beschäftigen. Was kommt jetzt?"
„Naja, du hast doch gesagt, dass du dir diese Woche einige Museen ansehen willst, während ich auf Arbeit bin und da dachte ich mir, dass ich dir erst einmal den Weg zum Smithsonian Institution zeige. Ich denke, wenn du täglich hier ein Paar Stunden verbringst, wirst du für Tage beschäftigt sein. Ich habe bis heute noch nicht alles gesehen und ich war schon sehr oft hier."
Liz nickte zustimmend: „Das klingt wirklich interessant. Ich hatte sowieso vor, hier her zu gehen."
Harm war zufrieden: „Na also. Wenn du was unternehmen willst, dann brauchst du nur zur U-Bahn-Station gehen und fährst hier her."
Sie hatten nun die Treppe erreicht und wenig später traten sie hinaus ins Tageslicht. Sie standen direkt vor einem riesigen Gebäudekomplex.
„Wie wäre es, wenn wir uns ein Museum sofort ansehen?"fragte Harm.
Mac lächelte wissend: „Das ‚National Air and Space Museum', vielleicht?"
Harm grinste breit: „Wie sind sie bloß dahinter gekommen?"

1856 Z-Zeit (14.56 Uhr EDT)
JAG-Hauptquartier
Church Falls, Virginia

Mac suchte mal wieder nach einer Akte, als es an der Tür klopfte.
„Sagen sie nichts, Harm, ich kenne mittlerweile all ihre Kommentare,"blockte Mac Harm ab, noch bevor er irgendetwas sagen konnte.
„Woher wussten sie, dass ich es bin?"fragte dieser überrascht.
Sie blickte auf und sah sein verwundertes Gesicht: „Ich weiß es eben!"
„Verstehe,"sagte Harm, „das ist wieder eins ihrer Mysterien!"Mac nickte bestätigend und so fuhr er fort: „Ich wollte mich eigentlich nur noch mal für Samstag bedanken. Es war ein wirklich wunderschöner Tag."
„Da kann ich nur zustimmen. Ich habe mich lang nicht mehr so amüsiert."
„Vor allem nicht über mich,"warf Harm ein, „sie und Liz haben ja tausend Dinge gefunden, über die man so herrlich lachen kann."
„Jetzt seien sie doch nicht gleich beleidigt. Wir haben nur Geschichten ausgetauscht. Es war reiner Zufall, dass sie immer darin vorkamen. Außerdem haben sie einige Geschichten auch von der positiven Seite gezeigt."
Harm war überrascht: „Nennen sie mir nur eine."
Doch bevor Mac antworten musste, rettete sie Petty Officer Tiner, der an der Tür klopfte und dann sagte: „Commander, sie sollen sofort zum Admiral kommen."
„In Ordnung, Tiner,"sagte Harm. Doch bevor er dem Offizier folgte, drehte er sich noch einmal zu Mac um: „Da hatten sie aber noch einmal Glück. Jetzt können sie sich noch etwas überlegen. Aber glauben sie nicht, dass ich es vergesse."
Dann drehte er sich entgültig um und verschwand aus ihrem Büro.

Kaum hatte Harm an der Tür geklopft, schon wurde er hereingerufen.
Harm stellte sich in korrekter Haltung vor seinem Vorgesetzen auf und noch bevor dieser etwas sagte, merkte Harm, dass seine Laune gar nicht gut war.
Voller Ungeduld wartete Harm darauf, dass Admiral Chegwidden begann und gleichzeitig überlegte er, ob er einen Fehler begangen hatte.
Endlich hob der CO seinen Kopf und schaute Harm mit durchdringendem Blick an: „Commander, hatte ich sie nicht gebeten, mich frühzeitig zu informieren, wenn ihre Flugtests anstehen, damit ich eine Vertretung organisieren kann?"
„Sir, ich..."setzte Harm an, doch dann verstummte er, als ihm bewusst wurde, dass er die Flugstunden ganz vergessen hatte.
„Ja, Commander. Was wollten sie sagen?"
„Es tut mir leid, Sir, aber nach den Aufregungen der letzten Tage, habe ich das ganz vergessen. Ich habe selbst noch gar keine Vorkehrungen getroffen?"
Der Admiral wurde wütend: „Welche Vorkehrungen, Commander? Brauchen sie so lange, um ihren Koffer zu packen?"
Harm wollte sich verteidigen: „Nein, Sir. Aber meine Cousine ist zu Besuch."
„Und deshalb vernachlässigen sie ihre Arbeit?"
„Nicht nur, Sir. Die Sache mit der Gasexplosion..."
Leicht genervt wurde er von dem Admiral unterbrochen: „Das ist ja alles schön und gut. Trotzdem sollten wir uns wieder auf die Arbeit konzentrieren."
„Natürlich, Sir!"Harm nickte. „Ich denke, dass ich übermorgen bedenkenlos abfliegen kann. In zwei Fällen wird heute noch das Urteil gefällt und die anderen kann auch Lieutenant Roberts übernehmen."
Der Admiral scheint beruhigt zu sein: „In Ordnung, Commander. Dann weisen sie ihn heute und morgen in alles ein. Weggetreten."
Harm verabschiedete sich gemäß der Vorschriften, doch kurz bevor er die Tür erreicht hatte, hielt ihn die Chegwiddens Stimme noch einmal zurück: „Und beeilen sie sich, Commander. Ich werde es nicht akzeptieren, dass mein bestes Team getrennt wird, nur weil sie nicht effizient genug die Aufgaben bewältigen."
„Aye, aye, Sir."

Harm trat gedankenverloren in das Großraumbüro. Wie sollte er dieses Problem so schnell lösen? Er konnte Liz doch nicht wieder nach Hause schicken, aber sie konnte auch nicht eine ganze Woche allein in seiner Wohnung bleiben.
Buds Stimme riss ihn wieder aus seinen Gedanken: „Commander? Ihre Cousine ist am Telefon, Sir!"
„Danke, Bud!"
Er nahm den Hörer entgegen und fragte: „Was gibt es, Liz?"
«Hallo, Harmon. Nachdem wir in den letzten Tagen immer essen waren, dachte ich mir, dass ich uns heute Abend etwas koche.»
„Das klingt gut."Harm war begeistert.
«Gut. Da sich das aber nicht für zwei Mann lohnt, lädst du einfach noch die Roberts und Mac ein, einverstanden?»
„Was? Wieso?"Harm schweifte mit seinen Gedanken immer wieder ab, so dass er nicht ganz bei der Sache war und Liz nicht folgen konnte.
«Was ist los, Harmon? Störe ich dich gerade?»
Harm wollte ihr noch nichts erzählen und so verneinte er.
«Gut. Dann lade deine Kollegen ein und arbeite nicht mehr so lang, damit du mir bei den Vorbereitungen helfen kannst!»
„Okay. Aber sage mir noch mal, warum ich sie einladen soll."
«Hast du mir überhaupt zugehört? Also, erstens macht es mehr Spaß, zweitens muss ich mich noch bei Harriet bedanken, da sie mich am ersten Tag zum Einkaufen mitgenommen hat und drittens weil ich es so will. Und jetzt: Tschau. Ich habe noch einiges vorzubereiten. Und vergiss es nicht, Harmon.»
Sie hatte aufgelegt und Harm schaute kurz etwas irritiert auf den Hörer. Dann bemerkte er Bud und Harriet die in seiner Nähe standen und über irgendetwas diskutierten. Er ging auf sie zu und je mehr er sich ihnen näherte, desto mehr bekam er von dem Gespräch mit. Offensichtlich hatte Bud Harriet einen romantischen Abend versprochen und nun konnte er es doch nicht machen, da er noch einen kurzfristigen Auftrag erhalten hatte.
Harriet schimpfte gerade: „Und was soll ich jetzt machen? Ich habe noch gar nichts eingekauft und ich habe auch keine Lust dazu."
„Vielleicht kann ich ihnen ja helfen,"sagte Harm, als er sie erreicht hatte.
„Entschuldigen Sie, Sir,"sagte Bud sofort, „wir wollten sie nicht stören."
„Das tun sie doch gar nicht. Ich wollte sowieso zu ihnen. Wie ich gehört habe, haben sie heute Abend noch nichts vor. Das trifft sich nämlich ausgezeichnet."Die jungen Offiziere starrten ihn sprachlos an und er fuhr fort: „Meine Cousine Liz kocht heute Abend und wir würden uns freuen, wenn sie zum Essen kommen."
Harriet fragte: „Ist das ihr Ernst, Sir?"
Harm nickte: „Ja, sie möchte sich für ihre Hilfe bedanken!"
„Hilfe, Sir?"
„Der Einkaufsbummel,"erklärte Harm.
Harriet winkte ab: „Das war doch gar nichts, Sir."
„Liz sieht das aber anders," widersprach Harm, „und da sie offensichtlich Zeit haben, würde ich mich freuen, wenn sie kommen, obwohl es etwas kurzfristig ist."
„Spontane Feiern sind meist die besten, Sir."warf Bud ein.
Harm lachte: „Da haben sie sicher Recht, Bud. Also heute Abend um 8 Uhr?"
Die beiden Offiziere nickten glücklich und so drehte Harm sich um und machte sich auf den Weg zu Mac. Diese war allerdings nicht in ihrem Büro. Vom Gunny erfuhr er, dass sie kurz ins Archiv musste.
‚Das ist dumm,' dachte er. ‚Ich werde den Rest des Tages bei Gericht sein. Somit werde ich sie heute nicht mehr sehen.'
Er entschloss sich ihr einen Zettel zu hinterlassen - ‚Besser als nichts' - und dann machte er sich auf den Weg zu seiner nächsten Verhandlung.

2304 Z-Zeit (19.04 Uhr EDT)
Nördlich der Union-Station
Washington D.C.

„Harmon?" Liz hatte ein Geräusch an der Tür gehört. Da sie aber zu beschäftigt war, drehte sie sich nicht um.
„Ja," antwortete er schnell. Er schloss die Tür und ging, nachdem er die Aktentasche abgelegt hatte, zu Liz und schaute nach, was sie kochte.
„Da bist du ja endlich. Haben alle zugesagt?"
„Ich weiß es nicht,"musste er zugeben.
„Wie du weißt es nicht? Du hast sie doch gefragt, oder?"
Harm sah sie getroffen an: „Natürlich. Das heißt, Mac war nicht da und weil ich ins Gericht musste, habe ich ihr nur einen Zettel hinterlassen."
„Harmon!"Liz war entrüstet. „Wie konntest du nur? Jetzt wissen wir ja gar nicht für wie viele Personen wir planen sollen!"
„Es ging nicht anders," versuchte er entschuldigend zu erklären, „ich hätte sie nicht mehr gesehen, aber ich wollte sie deshalb auch nicht gleich ganz ausschließen."
Liz grinste wissend: „Das kann ich mir denken!"
„Was soll das den schon wieder heißen?"
Liz' Grinsen wuchs in die Breite: „Das ich den gestrigen Tag mit dir verbracht habe und es ist keine Stunde vergangen, in der du nicht von ihr gesprochen hast. Ach was sage ich: du hast jede Minute von ihr geschwärmt."
„Jetzt übertreibst du aber."
„Natürlich. Und Washington ist auch nur ein wenig größer als Roswell."

2329 Z-Zeit (19.23 Uhr EDT)
JAG-Hauptquartier
Church Falls, Virginia

Mac trat mit einem riesigen Aktenstapel aus dem Fahrstuhl ins Großraumbüro. Das Licht war bereits gelöscht, doch sie machte es noch einmal an.
‚Ich bin mal wieder die letzte', dachte sie.
Eiligen Schrittes ging sie zu ihrem Büro und legte die Akten auf den Tisch.
‚Das kann auch noch bis morgen warten.'
Sie wollte sich schon wieder umdrehen, als ihr Blick an einem Zettel kleben blieb. Verwundert nahm sie ihn in die Hand und erkannte Harms Schrift.
HALLO MAC!
ICH WOLLTE SIE ZUM ESSEN EINLADEN, ABER SIE WAREN JA NICHT DA. FALLS SIE HEUTE NOCH EINMAL INS BÜRO KOMMEN UND DIESEN ZETTEL TATSÄCHLICH FINDEN, DANN KOMMEN SIE DOCH EINFACH GEGEN 8 UHR VORBEI.
HARM
PS: KEINE ANGST! LIZ KOCHT - ALSO SIND KEINE VEGETARISCHEN ÜBERRASCHUNGEN ZU ERWARTEN!
Schmunzelnd las sie sich den Zettel noch einmal durch, bevor sie sich auf den Weg machte: ‚Er kann mich wirklich immer wieder überraschen. Ich bin so froh, dass ich ihn habe. Unsere Freundschaft ist das wertvollste, das es gibt.'

0001 Z-Zeit (20.01 Uhr EDT)
Nördlich der Union-Station
Washington D.C.

„Ich hätte sie vielleicht doch anrufen sollen."
Liz fragte verwirrt: „Wovon redest du, Harmon?"
„Mac! Sie wird nicht kommen. Es ist bereits nach 8 Uhr und sie ist immer pünktlich."
„Ich habe dir doch gesagt, dass es eine dumme Idee war. Vielleicht hat sie den Brief einfach nur übersehen,"gab Liz zu bedenken.
Harm stimmte resigniert zu: „Du hast wahrscheinlich Recht."
Dann klingelte es an der Tür und da Liz noch die letzten Dinge in der Küche erledigen musste, öffnete Harm die Tür.
Bud und Harriet lächelten um die Wette. „Entschuldigen sie, Sir, dass wir etwas zu spät sind,"sagte Bud sofort.
„Das macht doch nichts,"gab Harm zurück, „sie wissen doch selbst, dass ich auch nicht immer pünktlich bin."
Sie betraten die Wohnung und Harm schloss die Tür.
Nun kam auch Liz um die Gäste zu begrüßen. Nachdem sie sich die Hand gegeben hatten, verkündete Liz, dass das Essen fertig sei und somit setzten sich alle an den Tisch. Liz brachte einige Töpfe und Schalen, die sie auf dem Tisch verteilte.
Harriet sah, dass für 5 Personen gedeckt war: „Erwarten wir noch jemand?"
„Ich hatte Mac eine Nachricht hinterlassen, aber ich weiß nicht, ob sie sie gefunden hat. Und da sie noch nicht da ist, ..."Weiter kam Harm nicht in seiner Erklärung, da er von der Klingel unterbrochen wurde.
Als er die Tür öffnete, erkannte er sofort die vermisste Person: „Mac! Sie sind also doch noch gekommen. Aber täusche ich mich oder sind sie etwa zu spät?"
„Woher soll ich den von der Sache wissen, wenn sie nicht einmal die Zeit finden, mich persönlich zu fragen. Sie können froh sein, dass ich noch mal kurz hoch bin, um die Akten in mein Büro zu bringen. Sonst wäre ich nicht hier."
Sie blickte ihn mit einem intensiven Blick an und Harm war für einen Moment sprachlos, bevor er sich räusperte: „Das wäre allerdings schade gewesen!"
Lächelnd gingen sie zu den anderen, die sie grinsend beobachtet hatten. Liz begrüßte Mac fröhlich und auch Harriet und Bud waren froh, ihre Vorgesetzte und Freundin zu sehen. Bevor sich alle Liz' Speisen widmeten, erkundigte sich Mac noch nach AJ's Befinden, der den Abend bei einem Babysitter verbrachte.

0111 Z-Zeit (21.11 Uhr EDT)
Nördlich der Union-Station
Washington D.C.

Die Besucher verteilten sich auf die Sessel und die Couch im Wohnzimmer, während Harm mit einigen Getränken aus der Küche kam. Er stellte die Gläser ab und setzte sich dann auf den letzten freien Platz auf die Couch neben Mac.
„Sir,"wollte Bud ansetzen, doch er wurde sofort von Liz unterbrochen: „Was ist das nur mit den Leuten vom Militär? Ich meine, ihr seid doch Freunde und doch siezt ihr euch weiterhin und dann sprecht ihr euch auch noch mit euren Rängen an. Mac und Harmon sind sogar AJ's Paten und trotzdem habt ihr es nie geschafft zum Du überzugehen. Wieso?" Fragend blickte sie alle an, ohne eine Reaktion zu erhalten.
Harm wollte dann versuchen zu erklären: „Ich denke, es war einfacher so. Schließlich arbeiten wir zusammen und dabei gibt es Vorschriften und Regeln an die wir uns halten müssen."
„Und da diese Zeit den Großteil unseres Tages ausmacht,"fuhr Mac mit der Erläuterung fort, „hat sich einfach nie die Gelegenheit ergeben."
„Wie bitte? Und was war mit der Taufe?" Liz schüttelte den Kopf. „Das wäre fast so, als würde ich immer meine Uniform tragen und mit Maria nur über Kaffee reden."
„Uniform? Sind sie auch beim Militär?"fragte Harriet verwirrt.
Harm musste lachen, als er erklärte: „Liz ist Kellnerin und da tragen..."
„Harmon!"warnte ihn Liz mit einem strengen Blick.
„... sie auch Uniformen,"beendete Harm seine Aussage in abgeschwächter Form.
Mac schautete die beiden verblüfft an: „Und was war daran so schlimm?"
‚Das, was ich weggelassen habe,' schmunzelte Harm in Gedanken. Laut sagte er: „Eigentlich nichts!"und schüttelte zur Untermalung den Kopf.
Seine Cousine warf ihm einen dankbaren Blick zu, bevor sie fortfuhr: „Jetzt sind wir allerdings vom Thema abgewichen. Was spricht dagegen, dass wir uns duzen?"
Fragend sah sie alle der Reihe nach an und obwohl einige zu einer Antwort ansetzen wollten, kam keine plausible Erklärung zusammen. Somit erklärte Liz resolut: „Also. Ich will für heute kein Sir und Ma'am mehr hören. Einverstanden!?"
Alle nickten.
Dann fingen Bud wieder an: „Sir, was ich..."
„Bud!"stöhnten alle auf.
„Oh, Entschuldigung!"Bud versuchte es erneut: „Ich wollte eigentlich nur sagen, dass der Admiral mir ihre... ich meine, deine Fälle übertragen hat."
Harm nickte: „Ich weiß. Ich muss übermorgen für etwa eine Woche auf einen Flugzeugträger und meine Flugtests absolvieren."
„Das hast du ja noch gar nicht erwähnt,"meinte Mac sofort. Ihr fiel es offensichtlich sehr leicht, Harm ohne weiteres zu duzen.
Liz schaute ihn traurig an: „Und was wird da mit mir, Harmon?"
Harm drehte sich zu ihr: „Ich weiß es nicht. Darüber zerbreche ich mir auch schon den ganzen Tag den Kopf. Wisst ihr, ich hatte das ganz einfach vergessen. Nach der Sache mit der Wohnung haben sich meine Gedanken einfach um andere Dinge gedreht und dann hat der Admiral mich heute daran erinnert."
„Mum wird nie erlauben, dass ich eine Woche allein bleibe,"gab Liz mit weinerlicher Stimme zu. „Eher kommt sie her und holt mich eigenhändig zurück."
Harm schaute sie ratlos an. Auch die Roberts hatten einen Gesichtsausdruck, der ihr Mitleid verdeutlichte. Sie hätten ja angeboten, auf Liz zu achten, aber sie hatten mit der Arbeit und AJ einfach schon zu viel zu tun. Und auch wenn sie Liz erst kurze Zeit kannten, tat sie ihnen wirklich leid, da man sofort bemerkte, wie sehr ihr dieser Aufenthalt gefiel und dass sie nicht schon jetzt nach Hause wollte. Man konnte die junge Frau einfach nicht nicht leiden. Sie hatte so eine gewinnende Art.
„Dann kommst du einfach zu mir."
Plötzlich richteten sich alle Blicke auf Mac.
Diese fuhr mit fester Stimme fort: „Jetzt schau nicht so, Harm. Das ist doch der beste Weg. Ich freue mich auf die Abwechslung und Liz kann bleiben. Was spricht dagegen?"
Harm schüttelte den Kopf: „Das kann doch nicht dein Ernst sein."
„Ich finde sie nett,"erklärte sie weiter, während sie Liz einen aufmunternden Blick zuwarf, „und wir werden uns sicher gut verstehen. Außerdem gibt es noch so viele Geschichten, die ich noch nicht kenne und ich werde mir sicher nicht die Möglichkeit nehmen lassen, sie zu erfahren."
„Geht dir etwa die Fantasie aus, mit was du mich noch aufziehen könntest?"
Mac lachte: „Nein, niemals. Aber mit der Wahrheit macht es doch gleich zweimal so viel Spaß. Also, was sagst du?"Fragend blickte sie ihn mit großen Augen an.
Harm wusste nicht, wie er mit diesem großzügigen Angebot umgehen sollte und so schaute er hilfesuchend Liz an.
Die Roberts beobachteten noch immer erfreut, wie gut sich alle verstanden. Und das Mac sofort ihre Hilfe angeboten hatte, zeigte ihnen wieder einmal, dass sie die richtige Wahl für die Paten ihres Sohnes getroffen hatten. Denn auch wenn die Anwälte beide ihre Eigenheiten hatten, so waren sie doch die wunderbarsten Freunde, die man sich wünschen konnte. Doch genauso schnell wie sie Unterstützung anboten, lehnten sie die Hilfe anderer ab. Und so sprach Harm: „Das kann ich unmöglich annehmen."
„Ach komm schon, Harm. Tu mir den Gefallen,"versuchte Mac es weiter.
Harm schüttelte lächelnd den Kopf: „Und du bist dir vollkommen sicher?"
„Harm,"sprach Mac, „Liz ist kein Kind mehr und ich denke nicht, dass in der kurzen Zeit große Probleme auftauchen werden."
So ging die Diskussion noch ein ganzes Stück weiter, bis Harm endlich einsah, dass er auch dieses Mal keine Chance gegen Mac haben würde und nachgab. Damit war Liz' Aufenthalt gesichert und sie konnten sich anderen Dingen widmen.