A/N: Das wird jetzt leider malwieder ein etwas kürzeres Kapitel, dafür ist das nächste aber dann doppelt so lang (wenn nicht sogar dreimal so lang) und ich werde versuchen, es bis Mittwoch ins ff.net zu stellen. Ich hoffe, ich kriege es auf die Reihe. I.

14. Kapitel

"Sie hat es gemerkt."

"Sie hat was gemerkt?"

Ciscara ritt neben Aragorn.

"Daß Ihr sie loswerden wollt."

"Nun, Legolas und Boromir werden sich schon etwas einfallen lassen. Sie sind da sehr erfinderisch."

"Warum?"

"Warum was?"

"Warum wollt Ihr sie loswerden?"

Da war etwas Angriffslustiges in Ciscara's Stimme und Aragorn sah sie an.

"Weil sie nicht hierher gehört. Es war nie geplant sie mitzunehmen."

"Ach? Und ich dachte, Ihr braucht jeden, den Ihr kriegen könnt."

"Sie kann nichtmal kämpfen!"

"Mit dem Schwert! Aber habt Ihr sie schonmal schießen sehen?"

Sam, der hinter den beiden ritt, versuchte sich unsichtbar zu machen. Er mochte keinen Streit. Und einen Streit zwischen Menschen, die er gern hatte, schon gar nicht.
Ciscara und Aragorn waren immer lauter geworden.
Ciscara nervte seine Sturheit. Sie mochte Cathea. Sie mochte Cathea wirklich. Man konnte gut mit ihr reden und sie war die einzige hier, die annähernd dasselbe durchmachte wie sie, Ciscara: Weit weg von Zuhause und ohne ihre Familie, zum erstenmal überhaupt. Und Aragorn schickte sie weg, weil...Ja, warum eigentlich? Nur weil sie mit dem Schwert nicht so gut umgehen konnte? Das war ja albern! Soweit Ciscara das ganze mitbekommen hatte, war Gondor und wahrscheinlich sogar ganz Mittelerde von einer...Gefahr bedroht. Von einem unbekannten Kriegervolk, das sie alle vernichten konnte – und wohl auch wollte – und das Geflüster über einen nahenden Krieg war in den letzten Tagen auch innerhalb der "Gefährten" immer lauter geworden. Und Aragorn schickte Cathea weg! Jemanden der helfen wollte und bereit war, sein Bestes zu geben! In Ordnung, Aragorn war der König, aber dann sollte er sich gefälligst auch wie einer verhalten. Man lehnte Hilfe in so einer Situation nicht ab, wenn sie einem aus freien Stücken angeboten wurde!
Aragorn dagegen fand, daß Ciscara gar nicht wissen konnte, wovon sie sprach. Er war der König und mußte darauf achten, daß möglichst wenige zu Schaden kamen. Das beschränkte sich nicht nur auf die Menschen von Gondor, sondern schloß auch alle anderen Lebewesen von Mittelerde mit ein. Cathea war eine junge, schöne Frau, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatte, und er würde nicht zulassen, daß sie dieses Leben riskierte, wenn es nicht absolut unumgänglich war. Noch waren sie nicht im Krieg und er würde alles, absolut alles, daran sezten, um zu verhindern, daß es zu einem solchen kam! Er hätte auch Ciscara nicht mitgenommen, wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, daß es ihrer Sache helfen konnte.

Schließlich rief er: "Sie ist nur eine Dienstmagd!"

"Weil sie nie eine andere Chance bekommen hat!" rief Ciscara zurück.

Sie sahen sich an und Aragorn's blaue Augen bohrten sich förmlich in ihre. Ciscara biß die Zähne zusammen. Sie wollte doch gar nicht mit ihm streiten!
Ciscara senkte den Blick zuerst. Nein, sie wollte nicht mit ihm streiten. Er war der König. Welches Recht hatte sie, seine Entscheidungen zu kritisieren?

"Tut mir leid," sagte sie leise. "Das...Das war sehr...Und es geht mich ja auch gar nichts an."

Aragorn's Zorn verschwand so plötzlich wie er gekommen war.

"Nein, schon gut. Du hast recht. Ich habe in ihr wirklich nie etwas anderes gesehen als eine Dienstmagd. Vielleicht war das ein Fehler. Ich werde ihn zu gegebener Zeit korrigieren, falls..."

Ciscara hob ruckartig den Kopf.

"Was ist?" fragte Aragorn alarmiert und hielt sein Pferd an.

Auch die Hobbits stoppten.

"Was ist denn los?" wollte Pippin wissen. "Warum halten wir?"

"Shhhhht!" zischte Ciscara und bedeutete ihm mit einer heftigen Handbewegung, er solle endlich den Mund halten.
Sie konnte sonst ja gar nichts hören! Andererseits...Wahrscheinlich hatte sie sich sowieso alles nur eingebildet, denn wenn niemand sonst etwas hörte, außer ihr, dann...
Aber Aragorn's Gesicht sagte ihr, daß auch er etwas gehört hatte. Sein Pferd tänzelte unruhig und alle sahen angespannt in den Wald, der sie umgab, versuchten im Dickicht irgendetwas zu erkennen.
Aragorn schloß die Augen und lauschte angestrengt.

"Wir müssen runter von den Pferden," flüsterte Ciscara nahezu lautlos. "Runter vom Weg. Wir brauchen mehr Deckung."

Aragorn öffnete die Augen wieder und nickte leicht. Er wollte gerade den Hobbits ihren Entschluß mitteilen, als Ciscara ein leises Sirren hörte und schneller reagierte als sie selbst es sich je hätte vorstellen können. Sie packte Aragorn am Arm und zog ihn mit sich vom Pferd. Noch bevor sie auf dem Boden aufschlugen, hörten sie die Hobbits aufschreien, die Pferde bäumten sich auf und wieherten ängstlich. Rasch rollten sich Ciscara und Aragorn ins Unterholz – immer hoffend, daß sie dort keine Feinde erwarteten – um nicht von den panischen Pferden versehentlich getreten zu werden. Besonders die Ponies, die sowas gar nicht gewöhnt waren, drehten völlig durch.
Immer wieder schwirrten Pfeile durch die Luft, aber noch immer war es schwer, diejenigen zu sehen, die sie abschossen.

"HEY!" hörten sie Sam plötzlich schreien. "Hierher! Kommt hier rüber!"

Geduckt rannten sie los, auf Sam's Stimme zu. Etwas abseits vom Weg hatte er eine Höhle gefunden. Keiner von ihnen wußte, was dort drin noch hausen mochte, aber es konnte auf keinen Fall schlimmer sein als das, was sie draußen erwartete.
Die drei restlichen Hobbits hatten das schützende Dunkel fast erreicht, als Sam erschrocken aufschrie. Sie fuhren herum. Zwischen ihnen und Ciscara und Aragorn befand sich eine wahre Wand von M'aru!

"Rein in die Höhle!" schrie Aragorn und zog sein Schwert.

Ciscara tat es ihm gleich. Rücken an Rücken bezogen sie Aufstellung.

"Anscheinend sind ihnen die Pfeile ausgegangen," murmelte Ciscara.

"Wollen wir's hoffen," murmelte Aragorn zurück.

Frodo schluckte hart. Er sollte in die Höhle gehen, während Aragorn und Ciscara alleine gegen mindestens zehn Feinde kämpften? Niemals!

"Frodo!" zischte Pippin. "Nun komm schon! Worauf wartest du?"

"Nein," sagte der Angesprochene leise, aber bestimmt.
Langsam zog er sein Schwert.

"Frodo..."

Aragorn's sanfte Stimme klang fast bittend. Noch schienen die M'aru kaum auf die Hobbits zu achten, aber wenn Frodo jetzt angriff...
Der Hobbit fühlte sich fast schmerzhaft an die Ereignisse auf der Spitze des Amon Hen erinnert. Auch damals hatte Aragorn ihn gebeten zu gehen, und er war gegangen. Aber diesmal nicht. Diesmal gab es keinen Ring, keinen Sauron und er, Frodo, war nicht der einzige, dem eine "Pflicht" auferlegt war. Diesmal waren sie alle gleich verantwortlich.
Inzwischen hatten auch die anderen drei Hobbits begriffen, worauf ihr Freund hinaus wollte, und eigentlich hatte er da völlig recht. Wie konnten sie zusehen, wie Ciscara und Aragorn um ihr Leben kämpften, während sie sicher in ihrer Höhle saßen? Nein, nein. Auch Merry, Pippin und Sam zogen ihre Waffen und traten hinaus ins Licht.
Aragorn sah es und wußte nicht, ob er schimpfen oder froh sein sollte. Tapfer waren sie, diese Hobbits. Tapfer bis zur Unvernunft. Und dennoch...Sollte es je wieder einen Krieg geben, hätte er nicht gewußt, wen er lieber an seiner Seite gehabt hätte als diese vier.
Einer der M'aru drehte sich langsam um und registrierte die Halblinge. Ob er sie bis dahin einfach nicht als "gefährlich" eingestuft hatte oder ob er sie sich nur später hatte vornehmen wollen, wußte Aragorn nicht zu sagen, aber eins stand fest: Das war ein ausgezeichneter Zeitpunkt zum Handeln. Er sprang vor und bevor ihn jemand daran hindern konnte, schwang er sein Schwert und schlug dem M'aru, der sich umgewandt hatte, den Kopf ab. Eine Schwachstelle der Fremden kannten sie nun jedenfalls – die Stelle zwischen Hals-und Schulterpanzer – aber Aragorn hatte kaum Zeit, sich darüber zu freuen, denn noch bevor der Kopf des Anführers den Boden berührte, brach die Hölle los!

****

Ciscara achtete wenig auf die anderen. So wie damals, als die Fremden ihr Dorf angegriffen hatten, kämpfte sie einfach. Rhythmisch, mechanisch, ein Gegner nach dem anderen...
Sie warf sich ruckartig herum, riß ihr Bein hoch und trat ihrem Gegenüber mit voller Wucht gegen die Brust. Der M'aru fiel rückwärts um, wobei ihm das Schwert aus der Hand fiel. Was für ein unglaubliches Glück! Ciscara setzte sofort nach, stellte sich über ihn und hob ihr Schwert zum Schlag, um es genau so zu machen wie Aragorn kurz zuvor. Ihr Blick traf den des M'aru und Ciscara zögerte. Das war nicht der Blick eines Kriegers. Das war der Blick eines verängstigten Kindes, das gar nicht wußte, wie es hierher gekommen war.
Bei meinem Volk, dachte Ciscara. Vielleicht sehen bei seinem Volk alle Kämpfer so aus wie er jetzt.
Sie wollte zuschlagen. Sie wollte es wirklich. Aber er war unbewaffnet und er machte keine Anstalten, sie anzugreifen, obwohl sie inzwischen lange genug gezögert hatte, um ihm Gelegenheit zu geben, sie in Fetzen zu reißen. Nein, sie konnte es nicht. Ihr Volk oder nicht, sein Blick ließ es einfach nicht zu. Ciscara hörte hinter sich ein Geräusch und wirbelte herum. Da war der nächste Gegner. Gut! Er ließ sie vergessen, daß sie vielleicht gerade einen großen Fehler gemacht hatte.

****

Aragorn mußte sich gerade gegen zwei M'aru zur Wehr setzen, denn die Hobbits griffen immer einen Gegner zu zweit an, sofern das möglich war. Und sie machten ihre geringe Größe durch Schnelligkeit und Geschick wett. Was Aragorn so beunruhigte, obwohl es ihn eigentlich hätte erleichtern sollen, war die vergleichsweise geringe Anzahl ihrer Angreifer. Es waren so wenige! Damals gegen Sauron und auch in Ciscara's Dorf gegen die M'aru hatte er schon weit schlimmere Kämpfe ausgefochten. Waren das alle? Wenn nicht, wo waren die anderen? Bei Legolas, Boromir und Cathea? Es war doch ein Fehler gewesen, sich zu trennen!
Aragorn hörte einen Schrei, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ciscara! Er nahm alle Kraft zusammen und stieß seinem Gegner das Schwert so tief wie möglich in die Brust, dann benutzte er seinen Dolch, um ihn Gegner Nummer zwei in den kleinen Zwischenraum von Hals-und Brustpanzerung zu rammen, direkt in die Kehle. Dann zog er sein Schwert aus dem toten M'aru und rannte in Ciscara's Richtung.

****

Ciscara hatte gar nicht schreien wollen, aber sie konnte nicht anders. Ein M'aru hatte sie mit einer seltsamen, aus Seilen und Steinen bestehenden Waffe buchstäblich gefesselt. Und zwar mit dem Rücken an einen Baum. Das dicke, rauhe Seil umschloß fest ihren Hals und ließ ihr kaum Bewegungsfreiheit. Sie konnte die kraftvollen Schwerthiebe des M'aru nur mühsam abwehren und sicher nicht sehr lange. Und sie war nicht die einzige, der das bewußt war, aber sie war nicht so weit gekommen, um jetzt kampflos aufzugeben!
Sie parierte die Hiebe so gut sie konnte, merkte aber selbst, daß sie immer schwächer wurde. Als er ihr das Schwert schließlich aus der Hand schlug, schrie Ciscara auf. Es war ein Schrei voller Frustration und Verzweiflung. Sie wollte noch nicht sterben! Nicht jetzt, nicht hier und vor allem nicht so! Aber er hatte eine Waffe, sie hatte ihre verloren und das war ihr Todesurteil. Grinsend – oder zumindest kam es Ciscara so vor – kam er näher. Ciscara konnte nicht ausweichen. So sehr sie auch an dem Seil zerrte und zog, es war fest um den Baum und ihren Hals gewickelt. Was sollte jetzt aus ihren Schwestern werden?

Aragorn zögerte keine Sekunde. Er schwang sein Schwert in einem weiten Bogen und wartete nicht ab, bis der tote Körper zu Boden fiel. Er lief rasch zu Ciscara.

"Bist du in Ordnung?"

"Ja."

Sie zog noch immer an dem Seil.

"Hilf mir! Bitte, hilf mir! Ich..."

"Shhhh..."

Er umfaßte sanft ihre Hände und löste sie von dem Seil. Aragorn zog seinen Dolch und durchtrennte rasch die "Fessel".
Zitternd trat Ciscara ein paar Schritte von dem Baum weg und griff sich an den Hals, als wollte sie sich vergewissern, daß noch alles an seinem Platz war.
Aragorn hielt sie fest, als ihre Knie nachgaben.
So nahe war sie dem Tod schon lange nicht mehr gewesen. Und noch nie hätte sie ihn so hilflos hinnehmen müssen. Sie wollte gar nicht heulen. Das war ja albern! Sie hatte doch schon ganz andere Sachen erlebt! Aber trotzdem zitterten ihre Schultern von einem lautlosen Schluchzen und Aragorn zog sie fester an sich.

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A/N: Aber ihr dürft bis zum nächsten Kapitel gerne noch ein paar Reviews schreiben! * erneuter dezenter Hinweis * Und vielen lieben Dank für die vielen Reviews vom letztenmal, auch wenn es da wohl ein paar Probleme gab. * g * Aber jetzt haben wir sie alle. I.