Gwilith: Nur ruhig Blut, die Geschichte dauert schon noch ein bisschen. Am besten Baldriantee trinken und das nächste Kapitel lesen.

Leonel : Ja, Éowyn hat so einen liebenswerten Gatten echt nicht verdient. Mal sehen, ob sie sich bessert.

Elektra121 : Nein, dein Review war wirklich nicht zu hart. Da habe ich schon ganz andere Reviews bekommen. Ich fande deine Kritik angebracht, weil du ja von den Buch/Film-Charakteren ausgegangen bist. So, mal sehen, ob sich Faramir etwas antut oder ob es noch

Rettung für ihn gibt....

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Kapitel 4: Éowyns Reue

Faramir hielt inne:

Und was war, wenn er sein Herz verfehlte? Dann würde ihn Aragorn wohl wieder heilen, ihm die Hände auflegen und ihn erneut in sein sinnlos gewordenes Leben zurückrufen. Ausgerechnet er - sein Rivale! Faramir ließ den Dolch sinken und ein irres Kichern entrann seiner Kehle. Das Kichern wurde zu einem lauten Lachen und endete schließlich in einem verzweifelten Schluchzen. Er hatte das Gefühl, dass seine Ehe vorbei war, bevor sie überhaupt richtig angefangen hatte. Langsam ahnte er, warum Éowyn ihn überhaupt geheiratet hatte. Er erinnerte sich an Éomers mahnende Blicke, die er seiner Schwester während der Krönungszeremonie zugeworfen hatte. Tief in seinem Herzen wusste Faramir jetzt, dass Éowyn nur Aragorn liebte und er war bei Éowyn nur sein „Statthalter" – so wie er es im politischen Leben auch war. Aber trotzdem liebte er Éowyn weiterhin über alles. Vielleicht würde sie sich eines Tages besinnen, so hoffte er. War es vergebens?

Éowyn saß immer noch wie erstarrt auf ihrem Brautbett. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Das schlechte Gewissen quälte sie immer stärker.

„Weiße Jungfrau von Rohan"hatte sie Faramir in den Häusern der Heilung genannt. Éowyn lächelte bitter. Jungfrau war sie schon lange nicht mehr. Sie hatte Aragorn gekonnt verführt wie eine Hure. Früher hatte sie kein Gewissen gehabt, als sie sich mit Stallburschen und raubeinigen Kriegern an geheimen Orten geliebt hatte. Als Schildmaid hatte sie sich dieses Recht herausgenommen. Sie erinnerte sich an durch bitter schmeckende Kräuterelixiere herbeigeführte Fehlgeburten. Diesen hohen Preis hatte sie einige Male für ihr schamloses Verhalten bezahlen müssen.

Ich bin die Hure Rohans, dachte sie sarkastisch.

Sie legte sich auf das Bett und Tränen liefen über ihr Gesicht.

Der nächste Morgen wurde für Éowyn zum Spießrutenlauf. Sie versuchte die dummen, neugierigen Fragen der Jungfrauen von Edoras zu überhören. Sie beobachtete, wie Faramir vor dem Frühstück von Éomer und Gamling in die Mangel genommen wurde, wie er gute Miene zum bösen Spiel aufsetzte.

Alles nur Lügen, dachte sie wehmütig. Und alles für mich.

Sie ging hinaus aus der Goldenen Halle. Die frische Morgenluft, die sie auf dem Vorplatz einatmte, tat ihr gut. Der Wind verwehte ihre goldenen Haare. Éowyn blickte stumm trauernd in die Ferne und erinnerte sich an den Tag, an dem Aragorn mit seinen Gefährten gekommen war.

Sie wünschte, sie hätte ihn nie gesehen. Sie wünschte plötzlich, sie hätte Faramir zuerst kennengelernt. Eine ungeahnte Sehnsucht nach ihrem Gemahl wurde in ihr wach.

Sie wandte sich um, weil sie schnell wieder in die hölzerne Halle hineingehen wollte. Plötzlich trat ihr Aragorn in den Weg.

„Ich hoffe, ihr hattet eine wundervolle Nacht", sagte er leise.

Éowyn sah das schlechte Gewissen in seinen Augen.

„Ja, die hatten wir", log sie.

Doch Aragorn durchschaute sie sofort. Er fasste sie an den Oberarmen.

„Ich glaube dir kein Wort! Was war wirklich?"

„Ich konnte es nicht tun", stieß Éowyn hervor. „Ich konnte mich ihm nicht hingeben. Er ist so ein gütiger Mensch: er hatte Verständnis und ließ mich in Ruhe".

„Ahnt Faramir etwas?", fragte Aragorn erschrocken.

Éowyn schüttelte den Kopf.

„Er denkt, ich habe Angst vor der Entjungferung. Ich habe so einen rücksichtsvollen Ehemann einfach nicht verdient. Er hätte eine edle Dame aus Gondor freien sollen und nicht eine Hure wie mich."

Aragorn sah sie erstaunt an. Er wollte noch etwas sagen, aber in diesem Moment kam Arwen hinzu. Sie lächelte Éowyn freundlich an, doch diese bemerkte erschrocken, dass Arwens Augen haßerfüllt waren.

Auch in den nächsten Nächten kam Faramir nicht zu Éowyn ins Gemach: er hielt sich an sein Wort. Éowyn lag wach in ihrem Bett und starrte in die Dunkelheit. Sie erinnerte sich an Grimas grausame Worte, was sie der Dunkelheit anvertrauen würde, wenn die Wände ihres Gemaches zu einem Käfig zu schrumpfen schienen. Sie sehnte sich plötzlich nach Faramirs Nähe. Seine Berührungen würden sanft sein. Sie ahnte, dass er sie behutsam und zärtlich lieben würde.

Éowyn verspürte ein Kribbeln in ihrem Schoß und ein schmerzhaftes Ziehen in ihren Brüsten. Aber sie fand nicht den Mut, Faramir in seinem Gemach aufzusuchen. Ihre Furcht, er würde merken, dass sie bereits mit anderen Männern zusammen gewesen war, war zu groß. Lieber wollte sie für ihn weiterhin die „Weiße Jungfrau von Rohan"bleiben.

Selbst tagsüber hielt sich Faramir fern von ihr. Er verbrachte die meiste Zeit mit Éomer und den anderen Kriegern, während sie sich sittsam in der Nähstube bei den verheirateten Frauen aufhalten musste, was eine große Qual für sie bedeutete. Sie wünschte sich, sie würden endlich nach Ithilien aufbrechen. Mit Rohan verband sie inzwischen zu viele negative Erinnerungen.

Vielleicht würde sie in Ithilien endlich Faramir näher kommen.

Endlich war es soweit: das junge Paar brach mit seinem Gesinde und einigen Soldaten als Begleitschutz auf nach Ithilien. Der Abschied von ihrem Bruder war Éowyn leichter gefallen als gedacht. Seine ständig forschenden und fragenden Blicke hatten sie zunehmend verunsichert. Sicher hatte er längst gemerkt, dass zwischen ihr und Faramir etwas nicht stimmte. Er wusste ja, dass sie ihn nicht liebte.

Éowyn zuckte zusammen, als ihr diese Gedanken durch den Kopf schwirrten. Liebte sie Faramir wirklich nicht im geringsten? Sie sah zu ihm hinüber, während sie neben ihm auf Windfola ritt.

Sein Gesicht war ernst und verschlossen. Seine Augen jedoch blickten traurig. Er schien sie nicht zu bemerken, sondern seinen eigenen Gedanken nachzuhängen.

Éowyn versuchte ihn unterwegs über Ithilien auszufragen. Seine Miene hellte sich etwas auf, als

er ihr von seiner geliebten Heimat berichtete. Das raue, wilde Land mit seiner einzigartigen Natur.

„Ich denke, es wird dir dort gefallen", sagte er schließlich und lächelte.

Dieses Lächeln erwärmte Éowyns Herz. Doch das war das einzige Erfreuliche während der Reise. Nachts lag sie alleine in einem Zelt, während Faramir draußen bei den Männern schlief. Vergeblich wünschte sie sich, er würde zu ihr kommen. Er tat es nicht und würde es auch nicht tun. Sie musste den ersten Schritt machen, aber sie traute sich einfach nicht. Tränen rollten über ihre Wangen. Wie sollte das alles nur weitergehen? Wenn sie Faramir keine Kinder schenkte, würde man über sie reden.

Zwei Wochen später erreichten sie die Hügel von Emyn Arnen. Handwerker hatten in der Zwischenzeit das alte Fürstenhaus, das seit Urzeiten dort stand, renoviert. Faramirs Vorfahren hatten dort einst residiert. Éowyn lief begeistert durch das große Haus mit den vielen Räumen.

„Wo ist das Schlafgemach?", fragte sie Faramir schließlich.

„Hier ist deine Schlafkammer", sagte er mit nüchterner Stimme und öffnete die Tür eines großen, hellen Zimmers. Es hatte sogar einen Balkon und ging nach Norden.

Richtung Rohan, dachte sie erfreut. Er hat an alles gedacht.

„Und wo wirst du schlafen?", wollte sie wissen.

„Am Ende des Flurs", meinte er und deutete wage auf eine Tür, die im Halbdunkel verborgen lag.

So weit weg von mir, dachte Éowyn betrübt.

„Du kannst dich jetzt ja einrichten, wenn du magst", erklärte Faramir sachlich. „Ich muß gleich in meine Schreibstube gehen und nachsehen, ob irgendwelche Geschäfte anliegen".

Doch Éowyn lief erst einmal in den Garten. Er war momentan noch ziemlich verwildert. Doch sie wollte dort unbedingt Heilkräuter ziehen. Bereits in den Häusern der Heilung hatte sie einmal kurz in Erwägung gezogen, Heilerin zu werden. Doch dann hatte sie Faramir kennengelernt und ihre Pläne umgeworfen. Während der Reise war in ihr dieser Wunsch wieder aufgekeimt.

Sie hoffte, dass sie sich endlich näher kommen würden, wenn sie hier in diesem Haus zusammenlebten. Doch das Zusammenleben entwickelte sich anders, als Éowyn es sich erhofft hatte.

Zunächst keimte bei ihr ein wenig Hoffnung auf, als er mit ihr Ausritte nach Ithilien unternahm und ihr die schönsten Stellen seines Fürstentums zeigte, unter anderem auch den wundervollen Wasserfall Henneth Annûn.

Am Abend nach dem Besuch am Henneth Annûn war Éowyn sehr aufgewühlt und beinahe wäre sie zu Faramir in die Kammer gegangen, um ihm nahe zu sein. Doch wieder einmal fand sie den Mut dazu nicht.

Sie ahnte nicht, dass Faramir in seiner Schlafkammer lag und verzweifelt wünschte, sie würde zu ihm kommen. Hatte sie Aragorn immer noch nicht aufgegeben? Er wollte ihr sogar den Fehltritt am Weiher verzeihen. Aber nur, wenn sie sie sich endlich zu ihm, Faramir, bekannte.

Faramir vergrub sich in seine Amtsgeschäfte. Sie sah ihn oft nur zum Frühstück. Selbst beim Nachtmahl saß sie meistens alleine da. Der Hausdiener Rhivad richtete ihr dann immer höflich aus, dass der Truchseß wegen seiner Geschäfte verhindert sei. Éowyn hasste diese Floskel inzwischen.

Eines Morgens erwachte Éowyn mit einer merkwürdigen Übelkeit. Sie erschrak, denn sie kannte diesen Zustand. Die Übelkeit nahm zu und Éowyn erbrach sich in ihre Waschschüssel, die neben dem Bett stand. Dannach ging es ihr etwas besser. Sie ließ nach ihrer Kammerzofe schicken.

Isilya kam mit einem merkwürdigem Grinsen ins Zimmer.

„Ich habe gehört, dass Ihr Euch heute morgen recht unwohl fühlt. Seit Ihr etwa guter Hoffnung?"

Éowyn wurde bleicher, als sie eh schon war.

„Nein, das glaube ich nicht", sagte sie schnell.

Während Isilya sie kämmte und frisierte, rechnete Éowyn in Gedanken nach, wann sie zum letzten Mal ihre Blutungen gehabt hatte. Es waren über zwei Monate her. In Rohan gab es eine alte Frau, die Kräuter kannte, mit denen man unerwünschte Kinder wegmachen konnte. Doch Éowyn konnte unmöglich jetzt nach Rohan reisen. Sie war ja kaum erst ein paar Wochen hier in Ithilien. Trotzdem durfte sie dieses Kind nicht austragen, denn es war nicht von Faramir. Mit dieser Schwangerschaft würde sie alles, was es noch zwischen ihr und Faramir gab, entgültig zerstören.

Éowyn fasste einen Entschluß.