elektra121: Ja, natürlich geht es heute weiter. Ich hoffe, dass das nächste Kapitel dann tatsächlich heute abend online ist. Bei dauert das ja immer ein bisschen. Zur Bordell-Szene: Konstruiert? Éowyn soll schon mitbekommen, dass ihr Mann sich wegen ihr nicht in Keuschheit übt. Soviel Rücksicht hätte sie auch gar nicht verdient. Ich habe so eine ähnliche Szene mal in einem Film gesehen, deswegen habe ich das mit Éowyns „Bordell-Besuch"ohne Bedenken eingebaut. Mich freut es, dass diese Story dich süchtig macht. Leider naht bald das Ende dieser Story. Aber jetzt folgt erst das vorletzte Kapitel.
Gwilith: Éowyn soll am Leben bleiben? Ehrlich gesagt, ist sie mir auch ans Herz gewachsen, weil sie so reumütig geworden ist.
Leonel: Ich habe auch vollstes Verständnis für Faramir. Er ist ja schließlich kein Mönch. (Sondern nur Ordensbruder, wollte ich schon schreiben. Kleine Anspielung auf „Van Helsing")
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Kapitel 6: Verzweiflung
Faramir kniete neben Éowyn nieder und bettete ihren Kopf in seinen Schoß. Liebevoll stricht er ihr über das Haar.
„Du darfst nicht sterben, hörst du?", flüsterte er entsetzt. „Ich liebe dich doch".
Eine Heilkundige, die in der Nähe des Fürstenhauses wohnte, wurde gerufen.
„Sie muß sofort nach Minas Tirith in die Häuser der Heilung, sonst stirbt sie", sagte die alte Frau erschrocken.
Drei Tage kämpften die Heiler um Éowyns Leben. Nur ihrer kräftigen Natur war es zu verdanken, dass sie die inneren Verletzungen, die sie sich zugefügt hatte, überlebte.
Langsam öffnete Éowyn die Augen und blickte in ein Gesicht. Zuerst meinte sie, Faramir zu erblicken, aber es war nur ein junger Gehilfe der Heiler. Als sie erwachte, eilte er gleich davon und rief nach Ioreth.
„Ihr habt großes Glück gehabt, Frau Éowyn", sagte die alte Heilerin mahnend.
„Kann ich noch Kinder bekommen, Ioreth?", fragte Éowyn bange.
„Ihr hattet eine schwere Fehlgeburt mit einer starken Blutung, aber Ihr könnt noch Kinder kriegen", erklärte Ioreth geduldig.
Éowyn sank erleichtert in die Kissen zurück.
„Wo ist Faramir?", fragte sie leise.
„Er war die ganze Zeit an Euerem Lager gesessen und hat Euere Hand gehalten", erzählte Ioreth lächelnd. „Ich habe ihn heute morgen zum Schlafen geschickt".
Éowyn ging es von Tag zu Tag besser, doch Faramir ließ sich bei ihr nicht mehr blicken. Das machte sie entsetzlich traurig.
Fast täglich fragte sie ihre Pflegerin nach ihm. Doch die schüttelte nur bedauernd den Kopf.
„Nein, ich habe den Truchseß nicht gesehen".
Faramir erschien erst an dem Tag, als sie aus Ioreths Obhut entlassen wurde.
„Du hast mich kein einziges Mal besucht", sagte sie enttäuscht zu ihm.
„Das hatte seine Gründe", erwiderte Faramir kühl. „Ich habe mit dir etwas zu besprechen, wenn wir wieder zuhause sind".
Éowyn hatte keine Ahnung, was er vorhatte, aber so abweisend hatte er sich noch nie verhalten.
Die Bediensteten von Emyn Arnen waren erfreut, als sie ihre Herrin wiedersahen und jubelten ihr zu. Éowyn lächelte verzerrt. Selbst Faramir bemühte sich um einen freundlichen Blick und nickte den Leuten zu.
Als sie im Haus waren, packte Faramir sie am Arm und führte sie hoch in ihr Schlafgemach.
„Es gibt einiges zu bereden", begann der junge Truchseß ernst. „Ich habe von Ioreth erfahren, dass du eine Fehlgeburt erlitten hast. Ich möchte nicht wissen, wer der Vater war, aber feststeht, dass du eine Ehebrecherin bist."
„Das ist nicht wahr!", rief Éowyn bebend. „Ich habe dich nach unserer Hochzeit mit Niemanden betrogen. Das schwöre ich beim Grab meines Onkels Théoden!"
„Aber vorher warst du mit jemanden zusammen, und zwar kurz vorher", sagte Faramir mit leiser Stimme.
„Ja, das ist wahr", gestand Éowyn mit gesenktem Kopf.
Faramir trat näher und packte sie an den Schultern.
„Ich habe euch gesehen am Weiher", flüsterte er. „Ich habe gesehen, wie du ihn verführt hast. Du warst willig wie eine Hure. Man kann ihm fast keine Schuld geben, ihm – unseren König. Wie oft hast du es mit ihm getan?"
„Es war nur dieses eine Mal", beteuerte Éowyn verzweifelt. „Du musst mir glauben – bitte!"
„Ich glaube dir", murmelte Faramir tonlos. „Wie sonst könnte er seiner Gemahlin noch in die Augen blicken? Ich frage mich, ob Arwen Undomiel es weiß".
Er ließ Éowyn los und lachte bitter vor sich hin.
Éowyn fröstelte plötzlich und sie zog ihren Umhang enger um sich.
„Wie soll es nun weitergehen?", fragte sie bedrückt.
„Weitergehen?", fragte Faramir sarkastisch. „Ich wünschte, ich könnte dich von unserem Ehegelübde entbinden. Aber unsere Hochzeit hat leider auch eine politische Bedeutung: die enge Verbundenheit zwischen Rohan und Gondor. So werden wir auch weiterhin zusammenleben müssen und nach außen hin Glück vortäuschen. Bis dass der Tod uns scheidet".
Eine qualvolle Zeit begann für Éowyn . Faramir war nun noch seltener zuhause als sonst. Selbst seine Amtsstube stand die meiste Zeit leer. Sie hatte keine Ahnung, wo er sich ständig herumtrieb. Dieses Leben war schier unerträglich für sie geworden. Faramir kam manchmal nicht einmal nachts mehr nach Hause. Éowyn ahnte, wo er sich dann befand. In den Armen der schwarzhaarigen Hure.
Eines Tages – es war einer der wenigen Tage, an dem Faramir endlich einmal in Emyn Arnen blieb – meldete ein Reiter den Besuch des Königs an. Éowyn arbeitete gerade in ihrem Kräutergarten und streifte die Hände an ihrer Gartenschürze ab, als Faramir bei ihr auftauchte.
„Zieh dich um, der König kommt", sagte er barsch.
Éowyn registrierte bestürzt seinen groben Tonfall. Faramir war stets ein Mann, der sich im Griff hatte, der niemals launenhaft oder böse war. Wie sehr musste ihn der angekündigte Besuch des Königs aus dem Gleichgewicht gebracht haben.
Sie befolgte Faramirs Anordnung und legte eines ihrer schönsten Kleider an. Ihre Zofe Isilya ordnete ihr die Haare.
„Ihr seid oft so traurig, Herrin", meinte Isilya nachdenklich. „Ist es das verlorene Kind, um das Ihr trauert?"
„Frag' nicht so viel", entgegnete Éowyn mürrisch.
Sittsam stellte sie sich neben Faramir in den Hof und setzte ein gequältes Lächeln auf, als der König ankam. Faramir ging ihm entgegen und begrüßte ihn scheinbar gutgelaunt. Nun musste auch Éowyn zu Aragorn gehen und ihm ihre Aufwartung machen. Sie sagte eine Begrüßungsfloskel auf und verneigte sich.
„Ich habe mit dir etwas wichtiges zu besprechen, Faramir", sagte Aragorn gleich und ging mit dem Truchseß ins Haus.
Während Éowyn in der Fürstenhalle wartete, besprachen sich die beiden Männer in der Amtsstube. Es dauerte nicht lange, dann tauchten sie in der Halle auf.
„Ich muß im Auftrag des Königs sofort nach Cair Andros reiten", erklärte Faramir seiner Frau.
„Wir sehen uns morgen wieder".
Er hauchte Éowyn einen Kuß auf die Stirn. Sie sah ihn verwirrt an. Doch Faramirs leerer Blick verriet ihr, dass er Aragorn gegenüber nur Liebesglück mit ihr vorheuchelte.
Éowyn sah ihm unglücklich nach. Aragorn machte keine Anstalten zu gehen.
„Ich würde gerne zum Nachtmahl bleiben, wenn es recht ist", sagte er.
„Ja, natürlich", erwiderte Éowyn mechanisch.
Während des Essens fiel Éowyn Aragorns merkwürdiger Blick auf. Wie er sie ansah. Es erinnerte sie an damals, als sie aus dem Weiher gestiegen war. Aber nein, das konnte nicht sein. Er hatte damals geschworen, sie nie wieder zur berühren. Vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Sie würde jedenfalls nicht zulassen, dass so etwas noch einmal geschah. Seit damals hatte sich viel verändert.
