Ohne großes Vorwort...hier geht's weiter:
Kapitel 12 – Sternschnuppen....xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Nach der Show gingen Lucius und Lexi schweigend nebeneinander her. Sie schlenderten ziellos durch die nächtliche Innenstadt. Lucius war tief in seine Gedanken versunken.
Die Vorführung im Planetarium hatte ihn sehr beeindruckt, auch wenn er das Lexi gegenüber niemals zugegeben hätte. Ihr war es nach der Show sogar gelungen, einen der Verantwortlichen zu überreden, dass sie sich den Kontrollraum und das riesige Teleskop aus der Nähe anschauen durften. Als hätte die Vorstellung nicht schon vollkommen ausgereicht, damit Lucius nicht umhin kam, seine Meinung über Muggel im allgemeinen und Muggel-Technologie im besonderen erheblich revidieren zu müssen. Es war faszinierend gewesen zu sehen, wie eine einzelne Raumsonde nach einem fast unvorstellbar langen Flug exakt in eine Umlaufbahn um den Saturn einschwenkte und seither erstaunliche Bilder des Planeten und seiner Ringe zur Erde sendete. Und das alles, ohne eine Möglichkeit einzugreifen, sondern nur auf Grund modernster Raumfahrtechnik und genauster Berechnungen der Flugbahn, wie der Mitarbeiter im Kontrollzentrum ihm erklärt hatte. Lucius kam es beinahe wie Magie vor und er musste zähneknirschend zugeben, dass die Zauberer in seiner Welt so etwas wohl nicht hätten zustande bringen können. Gegen diese ganze Technik hier mutete der Astronomieturm mit seinen antiquarischen Teleskopen in Hogwarts beinahe mittelalterlich an.
Diese Muggel mit ihrer ganzen Technologie und den Wissenschaften waren doch nicht ganz so tumb und minderwertig, wie Lucius immer geglaubt hatte und langsam konnte er auch die Faszination nachvollziehen, die einige seiner Zaubererkollegen für die Muggelwelt hegten.
Doch diese Gedankengänge waren verheerend für ihn. Sein ganzes Weltbild, welches er Zeit seines Lebens aufrecht erhalten und für die reine Wahrheit gehalten hatte, kam durch das alles hier gehörig ins Wanken und er war froh, als sie den Kontrollraum endlich verließen.
Als sie danach wieder auf der Straße standen, hatte Lucius viel, worüber er sich den Kopf zerbrechen konnte, nein musste. Deshalb hatte er auch abgelehnt, als Lexi vorschlug, in einer Bar etwas trinken zu gehen. Er konnte jetzt keinen Raum voller lauter Muggel äh Menschen um sich herum ertagen, sondern er wollte einfach nur noch etwas durch die Nacht wandern und nachdenken.
Vieles war ihm in den letzten zwei Tagen widerfahren, womit er niemals gerechnet hätte. Zuerst der Umstand, dass er in die Muggelwelt versetzt worden war und seine Zauberkraft verloren zu haben schien. Das allein war eigentlich schon schlimm genug. Dann die Konfrontation mit Lexi, einem Muggel, die es nicht für nötig hielt, ihn mit dem angebrachten Respekt zu behandeln, den er gewohnt war. Nein, sie brachte ihm nicht nur keinen Respekt entgegen, sie hatte auch absolut keine Angst vor ihm und Lucius ging auf, dass das Ansehen, welches er sonst genoss, genau darauf baute. Die Leute in seiner Welt fürchteten sich vor ihm, vor seinem uralten Namen und der damit verbundenen Abstammung, vor seiner Macht und vor seinem Einfluss. Deshalb behandelten ihn alle immer nur sehr respektvoll, um nicht seinen Zorn auf sich zu ziehen. Denn das war weder klug noch gut für die Gesundheit. So mancher, der es an der nötigen Achtung hatte mangeln lassen, war durch Lucius' Hand ausgelöscht worden. Und wenn er hier zaubern könnte, hätte Lucius Lexi gleich am ersten Abend durch einen Fluch umgebracht, das war ihm vollkommen klar. Doch er konnte nicht zaubern, saß darüber hinaus noch fest hier und musste sich deshalb mit dieser Frau herumärgern.
An diesem Punkt seiner Überlegungen angelangt, spürte Lucius eine Veränderung in sich. Anstatt auf Lexi herabzusehen oder auch nur wütend auf sie zu sein, stellte er fest, dass sie und ihre ganze Welt ihn widererwartend neugierig machten. Ja, dass er tatsächlich mehr über diese für ihn höchst ungewöhnliche Frau erfahren wollte, die es geschafft hatte, ihn in ihr Leben zu holen. Der Ärger, dass sie ihn nicht als ihr überlegen respektierte und sich dementsprechend verhielt, verwandelte sich in mildes Erstaunen und er ertappte sich dabei, dass er sogar lächeln musste, als er an ihre frechen Sprüche dachte.
So war noch niemand mit ihm umgesprungen. Aber genau das machte es aus. Das war es, was er so interessant an ihr fand. Sie bot ihm Paroli, sie ließ sich in keinster Weise von ihm einschüchtern. Und was auch immer er tat, sie hatte eine Antwort darauf und konterte ihn geschickt aus. Das war etwas vollkommen neues für ihn und er musste sich eingestehen, dass ihn das auf angenehme Art und Weise reizte. Sie war ihm ebenbürtig, daran konnte er nichts ändern. Das hätte ihn eigentlich wütend machen sollen, doch das tat es nicht.
Und mit einem Mal kam ihm die Erkenntnis.
Das Verständnis darüber, wie sie es geschafft hatte, ihn herzuholen. Er hatte gerade noch einmal an den höchst verwirrenden Ausdruck in ihren Augen gedacht, als sie ihm die Haare gekämmt hatte. Sie liebte ihn und mit der Kraft dieser Liebe war es ihr irgendwie gelungen, ihn aus seiner Welt herauszureißen und in ihre zu holen.
Bis jetzt hatte er die Liebe immer als etwas Belangloses, etwas Unwichtiges angesehen, das nur Schwächlinge und Träumer in Verzückung geraten ließ. Jetzt musste er sich eingestehen, dass Liebe tatsächlich eine so unglaubliche Macht entfalten konnte, dass dagegen selbst all seine Zauberkraft armselig aussah. Und Lexi liebte ihn mit jeder Faser ihres Seins, daran bestand kein Zweifel. Auch wenn er sich nicht wirklich erklären konnte, wie man sich in Jemanden verlieben konnte, den man überhaupt nicht kannte.
Dennoch brachte sie ihm dieses Gefühl entgegen, obwohl er sie teilweise wirklich schändlich schlecht behandelt hatte. Das Ganze schien vollkommen verrückt, machte jedoch auch irgendwie Sinn. Denn Liebe kannte keine Grenzen, keine von Menschenhand erschaffenen Hindernisse. Sie überwand alles.
Und plötzlich wurde er sich bewusst, dass ihm noch niemals zuvor in seinem Leben jemand ein Gefühl wie aufrichtige Liebe entgegengebracht hatte. Weder seine Eltern noch andere Verwandte, nicht sein Sohn, der ihn fürchtete, und auch nicht seine Ehefrau, die mehr einem gefühllosen Eisblock glich, als einem lebendigen Menschen. Auch er hatte bisher noch niemanden geliebt. Wie könnte er auch, er war schließlich von Kindesbeinen an dazu erzogen worden, keinerlei Schwäche zu zeigen. Und jemanden zu lieben bedeutete, schwach zu sein. Zumindest war das bis jetzt seine Meinung gewesen. Lexi belehrte ihn nun aber eines Besseren. Man konnte jemanden lieben, ohne sich selbst dabei aufzugeben, ohne Vorbehalte und ohne dabei Schwäche zu zeigen.
Lucius merkte, wie etwas in ihm aufbrach. Und erst jetzt spürte er, dass sein Herz bis zu diesem Zeitpunkt von einem Ring aus Eis umschlossen gewesen war. Er war ein gefühlloses Monster gewesen, das sich am Leid und Schmerz anderer erfreut und auch geweidet hatte. Natürlich konnte er zu seiner Verteidigung sagen, dass er nur der reine und rechtmäßige Spross einer Jahrhunderte alten Dynastie war, die schon immer nur so gelebt hatte. Sein ganzes bisheriges Handeln war also getreulich der überlieferten Traditionen gewesen. Aber das war nur die halbe Wahrheit. Natürlich hatte der verderbte Teil in ihm es auch überaus genossen, kalt und grausam zu sein. Doch ein anderer, ziemlich verkümmerter Teil in ihm hatte schon immer nach einem Ausweg aus diesem Schattendasein gesucht.
Und dieser Ausweg lag nun vor ihm. Hier in der Muggelwelt konnte er die alten Gewohnheiten abstreifen und jemand anderes sein; er musste es nur wollen. Und keiner würde daran Anstoß nehmen, außer vielleicht Lucius selbst. Er spürte, wie diese Erkenntnis die Sprünge, die sein bisheriges Weltbild schon bekommen hatte, noch tiefer werden ließ. Nur noch wenig mehr, und die Mauern würden einstürzen...
Mittlerweile waren sie auf ihrem schweigsamen Spaziergang in der Stadtmitte angelangt. Hier stand auf einem weitläufigen Platz eine riesige Kathedrale aus rotem Sandstein. Der mächtige Kirchenturm wurde von weichem orangefarbenem Licht angestrahlt, dass sich die Konturen scharf gegen den schwarzblauen Nachthimmel abzeichneten. In der Ferne konnte man gelegentlich Blitze am Himmel ausmachen und gedämpftes Donnergrollen kündigte das Herannahen eines Sommergewitters an. Noch war die Luft warm, schien aber bereits jetzt wie elektrisch aufgeladen. Man spürte jeden noch so kleinen Windhauch deutlich auf der Haut prickeln.
Vor dem Hauptportal der Kathedrale, zwischen zwei Obelisken, stand eine einzelne junge Frau in einem langen Kleid und spielte Geige. Eine Melodie schwebte über den Platz, in der sich sowohl heitere Momente als auch tiefe Melancholie mischten.
Lexi und Lucius blieben stehen und lauschten der Musik. Es war eine ganz eigentümliche Erfahrung. Hier auf dem Kirchplatz zu stehen und in den Nachthimmel zu blicken, während die Geigenmusik einen umschmeichelte wie die federleichten Berührungen eines Tänzers.
Lucius konnte es nicht verhindern, er seufzte tief.
Die Musik war das letzte Fünkchen, das nötig gewesen war, um die Mauern in seinem Kopf endgültig zum Einsturz zu bringen. Nun stand er da, schutzlos einer Flut von nie gekannten Emotionen ausgeliefert, die über ihn hereinbrachen wie ein Unwetter. Er fühlte sich mit einem Mal, als hätte ihm jemand kurzerhand den Boden unter den Füßen weg gezogen. Sein Geist taumelte hilflos umher, nahezu schutzlos und ohne Anker und seine ganze wohlgehegte Überlegenheit hatte sich in nichts aufgelöst, wie es schien. Das alles brach äußerst heftig über ihn herein und damit musste er erst einmal fertig werden.
Wieder einmal schien Lexi gespürt zu haben, was in ihm vorging. Sie hatte wohl so etwas wie einen siebten Sinn für ihn und seine Befindlichkeiten. Er spürte, wie sie seine Hand ergriff und tröstend drückte. Ohne zu überlegen entzog er sich ihr und löste den Griff. Nun war es an Lexi, resigniert aufzuseufzen.
Lucius bereute sofort, dass er den Händedruck gelöst hatte, denn es hatte sich gut angefühlt zu wissen, dass er nicht ganz allein auf der Welt war. Leider hatte er seine alten Verhaltensmuster noch nicht gänzlich abgelegt und deswegen hatte er mehr im Affekt als bewusst seine Hand zurück gezogen. Gern hätte er jetzt seinerseits nach Lexis Hand gegriffen, doch der Bruch war bereits da und schien unüberbrückbar. Sie stand neben ihm und in ihrem Gesicht spiegelte sich Trauer und auch ein wenig Enttäuschung.
Es schnitt ihm ins Herz, sie so zu sehen. Dennoch brachte er es nicht über sich, auf sie zuzugehen und einen Arm um sie zu legen. Noch war er nicht soweit.
Immer noch schweigend traten sie den Heimweg an, denn das Gewitter rückte näher und sie hatten beide keine Lust, nass zu werden.
Als sie etwa die Hälfte des Weges hinter sich hatten, bemerkte Lucius, wie Lexi fröstelnd die Arme um sich legte. Es regnete zwar noch nicht, doch die Böen des herannahenden Unwetters hatten die Luft schon merklich abgekühlt und es war nicht weiter verwunderlich, dass Lexi in ihrem dünnen Sommerkleid fror.
Ohne ein Wort zu sagen, schlüpfte Lucius aus seiner Jeansjacke und hängte sie Lexi über die Schultern. Sie sah ihn etwas erstaunt an, nahm die Jacke jedoch dankbar an.
Der Rest des Weges verlief ohne weitere Ereignisse und sie schafften es gerade noch, nach Hause zu kommen, bevor der Regen begann.
Xxxxx to be continued xxxxxxxx
Ich weiß, dass es in Planetarien für gewöhnlich keine Teleskope gibt, sondern nur in Sternwarten. Und Sternwarten für gewöhnlich auf einem Berg und nicht mitten in einer Stadt zu finden sind. Ich hoffe, ihr verzeiht es mir, dass ich in der Story einfach über diese Tatsachen hinweggegangen bin. Doch ich empfand es als notwendig, denn ich glaube, dass Lucius von der Technik einer modernen Sternwarte durchaus beeindruckt wäre.
Nennen wir es also künstlerische Freiheit ;-)
Kapitel 13 gibt's am Freitag....der zum Glück kein 13ter ist. Aber wer hier ist schon abergläubisch /zwinker/
Ach ja....für diejenigen unter euch, die es interessiert:
Die Sandstein-Kathedrale gibt's wirklich und sie steht in meiner Heimatstadt. Und die Szene, die sich da vor dem Hauptportal abgespielt hat, habe ich tatsächlich real so erlebt.
OK, ich war nicht im Planetarium und Lucius war (natürlich) auch nicht bei mir. /g/
Es ist schon ein paar Jahre her, aber die Erinnerung daran ist immer noch sehr präsent und ich habe immer gehofft, dieses Erlebnis einmal in einer meiner Geschichten unterbringen zu können. In diese hier hat es jetzt reingepasst.
Und zwar war ich damals allein im Kino. Im Film „Leaving Las Vegas". Wer den Film kennt weiß, dass es nicht gerade leichte Kost, sondern ein emotional sehr anspruchsvoller Film ist, der einen nicht gerade total kalt lässt. Man verlässt mit einer äußerst melancholischen Stimmung hinterher das Kino. Grübelnderweise ging ich also durch die nächtliche Innenstadt, bis ich am Hauptportal angekommen war. Dort stand eben diese Frau und spielte Geige. Und im Hintergrund konnte man schon das ferne Wetterleuchten eines Gewitters ausmachen. Die Luft knisterte und die Musik brachte eine Saite in mir zum Klingen, denn ich war durch den Film gerade sehr empfänglich für die leisesten Gefühlsregungen und Schwingungen.
Es war ein sehr eigentümliches aber auch überaus schönes Erlebnis, dort zu stehen und ich will die Erfahrung nicht missen. Auch jetzt, wenn ich darüber schreibe, sehe ich die Szenerie wieder genau vor mir und kann mich gut an meine Gefühle damals erinnern. Es ist nur überaus schwer, das Erlebte in adäquate Worte zu fassen, doch ich hoffe, ich konnte ein klein wenig davon vermitteln.
OK, genug geschwafelt.
Bis Freitag Folks...
