Freund oder Feind
Der Angriff endete schlagartig, als die ersten Reihen der Orks einfach tot zu Boden fielen. Ihre Hintermänner standen bewegungslos um ihre Toten herum, sahen ratlos zu den Bergen herauf und suchten vergebens die Schützen. Ein kaum vernehmbares Zischen war zu hören und eine weitere Reihe von Orks sank röchelnd auf die Knie und stieß erstickte Schreie aus. Panisches Kreischen hallte zu den Gefährten hinauf und sie atmeten erleichtert auf, als sie sahen, dass die Orks in alle Richtungen flohen und sich verstreuten. Erst jetzt konnten Aragorn, Belag und die Hobbits erkennen, dass Pfeile in den Kehlen der Feinde steckten. Sie waren alle in einem Grauton, der sie im Hintergrund der Berge praktisch unsichtbar machte.
"Grund Gütiger, die Legende ist wahr!" hörten sie Meradeths Stimme wispern. Alle Augen folgten seinem Blick. "Was soll da denn sein? Ich sehe nur Felsen und Berge", wollte Pippin wissen, der ganz verwirrt in die Runde schaute. "Es sind Schatten, direkt am Flügel des Drachen", erklärte Aragorn, aber bis auf die beiden Elben sahen sich auch die anderen nur ratlos um. Es waren tatsächlich kaum mehr als dunkle Schatten, aber so schnell sie sich auch zeigten, so waren sie auch schon wieder verschwunden. Legolas horchte auf, schritt aber kein Stück zurück. Obwohl er fühlte, dass sie auf sie zukamen war da nichts Böses. Er konnte an die Zwanzig zählen.
Merry schrie auf vor Schreck, als eine dieser seltsamen grauen Gestalten direkt neben ihm auftauchte. Doch anstatt einer Klinge oder einem Pfeil legte sich nur eine besänftigende Hand auf seine Schulter. Da der Hobbit nicht aufhörte zu zittern und immer mehr Furcht in seine Augen schoss, nahm das Wesen wieder einen Schritt Abstand. Die Kapuze wurde soweit zurückgezogen, dass man zumindest ein Gesicht im Schatten erkennen konnte. Merry beruhigte sich zusehends und allen wurde klar, dass es kein Ork oder sonst etwas grausiges sein musste. Trotz, dass alle Anspannung aus seinen Schultern wich, war Merry nicht in der Lage auch nur ein Wort zu sprechen. Verwunderung und Staunen war in seinem Gesicht mehr als deutlich zu lesen.
Erst in diesem Moment wich Legolas etwas von Gimlis Seite. Er sah auf die Gestalt vor ihm. Eigentlich konnte er nur einen bis zum Boden reichenden langen grauen Mantel sehen, welcher aus einem sehr feinen und leichten Stoff bestand. Dieser erinnerte ihn an den Umhang, den er auf seiner Reise, als Mitglied der Gemeinschaft des Ringes in Lothlorien bekommen hatte. Die Kapuze war zwar immer noch tief ins Gesicht gezogen, doch er konnte dieses schemenhaft erkennen. Es war eindeutig weiblich und zart . Der Prinz wurde von einem funkelnden Augenpaar neugierig gemustert. Sein Blick wanderte weiter über die Gestalt abwärts. Die Ärmel fielen ihr bis über die Finger, welche in passenden Handschuhen steckten. Sie waren ebenfalls schmal und zierlich, doch gleichzeitig auch kraftvoll. Der Bogen den sie bei sich hatte, war Mann groß und auch mit dem grauen Tuch umbunden. Die Verhältnismäßig langen Pfeile waren kaum zu sehen. Er spürte kein Missbehagen, sondern zu seiner Verwunderung starke Vertrautheit. Eine freudige Ahnung machte sich in seinem Herzen breit.
"Wie können wir uns für eure Rettung bedanken?", fragte der Prinz mit freundlichem Tonfall. "Wer seid ihr und was habt ihr hier in den dunklen Ebenen zu suchen?" ignorierte die Gestalt seine Frage. Legolas Beherrschung versagte, als er die feste und doch harmonisch weibliche Stimme hörte. Sein Mund stand offen und sah wie erstarrt auf das Wesen vor ihm. Er war zu keiner Antwort fähig, als ihm klar wurde, dass diese Frau eindeutig vom elbischen Volk war und er bereits ihre Bekanntschaft gemacht hatte. "Sprecht", mahnte sie nun in einem Dringären Ton. "Bitte verzeiht, dass wir ungefragt in euer Land eingedrungen sind, aber uns blieb keine Wahl, wie ihr seht", antwortete Aragorn, der als erster seine Sprache wieder gefunden hatte und mit einer Handbewegung in Richtung der toten Orks zeigte. "Nun gut, aber das beantwortet nicht meine Frage!", kam es nur zurück. "Mein Name ist Legolas Grünblatt Sohn von Thranduil, dem König der Elben des nördlichen Düsterwaldes", der Prinz hatte sich wieder unter Kontrolle und stellte nun alle nach einander vor. Als letztes zeigte er auf den Zwerg am Boden. "Dies ist Gimli Gloins Sohn vom Einsamen Berg. Er wurde schwer verwundet. Wir sind nicht in der Lage ihn ordentlich zu versorgen. Könnt ihr..".
Noch bevor er weiter sprechen konnte, sank das Wesen zu Boden und begutachtete die Schwere der Wunde. Ein kleines Trinkfläschchen kam zum Vorschein und eine bernsteinfarbene Flüssigkeit wurde dem Zwerg in den Mund gegossen. Augenblicke später regten sich seine Lebensgeister wieder. "Wir sind auf der Suche nach einem Elbenvolk, das in diesen Östlichen Hochebenen leben soll", plapperte Merry lauthals dazwischen. Er hatte im Gegensatz zu Legolas, nicht den leisesten Verdacht. "Und was glaubt ihr dort zu finden?" schmetterte diesmal eine männliche Stimme zurück "Ich habe nie von Elben gehört, die auf Schatzsuche sind und dann noch in einer so seltsamen gemischten Gruppe!" "Wir sind nicht auf der Suche nach Schätzen! Meine Heimat ist in Gefahr und ich wurde gesandt, um einen Gefallen zu erbitten", zischte Legolas, dessen Geduld langsam schwand. "Könnt ihr uns zu diesem Volk führen?" "Könnten wir vielleicht auch erfahren, mit wem wir die Ehre haben", murrte Belag ironisch dazwischen, der sämtliche Geduld verloren hatte. "Mein Name ist Aryalon", antwortete der Elb schlicht "Was für einen Gefallen wollt ihr denn erbitten?"
"Diese Bitte ist allein für einen Elben namens Geritor!" blieb der Elbenprinz stur "Wist ihr nun wo ich dieses Volk finden kann?" Die Gestalt schwieg lange, nickte dann aber zustimmend. Dann drehte er sich um und sprach in einer rauen Sprache zu einigen der Wachen über ihnen. Fünf von ihnen wandten sich ab und verschwanden genau so lautlos wie sie gekommen waren unter einem der Felsüberhänge. In dieser seltsamen schroffen Sprache waren einige entfernte elbische Ansätze zu hören, doch ließ sie ihnen kalte Schauer über den Rücken laufen.
"Verdammt das tut weh", brummte es von ihren Füssen und holte sie aus ihren Gedanken zurück. "Wenn ihr zulasst, dass die Wunde aufhört zu bluten, würde es auch nicht mehr so weh tun", zischte die weibliche Gestalt zurück. " Der Verband löst sich ja ständig, wie soll es da auch aufhören", knurrte Gimli weiter. "Bleibt halt einmal ruhig liegen, dann könnte ich ihn auch straf ziehen", zischte es erneut, dann fasste sie Gimli bei den Schultern und drückte ihn unsanft aber dennoch vorsichtig auf den Boden zurück. Der Zwerg öffnete den Mund um zu protestieren, aber außer einem brummenden Ton kam nichts weiter heraus. Gimli kam diese Art in der sie mit ihm umsprang sehr bekannt vor! "Na bitte, geht doch", grinste das Mädchen, während sie die Leinen fester um die Rippen des Zwerges zog. Ihr Patient zog dabei scharf den Atem ein, doch nicht ein Laut war zu vernehmen. "Woher kommt ihr? Aus dem Düsterwald? "wollte er wissen und fragte sich insgeheim ob es wirklich sein könnte. Gimli hatte in den letzten Jahren viel Zeit in der Heimat seines elbischen Freundes verbracht und hatte diese Art wie sie sich aufführten besser mitbekommen als ihm lieb war. Auch sie hatte diesen einzigartigen unnachgiebigen Nachdruck in ihrer Stimme.
Legolas der amüsiert dieses herrliche Spektakel verfolgt hatte, fiel auf dass, dieses ihn noch immer bezaubernde weibliche Wesen bei der Frage für einen kurzen Moment erstarrte. Es kam ihn vor, als wenn ein Anflug von Unsicherheit über sie fuhr, aber ihre Selbstsicherheit kehrt umgehend wieder. "Wir haben nicht mehr viel Zeit", rief es über ihnen. Die Gruppe, welche vor ein paar Minuten in den Felsen verschwunden war, kam wieder zum Vorschein. Sie hatten Mäntel in ihren Armen, gleich denen die sie trugen. Jedem wurde einer über die Schultern gelegt. Die Hobbits waren erstaunt, dass ihre wie angegossen passten. Sie zogen sich die Kapuzen tief ins Gesicht und machten sich begeistert "unsichtbar". Ein lautes und ihnen nur zu gut bekanntes Geschrei drang über die Ebene. "Die Orks haben sich wieder gesammelt und dieses mal werden sie sich nicht so einfach verscheuchen lassen", rief Aryalon ihnen zu.
Legolas musste Gimli stützen, da er sich alleine kaum auf den Beinen halten konnte. Das Mädchen ging schweigend und wachsam hinter ihnen her, aber schon nach ein paar Schritten schüttelte sie leicht den Kopf. In derselben rauen Sprache rief sie den Führenden etwas zu und deutete auf Gimli. Sie schien besorgt zu sein. Ein Nicken war anscheinend ihre Antwort und ohne eine Erklärung zu bekommen, wurde die kleine Gruppe weitergeführt. Legolas war dankbar, das man seinem Freund geholfen hatte, doch es war recht ungewöhnlich, das Elben einem Zwerg so selbstverständlich halfen. Legolas war bewusst, dass Gimli jetzt eigentlich viel Ruhe brauchte und dieser Marsch alles andere als gut für ihn war. Es blieb ihnen aber kaum eine Wahl, es war die einzige Chance und der Zwerg wusste das!
Als sie unter dem Drachenflügel hindurchgingen, sahen sie eine Art Grotte vor sich, welche tief in den Berg hinein zu führen schien. Kaum das der Eingang hinter ihnen verschwunden war, hatten selbst die beiden Elben Mühe sich zu Recht zu finden. "AUTSCH!", schrie Pippin als er über etwas Hartes stolperte. Doch noch bevor er zu Boden fiel, fingen ihn ein paar starke Arme auf. "Seid vorsichtig!" flüsterte sein Helfer kaum hörbar. Das Echo schallte noch lange durch die Gänge und alle Augen waren mit einmal entsetzt auf ihn gerichtet und Aragorn schüttelte nur seinen Kopf. Irgendwie kam dem Hobbit das alles sehr bekannt vor und selbst seine Ohren liefen knallrot an. Ein leichter Silberschein leuchtete auf, als ihre Führer kleine kunstvoll gearbeitete Lämpchen hervorholten. Diese waren kaum größer als eine Hand und gaben auch kein wirkliches Licht ab, aber man konnte zumindest ungefähr erkennen, in welche Richtung es ging. Schweigend liefen sie weiter.
Selbst Aragorn, der eigentlich ein sehr gutes Zeitgefühl hatte, konnte nicht mehr sagen, wie lange sie schon unterwegs waren. Alle waren erschöpft und selbst Meradeth und Legolas hätten gegen eine kurze Rast nichts einzuwenden gehabt, doch es ging ohne Pause und in einem sehr eiligen Tempo weiter. Ein endlos scheinender Irrgarten erstreckte sich vor ihnen. Ein Grollen und Trampeln wurde immer lauter und klang bald schon sehr nah. "Verdammt, sie haben uns gefunden", sagte die harte männliche Stimme äußerst wütend und blickte durchbohrend auf Pippin, der erneut spürte, dass seine Ohren wieder brannten. Abermals verschärfte sich ihr Schritt. So sehr Gimli auch versuchte sich zusammen zu reißen, er konnte nicht mehr mithalten und brach trotz Legolas stützender Arme kraftlos zusammen. Bevor er auf einem der überall liegenden Steine aufschlug, wurde von der Elbe aufgefangen, die nicht von seiner anderen Seite gewichen war. "Himmels Willen, Gimli", der Elb sank auf die Knie und Furcht zog sich in seinen Blick. "Wir müssen weiter", drängte ihr Führer. "Ich lasse ihn nicht zurück, das kommt gar nicht in Frage!" fuhr Legolas hoch und auch alle anderen seiner Gefährten stimmten geschlossen zu.
Das weibliche Wesen war anscheinend auf ihrer Seite, aber die Gefährten konnten nicht verstehen was sie und Aryalon miteinander sprachen. Nach einem kurzen Disput nickte der Mann zögernd und wandte sich zum Gehen. "Euer Freund wird einen anderen Weg gehen, seid unbesorgt! Aber nun kommt", versuchte Aryalon die aufgebrachten Fremden zu beruhigen. Das Grölen war schon sehr nah und man konnte jetzt schon die Stimmen hören, die nicht gerade positive klangen. Legolas sah sich ein letztes Mal zu Gimli um. Die Elbe nickte dem Prinzen beschwichtigend zu und aus einem Grund, den er selbst nicht erklären konnte, vertraute er ihr. Eine der Wachen half ihr den halb ohnmächtigen Zwerg in einen kleinen Gang zu tragen und verschwand so aus seinem Blickfeld. Sie kamen an eine tiefe Schlucht. Der dichte Nebel, der aus ihr hervorquoll, ließ sie nur ahnen, dass es wahrscheinlich sehr tief hinunter ging. Es war kein Pfad oder sonst ein anderer Übergang zu finden. Die Schlucht war so breit wie der Anduin. Selbst für einen Elben wäre ein Sprung unmöglich gewesen. "Toll und wie sollen wir nun da rüber kommen" knurrte Belag, dessen Laune sich immer noch nicht verbessert hatte. Er sollte keine Erklärung bekommen.
Aryalon stieß einen leisen melodischen Pfiff aus, der sogleich beantwortet wurde. Ein ebenfalls "unsichtbares" Wesen kam vor und warf ein Seil zu ihnen herüber, an dem eine Art Strickleiter angebracht war. Sie wurde zwischen zwei Steinen befestigt, während ein weiters einfaches Seil zu ihnen geworfen wurde. Pippin staunte nicht schlecht, als die Wesen über das Seil liefen, als wäre es die breiteste Brücke. So etwas hatte er bis jetzt nur einmal gesehen. Das war in Lothlorien .Es mussten also Elben sein. "Beeilt euch, aber seid vorsichtig", flüsterte Aryalon ihnen leise aber bestimmend zu. Es blieb ihnen auch kaum eine Wahl. Einer nach dem anderen gingen die beiden Menschen und Hobbits über die wackelige, aber doch stabile Strickleiter, wobei nur Merry sein Blick nicht von dem Nebel unter seinen Füßen ablassen konnte und sogar einmal stehen blieb. Er klammerte sich panisch an die beiden Seile, welche sich in Höhe seiner Schultern befanden und weigerte sich stur auch nur noch einen Fuß vor den anderen zu setzten. Das wieder immer lauter werdende Geschreie war dann aber doch schließlich Ansporn genug für ihn, um weiterzugehen! Währenddessen wurde das Seil schon wieder zusammengerollt.
Die letzte Gestalt auf der anderen Seite, welche eine der Wachen war, bekam von Aryalon einen Befehl, den die Gefährten wieder nicht verstanden. Diese nickte nur und machte die Brücke auf ihrer Seite los und warf sie zurück, bevor sie kehrtmachte und verschwand. Sie versteckten sie hinter einem Felsen. Kaum, dass sie in Deckung waren, stürmten auch schon die Orks auf die Schlucht zu. Die Ersten stürzten in die Tiefe und außer einem Schrei war nichts mehr von ihnen zu hören oder zu sehen. Diejenigen die es geschafft hatten zum Stehen zu kommen, schossen vergebens noch ein paar Pfeile ab. Aryalon machte sich nicht die Mühe, das Feuer zu erwidern, da sie in ihren Verstecken sicher waren und keiner ihrer Gegner die Chance hatte sich weiter zu nähern. Ein erleichtertes Lachen ging nun umher und sie setzten ihren Marsch fort, als die Orks resigniert hatten und den Rückweg angetreten waren. Die Gänge wurden breiter und waren bei weitem nicht mehr so Furcht einflößend. Sogar Fackeln waren von Zeit zu Zeit angebracht und gaben den Gefährten etwas Licht. Eine kurze Weile später merkten sie, dass das Licht weiter zunahm und die ersten Sonnenstrahlen wurden wie ein Stern in der Nacht sichtbar.
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"Warum muss ein Zwerg nur so schwer sein", knurrte das Mädchen, als sie zusammen mit ihrem Helfer Gimli in eine kleine Seitenhöhle schleppt. Sie setzten sich in eine Ecke und drückten sich an die Wand. "Seid ruhig, egal wie nahe sie uns auch kommen und bewegt euch nicht", wurde Gimli angewiesen, als sie wieder ihre Kapuze etwas zurückzog. "Als wenn ich gerade in der Lage wäre in eine Schlacht zu ziehen", brummte er leise missmutig zurück. Schon wieder war dieses seltsam vertraute Lächeln in ihren Mundzügen und er konnte zum ersten Mal ihr ganzes Gesicht sehen. Zwei grüne Augen blickten ihn freundlich an und er konnte deutlich ihre Ohren erkennen. Ihre spitzen Ohren. "Ein Elb, was auch sonst", stöhnte Gimli. Doch sie zog den Mantel wieder ruckartig vor und das Lämpchen erlosch, als ein gut bekanntes Geräusch hörbar wurde. Die Orks schienen direkt an ihnen vorbeizugehen, denn die Drei konnten noch das Stampfen ihrer Schritte fühlen. Sie wurden nicht entdeckt. Der Zwerg kauerte sich noch tiefer in die Felsen, doch die Geräusche wurden immer leiser obwohl sie keine fünf Meter neben ihnen her trampelten. Langsam verlor er vor Erschöpfung und Blutverlust das Bewusstsein.
Der Angriff endete schlagartig, als die ersten Reihen der Orks einfach tot zu Boden fielen. Ihre Hintermänner standen bewegungslos um ihre Toten herum, sahen ratlos zu den Bergen herauf und suchten vergebens die Schützen. Ein kaum vernehmbares Zischen war zu hören und eine weitere Reihe von Orks sank röchelnd auf die Knie und stieß erstickte Schreie aus. Panisches Kreischen hallte zu den Gefährten hinauf und sie atmeten erleichtert auf, als sie sahen, dass die Orks in alle Richtungen flohen und sich verstreuten. Erst jetzt konnten Aragorn, Belag und die Hobbits erkennen, dass Pfeile in den Kehlen der Feinde steckten. Sie waren alle in einem Grauton, der sie im Hintergrund der Berge praktisch unsichtbar machte.
"Grund Gütiger, die Legende ist wahr!" hörten sie Meradeths Stimme wispern. Alle Augen folgten seinem Blick. "Was soll da denn sein? Ich sehe nur Felsen und Berge", wollte Pippin wissen, der ganz verwirrt in die Runde schaute. "Es sind Schatten, direkt am Flügel des Drachen", erklärte Aragorn, aber bis auf die beiden Elben sahen sich auch die anderen nur ratlos um. Es waren tatsächlich kaum mehr als dunkle Schatten, aber so schnell sie sich auch zeigten, so waren sie auch schon wieder verschwunden. Legolas horchte auf, schritt aber kein Stück zurück. Obwohl er fühlte, dass sie auf sie zukamen war da nichts Böses. Er konnte an die Zwanzig zählen.
Merry schrie auf vor Schreck, als eine dieser seltsamen grauen Gestalten direkt neben ihm auftauchte. Doch anstatt einer Klinge oder einem Pfeil legte sich nur eine besänftigende Hand auf seine Schulter. Da der Hobbit nicht aufhörte zu zittern und immer mehr Furcht in seine Augen schoss, nahm das Wesen wieder einen Schritt Abstand. Die Kapuze wurde soweit zurückgezogen, dass man zumindest ein Gesicht im Schatten erkennen konnte. Merry beruhigte sich zusehends und allen wurde klar, dass es kein Ork oder sonst etwas grausiges sein musste. Trotz, dass alle Anspannung aus seinen Schultern wich, war Merry nicht in der Lage auch nur ein Wort zu sprechen. Verwunderung und Staunen war in seinem Gesicht mehr als deutlich zu lesen.
Erst in diesem Moment wich Legolas etwas von Gimlis Seite. Er sah auf die Gestalt vor ihm. Eigentlich konnte er nur einen bis zum Boden reichenden langen grauen Mantel sehen, welcher aus einem sehr feinen und leichten Stoff bestand. Dieser erinnerte ihn an den Umhang, den er auf seiner Reise, als Mitglied der Gemeinschaft des Ringes in Lothlorien bekommen hatte. Die Kapuze war zwar immer noch tief ins Gesicht gezogen, doch er konnte dieses schemenhaft erkennen. Es war eindeutig weiblich und zart . Der Prinz wurde von einem funkelnden Augenpaar neugierig gemustert. Sein Blick wanderte weiter über die Gestalt abwärts. Die Ärmel fielen ihr bis über die Finger, welche in passenden Handschuhen steckten. Sie waren ebenfalls schmal und zierlich, doch gleichzeitig auch kraftvoll. Der Bogen den sie bei sich hatte, war Mann groß und auch mit dem grauen Tuch umbunden. Die Verhältnismäßig langen Pfeile waren kaum zu sehen. Er spürte kein Missbehagen, sondern zu seiner Verwunderung starke Vertrautheit. Eine freudige Ahnung machte sich in seinem Herzen breit.
"Wie können wir uns für eure Rettung bedanken?", fragte der Prinz mit freundlichem Tonfall. "Wer seid ihr und was habt ihr hier in den dunklen Ebenen zu suchen?" ignorierte die Gestalt seine Frage. Legolas Beherrschung versagte, als er die feste und doch harmonisch weibliche Stimme hörte. Sein Mund stand offen und sah wie erstarrt auf das Wesen vor ihm. Er war zu keiner Antwort fähig, als ihm klar wurde, dass diese Frau eindeutig vom elbischen Volk war und er bereits ihre Bekanntschaft gemacht hatte. "Sprecht", mahnte sie nun in einem Dringären Ton. "Bitte verzeiht, dass wir ungefragt in euer Land eingedrungen sind, aber uns blieb keine Wahl, wie ihr seht", antwortete Aragorn, der als erster seine Sprache wieder gefunden hatte und mit einer Handbewegung in Richtung der toten Orks zeigte. "Nun gut, aber das beantwortet nicht meine Frage!", kam es nur zurück. "Mein Name ist Legolas Grünblatt Sohn von Thranduil, dem König der Elben des nördlichen Düsterwaldes", der Prinz hatte sich wieder unter Kontrolle und stellte nun alle nach einander vor. Als letztes zeigte er auf den Zwerg am Boden. "Dies ist Gimli Gloins Sohn vom Einsamen Berg. Er wurde schwer verwundet. Wir sind nicht in der Lage ihn ordentlich zu versorgen. Könnt ihr..".
Noch bevor er weiter sprechen konnte, sank das Wesen zu Boden und begutachtete die Schwere der Wunde. Ein kleines Trinkfläschchen kam zum Vorschein und eine bernsteinfarbene Flüssigkeit wurde dem Zwerg in den Mund gegossen. Augenblicke später regten sich seine Lebensgeister wieder. "Wir sind auf der Suche nach einem Elbenvolk, das in diesen Östlichen Hochebenen leben soll", plapperte Merry lauthals dazwischen. Er hatte im Gegensatz zu Legolas, nicht den leisesten Verdacht. "Und was glaubt ihr dort zu finden?" schmetterte diesmal eine männliche Stimme zurück "Ich habe nie von Elben gehört, die auf Schatzsuche sind und dann noch in einer so seltsamen gemischten Gruppe!" "Wir sind nicht auf der Suche nach Schätzen! Meine Heimat ist in Gefahr und ich wurde gesandt, um einen Gefallen zu erbitten", zischte Legolas, dessen Geduld langsam schwand. "Könnt ihr uns zu diesem Volk führen?" "Könnten wir vielleicht auch erfahren, mit wem wir die Ehre haben", murrte Belag ironisch dazwischen, der sämtliche Geduld verloren hatte. "Mein Name ist Aryalon", antwortete der Elb schlicht "Was für einen Gefallen wollt ihr denn erbitten?"
"Diese Bitte ist allein für einen Elben namens Geritor!" blieb der Elbenprinz stur "Wist ihr nun wo ich dieses Volk finden kann?" Die Gestalt schwieg lange, nickte dann aber zustimmend. Dann drehte er sich um und sprach in einer rauen Sprache zu einigen der Wachen über ihnen. Fünf von ihnen wandten sich ab und verschwanden genau so lautlos wie sie gekommen waren unter einem der Felsüberhänge. In dieser seltsamen schroffen Sprache waren einige entfernte elbische Ansätze zu hören, doch ließ sie ihnen kalte Schauer über den Rücken laufen.
"Verdammt das tut weh", brummte es von ihren Füssen und holte sie aus ihren Gedanken zurück. "Wenn ihr zulasst, dass die Wunde aufhört zu bluten, würde es auch nicht mehr so weh tun", zischte die weibliche Gestalt zurück. " Der Verband löst sich ja ständig, wie soll es da auch aufhören", knurrte Gimli weiter. "Bleibt halt einmal ruhig liegen, dann könnte ich ihn auch straf ziehen", zischte es erneut, dann fasste sie Gimli bei den Schultern und drückte ihn unsanft aber dennoch vorsichtig auf den Boden zurück. Der Zwerg öffnete den Mund um zu protestieren, aber außer einem brummenden Ton kam nichts weiter heraus. Gimli kam diese Art in der sie mit ihm umsprang sehr bekannt vor! "Na bitte, geht doch", grinste das Mädchen, während sie die Leinen fester um die Rippen des Zwerges zog. Ihr Patient zog dabei scharf den Atem ein, doch nicht ein Laut war zu vernehmen. "Woher kommt ihr? Aus dem Düsterwald? "wollte er wissen und fragte sich insgeheim ob es wirklich sein könnte. Gimli hatte in den letzten Jahren viel Zeit in der Heimat seines elbischen Freundes verbracht und hatte diese Art wie sie sich aufführten besser mitbekommen als ihm lieb war. Auch sie hatte diesen einzigartigen unnachgiebigen Nachdruck in ihrer Stimme.
Legolas der amüsiert dieses herrliche Spektakel verfolgt hatte, fiel auf dass, dieses ihn noch immer bezaubernde weibliche Wesen bei der Frage für einen kurzen Moment erstarrte. Es kam ihn vor, als wenn ein Anflug von Unsicherheit über sie fuhr, aber ihre Selbstsicherheit kehrt umgehend wieder. "Wir haben nicht mehr viel Zeit", rief es über ihnen. Die Gruppe, welche vor ein paar Minuten in den Felsen verschwunden war, kam wieder zum Vorschein. Sie hatten Mäntel in ihren Armen, gleich denen die sie trugen. Jedem wurde einer über die Schultern gelegt. Die Hobbits waren erstaunt, dass ihre wie angegossen passten. Sie zogen sich die Kapuzen tief ins Gesicht und machten sich begeistert "unsichtbar". Ein lautes und ihnen nur zu gut bekanntes Geschrei drang über die Ebene. "Die Orks haben sich wieder gesammelt und dieses mal werden sie sich nicht so einfach verscheuchen lassen", rief Aryalon ihnen zu.
Legolas musste Gimli stützen, da er sich alleine kaum auf den Beinen halten konnte. Das Mädchen ging schweigend und wachsam hinter ihnen her, aber schon nach ein paar Schritten schüttelte sie leicht den Kopf. In derselben rauen Sprache rief sie den Führenden etwas zu und deutete auf Gimli. Sie schien besorgt zu sein. Ein Nicken war anscheinend ihre Antwort und ohne eine Erklärung zu bekommen, wurde die kleine Gruppe weitergeführt. Legolas war dankbar, das man seinem Freund geholfen hatte, doch es war recht ungewöhnlich, das Elben einem Zwerg so selbstverständlich halfen. Legolas war bewusst, dass Gimli jetzt eigentlich viel Ruhe brauchte und dieser Marsch alles andere als gut für ihn war. Es blieb ihnen aber kaum eine Wahl, es war die einzige Chance und der Zwerg wusste das!
Als sie unter dem Drachenflügel hindurchgingen, sahen sie eine Art Grotte vor sich, welche tief in den Berg hinein zu führen schien. Kaum das der Eingang hinter ihnen verschwunden war, hatten selbst die beiden Elben Mühe sich zu Recht zu finden. "AUTSCH!", schrie Pippin als er über etwas Hartes stolperte. Doch noch bevor er zu Boden fiel, fingen ihn ein paar starke Arme auf. "Seid vorsichtig!" flüsterte sein Helfer kaum hörbar. Das Echo schallte noch lange durch die Gänge und alle Augen waren mit einmal entsetzt auf ihn gerichtet und Aragorn schüttelte nur seinen Kopf. Irgendwie kam dem Hobbit das alles sehr bekannt vor und selbst seine Ohren liefen knallrot an. Ein leichter Silberschein leuchtete auf, als ihre Führer kleine kunstvoll gearbeitete Lämpchen hervorholten. Diese waren kaum größer als eine Hand und gaben auch kein wirkliches Licht ab, aber man konnte zumindest ungefähr erkennen, in welche Richtung es ging. Schweigend liefen sie weiter.
Selbst Aragorn, der eigentlich ein sehr gutes Zeitgefühl hatte, konnte nicht mehr sagen, wie lange sie schon unterwegs waren. Alle waren erschöpft und selbst Meradeth und Legolas hätten gegen eine kurze Rast nichts einzuwenden gehabt, doch es ging ohne Pause und in einem sehr eiligen Tempo weiter. Ein endlos scheinender Irrgarten erstreckte sich vor ihnen. Ein Grollen und Trampeln wurde immer lauter und klang bald schon sehr nah. "Verdammt, sie haben uns gefunden", sagte die harte männliche Stimme äußerst wütend und blickte durchbohrend auf Pippin, der erneut spürte, dass seine Ohren wieder brannten. Abermals verschärfte sich ihr Schritt. So sehr Gimli auch versuchte sich zusammen zu reißen, er konnte nicht mehr mithalten und brach trotz Legolas stützender Arme kraftlos zusammen. Bevor er auf einem der überall liegenden Steine aufschlug, wurde von der Elbe aufgefangen, die nicht von seiner anderen Seite gewichen war. "Himmels Willen, Gimli", der Elb sank auf die Knie und Furcht zog sich in seinen Blick. "Wir müssen weiter", drängte ihr Führer. "Ich lasse ihn nicht zurück, das kommt gar nicht in Frage!" fuhr Legolas hoch und auch alle anderen seiner Gefährten stimmten geschlossen zu.
Das weibliche Wesen war anscheinend auf ihrer Seite, aber die Gefährten konnten nicht verstehen was sie und Aryalon miteinander sprachen. Nach einem kurzen Disput nickte der Mann zögernd und wandte sich zum Gehen. "Euer Freund wird einen anderen Weg gehen, seid unbesorgt! Aber nun kommt", versuchte Aryalon die aufgebrachten Fremden zu beruhigen. Das Grölen war schon sehr nah und man konnte jetzt schon die Stimmen hören, die nicht gerade positive klangen. Legolas sah sich ein letztes Mal zu Gimli um. Die Elbe nickte dem Prinzen beschwichtigend zu und aus einem Grund, den er selbst nicht erklären konnte, vertraute er ihr. Eine der Wachen half ihr den halb ohnmächtigen Zwerg in einen kleinen Gang zu tragen und verschwand so aus seinem Blickfeld. Sie kamen an eine tiefe Schlucht. Der dichte Nebel, der aus ihr hervorquoll, ließ sie nur ahnen, dass es wahrscheinlich sehr tief hinunter ging. Es war kein Pfad oder sonst ein anderer Übergang zu finden. Die Schlucht war so breit wie der Anduin. Selbst für einen Elben wäre ein Sprung unmöglich gewesen. "Toll und wie sollen wir nun da rüber kommen" knurrte Belag, dessen Laune sich immer noch nicht verbessert hatte. Er sollte keine Erklärung bekommen.
Aryalon stieß einen leisen melodischen Pfiff aus, der sogleich beantwortet wurde. Ein ebenfalls "unsichtbares" Wesen kam vor und warf ein Seil zu ihnen herüber, an dem eine Art Strickleiter angebracht war. Sie wurde zwischen zwei Steinen befestigt, während ein weiters einfaches Seil zu ihnen geworfen wurde. Pippin staunte nicht schlecht, als die Wesen über das Seil liefen, als wäre es die breiteste Brücke. So etwas hatte er bis jetzt nur einmal gesehen. Das war in Lothlorien .Es mussten also Elben sein. "Beeilt euch, aber seid vorsichtig", flüsterte Aryalon ihnen leise aber bestimmend zu. Es blieb ihnen auch kaum eine Wahl. Einer nach dem anderen gingen die beiden Menschen und Hobbits über die wackelige, aber doch stabile Strickleiter, wobei nur Merry sein Blick nicht von dem Nebel unter seinen Füßen ablassen konnte und sogar einmal stehen blieb. Er klammerte sich panisch an die beiden Seile, welche sich in Höhe seiner Schultern befanden und weigerte sich stur auch nur noch einen Fuß vor den anderen zu setzten. Das wieder immer lauter werdende Geschreie war dann aber doch schließlich Ansporn genug für ihn, um weiterzugehen! Währenddessen wurde das Seil schon wieder zusammengerollt.
Die letzte Gestalt auf der anderen Seite, welche eine der Wachen war, bekam von Aryalon einen Befehl, den die Gefährten wieder nicht verstanden. Diese nickte nur und machte die Brücke auf ihrer Seite los und warf sie zurück, bevor sie kehrtmachte und verschwand. Sie versteckten sie hinter einem Felsen. Kaum, dass sie in Deckung waren, stürmten auch schon die Orks auf die Schlucht zu. Die Ersten stürzten in die Tiefe und außer einem Schrei war nichts mehr von ihnen zu hören oder zu sehen. Diejenigen die es geschafft hatten zum Stehen zu kommen, schossen vergebens noch ein paar Pfeile ab. Aryalon machte sich nicht die Mühe, das Feuer zu erwidern, da sie in ihren Verstecken sicher waren und keiner ihrer Gegner die Chance hatte sich weiter zu nähern. Ein erleichtertes Lachen ging nun umher und sie setzten ihren Marsch fort, als die Orks resigniert hatten und den Rückweg angetreten waren. Die Gänge wurden breiter und waren bei weitem nicht mehr so Furcht einflößend. Sogar Fackeln waren von Zeit zu Zeit angebracht und gaben den Gefährten etwas Licht. Eine kurze Weile später merkten sie, dass das Licht weiter zunahm und die ersten Sonnenstrahlen wurden wie ein Stern in der Nacht sichtbar.
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"Warum muss ein Zwerg nur so schwer sein", knurrte das Mädchen, als sie zusammen mit ihrem Helfer Gimli in eine kleine Seitenhöhle schleppt. Sie setzten sich in eine Ecke und drückten sich an die Wand. "Seid ruhig, egal wie nahe sie uns auch kommen und bewegt euch nicht", wurde Gimli angewiesen, als sie wieder ihre Kapuze etwas zurückzog. "Als wenn ich gerade in der Lage wäre in eine Schlacht zu ziehen", brummte er leise missmutig zurück. Schon wieder war dieses seltsam vertraute Lächeln in ihren Mundzügen und er konnte zum ersten Mal ihr ganzes Gesicht sehen. Zwei grüne Augen blickten ihn freundlich an und er konnte deutlich ihre Ohren erkennen. Ihre spitzen Ohren. "Ein Elb, was auch sonst", stöhnte Gimli. Doch sie zog den Mantel wieder ruckartig vor und das Lämpchen erlosch, als ein gut bekanntes Geräusch hörbar wurde. Die Orks schienen direkt an ihnen vorbeizugehen, denn die Drei konnten noch das Stampfen ihrer Schritte fühlen. Sie wurden nicht entdeckt. Der Zwerg kauerte sich noch tiefer in die Felsen, doch die Geräusche wurden immer leiser obwohl sie keine fünf Meter neben ihnen her trampelten. Langsam verlor er vor Erschöpfung und Blutverlust das Bewusstsein.
