Viele Fragen
Jeder ging seinen eigenen Gedanken nach und versuchte wieder ein Stück Ruhe in sich aufzunehmen. Legolas hing in seinen düsteren Ängsten und sah vor seinem inneren Auge ein grausames Heer. Zerstörend und alles niedertrampelnd verwüstete es seine Heimat und nichts von den Dingen, die ihm teuer waren, würde auf Dauer standhalten. Er war fast noch ein Kind gewesen, als Kardel seinen ersten Rachefeldzug gegen seinen Vater geführt hat. Mehr als ihm damals lieb war, hatte er das Leiden und die Entbehrungen zu spüren bekommen. Seine Mutter hatte die königlichen Kammern in eine Heilstadt umgewandelt und Legolas hatte sie Tag und Nacht unterstützt, da Thranduil der Meinung gewesen war, dass er noch viel zu jung zum Kämpfen sei. Damals konnte er seinen Vater nicht verstehen, doch nun war er dankbar für dessen Unnachsichtigkeit. Ein Lachen rief Legolas aus seinen Gedanken zurück. Aus einer anderen Hütte, direkt gegenüber von ihnen, sah er Eleya auf sie zukommen. Das dunkelhaarige Menschenmädchen namens Odine begleitete sie. Ein unterdrücktes Stöhnen kam von Gimlis Seite während er erneut das Mädchen misstrauisch musterte. Als er kein Verbandmaterial bei ihr sah, sondern nur ein wissendes Grinsen, entspannte er sich wieder.
"Es freut mich euch wieder zusehen", begrüßte Eleya höflich die schweigende Gesellschaft. "Mein Vater lässt ausrichten, dass mein Bruder Togelar, der Herr dieses Tales, eingetroffen ist und euch in einer halben Stunde in seinem Kaminzimmer erwartet. Ruht noch ein wenig, ich werde euch dann zu ihm bringen." Mehr sagte sie nicht und die beiden Frauen machten sich bereits auf den Rückweg. Legolas fiel auf, dass sie versucht hatte, jeden Blickkontakt mit ihm zu vermeiden. Er sah auf dieses zauberhafte Wesen; sie war etwas Besonderes. Gerade hatte Eleya sich noch wie eine wohlerzogene Elbe aus dem Düsterwald verhalten, doch nun stockte ihm der Atem, da ihr Blick sich ihm zuwandte. Unverfroren sah sie ihm in die Augen, auch als sie sich schon fortbewegte, lag ihr Blick weiter bei ihm und Legolas glaubte, sich in dem tiefen Grün zu verlieren. Wie lange sie ihn so ansah, konnte er beim besten Willen nicht sagen. Eine Ewigkeit, so kam es ihm zumindest vor, doch es waren wohl kaum mehr, als ein paar Sekunden gewesen, bis sie sich mit einem verschmitzten Lächeln wieder abwandte. Aragorn, der diese Szene zwischen den Beiden mitbekam, wäre um ein Haar die Kinnlade herunter gefallen. Hatte Legolas da gerade wirklich geflirtet?
Ihm kam wieder die gestrige Begegnung im Gasthaus in den Sinn. Noch niemals, solange er den Elben kannte, war ihm jemals bewusst geworden, dass dieser auch nur das geringste Interesse an einer Elbe, Frau oder an sonst einem weiblichen Wesen gezeigt hatte. Verzauberung stand in dessen Augen und sie erinnerten Aragorn daran, wie er Arwen zum ersten Mal so angesehen hatte. Legolas sprang plötzlich auf und lief über eine der Brücken auf einen kleinen Vorsprung zu, der nahe an den Wasserfall heranführte. Die anderen blickten ihm verwundert nach und schüttelten ungläubig ihre Köpfe. "Was hat er denn auf einmal?" Gimli blickte Aragorn fragend an. "Ich weiß nicht", log der König, der bereits dabei war sich zu erheben. Meradeth legte seine Hand auf Aragorns Arm und sah ihn mit einem ernsten Blick an. Lediglich ein Nicken bekam er zur Antwort, das sagte, dass auch der König verstanden hatte, was soeben geschehen war. Langsam folgte Aragorn dem Weg seines Freundes und fand ihn fast unter den Wasserfällen, an einen Baum gelehnt. Die Augen waren geschlossen und das klare Wasser, das seine Haare mittlerweile an seinen Schultern kleben ließ, schien er nicht einmal wahr zu nehmen. Innerlich tobte in Legolas sein Gewissen, er konnte doch jetzt nicht solche Gefühle zulassen. Nicht in so einer düsteren Stunde! Er kam sich beinahe wie ein Verräter vor. "Es ist kein Unrecht so zu fühlen! Auch nicht in so einer Zeit", Aragorn legte eine Hand auf den Arm des Prinzen, um seinen Zuspruch noch zu verstärken. Es dauerte einen Moment, bis Legolas seinen Blick hob.
"Ich habe das Gefühl den Boden unter meinen Füssen zu verlieren. Ich weiß nicht mehr was richtig oder falsch ist?" Zweifel und Ungewissheit bedrückten ihn so sehr, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Ohne nachzudenken legte der König beide Hände auf die Schultern des Elben und zwang ihn mit sanfter Gewalt hoch zu schauen. "Weißt du mein Freund, manchmal geht das Leben seltsame Wege. Doch das heißt nicht, dass sie falsch sein müssen." Legolas sah ihn mit einem unergründlichen Blick an, wie jedes Mal, wenn sein Freund Recht hatte. "Was auch immer in deinem Herzen geschehen wird, du kannst es nicht ändern. Glaube mir, ich weiß wovon ich spreche!" Aragorn schob den Elb in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren "Jetzt werden wir aber erstmal erwartet." Als sie zurück zum Talan gingen, hörten sie schon zwei fröhlich plappernde Kinderstimmen. Algar und Saramin, wer sonst auch hätte es sein können! Sie durchlöcherten neugierig die anderen Gefährten mit Fragen und abermals Fragen. Gimli sah sich Hilfe suchend um und als er Legolas mit einer nachdenklichen, aber jedoch wesentlich viel versprechenderen Miene erspähte. "Seht mal, wer da kommt!" rief er schnell und atmete auf, als sich die beiden Zwillinge ihrem neuen Opfern zuwandten.
"Prinz Legolas! Ihr müsst uns unbedingt noch etwas über den Düsterwald erzählen", Saramin stand nun direkt vor ihnen und schaute Legolas hoffnungsvoll an. "Hier seid ihr beiden also!" schallte es noch bevor er etwas antworten konnte. Eleya stand kopfschüttelnd auf der Leiter und versuchte sich verzweifelt das Lachen zu verkneifen, als sie in Gimlis entnervtes Gesicht schaute. "Habt ihr Odine gesehen? Ich glaube, mein Verband muss gewechselt werden", die gesamte Beherrschung der Elbe versagte, bei den schon fast flehenden Worten des Zwerges. Bei der Erinnerung an das Gezeter und den halben Kampf der beiden Frauen mit Gimli am Morgen, konnte man ein leises Auflachen vernehmen. Eleya winkte die Zwillinge zu sich und kniete sich hin. Die Gefährten konnten nicht verstehen, was sie zu ihnen sagte, doch sie schauten erstaunt auf, als die beiden ihre Nasen in die Luft hielten und strahlend davon liefen. "Apfelkuchen, es richt nach frischem Apfelkuchen!" Pippin blickte zu Merry, der aber hatte auch schon die Witterung aufgenommen. Die Hobbits waren schon aufgesprungen um den Zwillingen zu folgen, doch Belag hatte sie noch am Gürtel packen können. Die Elbe sah verdutzt auf die Hobbits und murmelte etwas, das sich nach "Wie machen die das nur?" anhörte. "Es ist an der Zeit eine Lösung zu finden".
Ein Kreischen am Himmel war zu hören, die drei Elben horchten auf und schauten blinzelnd über die Berge hinweg. "Da kommt Gaiwan und bringt uns neue Nachrichten über eure Heimat Legolas." Der Prinz lächelte Eleya an, denn jetzt verstand er auch, wie man hier die Nachricht vom Geschehen im Düsterwald, noch vor seiner Ankunft wissen konnte. Erst einige Momente später konnten auch die anderen sehen, was die Ursache des Geräusches war. Der Adler gleitet durch die Luft, so groß, dass zwei erwachsende Elben oder Menschen auf ihm sitzen konnten. Gloin, Gimlis Vater, hatte dem Zwerg schon von diesen gigantischen Wesen erzählt, doch noch niemals war es ihm vergönnt gewesen mit eigenen Augen einen sehen zu dürfen. "Kommt, mein Vater wartet bereits", riss die Elbe Gimli aus seinen Gedanken und winkte ihnen ihr zu folgen. Sie führte die Männer in einen Raum mit mehreren Ohrensesseln, die sehr einladend aussahen. Ein Kamin brannte an der Seite und die Wände waren ringsum mit Regalen bekleidet, die mit unzählige Büchern und Karten voll gestopft waren. Geritor, gefolgt von einem Elben, der vermutlich sein Sohn Togelar war, betrat mit einem nachdenklichen Gesicht den Raum.
"Bitte setzt euch. Ich möchte euch meinen ältesten Sohn Togelar vorstellen", ein dunkelhaariger Elb, der Geritor gar nicht ähnelte, nickte kurz und setzte sich einen Sessel neben seinen Vater. Legolas fiel auf, dass seine Gesichtszüge sehr stark denen von Eleya glichen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er Maleyna noch gar nicht begegnet war. Aryalon nahm auf der linken Seite von Geritor platz und Eleya an seiner. Aragorn stutzte etwas, denn er konnte sich nicht erklären, was sie bei dieser Beratung zusteuern sollte. "Schlimme Dinge sind geschehen, seit Kardel zum zweiten Mal in den Düsterwald eingefallen ist", Geritor hatte als erster das Wort ergriffen und sah ernst in die Runde. Merry und Pippin warfen sich einen fragenden Blick zu. "Bitte entschuldigt! Aber wer ist dieser Kardel eigentlich genau und was hat er ausgerechnet gegen den Düsterwald?" Geritor nickte den Beiden zu und begann ihnen aus der frühen Geschichte seiner Heimat zu erzählen. "Es fing an, als der frühere König Preogral ohne einen Erben starb. Da es auch keine weiteren Verwandten gab, die ein Anrecht auf die Krone aussprechen konnten, wurde von einem Rat entschieden, dass das Volk befragt werden sollte. Es wählte geschlossen und ohne große Überlegung Thranduil.
Er war der Sohn des engsten Beraters Perograls und wurde von den Bewohnern Düsterwaldes für seine Gerechtigkeit hoch geschätzt. Er war eine hervorragende Wahl, wie man fand, denn er war arrangiert und in der Lage sich durchzusetzen. Wie auch immer, er nahm auf Bitten des Volkes die Krone an und Kardel hatte nie akzeptieren können, dass die Wahl nicht auf ihn gefallen war. Er verließ seine Heimat und niemand hatte ein Jahrtausend von ihm gehört. Bis eines Tages, Legolas war noch in seiner frühsten Jugend, wir aus Richtung der Eisenberge angegriffen wurden. Kardel hatte sich dunklen Mächten angeschlossen und war bereit sich die Krone, die nach seinem Ermessen sein eigen war, zu holen. Wir schafften es in Wochen langen Kämpfen den Düsterwald zu verteidigen und schlussendlich den Feind zu besiegen. Kardel jedoch konnte fliehen, als er sich seine kommende Niederlage eingestehen musste. Wir haben nach ihm gesucht, aber bis vor ein paar Wochen war er wie vom Erdboden verschluckt." Geritor schwieg und deutete so an, dass er sein Bericht beendet war. Er sah in die betroffenen Gesichter der Hobbits und der anderen. "Gaiwan hat mir soeben berichtet, dass ein weiterer Trupp von Orks die Grenzen erreicht hat und Kardel den Druck auf Thranduil immer größer werden lässt." Das ungute Gefühl in Legolas war jetzt nicht mehr zu ignorieren "Was ist mit meinem Volk geschehen? Konnten sie fliehen?"
"Ja, alle die sich nicht im Palast aufgehalten haben konnten sich in Sicherheit bringen. Am Fuß des einsamen Berges haben sie Zuflucht gefunden und dort ein Lager aufgeschlagen." "Nur warum greift er das Volk nicht an?" Gimli flüsterte schon fast und beobachtete aus dem Augenwinkel seinen elbischen Freund. "Er will nicht das Volk, er will nur die Krone. Es wäre unsinnig, denn was wäre ein Land ohne Untertanen", erklärte Aragorn, dem diese Taktik durchaus bekannt war. Gimli wurde etwas leichter ums Herz, denn seine Gedanken galten gerade seiner Frau Myra und seinem ungeborenen Kind, welches in nicht allzu langer Zeit auf die Welt kommen sollte. Geritor sah in Legolas kalk weißes Gesicht und wusste genau, welche Frage er nicht auszusprechen wagte. "Euer Vater ist noch in der Lage seine Festung zu halten, nur wie lange noch?" Seine Stimme wurde mit jedem Wort leiser und Gimli erkannte wieder diese seltsame graue Färbung in seinen Augen. "Kardel hat dem König einen Handel unterbreitet" Togelar übernahm zum ersten Mal die Runde" Ein Großteil der Elben könnte in Ruhe aus dem Palast abziehen, wenn Thranduil sich stellen würde."
Der Prinz ließ sein Gesicht schmerzverzogen in die Hände fallen. Er kannte seinen Vater und seine Liebe zu seinem Volk. Früher oder später würde er auf diesen Handel eingehen, wenn er keine andere Möglichkeit mehr finden sollte. Legolas war sich, wie auch Thranduil, darüber mehr als nur bewusst, dass seine Gefangenschaft den sicheren Tod für ihn bedeutete. "Und was können wir gegen diesen Kardel ausrichten?" Belag konnte nicht mehr schweigen, immerhin war die Seestadt ja genauso betroffen. "Wir werden erneut kämpfen und den Düsterwald verteidigen, genauso wie die Seestadt und den einsamen Berg und wieder Frieden finden!" Legolas war aufgesprungen und sein Brustkorb bebte vor Wut. Er konnte diese törichte Frage einfach nicht verstehen, ihm schien es, als wenn er mit einem naiven Jugendlichem sprach. "Beruhige dich Legolas" sagte Geritor sanft "Elrond und Celeborn haben bereits ihre Hilfe zugesprochen und auch ich werde nicht von deiner Seite weichen." "Und was habt ihr jetzt vor zu tun, Geritor?" fragt Aragorn und bekam einen dieser durchdringenden Blicke als Antwort. "Unser Heer wird in einem Tag bereit sein aufzubrechen und mein Vater wird etwa eine gute Woche brauchen, wenn er den Weg durch die dürren Heiden nimmt ", Togelar brach wieder sein Schweigen.
"Und wie wollt ihr vorgehen, wenn ihr das Ziel erreicht habt?" Belag war bewusst, dass er grade dabei war sich unbeliebt zu machen, aber er ist und war nun einmal schon immer ein Skeptiker. "Grund Gütiger! Wie soll man sich jetzt bitte schon einen Plan machen?" Eleya, die sich bis jetzt die ganze Zeit zurückgehalten hatte, sprang auf "Niemand kann sagen, was für gute oder schlechte Dinge noch in den nächsten Tagen passieren werden." Die Elbe bemerkte wohl, dass Legolas bei ihren Worten zusammen zuckte und warf ihm ein mitfühlendes Lächeln zu. Meradeth, der die Qualen seines Freundes nicht mehr mit ansehen konnte, erhob sich "Es bringt doch nichts mehr an dieser Stelle weiterzudiskutieren. Eleya hat recht, wir können nur abwarten, was der nächste Morgen uns bringt." Geritor stimmte Meradeth zu "Alles weitere werden wir morgen Mittag vor unserem Aufbruch besprechen."
Damit war die Beratung vorerst zu Ende und man verließ das Zimmer. Geritor jedoch blieb an der Tür stehen und deutete seiner Tochter an, noch einen Moment zu bleiben. "Bist du dir ganz sicher, dass du uns begleiten willst", der Elb sah mit Sorge auf Eleya "Es wird ein harter Kampf werden." "Das ist mir absolut bewusst, Vater. Doch schon vor langer Zeit waren wir uns im Klarem, das ich einmal meine wahre Heimat besuchen würde." "Ich weiß!" Geritor schluckte schwer, er wusste, dass natürlich sehr wohl einmal dieser Tag kommen würde. Nur, was ihm das Herz so schwer machte, war zu wissen, dass Eleya niemals wieder zurückkehren würde.
Jeder ging seinen eigenen Gedanken nach und versuchte wieder ein Stück Ruhe in sich aufzunehmen. Legolas hing in seinen düsteren Ängsten und sah vor seinem inneren Auge ein grausames Heer. Zerstörend und alles niedertrampelnd verwüstete es seine Heimat und nichts von den Dingen, die ihm teuer waren, würde auf Dauer standhalten. Er war fast noch ein Kind gewesen, als Kardel seinen ersten Rachefeldzug gegen seinen Vater geführt hat. Mehr als ihm damals lieb war, hatte er das Leiden und die Entbehrungen zu spüren bekommen. Seine Mutter hatte die königlichen Kammern in eine Heilstadt umgewandelt und Legolas hatte sie Tag und Nacht unterstützt, da Thranduil der Meinung gewesen war, dass er noch viel zu jung zum Kämpfen sei. Damals konnte er seinen Vater nicht verstehen, doch nun war er dankbar für dessen Unnachsichtigkeit. Ein Lachen rief Legolas aus seinen Gedanken zurück. Aus einer anderen Hütte, direkt gegenüber von ihnen, sah er Eleya auf sie zukommen. Das dunkelhaarige Menschenmädchen namens Odine begleitete sie. Ein unterdrücktes Stöhnen kam von Gimlis Seite während er erneut das Mädchen misstrauisch musterte. Als er kein Verbandmaterial bei ihr sah, sondern nur ein wissendes Grinsen, entspannte er sich wieder.
"Es freut mich euch wieder zusehen", begrüßte Eleya höflich die schweigende Gesellschaft. "Mein Vater lässt ausrichten, dass mein Bruder Togelar, der Herr dieses Tales, eingetroffen ist und euch in einer halben Stunde in seinem Kaminzimmer erwartet. Ruht noch ein wenig, ich werde euch dann zu ihm bringen." Mehr sagte sie nicht und die beiden Frauen machten sich bereits auf den Rückweg. Legolas fiel auf, dass sie versucht hatte, jeden Blickkontakt mit ihm zu vermeiden. Er sah auf dieses zauberhafte Wesen; sie war etwas Besonderes. Gerade hatte Eleya sich noch wie eine wohlerzogene Elbe aus dem Düsterwald verhalten, doch nun stockte ihm der Atem, da ihr Blick sich ihm zuwandte. Unverfroren sah sie ihm in die Augen, auch als sie sich schon fortbewegte, lag ihr Blick weiter bei ihm und Legolas glaubte, sich in dem tiefen Grün zu verlieren. Wie lange sie ihn so ansah, konnte er beim besten Willen nicht sagen. Eine Ewigkeit, so kam es ihm zumindest vor, doch es waren wohl kaum mehr, als ein paar Sekunden gewesen, bis sie sich mit einem verschmitzten Lächeln wieder abwandte. Aragorn, der diese Szene zwischen den Beiden mitbekam, wäre um ein Haar die Kinnlade herunter gefallen. Hatte Legolas da gerade wirklich geflirtet?
Ihm kam wieder die gestrige Begegnung im Gasthaus in den Sinn. Noch niemals, solange er den Elben kannte, war ihm jemals bewusst geworden, dass dieser auch nur das geringste Interesse an einer Elbe, Frau oder an sonst einem weiblichen Wesen gezeigt hatte. Verzauberung stand in dessen Augen und sie erinnerten Aragorn daran, wie er Arwen zum ersten Mal so angesehen hatte. Legolas sprang plötzlich auf und lief über eine der Brücken auf einen kleinen Vorsprung zu, der nahe an den Wasserfall heranführte. Die anderen blickten ihm verwundert nach und schüttelten ungläubig ihre Köpfe. "Was hat er denn auf einmal?" Gimli blickte Aragorn fragend an. "Ich weiß nicht", log der König, der bereits dabei war sich zu erheben. Meradeth legte seine Hand auf Aragorns Arm und sah ihn mit einem ernsten Blick an. Lediglich ein Nicken bekam er zur Antwort, das sagte, dass auch der König verstanden hatte, was soeben geschehen war. Langsam folgte Aragorn dem Weg seines Freundes und fand ihn fast unter den Wasserfällen, an einen Baum gelehnt. Die Augen waren geschlossen und das klare Wasser, das seine Haare mittlerweile an seinen Schultern kleben ließ, schien er nicht einmal wahr zu nehmen. Innerlich tobte in Legolas sein Gewissen, er konnte doch jetzt nicht solche Gefühle zulassen. Nicht in so einer düsteren Stunde! Er kam sich beinahe wie ein Verräter vor. "Es ist kein Unrecht so zu fühlen! Auch nicht in so einer Zeit", Aragorn legte eine Hand auf den Arm des Prinzen, um seinen Zuspruch noch zu verstärken. Es dauerte einen Moment, bis Legolas seinen Blick hob.
"Ich habe das Gefühl den Boden unter meinen Füssen zu verlieren. Ich weiß nicht mehr was richtig oder falsch ist?" Zweifel und Ungewissheit bedrückten ihn so sehr, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Ohne nachzudenken legte der König beide Hände auf die Schultern des Elben und zwang ihn mit sanfter Gewalt hoch zu schauen. "Weißt du mein Freund, manchmal geht das Leben seltsame Wege. Doch das heißt nicht, dass sie falsch sein müssen." Legolas sah ihn mit einem unergründlichen Blick an, wie jedes Mal, wenn sein Freund Recht hatte. "Was auch immer in deinem Herzen geschehen wird, du kannst es nicht ändern. Glaube mir, ich weiß wovon ich spreche!" Aragorn schob den Elb in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren "Jetzt werden wir aber erstmal erwartet." Als sie zurück zum Talan gingen, hörten sie schon zwei fröhlich plappernde Kinderstimmen. Algar und Saramin, wer sonst auch hätte es sein können! Sie durchlöcherten neugierig die anderen Gefährten mit Fragen und abermals Fragen. Gimli sah sich Hilfe suchend um und als er Legolas mit einer nachdenklichen, aber jedoch wesentlich viel versprechenderen Miene erspähte. "Seht mal, wer da kommt!" rief er schnell und atmete auf, als sich die beiden Zwillinge ihrem neuen Opfern zuwandten.
"Prinz Legolas! Ihr müsst uns unbedingt noch etwas über den Düsterwald erzählen", Saramin stand nun direkt vor ihnen und schaute Legolas hoffnungsvoll an. "Hier seid ihr beiden also!" schallte es noch bevor er etwas antworten konnte. Eleya stand kopfschüttelnd auf der Leiter und versuchte sich verzweifelt das Lachen zu verkneifen, als sie in Gimlis entnervtes Gesicht schaute. "Habt ihr Odine gesehen? Ich glaube, mein Verband muss gewechselt werden", die gesamte Beherrschung der Elbe versagte, bei den schon fast flehenden Worten des Zwerges. Bei der Erinnerung an das Gezeter und den halben Kampf der beiden Frauen mit Gimli am Morgen, konnte man ein leises Auflachen vernehmen. Eleya winkte die Zwillinge zu sich und kniete sich hin. Die Gefährten konnten nicht verstehen, was sie zu ihnen sagte, doch sie schauten erstaunt auf, als die beiden ihre Nasen in die Luft hielten und strahlend davon liefen. "Apfelkuchen, es richt nach frischem Apfelkuchen!" Pippin blickte zu Merry, der aber hatte auch schon die Witterung aufgenommen. Die Hobbits waren schon aufgesprungen um den Zwillingen zu folgen, doch Belag hatte sie noch am Gürtel packen können. Die Elbe sah verdutzt auf die Hobbits und murmelte etwas, das sich nach "Wie machen die das nur?" anhörte. "Es ist an der Zeit eine Lösung zu finden".
Ein Kreischen am Himmel war zu hören, die drei Elben horchten auf und schauten blinzelnd über die Berge hinweg. "Da kommt Gaiwan und bringt uns neue Nachrichten über eure Heimat Legolas." Der Prinz lächelte Eleya an, denn jetzt verstand er auch, wie man hier die Nachricht vom Geschehen im Düsterwald, noch vor seiner Ankunft wissen konnte. Erst einige Momente später konnten auch die anderen sehen, was die Ursache des Geräusches war. Der Adler gleitet durch die Luft, so groß, dass zwei erwachsende Elben oder Menschen auf ihm sitzen konnten. Gloin, Gimlis Vater, hatte dem Zwerg schon von diesen gigantischen Wesen erzählt, doch noch niemals war es ihm vergönnt gewesen mit eigenen Augen einen sehen zu dürfen. "Kommt, mein Vater wartet bereits", riss die Elbe Gimli aus seinen Gedanken und winkte ihnen ihr zu folgen. Sie führte die Männer in einen Raum mit mehreren Ohrensesseln, die sehr einladend aussahen. Ein Kamin brannte an der Seite und die Wände waren ringsum mit Regalen bekleidet, die mit unzählige Büchern und Karten voll gestopft waren. Geritor, gefolgt von einem Elben, der vermutlich sein Sohn Togelar war, betrat mit einem nachdenklichen Gesicht den Raum.
"Bitte setzt euch. Ich möchte euch meinen ältesten Sohn Togelar vorstellen", ein dunkelhaariger Elb, der Geritor gar nicht ähnelte, nickte kurz und setzte sich einen Sessel neben seinen Vater. Legolas fiel auf, dass seine Gesichtszüge sehr stark denen von Eleya glichen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er Maleyna noch gar nicht begegnet war. Aryalon nahm auf der linken Seite von Geritor platz und Eleya an seiner. Aragorn stutzte etwas, denn er konnte sich nicht erklären, was sie bei dieser Beratung zusteuern sollte. "Schlimme Dinge sind geschehen, seit Kardel zum zweiten Mal in den Düsterwald eingefallen ist", Geritor hatte als erster das Wort ergriffen und sah ernst in die Runde. Merry und Pippin warfen sich einen fragenden Blick zu. "Bitte entschuldigt! Aber wer ist dieser Kardel eigentlich genau und was hat er ausgerechnet gegen den Düsterwald?" Geritor nickte den Beiden zu und begann ihnen aus der frühen Geschichte seiner Heimat zu erzählen. "Es fing an, als der frühere König Preogral ohne einen Erben starb. Da es auch keine weiteren Verwandten gab, die ein Anrecht auf die Krone aussprechen konnten, wurde von einem Rat entschieden, dass das Volk befragt werden sollte. Es wählte geschlossen und ohne große Überlegung Thranduil.
Er war der Sohn des engsten Beraters Perograls und wurde von den Bewohnern Düsterwaldes für seine Gerechtigkeit hoch geschätzt. Er war eine hervorragende Wahl, wie man fand, denn er war arrangiert und in der Lage sich durchzusetzen. Wie auch immer, er nahm auf Bitten des Volkes die Krone an und Kardel hatte nie akzeptieren können, dass die Wahl nicht auf ihn gefallen war. Er verließ seine Heimat und niemand hatte ein Jahrtausend von ihm gehört. Bis eines Tages, Legolas war noch in seiner frühsten Jugend, wir aus Richtung der Eisenberge angegriffen wurden. Kardel hatte sich dunklen Mächten angeschlossen und war bereit sich die Krone, die nach seinem Ermessen sein eigen war, zu holen. Wir schafften es in Wochen langen Kämpfen den Düsterwald zu verteidigen und schlussendlich den Feind zu besiegen. Kardel jedoch konnte fliehen, als er sich seine kommende Niederlage eingestehen musste. Wir haben nach ihm gesucht, aber bis vor ein paar Wochen war er wie vom Erdboden verschluckt." Geritor schwieg und deutete so an, dass er sein Bericht beendet war. Er sah in die betroffenen Gesichter der Hobbits und der anderen. "Gaiwan hat mir soeben berichtet, dass ein weiterer Trupp von Orks die Grenzen erreicht hat und Kardel den Druck auf Thranduil immer größer werden lässt." Das ungute Gefühl in Legolas war jetzt nicht mehr zu ignorieren "Was ist mit meinem Volk geschehen? Konnten sie fliehen?"
"Ja, alle die sich nicht im Palast aufgehalten haben konnten sich in Sicherheit bringen. Am Fuß des einsamen Berges haben sie Zuflucht gefunden und dort ein Lager aufgeschlagen." "Nur warum greift er das Volk nicht an?" Gimli flüsterte schon fast und beobachtete aus dem Augenwinkel seinen elbischen Freund. "Er will nicht das Volk, er will nur die Krone. Es wäre unsinnig, denn was wäre ein Land ohne Untertanen", erklärte Aragorn, dem diese Taktik durchaus bekannt war. Gimli wurde etwas leichter ums Herz, denn seine Gedanken galten gerade seiner Frau Myra und seinem ungeborenen Kind, welches in nicht allzu langer Zeit auf die Welt kommen sollte. Geritor sah in Legolas kalk weißes Gesicht und wusste genau, welche Frage er nicht auszusprechen wagte. "Euer Vater ist noch in der Lage seine Festung zu halten, nur wie lange noch?" Seine Stimme wurde mit jedem Wort leiser und Gimli erkannte wieder diese seltsame graue Färbung in seinen Augen. "Kardel hat dem König einen Handel unterbreitet" Togelar übernahm zum ersten Mal die Runde" Ein Großteil der Elben könnte in Ruhe aus dem Palast abziehen, wenn Thranduil sich stellen würde."
Der Prinz ließ sein Gesicht schmerzverzogen in die Hände fallen. Er kannte seinen Vater und seine Liebe zu seinem Volk. Früher oder später würde er auf diesen Handel eingehen, wenn er keine andere Möglichkeit mehr finden sollte. Legolas war sich, wie auch Thranduil, darüber mehr als nur bewusst, dass seine Gefangenschaft den sicheren Tod für ihn bedeutete. "Und was können wir gegen diesen Kardel ausrichten?" Belag konnte nicht mehr schweigen, immerhin war die Seestadt ja genauso betroffen. "Wir werden erneut kämpfen und den Düsterwald verteidigen, genauso wie die Seestadt und den einsamen Berg und wieder Frieden finden!" Legolas war aufgesprungen und sein Brustkorb bebte vor Wut. Er konnte diese törichte Frage einfach nicht verstehen, ihm schien es, als wenn er mit einem naiven Jugendlichem sprach. "Beruhige dich Legolas" sagte Geritor sanft "Elrond und Celeborn haben bereits ihre Hilfe zugesprochen und auch ich werde nicht von deiner Seite weichen." "Und was habt ihr jetzt vor zu tun, Geritor?" fragt Aragorn und bekam einen dieser durchdringenden Blicke als Antwort. "Unser Heer wird in einem Tag bereit sein aufzubrechen und mein Vater wird etwa eine gute Woche brauchen, wenn er den Weg durch die dürren Heiden nimmt ", Togelar brach wieder sein Schweigen.
"Und wie wollt ihr vorgehen, wenn ihr das Ziel erreicht habt?" Belag war bewusst, dass er grade dabei war sich unbeliebt zu machen, aber er ist und war nun einmal schon immer ein Skeptiker. "Grund Gütiger! Wie soll man sich jetzt bitte schon einen Plan machen?" Eleya, die sich bis jetzt die ganze Zeit zurückgehalten hatte, sprang auf "Niemand kann sagen, was für gute oder schlechte Dinge noch in den nächsten Tagen passieren werden." Die Elbe bemerkte wohl, dass Legolas bei ihren Worten zusammen zuckte und warf ihm ein mitfühlendes Lächeln zu. Meradeth, der die Qualen seines Freundes nicht mehr mit ansehen konnte, erhob sich "Es bringt doch nichts mehr an dieser Stelle weiterzudiskutieren. Eleya hat recht, wir können nur abwarten, was der nächste Morgen uns bringt." Geritor stimmte Meradeth zu "Alles weitere werden wir morgen Mittag vor unserem Aufbruch besprechen."
Damit war die Beratung vorerst zu Ende und man verließ das Zimmer. Geritor jedoch blieb an der Tür stehen und deutete seiner Tochter an, noch einen Moment zu bleiben. "Bist du dir ganz sicher, dass du uns begleiten willst", der Elb sah mit Sorge auf Eleya "Es wird ein harter Kampf werden." "Das ist mir absolut bewusst, Vater. Doch schon vor langer Zeit waren wir uns im Klarem, das ich einmal meine wahre Heimat besuchen würde." "Ich weiß!" Geritor schluckte schwer, er wusste, dass natürlich sehr wohl einmal dieser Tag kommen würde. Nur, was ihm das Herz so schwer machte, war zu wissen, dass Eleya niemals wieder zurückkehren würde.
