Schlechte Nachrichten
Geritor saß mit seinen Gästen an der großen Tafel, wo sie gemeinsam das Frühstück einnahmen. Sein Blick glitt immer wieder zu dem jungen Elbenprinzen und ein kaum erkennbares Schmunzeln lag auf seinem Mund. Es war ihm nicht entgangen, dass die Beiden erst im Morgengrauen wieder zurückgekommen waren und Legolas schien nicht mehr ganz so unter der Belastung zu leiden. Seine Tochter hatte auf das Frühstück verzichtet und wollte Odine zur Hand gehen. Die Beiden waren unzertrennlich und zur Hand gehen bedeutete ungefähr soviel, wie ich muss dir was erzählen. Auf einmal war ein lautes Kreischen aus der Ferne zu hören, dass einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Geritor löste sich aus seiner anfänglichen Starre, als er mit einem Satz aufsprang und in Richtung Tür stürmte. Für Legolas war das die Bestätigung, dass es sich nur um eine schlechte Nachricht handeln konnte, eine sehr schlechte sogar!
Geritor und Legolas blickten gegen den Horizont und riesige Schwingen eines Adlers näherten sich ihnen mit einer enormen Geschwindigkeit. "Das ist Demekan, einer von Gaiwans Brüdern", erklärte Aryalon, der an Legolas Seite getreten war. "Oh bitte nicht", waren die schlichten Worte von Geritor, aus dessen Gesicht schlagartig sämtliche Farbe gewichen war. Ein Blick auf den Elben jedoch verriet dem Prinzen, dass eine schlechte Nachricht stark untertrieben sein musste. "Legolas", schallte Eleyas sorgenvolle Stimme hinter dem Prinzen. Er drehte sich um und sah, wie sie gerade über die Brücke gerannt kam. Sie hielt ein paar Schritte neben dem Prinzen an. Er schenkte ihr ein gequältes Lächeln, in seinem Blick konnte sie Angst und Sorge erkennen. Der Adler verlangsamte seinen Sinkflug und setzte zum Landeflug an. In der Zwischenzeit hatte sich fast die ganze Siedlung auf dem Dorfplatz versammelt und ein Gemisch aus Menschen, Elben, Hobbits und einem Zwerg musste zur Seite weichen, damit Demekan überhaupt einen Ort zum Landen fand. Die dunklen schwarzen Augen des Adlers sahen betrübt zu Geritor, der sich an seine Seite vorgekämpft hatte.
"Es gibt schlimme Neuigkeiten aus dem Düsterwald", Geritor schloss bei diesen Worten mit schmerzverzerrtem Gesicht die Augen. Schweigsam deutete er dem Vogel, ihm an einen etwas abseits liegenden Ort zu folgen, er wollte nicht, dass es gleich das ganze Dorf erfuhr. Nur Legolas, Aragorn und Eleya winkte er an seine Seite. Eine Wolke von Erschütterung und Depression umhüllte sie auf ihren kurzen Weg. Der Vogel sprach gedämpft und blickte mitleidig auf Legolas. "Kardel hat den Palast belagert und König Thranduil ein Ultimatum gestellt. Alle Elben in seinen Mauern werden kläglich sterben, aber wenn er sich stellen würde, werden zumindest die Frauen und Kinder eine Chance bekommen unversehrt zu bleiben. Es gab nicht den geringsten Zweifel, dass er auch nur die kleinste Hemmung hätte, Hand an das Volk zu legen. Einen Morgen später hatte der König eingewilligt. Sein Gesicht war wie versteinert, als ein Trupp von Orks alle weiblichen Elben und Jungen unter hundert Jahren über die Brücke, die über den Waldfluss führt, stieß und anwies zu verschwinden." Ein langes Schweigen trat ein und keiner der Anwesenden schien zu wissen, was er auf diese Nachricht erwidern sollte.
"Doch das ist nicht alles, was du zu berichten hast, nicht wahr!" Legolas hatte durchaus mitbekommen, dass der Adler es sorgsam vermied ihn anzusehen. "Ihr habt recht Prinz, das schlimmste kommt erst noch", Demekan wurde noch ernster, als er bereits schon war "Die Kundschafter der Königin haben herausgefunden, dass es euerem Vater sehr schlecht geht. Kardel lässt ihn aus reinem Vergnügen foltern und unter den Wachen der Orks hieß es, dass er nicht einmal mehr die Kraft habe um zu schreien." Der Adler zögerte kurz, bevor er weiter sprach "Die Königin ist der Meinung, dass ihr Mann höchstens noch ein paar Tage diese Tortur durchstehen könne." Legolas stand völlig apathisch da und in seinem Inneren versuchte er die Worte zu begreifen, die er immer noch hoffte falsch verstanden zu haben. Weder Geritor noch Aragorn konnten zu ihm durchdringen, erst als Eleya leicht über seinen Oberarm strich, löste sich seine Starre. "Legolas?"
Er wollte es einfach nicht glauben. Sein Vater der König unter Buchen und Eichen lag in seinem eigenen Gefängnis in Ketten und kämpfte um sein Leben. Er gehörte zu den standhaftesten und zähsten Elben, die Legolas kannte und er mochte sich gar nicht vorstellen, was man ihm antun musste, damit er brach. Sie sah in sein Gesicht und konnte für einen Moment aus seinen Augen wie in einem Buch lesen. "Wir müssen sofort aufbrechen", ohne ein weiteres Wort rannte Geritor zurück zu seinem Haus. Legolas wollte schon hinter ihm her gehen, doch der Adler hielt ihn zurück. "Es ist König Thranduil gelungen einen Brief mit den freigelassenen Elben heraus zu schmuggeln. Eure Mutter wollte, dass ihr ihn lest." Der Prinz blickte kurz in Eleyas Richtung und gab ein trauriges Lächeln von sich bevor er das zerknittertete Stück Papier entgegen nahm. Die Schrift seines Vaters war kaum mehr als ein Gekritzel und schwer zu entziffern.
Meine Geliebte Du weißt, dass ich diese Entscheidung zugute des Volkes getroffen habe. Ich könnte nicht mit dem Gewissen weiterleben, dass diese Elben um meinetwillen geopfert werden. Ebenso weißt du auch, dass mein Schicksal damit besiegelt ist und die Zukunft des Düsterwaldes liegt jetzt in deinen Händen. Doch versprich mir, niemals die Hoffnung aufzugeben. Ewig der Deine! Thranduil
Legolas schloss die Augen. Diese wenigen Zeilen bohrten sich wie ein stumpfes Schwert in sein Herz und in seinem Inneren lebte nur noch ein Gedanke. Er musste schnellst möglichst nach Hause. Der Prinz wünschte sich, dass er niemals seinen Vater verlassen hätte und zumindest so eine Chance gehabt hätte, ihn vor diesem Übel zu bewahren. "Legolas, bitte warte", Eleya lief dem wie vom Blitz getroffenen rennenden Prinzen hinterher. Dieser eilte jedoch über den Dorfplatz und hielt erst vor den Ställen an. Als sie Legolas endlich eingeholt hatte, sattelte er bereits eines der Pferde. "Es ist sinnlos zu versuchen auf diese Art noch rechtzeitig anzukommen, selbst wenn du Tag und Nacht ohne Pause durch reiten würdest, wäre es mindestens eine Woche bis du die Grenzen Düsterwaldes erreichst", und solange könnte selbst ein Elb wie der König diese Strapazen nicht durchhalten, beendete sie noch in Gedanken ihre Worte. "Und was meinst du sollte ich jetzt tun? Gemütlich mit dem Heer reisen und Thranduil seinem Schicksal überlassen. Ich muss doch zumindest alles versuchen um ihm zu helfen. Wir sprechen von meinem Vater, Eleya!" Wut und Verzweifelung sprachen aus Legolas, doch er wusste, dass sie Recht hatte. "Natürlich werden wir ihm helfen, doch der Landweg wäre pure Zeitverschwendung", erwiderte sie sanft und strich mit ihren Fingern über die Wange des Prinzen. Blaue Augen sahen sie fragend an.
"Ich habe da schon eine Idee, wie wir es noch schaffen können. Bitte vertraue mir!" Sie stieß wieder einen dieser melodischen Pfiffe aus und jetzt konnte Legolas ahnen, was sie vorhatte. Eleya blickte gespannt gegen den Horizont und ihr Ruf wurde wie in der Nacht zuvor mit einem Kreischen beantwortet. "Gaiwan wird uns bestimmt helfen", ihre Stimme war mit Hoffnung gefüllt und sie versuchte Legolas Mut zu machen. Doch nicht ein Wort wollte ihr weiter einfallen und so gab sie einfach ihrem Gefühl nach. Sie ging einen Schritt auf ihn zu und zog den Prinzen an sich. Dankbar für ihre Nähe legte er seinen Kopf auf ihre Schulter und umschloss sie fest mit beiden Armen.
^^^^^^
Eleya stand in ihren Räumen und packte eilig ein paar frische Sachen in eine Beutel. Das Haar war zu einem lockeren Zopf geflochten und ein dicker Mantel, den sie eigentlich nur im Winter trug, lag auf ihren Schultern. So versuchte sie sich vor der Kälte, die sie in kurzer Zeit erwartete zu schützen. Gaiwan hatte ihr sofort seine Hilfe zugesagt und würde sie in ungefähr einer Stunde mit Demekan und drei anderen Bekannten abholen. Es war klar, dass dies ein äußerst anstrengender Flug werden sollte, doch wenn sie lediglich die nötigsten Pausen machten, müssten sie es schaffen können innerhalb von einer Tagesreise den Düsterwald zu erreichen. Als letztes holte sie eine Kette aus einer Schmuckschatulle, deren Anhänger das Wappen von Geritor vermischt mit Symbolen seiner Heimat war. Ihre Mutter Maleyna schenkte es Eleya bei ihrem Abschied. Dieser Anhänger war vor langer Zeit einmal das Verlobungsgeschenk von Geritor an seine Geliebte gewesen und Normalerweise waren das in Elbenkreisen Dinge, die man unter keinen Umständen aus der Hand gab. Doch Maleyna hatte jedem ihrer Kinder etwas geschenkt, das besonders mit ihnen verbunden war. Ihrem ältesten Bruder Togelar gab sie ein kunstvoll geschnitztes Zepter, das bereits schon ihrem Vater gehört hatte und ihm immer bei seiner Aufgabe, als Herr dieses Tales helfen sollte.
Aryalon vermachte sie ein kleines Kästchen mit Blumendünger, denn er liebte schon immer das einfache Leben auf dem Lande mit seiner Familie. Doch ihr gab sie dieses Amulett. Es sollte ihre Tochter beschützen und sie niemals den Mut verlieren lassen. "Wir müssen aufbrechen und du träumst hier herum", spottete es plötzlich hinter ihr. Es war Eleya nicht einmal aufgefallen, das Odine herein gekommen war und sie schon eine ganze Zeit beobachtete. "Was hast du denn vor?" die Elbe sah auf ihre Freundin, die ein schlichtes Ausflugskleid, das aus braunem Stoff und einem hochgeschlossenem Hemd bestand, angezogen hatte. Das dunkle Haar war ebenfalls gebunden und sie schien bereit zum Abmarsch zu sein. "Ich werde dich begleiten, was glaubst du denn?" "Bist du verrückt? Weißt du, was da auf uns zukommen wird?", Eleya sah sie entsetzt an. "Nein, genauso wenig wie du auch!" das Grinsen, das sich auf die Züge des Mädchens gelegt hatte, war unübertrefflich "Also können wir?"
Eleya nickte nur und murmelte etwas, das sich nach "unverbesserlich" anhörte. Sie hatte Odine in den letzten dreißig Jahren nur zu gut kennen gelernt und wusste, dass es unmöglich war sie vom Gegenteil zu überzeugen. Gleichzeit empfand sie auch große Dankbarkeit für das Vertrauen, das Odine ihr schenkte und Eleya konnte sich darauf verlassen, dass sie niemals von ihrer Seite weichen würde, egal wie gefährlich oder aussichtslos die Situation auch werden sollte. Gemeinsam gingen sie durch die Eingangshalle und Eleya warf einen letzten Blick auf die große Treppe und alle Dinge die ihr treuer waren. Irgendwie machte sich das Gefühl in ihr breit, dass selbst, wenn sie hierher zurückkehren wird, sie nur noch ein Gast und nicht mehr ein Teil dieses Hauses sein würde. Vor ihrem inneren Auge sah sie sich als Kind die Treppe herunterstürmen um sich in Geritors Arme zu werfen. Als Jugendliche, wie sie trotzend und maulend ihren Vater einfach hat stehen lassen und noch in so einigen anderen Situationen. Auch kam ihr die Szene von diesem frühen Morgen in den Sinn, wo Geritor sie einfach nur mit einem wissendem Grinsen angesehen hat, als Eleya zur Haustür hinein gekommen war.
Eine Hand die auf ihren Rücken gelegte wurde, holte sie aus ihren Gedanken zurück. Auf Odines Zügen lag ein verständnisvolles Lächeln. Natürlich hatte sie mitbekommen, dass sich ihre beste Freundin für den Elbenprinzen interessierte, doch leider sind ihre Erzählungen der letzten Nacht vorhin, von dem gefiederten Boten unterbrochen worden. "Wir müssen los, Eleya", sagte das Mädchen und schob die Tochter des Hauses leicht in Richtung der Tür. Auf dem Dorfplatz waren bereits alle versammelt und umzingelten fünf riesige Adler. Aryalon hatte darauf bestanden, dass Geritor zusammen mit dem anderen den schnellsten Weg nehmen sollte und sich bereitgestellt, das Heer durch die alten Heiden zu führen. Es hatten sich schon verschiedene Pärchen gebildet, wobei man versuchen wollte, dass jeder der Adler ungefähr die gleiche Last tragen musste. So hatten sich Legolas und Gimli, sowie Aragorn und Geritor mit je einem Hobbit zusammen gefunden und Meradeth nahm die Vorräte mit sich. Belag weigerte sich hartnäckig zu fliegen und hatte beschlossen mit dem Heer zurück zu reisen. Eleya verabschiedete sich von ihrer Familie und drückte als letztes die beiden Zwillinge an sich.
"Das ist für dich Tante", Algar hielt ihr etwas längliches, das in ein Stück Stoff eingewickelt war hin und schaute traurig. Es war eine ihrer Schnitzereien, die sie zurzeit in Unmengen fabrizierten. "Vielen Dank, das ist ein wunderschöner Baum", lächelte sie die beiden Jungen an. "Aber Tante, das ist doch eine Abbildung des Drachenberges!" empört stemmte Saramin seine Arme in die Hüfte und schüttelte fassungslos den Kopf. "Ja, wie konnte ich das nur übersehen", schmunzelnd blickte sie noch einmal kritisch auf das Holzstück und strich ihnen noch einmal durch das Haar. Gaiwan deutete mit einem Kopfnicken der Elbe an, das er die beiden Frauen persönlich tragen würde. "Du schuldest mir was mein Freund", knurrte Gimli zu dem Prinzen "Erst muss ich auf dem Rücken eines Pferdes sitzen und jetzt bittest du mich einen Vogel zu reiten." Der Elb schüttelte nur seinen Kopf und sah den bestürzten Blick von Demekan. "Reiten? Das kann ja ne schöne Reise werden", stöhnte der Adler.
Eleya kletterte auf den Rücken von Gaiwan und zog Odine, die keinen richtigen Halt fand zu sich herauf. Etwas missmutig klammerte sich das Mädchen an ihr fest und ihr ganzer Körper spannte sich an, als der Vogel seine Flügel ausbreitete. "Morgen Mittag werden wir wohl voraussichtlich den Düsterwald erreichen, Prinz", rief er Legolas zu. Dieser nickte nur und wie auf ein Kommando erhoben sich die fünf Adler in die Lüfte. Aufmunternde Zurufe und Wünsche hallten ihnen nach und die Wesen auf dem Platz wurden immer kleiner. "Oh bitte, lasst mich hier sofort wieder runter", ertöne die ungewohnt quietschende Stimme von Gimli, der aussah, als wollte er in Legolas hineinkriechen und sich in den Federn festkrallte. Eleya hörte nur ein Auflachen des Prinzen und warf einen letzten Blick auf ihr zu Hause, das hinter den Bergen zu verschwinden begann.
Geritor saß mit seinen Gästen an der großen Tafel, wo sie gemeinsam das Frühstück einnahmen. Sein Blick glitt immer wieder zu dem jungen Elbenprinzen und ein kaum erkennbares Schmunzeln lag auf seinem Mund. Es war ihm nicht entgangen, dass die Beiden erst im Morgengrauen wieder zurückgekommen waren und Legolas schien nicht mehr ganz so unter der Belastung zu leiden. Seine Tochter hatte auf das Frühstück verzichtet und wollte Odine zur Hand gehen. Die Beiden waren unzertrennlich und zur Hand gehen bedeutete ungefähr soviel, wie ich muss dir was erzählen. Auf einmal war ein lautes Kreischen aus der Ferne zu hören, dass einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Geritor löste sich aus seiner anfänglichen Starre, als er mit einem Satz aufsprang und in Richtung Tür stürmte. Für Legolas war das die Bestätigung, dass es sich nur um eine schlechte Nachricht handeln konnte, eine sehr schlechte sogar!
Geritor und Legolas blickten gegen den Horizont und riesige Schwingen eines Adlers näherten sich ihnen mit einer enormen Geschwindigkeit. "Das ist Demekan, einer von Gaiwans Brüdern", erklärte Aryalon, der an Legolas Seite getreten war. "Oh bitte nicht", waren die schlichten Worte von Geritor, aus dessen Gesicht schlagartig sämtliche Farbe gewichen war. Ein Blick auf den Elben jedoch verriet dem Prinzen, dass eine schlechte Nachricht stark untertrieben sein musste. "Legolas", schallte Eleyas sorgenvolle Stimme hinter dem Prinzen. Er drehte sich um und sah, wie sie gerade über die Brücke gerannt kam. Sie hielt ein paar Schritte neben dem Prinzen an. Er schenkte ihr ein gequältes Lächeln, in seinem Blick konnte sie Angst und Sorge erkennen. Der Adler verlangsamte seinen Sinkflug und setzte zum Landeflug an. In der Zwischenzeit hatte sich fast die ganze Siedlung auf dem Dorfplatz versammelt und ein Gemisch aus Menschen, Elben, Hobbits und einem Zwerg musste zur Seite weichen, damit Demekan überhaupt einen Ort zum Landen fand. Die dunklen schwarzen Augen des Adlers sahen betrübt zu Geritor, der sich an seine Seite vorgekämpft hatte.
"Es gibt schlimme Neuigkeiten aus dem Düsterwald", Geritor schloss bei diesen Worten mit schmerzverzerrtem Gesicht die Augen. Schweigsam deutete er dem Vogel, ihm an einen etwas abseits liegenden Ort zu folgen, er wollte nicht, dass es gleich das ganze Dorf erfuhr. Nur Legolas, Aragorn und Eleya winkte er an seine Seite. Eine Wolke von Erschütterung und Depression umhüllte sie auf ihren kurzen Weg. Der Vogel sprach gedämpft und blickte mitleidig auf Legolas. "Kardel hat den Palast belagert und König Thranduil ein Ultimatum gestellt. Alle Elben in seinen Mauern werden kläglich sterben, aber wenn er sich stellen würde, werden zumindest die Frauen und Kinder eine Chance bekommen unversehrt zu bleiben. Es gab nicht den geringsten Zweifel, dass er auch nur die kleinste Hemmung hätte, Hand an das Volk zu legen. Einen Morgen später hatte der König eingewilligt. Sein Gesicht war wie versteinert, als ein Trupp von Orks alle weiblichen Elben und Jungen unter hundert Jahren über die Brücke, die über den Waldfluss führt, stieß und anwies zu verschwinden." Ein langes Schweigen trat ein und keiner der Anwesenden schien zu wissen, was er auf diese Nachricht erwidern sollte.
"Doch das ist nicht alles, was du zu berichten hast, nicht wahr!" Legolas hatte durchaus mitbekommen, dass der Adler es sorgsam vermied ihn anzusehen. "Ihr habt recht Prinz, das schlimmste kommt erst noch", Demekan wurde noch ernster, als er bereits schon war "Die Kundschafter der Königin haben herausgefunden, dass es euerem Vater sehr schlecht geht. Kardel lässt ihn aus reinem Vergnügen foltern und unter den Wachen der Orks hieß es, dass er nicht einmal mehr die Kraft habe um zu schreien." Der Adler zögerte kurz, bevor er weiter sprach "Die Königin ist der Meinung, dass ihr Mann höchstens noch ein paar Tage diese Tortur durchstehen könne." Legolas stand völlig apathisch da und in seinem Inneren versuchte er die Worte zu begreifen, die er immer noch hoffte falsch verstanden zu haben. Weder Geritor noch Aragorn konnten zu ihm durchdringen, erst als Eleya leicht über seinen Oberarm strich, löste sich seine Starre. "Legolas?"
Er wollte es einfach nicht glauben. Sein Vater der König unter Buchen und Eichen lag in seinem eigenen Gefängnis in Ketten und kämpfte um sein Leben. Er gehörte zu den standhaftesten und zähsten Elben, die Legolas kannte und er mochte sich gar nicht vorstellen, was man ihm antun musste, damit er brach. Sie sah in sein Gesicht und konnte für einen Moment aus seinen Augen wie in einem Buch lesen. "Wir müssen sofort aufbrechen", ohne ein weiteres Wort rannte Geritor zurück zu seinem Haus. Legolas wollte schon hinter ihm her gehen, doch der Adler hielt ihn zurück. "Es ist König Thranduil gelungen einen Brief mit den freigelassenen Elben heraus zu schmuggeln. Eure Mutter wollte, dass ihr ihn lest." Der Prinz blickte kurz in Eleyas Richtung und gab ein trauriges Lächeln von sich bevor er das zerknittertete Stück Papier entgegen nahm. Die Schrift seines Vaters war kaum mehr als ein Gekritzel und schwer zu entziffern.
Meine Geliebte Du weißt, dass ich diese Entscheidung zugute des Volkes getroffen habe. Ich könnte nicht mit dem Gewissen weiterleben, dass diese Elben um meinetwillen geopfert werden. Ebenso weißt du auch, dass mein Schicksal damit besiegelt ist und die Zukunft des Düsterwaldes liegt jetzt in deinen Händen. Doch versprich mir, niemals die Hoffnung aufzugeben. Ewig der Deine! Thranduil
Legolas schloss die Augen. Diese wenigen Zeilen bohrten sich wie ein stumpfes Schwert in sein Herz und in seinem Inneren lebte nur noch ein Gedanke. Er musste schnellst möglichst nach Hause. Der Prinz wünschte sich, dass er niemals seinen Vater verlassen hätte und zumindest so eine Chance gehabt hätte, ihn vor diesem Übel zu bewahren. "Legolas, bitte warte", Eleya lief dem wie vom Blitz getroffenen rennenden Prinzen hinterher. Dieser eilte jedoch über den Dorfplatz und hielt erst vor den Ställen an. Als sie Legolas endlich eingeholt hatte, sattelte er bereits eines der Pferde. "Es ist sinnlos zu versuchen auf diese Art noch rechtzeitig anzukommen, selbst wenn du Tag und Nacht ohne Pause durch reiten würdest, wäre es mindestens eine Woche bis du die Grenzen Düsterwaldes erreichst", und solange könnte selbst ein Elb wie der König diese Strapazen nicht durchhalten, beendete sie noch in Gedanken ihre Worte. "Und was meinst du sollte ich jetzt tun? Gemütlich mit dem Heer reisen und Thranduil seinem Schicksal überlassen. Ich muss doch zumindest alles versuchen um ihm zu helfen. Wir sprechen von meinem Vater, Eleya!" Wut und Verzweifelung sprachen aus Legolas, doch er wusste, dass sie Recht hatte. "Natürlich werden wir ihm helfen, doch der Landweg wäre pure Zeitverschwendung", erwiderte sie sanft und strich mit ihren Fingern über die Wange des Prinzen. Blaue Augen sahen sie fragend an.
"Ich habe da schon eine Idee, wie wir es noch schaffen können. Bitte vertraue mir!" Sie stieß wieder einen dieser melodischen Pfiffe aus und jetzt konnte Legolas ahnen, was sie vorhatte. Eleya blickte gespannt gegen den Horizont und ihr Ruf wurde wie in der Nacht zuvor mit einem Kreischen beantwortet. "Gaiwan wird uns bestimmt helfen", ihre Stimme war mit Hoffnung gefüllt und sie versuchte Legolas Mut zu machen. Doch nicht ein Wort wollte ihr weiter einfallen und so gab sie einfach ihrem Gefühl nach. Sie ging einen Schritt auf ihn zu und zog den Prinzen an sich. Dankbar für ihre Nähe legte er seinen Kopf auf ihre Schulter und umschloss sie fest mit beiden Armen.
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Eleya stand in ihren Räumen und packte eilig ein paar frische Sachen in eine Beutel. Das Haar war zu einem lockeren Zopf geflochten und ein dicker Mantel, den sie eigentlich nur im Winter trug, lag auf ihren Schultern. So versuchte sie sich vor der Kälte, die sie in kurzer Zeit erwartete zu schützen. Gaiwan hatte ihr sofort seine Hilfe zugesagt und würde sie in ungefähr einer Stunde mit Demekan und drei anderen Bekannten abholen. Es war klar, dass dies ein äußerst anstrengender Flug werden sollte, doch wenn sie lediglich die nötigsten Pausen machten, müssten sie es schaffen können innerhalb von einer Tagesreise den Düsterwald zu erreichen. Als letztes holte sie eine Kette aus einer Schmuckschatulle, deren Anhänger das Wappen von Geritor vermischt mit Symbolen seiner Heimat war. Ihre Mutter Maleyna schenkte es Eleya bei ihrem Abschied. Dieser Anhänger war vor langer Zeit einmal das Verlobungsgeschenk von Geritor an seine Geliebte gewesen und Normalerweise waren das in Elbenkreisen Dinge, die man unter keinen Umständen aus der Hand gab. Doch Maleyna hatte jedem ihrer Kinder etwas geschenkt, das besonders mit ihnen verbunden war. Ihrem ältesten Bruder Togelar gab sie ein kunstvoll geschnitztes Zepter, das bereits schon ihrem Vater gehört hatte und ihm immer bei seiner Aufgabe, als Herr dieses Tales helfen sollte.
Aryalon vermachte sie ein kleines Kästchen mit Blumendünger, denn er liebte schon immer das einfache Leben auf dem Lande mit seiner Familie. Doch ihr gab sie dieses Amulett. Es sollte ihre Tochter beschützen und sie niemals den Mut verlieren lassen. "Wir müssen aufbrechen und du träumst hier herum", spottete es plötzlich hinter ihr. Es war Eleya nicht einmal aufgefallen, das Odine herein gekommen war und sie schon eine ganze Zeit beobachtete. "Was hast du denn vor?" die Elbe sah auf ihre Freundin, die ein schlichtes Ausflugskleid, das aus braunem Stoff und einem hochgeschlossenem Hemd bestand, angezogen hatte. Das dunkle Haar war ebenfalls gebunden und sie schien bereit zum Abmarsch zu sein. "Ich werde dich begleiten, was glaubst du denn?" "Bist du verrückt? Weißt du, was da auf uns zukommen wird?", Eleya sah sie entsetzt an. "Nein, genauso wenig wie du auch!" das Grinsen, das sich auf die Züge des Mädchens gelegt hatte, war unübertrefflich "Also können wir?"
Eleya nickte nur und murmelte etwas, das sich nach "unverbesserlich" anhörte. Sie hatte Odine in den letzten dreißig Jahren nur zu gut kennen gelernt und wusste, dass es unmöglich war sie vom Gegenteil zu überzeugen. Gleichzeit empfand sie auch große Dankbarkeit für das Vertrauen, das Odine ihr schenkte und Eleya konnte sich darauf verlassen, dass sie niemals von ihrer Seite weichen würde, egal wie gefährlich oder aussichtslos die Situation auch werden sollte. Gemeinsam gingen sie durch die Eingangshalle und Eleya warf einen letzten Blick auf die große Treppe und alle Dinge die ihr treuer waren. Irgendwie machte sich das Gefühl in ihr breit, dass selbst, wenn sie hierher zurückkehren wird, sie nur noch ein Gast und nicht mehr ein Teil dieses Hauses sein würde. Vor ihrem inneren Auge sah sie sich als Kind die Treppe herunterstürmen um sich in Geritors Arme zu werfen. Als Jugendliche, wie sie trotzend und maulend ihren Vater einfach hat stehen lassen und noch in so einigen anderen Situationen. Auch kam ihr die Szene von diesem frühen Morgen in den Sinn, wo Geritor sie einfach nur mit einem wissendem Grinsen angesehen hat, als Eleya zur Haustür hinein gekommen war.
Eine Hand die auf ihren Rücken gelegte wurde, holte sie aus ihren Gedanken zurück. Auf Odines Zügen lag ein verständnisvolles Lächeln. Natürlich hatte sie mitbekommen, dass sich ihre beste Freundin für den Elbenprinzen interessierte, doch leider sind ihre Erzählungen der letzten Nacht vorhin, von dem gefiederten Boten unterbrochen worden. "Wir müssen los, Eleya", sagte das Mädchen und schob die Tochter des Hauses leicht in Richtung der Tür. Auf dem Dorfplatz waren bereits alle versammelt und umzingelten fünf riesige Adler. Aryalon hatte darauf bestanden, dass Geritor zusammen mit dem anderen den schnellsten Weg nehmen sollte und sich bereitgestellt, das Heer durch die alten Heiden zu führen. Es hatten sich schon verschiedene Pärchen gebildet, wobei man versuchen wollte, dass jeder der Adler ungefähr die gleiche Last tragen musste. So hatten sich Legolas und Gimli, sowie Aragorn und Geritor mit je einem Hobbit zusammen gefunden und Meradeth nahm die Vorräte mit sich. Belag weigerte sich hartnäckig zu fliegen und hatte beschlossen mit dem Heer zurück zu reisen. Eleya verabschiedete sich von ihrer Familie und drückte als letztes die beiden Zwillinge an sich.
"Das ist für dich Tante", Algar hielt ihr etwas längliches, das in ein Stück Stoff eingewickelt war hin und schaute traurig. Es war eine ihrer Schnitzereien, die sie zurzeit in Unmengen fabrizierten. "Vielen Dank, das ist ein wunderschöner Baum", lächelte sie die beiden Jungen an. "Aber Tante, das ist doch eine Abbildung des Drachenberges!" empört stemmte Saramin seine Arme in die Hüfte und schüttelte fassungslos den Kopf. "Ja, wie konnte ich das nur übersehen", schmunzelnd blickte sie noch einmal kritisch auf das Holzstück und strich ihnen noch einmal durch das Haar. Gaiwan deutete mit einem Kopfnicken der Elbe an, das er die beiden Frauen persönlich tragen würde. "Du schuldest mir was mein Freund", knurrte Gimli zu dem Prinzen "Erst muss ich auf dem Rücken eines Pferdes sitzen und jetzt bittest du mich einen Vogel zu reiten." Der Elb schüttelte nur seinen Kopf und sah den bestürzten Blick von Demekan. "Reiten? Das kann ja ne schöne Reise werden", stöhnte der Adler.
Eleya kletterte auf den Rücken von Gaiwan und zog Odine, die keinen richtigen Halt fand zu sich herauf. Etwas missmutig klammerte sich das Mädchen an ihr fest und ihr ganzer Körper spannte sich an, als der Vogel seine Flügel ausbreitete. "Morgen Mittag werden wir wohl voraussichtlich den Düsterwald erreichen, Prinz", rief er Legolas zu. Dieser nickte nur und wie auf ein Kommando erhoben sich die fünf Adler in die Lüfte. Aufmunternde Zurufe und Wünsche hallten ihnen nach und die Wesen auf dem Platz wurden immer kleiner. "Oh bitte, lasst mich hier sofort wieder runter", ertöne die ungewohnt quietschende Stimme von Gimli, der aussah, als wollte er in Legolas hineinkriechen und sich in den Federn festkrallte. Eleya hörte nur ein Auflachen des Prinzen und warf einen letzten Blick auf ihr zu Hause, das hinter den Bergen zu verschwinden begann.
