Fremde Heimat
Eleya hatte sich auf einen umgefallenen Baumstamm gesetzt und grübelte darüber nach, wie das, was Gimli angedeutet hatte, wohl damals genau abgelaufen war. Doch ebenso waren ihre Überlegungen hier, in diesen Wäldern, in dieser Umgebung, an diesem Ort. Seit sie am Mittag ihren Fuß auf diesen Boden gesetzt hatte, war ihr bewusst geworden, dass ihre Mutter absolut Recht behielt. Hier im Düsterwald war ihre Heimat, obwohl sie noch nicht einmal einen kleinen Teil davon kannte.
"Was machst du hier Eleya?" Geritor war neben seine Tochter getreten und blickte fragend auf sie herab. Es musste sie schon etwas sehr beschäftigen, wenn sie sich so in die Einsamkeit zurückzog. Diese Eigenschaft war eindeutig ein Erbe von seiner Seite, denn lief er selbst nicht auch gerade sinnlos herum und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen? "Ich muss nachdenken", erwiderte sie zaghaft und erhob sich langsam zu Geritor, aber sah ihn dabei nicht an. Dieser nickte nur und wies ihr an doch ein paar Schritte mit ihm zu gehen. Lange gingen sie ziellos durch den Wald und keiner der beiden sprach auch nur ein Wort. Der Elb kannte seinen Spross genau und wartete geduldig, bis sie bereit war ihm ihre Gedanken zu offenbaren.
"Vater?", nach über einer halben Stunde hob Eleya zum ersten Mal ihren Blick "Woher haben du und Mutter von Anfang an gewusst, dass meine Wurzeln hier liegen." Geritor lächelte, denn er hatte mit ungefähr so einer Frage gerechnet. "Nun ich denke, dass es die Umstände waren, wo und wie du geboren wurdest." "Du meinst die Seltenheit, dass Mutter im Düsterwald und nicht in ihrer Heimat schwanger geworden ist." "Auch, aber schon in dem Moment, als du deiner Mutter in die Arme gelegt wurdest, sprach der widerspenstige Geist dieses Waldes aus deinen Augen und nicht die Ruhe Maleynas", Vor Geritors innerem Auge spielten sich all die einzigartigen Bilder und Erinnerungen dieses schon lang vergangenen Momentes ab.
"Ich hätte dich schon viel früher in deine Heimat bringen und dich nicht in unserem Tal behalten sollen", Bitterkeit mischte sich in seine Stimmung. "Nein", fuhr Eleya erschrocken auf "Ich liebe mein Leben genauso, wie es bis jetzt war. Nur seit ein paar Tagen hat es sich komplett verändert." Geritor nickte verständnisvoll, denn er hatte sehr wohl mitbekommen, was geschehen war und vor allem wer die Sehnsucht seiner Tochter geweckt hatte. "Du hast dein Herz verloren", stellte er trocken fest und ihm entging nicht, dass Eleya für einen Sekundenbruchteil ihre Augen schloss und auf ihrem Gesicht geschrieben stand, an wen sie gerade dachte. "Auch wenn ich Maleyna seit siebenhundert Jahren nicht in meinen Armen gehalten habe, kann ich sehr wohl noch erkennen, was Liebe ist", sagte er ernst und drückte sein "kleines" Mädchen an sich.
Die Elbe schmunzelte in die Schulter ihres Vaters. Wie konnte er einfach so ausdrücken, worüber sie sich noch nicht einmal sicher war? Andererseits gehörte so etwas zu einem der seltsam umhüllten Talente, die er schon des Öfteren gezeigt hatte und jedes Mal war es auch so eingetreten. Eleya schob diese Gedanken beiseite und löste sich von ihrem Vater. "Es war nicht richtig Gimli so zu beschimpfen und zu beleidigen", tadelte sie ihn. Geritor lachte in sich hinein. Seine Tochter hatte gerade mit voller Absicht das Thema gewechselt um einer Antwort zu entgehen, doch er gab ihr Recht, es war noch zu früh. Er wurde dann sehr ernst.
"Ich weiß, dass mein Verhalten Gimli gegenüber falsch war und ich hoffe, dass er es mir nicht all zu übel nehmen wird", gab Geritor schuldbewusst zu. "Er hat es bereits vergessen", beruhigte Eleya ihren Vater und musste sich beherrschen nicht laut loszulachen, als sie seinen verwirrten Gesichtsausdruck bemerkte. "Ich habe soeben mit ihm gesprochen und er kann dich sehr gut verstehen und hätte nicht anders an deiner Stelle gehandelt", erklärte sie lächelnd. "Aber eine Antwort hat er dir nicht gegeben", stellte Geritor gradlinig fest und Eleya konnte sehen, wie das letzte Stück Hoffnung in ihm erstarb. "Ich weiß nicht sicher, ob es ein versteckter Hinweis war, aber Gimli hat mich auf eine Idee gebracht. Allerdings ist sie mehr als nur riskant", die Elbe redete fast schon mehr zu sich selbst, als zu ihrem Vater.
"Und was ist das für eine Idee?" der Elb wurde schlagartig hellhörig und sah seine Tochter drängend an. Eleya zögerte einen Moment, denn sie konnte genau voraussagen, wie die Reaktion ihres Vaters aussehen würde " Man könnte ein Floß unter dem Vorwand, es sei versprochene Ware für den König, zum Palast schicken. Vorzugsweise Nahrungsmittel, denn diese sind wie wir gehört haben, auch da nur noch sehr spärlich vorhanden und nicht einmal Kardel wird sie, denke ich, ablehnen." Geritor ließ sich den Gedanken lange durch den Kopf gehen und überlegte, wie man ihn am besten umsetzen konnte und wie groß die Chancen auf einen Erfolg waren. "Die Gefahr ist zu groß, dass die Orks die Männer sofort erschießen und es wären auch viel zu wenige um etwas ausrichten zu können. Außerdem könnte diese Aufgabe nur jemand übernehmen, dem Kardel vorher noch niemals begegnet ist", meinte er schließlich unsicher. "Wer hat gesagt, dass es nur Männer sein müssen?" Eleya vermied es ihren Vater anzusehen und dieser hoffte inständig, dass sie ihre Überlegungen nicht schon viel weiter ausgelegt hatte. Geritor tat bewusst so, als hätte er diese Bemerkung überhört " Es sind trotz allem immer noch zu wenige."
Die Elbe verstand, was er meinte und grübelte noch einmal über die Worte von Gimli nach, wobei sie noch immer versuchte, sich den genauen Fluchtweg auszumalen. Wie könnte er das mit den Fässern vielleicht noch gemeint haben? "Natürlich, warum bin ich nicht gleich darauf gekommen!" entfuhr es ihr und Geritor sah sie nur fragend an. "Wir schleusen in einigen der Fässer noch zusätzliche Krieger von uns ein, so kann zumindest, wenn die Ersten scheitern sollten, noch ein zweiter Versuch unternommen werden. Ansonsten sind die Chancen umso besser!" "Für einen Elben oder Menschen ist darin aber bei weitem nicht genug Platz", stellte Geritor sachlich fest. "Nein, aber für einen Zwerg oder Hobbit, nicht wahr", gab Eleya ebenso trocken zurück und wollte gerade noch etwas nachsetzen, als sie plötzlich Stimmen hörte.
Auch Geritor lauschte auf und gab seiner Tochter mit einer kurzen Handbewegung zu verstehen, dass sie sich unter einem der Dornenbüsche verstecken sollte. Es waren eindeutig keine Stimmen, die von jemandem der hier lebte stammten. Es handelte sich um eine raue und abgehackte Sprache, wie Orks sie nutzten. Lautlos liefen beide zu einem Busch, der ihnen dicht genug gewachsen schien, um darin Schutz zu finden. Keine Sekunde zu früh zwängten sie sich unter die kaum weichenden dicken Zweigen mit kleinen aber messerscharfen Dornen. Runde eng aneinander gedrängte Blätter ließen kaum eine Lücke, welche die beiden Elben hätte verraten können. Eleya unterdrückte einen Schrei, als sie mit dem Arm hängen blieb und sich daraufhin eine tiefe lange Schramme über ihren rechten Unterarm zog. Geritor sah sie besorgt an, doch sie schüttelte nur mit zusammengepressten Zähnen den Kopf.
Das Trampeln kam immer näher auf sie zu und ein Orktrupp von gerade mal fünf Mann wurde sichtbar. Diese machten kaum ein paar Meter neben dem Gebüsch Halt, scheinbar um eine kurze Rast einzulegen. Geritor atmete flach und war bemüht auch nicht nur einen Muskel zu bewegen. Die widerlichen Gestalten direkt vor ihm, waren wesentlich kleiner als selbst Moriaorks es sind und nicht für einen Kampf gerüstet. Ihre gelben Augen schienen jedes einzelne Detail nahezu aufzusaugen. Sie erkundeten offenbar die Umgebung und spionierten aus, was im Lager vor sich ging. "Es wird keine weitere Rast eingelegt", zischte einer der Orks verärgert zu den anderen. Es sah so aus, als wenn er der Befehlshaber sein würde, denn augenblicklich sprangen die anderen Orks auf, die sich zuvor bereits in den kühlen Schatten zurückgezogen hatten. "Kardel erwartet uns und wenn er erfährt, dass der Thronerbe bereits so früh zurückgekehrt ist, wird es ratsam sein ihn nicht noch wütender werden zu lassen", sagte der Anführer und gab einen Wink, der unverkennbar zeigen sollte, dass er keine weitere Verzögerung duldete. "Achtet mir ja darauf, dass ihr euch jedes Gesicht, das wir im Lager erblicken konnten, gut einprägt!" rief er noch drohender.
"Was sollen diese paar Menschen oder selbst die Elben denn schon ausrichten können?" fragte einer der Wachen, offenbar war er nicht im Geringsten mit etwas Verstand gesegnet worden. "Das ist nicht deine Angelegenheit, tu einfach nur das, was dir befohlen wurde", der Anführer war sichtlich gereizt und kam gefährlich dem Gebüsch nahe, in dem sich Eleya und ihr Vater versteckten. Er schnüffelte und prüfte kritisch die Hölzer um ihn herum, aber wandte sich wieder ab. "Los jetzt, wenn der Prinz alles erfahren hat, dann wird er auch irgendetwas versuchen, um den König zu befreien. Diese zwei Hobbits kommen mir auch sehr suspekt vor", schallte es schon aus einiger Entfernung und das Trampeln verlor sich im Wald.
^^^^^^
"Wo habt ihr beide nur die ganze Zeit gesteckt? Überall sind hier Orks herumgeschlichen und spionierten das Lager aus", besorgt eilte die Königin auf Geritor zu. Dieser hatte sich ein Stück Stoff aus seiner Tunika gerissen und versuchte so, die Blutung am Arm seiner Tochter zum Stillstand zu bringen. "Um Himmels Willen, was ist denn passiert?" erschrocken nahm sie Eleya an sich und führte sie in eine der Hütten. Sie war schlicht und nur mit dem Nötigsten eingerichtet. Melyanna hatte jede Bevorzugung abgewiesen und würde vorerst in dieser Hütte mit ihrem Sohn und einer engen Vertrauten wohnen. Die Königin platzierte die junge Elbe auf dem einzigen Stuhl und füllte eine flache Holzschüssel mit Wasser.
"Ich muss deine Wunde reinigen, bevor sie anfängt sich zu entzünden", kritisch drehte Melyanna einen kleinen Dorn, der noch in der Schramme gesteckt hatte, in den Fingern "Es wird ein wenig brennen." Die Tür ging ruckartig auf und Legolas kam herein. Er hatte die Rückkehr der Beiden beobachtet und auch gesehen, dass sich Eleya verletzt haben musste. "Sind das die Orks gewesen?" seine Stimme war kalt, als er mit prüfendem Blick auf den zarten Unterarm blickte. "Nein, ich bin nur hängen geblieben, als ich mich unter einem Gebüsch versteckt habe", lächelte sie den Prinzen etwas gequält an, als erneut mit dem Tuch über die Wunde gewischt wurde. Legolas beruhigte sich sichtlich, doch wich er nicht einen Schritt von der Seite der Elbe. Melyanna beachtete unauffällig die Gesichtzüge ihres Sohnes und musste sich beherrschen ihre Verwunderung nicht zu zeigen.
"Holst du mir mal bitte den Korb mit den Kräutern Legolas", bat sie und als er sich nur unwillig abwendete, schmunzelte sie ihm hinterher. Ein Aufblitzen in Geritors Augen ließ sie ahnen, was in den letzten Tagen geschehen war. "Autsch!" Eleya verkniff schmerzverzogen ihr Gesicht, als die Königin die Heilkräuter mit einer Bandage fest auf die offene Wund drückte. In Legolas verkrampfte sich alles, als er das mit ansah. Er konnte es nicht ertragen dieses bezaubernde Wesen leiden zu sehen. Wäre er doch nur dabei gewesen. Doch der Logiker in ihm sagte, dass auch das nichts geändert hätte. "Wir sollten uns unmittelbar mit Elrond und Celeborn beraten, Kardel plant etwas", schlug Geritor vor, nachdem ihm leichter war, da seine Tochter die bestmögliche Hilfe bekommen hatte. "Ruhe dich noch einen Moment aus mein Kind, der Schmerz wird bald nachlassen", die Königin legte eine Hand auf die Schulter Eleyas und ging zusammen mit ihrem alten Freund zur Tür hinaus.
"Geht es dir gut?" fragte Legolas leise, als er bemerkte, dass sie ziemlich blass geworden war. "Aber ja, so ein kleiner Kratzer wird mir schon nichts anhaben", neckte die Elbe ihn wieder. "Du hast die Dickköpfigkeit eines Zwerges, weißt du das?" schimpfte der Prinz halbherzig und half ihr auf die Beine. "Was hast du jetzt mit mir vor?" verwirrt ließ sie es über sich ergehen, dass Legolas ihr seinen Umhang umlegte und sie zur Tür heraus schob. Die Sonne war bereits fast untergegangen, nur die letzten dunkelroten Töne, die sich schon ins Lila färbten, standen noch am Horizont. "Nun, meine Mutter hat dir doch Ruhe verordnet und genau die sollst du auch bekommen", lächelte der Prinz und führte sie aus dem überfüllten Lager auf einen Pfad in Richtung des Einsamen Berges. Sie stiegen langsam einen sanft heruntergehenden Spalt herab, der zu einem kleinen See führte. Ein unregelmäßiger Wasserschwall plätscherte zwischen zwei der Felsen hinunter und dadurch, dass dieser gemütliche Ort ein paar Fuß unterhalb einer Erhöhung lag, war er nur sehr schwer einsehbar.
"Wir sind da, komm setz dich", Legolas deutete ihr an, dass sie in dem weichen Moos Platz nehmen sollte. Eleya blickte den Prinzen dankbar an, denn in ihrem Inneren machte sich ein immer größeres Schwindelgefühl breit. "Hier findet so schnell niemand hin, es sei denn es ist ein rotbärtiger sturer Zwerg", Legolas setzte sich an ihre Seite und nahm eine bequeme Haltung ein. "Schließe deine Augen eine Weile", lächelte er "Wenn es wichtige Neuigkeiten gibt, dann weiß Meradeth wo er mich finden kann." Seine Hand legte sich um ihre Hüfte und zog sie sanft an sich heran, damit sie sich an seine Schulter anlehnen konnte. Eleya nickte und nahm sein Angebot gerne an. Seine Nähe und das Rauschen des Wassers ließ sie endlich Ruhe finden.
Eleya hatte sich auf einen umgefallenen Baumstamm gesetzt und grübelte darüber nach, wie das, was Gimli angedeutet hatte, wohl damals genau abgelaufen war. Doch ebenso waren ihre Überlegungen hier, in diesen Wäldern, in dieser Umgebung, an diesem Ort. Seit sie am Mittag ihren Fuß auf diesen Boden gesetzt hatte, war ihr bewusst geworden, dass ihre Mutter absolut Recht behielt. Hier im Düsterwald war ihre Heimat, obwohl sie noch nicht einmal einen kleinen Teil davon kannte.
"Was machst du hier Eleya?" Geritor war neben seine Tochter getreten und blickte fragend auf sie herab. Es musste sie schon etwas sehr beschäftigen, wenn sie sich so in die Einsamkeit zurückzog. Diese Eigenschaft war eindeutig ein Erbe von seiner Seite, denn lief er selbst nicht auch gerade sinnlos herum und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen? "Ich muss nachdenken", erwiderte sie zaghaft und erhob sich langsam zu Geritor, aber sah ihn dabei nicht an. Dieser nickte nur und wies ihr an doch ein paar Schritte mit ihm zu gehen. Lange gingen sie ziellos durch den Wald und keiner der beiden sprach auch nur ein Wort. Der Elb kannte seinen Spross genau und wartete geduldig, bis sie bereit war ihm ihre Gedanken zu offenbaren.
"Vater?", nach über einer halben Stunde hob Eleya zum ersten Mal ihren Blick "Woher haben du und Mutter von Anfang an gewusst, dass meine Wurzeln hier liegen." Geritor lächelte, denn er hatte mit ungefähr so einer Frage gerechnet. "Nun ich denke, dass es die Umstände waren, wo und wie du geboren wurdest." "Du meinst die Seltenheit, dass Mutter im Düsterwald und nicht in ihrer Heimat schwanger geworden ist." "Auch, aber schon in dem Moment, als du deiner Mutter in die Arme gelegt wurdest, sprach der widerspenstige Geist dieses Waldes aus deinen Augen und nicht die Ruhe Maleynas", Vor Geritors innerem Auge spielten sich all die einzigartigen Bilder und Erinnerungen dieses schon lang vergangenen Momentes ab.
"Ich hätte dich schon viel früher in deine Heimat bringen und dich nicht in unserem Tal behalten sollen", Bitterkeit mischte sich in seine Stimmung. "Nein", fuhr Eleya erschrocken auf "Ich liebe mein Leben genauso, wie es bis jetzt war. Nur seit ein paar Tagen hat es sich komplett verändert." Geritor nickte verständnisvoll, denn er hatte sehr wohl mitbekommen, was geschehen war und vor allem wer die Sehnsucht seiner Tochter geweckt hatte. "Du hast dein Herz verloren", stellte er trocken fest und ihm entging nicht, dass Eleya für einen Sekundenbruchteil ihre Augen schloss und auf ihrem Gesicht geschrieben stand, an wen sie gerade dachte. "Auch wenn ich Maleyna seit siebenhundert Jahren nicht in meinen Armen gehalten habe, kann ich sehr wohl noch erkennen, was Liebe ist", sagte er ernst und drückte sein "kleines" Mädchen an sich.
Die Elbe schmunzelte in die Schulter ihres Vaters. Wie konnte er einfach so ausdrücken, worüber sie sich noch nicht einmal sicher war? Andererseits gehörte so etwas zu einem der seltsam umhüllten Talente, die er schon des Öfteren gezeigt hatte und jedes Mal war es auch so eingetreten. Eleya schob diese Gedanken beiseite und löste sich von ihrem Vater. "Es war nicht richtig Gimli so zu beschimpfen und zu beleidigen", tadelte sie ihn. Geritor lachte in sich hinein. Seine Tochter hatte gerade mit voller Absicht das Thema gewechselt um einer Antwort zu entgehen, doch er gab ihr Recht, es war noch zu früh. Er wurde dann sehr ernst.
"Ich weiß, dass mein Verhalten Gimli gegenüber falsch war und ich hoffe, dass er es mir nicht all zu übel nehmen wird", gab Geritor schuldbewusst zu. "Er hat es bereits vergessen", beruhigte Eleya ihren Vater und musste sich beherrschen nicht laut loszulachen, als sie seinen verwirrten Gesichtsausdruck bemerkte. "Ich habe soeben mit ihm gesprochen und er kann dich sehr gut verstehen und hätte nicht anders an deiner Stelle gehandelt", erklärte sie lächelnd. "Aber eine Antwort hat er dir nicht gegeben", stellte Geritor gradlinig fest und Eleya konnte sehen, wie das letzte Stück Hoffnung in ihm erstarb. "Ich weiß nicht sicher, ob es ein versteckter Hinweis war, aber Gimli hat mich auf eine Idee gebracht. Allerdings ist sie mehr als nur riskant", die Elbe redete fast schon mehr zu sich selbst, als zu ihrem Vater.
"Und was ist das für eine Idee?" der Elb wurde schlagartig hellhörig und sah seine Tochter drängend an. Eleya zögerte einen Moment, denn sie konnte genau voraussagen, wie die Reaktion ihres Vaters aussehen würde " Man könnte ein Floß unter dem Vorwand, es sei versprochene Ware für den König, zum Palast schicken. Vorzugsweise Nahrungsmittel, denn diese sind wie wir gehört haben, auch da nur noch sehr spärlich vorhanden und nicht einmal Kardel wird sie, denke ich, ablehnen." Geritor ließ sich den Gedanken lange durch den Kopf gehen und überlegte, wie man ihn am besten umsetzen konnte und wie groß die Chancen auf einen Erfolg waren. "Die Gefahr ist zu groß, dass die Orks die Männer sofort erschießen und es wären auch viel zu wenige um etwas ausrichten zu können. Außerdem könnte diese Aufgabe nur jemand übernehmen, dem Kardel vorher noch niemals begegnet ist", meinte er schließlich unsicher. "Wer hat gesagt, dass es nur Männer sein müssen?" Eleya vermied es ihren Vater anzusehen und dieser hoffte inständig, dass sie ihre Überlegungen nicht schon viel weiter ausgelegt hatte. Geritor tat bewusst so, als hätte er diese Bemerkung überhört " Es sind trotz allem immer noch zu wenige."
Die Elbe verstand, was er meinte und grübelte noch einmal über die Worte von Gimli nach, wobei sie noch immer versuchte, sich den genauen Fluchtweg auszumalen. Wie könnte er das mit den Fässern vielleicht noch gemeint haben? "Natürlich, warum bin ich nicht gleich darauf gekommen!" entfuhr es ihr und Geritor sah sie nur fragend an. "Wir schleusen in einigen der Fässer noch zusätzliche Krieger von uns ein, so kann zumindest, wenn die Ersten scheitern sollten, noch ein zweiter Versuch unternommen werden. Ansonsten sind die Chancen umso besser!" "Für einen Elben oder Menschen ist darin aber bei weitem nicht genug Platz", stellte Geritor sachlich fest. "Nein, aber für einen Zwerg oder Hobbit, nicht wahr", gab Eleya ebenso trocken zurück und wollte gerade noch etwas nachsetzen, als sie plötzlich Stimmen hörte.
Auch Geritor lauschte auf und gab seiner Tochter mit einer kurzen Handbewegung zu verstehen, dass sie sich unter einem der Dornenbüsche verstecken sollte. Es waren eindeutig keine Stimmen, die von jemandem der hier lebte stammten. Es handelte sich um eine raue und abgehackte Sprache, wie Orks sie nutzten. Lautlos liefen beide zu einem Busch, der ihnen dicht genug gewachsen schien, um darin Schutz zu finden. Keine Sekunde zu früh zwängten sie sich unter die kaum weichenden dicken Zweigen mit kleinen aber messerscharfen Dornen. Runde eng aneinander gedrängte Blätter ließen kaum eine Lücke, welche die beiden Elben hätte verraten können. Eleya unterdrückte einen Schrei, als sie mit dem Arm hängen blieb und sich daraufhin eine tiefe lange Schramme über ihren rechten Unterarm zog. Geritor sah sie besorgt an, doch sie schüttelte nur mit zusammengepressten Zähnen den Kopf.
Das Trampeln kam immer näher auf sie zu und ein Orktrupp von gerade mal fünf Mann wurde sichtbar. Diese machten kaum ein paar Meter neben dem Gebüsch Halt, scheinbar um eine kurze Rast einzulegen. Geritor atmete flach und war bemüht auch nicht nur einen Muskel zu bewegen. Die widerlichen Gestalten direkt vor ihm, waren wesentlich kleiner als selbst Moriaorks es sind und nicht für einen Kampf gerüstet. Ihre gelben Augen schienen jedes einzelne Detail nahezu aufzusaugen. Sie erkundeten offenbar die Umgebung und spionierten aus, was im Lager vor sich ging. "Es wird keine weitere Rast eingelegt", zischte einer der Orks verärgert zu den anderen. Es sah so aus, als wenn er der Befehlshaber sein würde, denn augenblicklich sprangen die anderen Orks auf, die sich zuvor bereits in den kühlen Schatten zurückgezogen hatten. "Kardel erwartet uns und wenn er erfährt, dass der Thronerbe bereits so früh zurückgekehrt ist, wird es ratsam sein ihn nicht noch wütender werden zu lassen", sagte der Anführer und gab einen Wink, der unverkennbar zeigen sollte, dass er keine weitere Verzögerung duldete. "Achtet mir ja darauf, dass ihr euch jedes Gesicht, das wir im Lager erblicken konnten, gut einprägt!" rief er noch drohender.
"Was sollen diese paar Menschen oder selbst die Elben denn schon ausrichten können?" fragte einer der Wachen, offenbar war er nicht im Geringsten mit etwas Verstand gesegnet worden. "Das ist nicht deine Angelegenheit, tu einfach nur das, was dir befohlen wurde", der Anführer war sichtlich gereizt und kam gefährlich dem Gebüsch nahe, in dem sich Eleya und ihr Vater versteckten. Er schnüffelte und prüfte kritisch die Hölzer um ihn herum, aber wandte sich wieder ab. "Los jetzt, wenn der Prinz alles erfahren hat, dann wird er auch irgendetwas versuchen, um den König zu befreien. Diese zwei Hobbits kommen mir auch sehr suspekt vor", schallte es schon aus einiger Entfernung und das Trampeln verlor sich im Wald.
^^^^^^
"Wo habt ihr beide nur die ganze Zeit gesteckt? Überall sind hier Orks herumgeschlichen und spionierten das Lager aus", besorgt eilte die Königin auf Geritor zu. Dieser hatte sich ein Stück Stoff aus seiner Tunika gerissen und versuchte so, die Blutung am Arm seiner Tochter zum Stillstand zu bringen. "Um Himmels Willen, was ist denn passiert?" erschrocken nahm sie Eleya an sich und führte sie in eine der Hütten. Sie war schlicht und nur mit dem Nötigsten eingerichtet. Melyanna hatte jede Bevorzugung abgewiesen und würde vorerst in dieser Hütte mit ihrem Sohn und einer engen Vertrauten wohnen. Die Königin platzierte die junge Elbe auf dem einzigen Stuhl und füllte eine flache Holzschüssel mit Wasser.
"Ich muss deine Wunde reinigen, bevor sie anfängt sich zu entzünden", kritisch drehte Melyanna einen kleinen Dorn, der noch in der Schramme gesteckt hatte, in den Fingern "Es wird ein wenig brennen." Die Tür ging ruckartig auf und Legolas kam herein. Er hatte die Rückkehr der Beiden beobachtet und auch gesehen, dass sich Eleya verletzt haben musste. "Sind das die Orks gewesen?" seine Stimme war kalt, als er mit prüfendem Blick auf den zarten Unterarm blickte. "Nein, ich bin nur hängen geblieben, als ich mich unter einem Gebüsch versteckt habe", lächelte sie den Prinzen etwas gequält an, als erneut mit dem Tuch über die Wunde gewischt wurde. Legolas beruhigte sich sichtlich, doch wich er nicht einen Schritt von der Seite der Elbe. Melyanna beachtete unauffällig die Gesichtzüge ihres Sohnes und musste sich beherrschen ihre Verwunderung nicht zu zeigen.
"Holst du mir mal bitte den Korb mit den Kräutern Legolas", bat sie und als er sich nur unwillig abwendete, schmunzelte sie ihm hinterher. Ein Aufblitzen in Geritors Augen ließ sie ahnen, was in den letzten Tagen geschehen war. "Autsch!" Eleya verkniff schmerzverzogen ihr Gesicht, als die Königin die Heilkräuter mit einer Bandage fest auf die offene Wund drückte. In Legolas verkrampfte sich alles, als er das mit ansah. Er konnte es nicht ertragen dieses bezaubernde Wesen leiden zu sehen. Wäre er doch nur dabei gewesen. Doch der Logiker in ihm sagte, dass auch das nichts geändert hätte. "Wir sollten uns unmittelbar mit Elrond und Celeborn beraten, Kardel plant etwas", schlug Geritor vor, nachdem ihm leichter war, da seine Tochter die bestmögliche Hilfe bekommen hatte. "Ruhe dich noch einen Moment aus mein Kind, der Schmerz wird bald nachlassen", die Königin legte eine Hand auf die Schulter Eleyas und ging zusammen mit ihrem alten Freund zur Tür hinaus.
"Geht es dir gut?" fragte Legolas leise, als er bemerkte, dass sie ziemlich blass geworden war. "Aber ja, so ein kleiner Kratzer wird mir schon nichts anhaben", neckte die Elbe ihn wieder. "Du hast die Dickköpfigkeit eines Zwerges, weißt du das?" schimpfte der Prinz halbherzig und half ihr auf die Beine. "Was hast du jetzt mit mir vor?" verwirrt ließ sie es über sich ergehen, dass Legolas ihr seinen Umhang umlegte und sie zur Tür heraus schob. Die Sonne war bereits fast untergegangen, nur die letzten dunkelroten Töne, die sich schon ins Lila färbten, standen noch am Horizont. "Nun, meine Mutter hat dir doch Ruhe verordnet und genau die sollst du auch bekommen", lächelte der Prinz und führte sie aus dem überfüllten Lager auf einen Pfad in Richtung des Einsamen Berges. Sie stiegen langsam einen sanft heruntergehenden Spalt herab, der zu einem kleinen See führte. Ein unregelmäßiger Wasserschwall plätscherte zwischen zwei der Felsen hinunter und dadurch, dass dieser gemütliche Ort ein paar Fuß unterhalb einer Erhöhung lag, war er nur sehr schwer einsehbar.
"Wir sind da, komm setz dich", Legolas deutete ihr an, dass sie in dem weichen Moos Platz nehmen sollte. Eleya blickte den Prinzen dankbar an, denn in ihrem Inneren machte sich ein immer größeres Schwindelgefühl breit. "Hier findet so schnell niemand hin, es sei denn es ist ein rotbärtiger sturer Zwerg", Legolas setzte sich an ihre Seite und nahm eine bequeme Haltung ein. "Schließe deine Augen eine Weile", lächelte er "Wenn es wichtige Neuigkeiten gibt, dann weiß Meradeth wo er mich finden kann." Seine Hand legte sich um ihre Hüfte und zog sie sanft an sich heran, damit sie sich an seine Schulter anlehnen konnte. Eleya nickte und nahm sein Angebot gerne an. Seine Nähe und das Rauschen des Wassers ließ sie endlich Ruhe finden.
